Alle Artikel von Markus Schön

Der Börsencrash

Wer der Einschätzung einiger Anlageexperten glaubte, Aktien seien alternativlos, reibt sich über den hinter uns liegenden Sommer verwundert die Augen. Kursstürze von mehr als 1.000 Punkten oder 10 % sind nun nicht mehr nur in China die Regel, sondern haben auch etablierte und sehr bedeutende Märkte wie die USA oder auch Deutschland erfasst. Begriffe wie Crash und Panik prägten den Handel spätestens ab der zweiten Augusthälfte 2015. Tatsächlich ist dies vielmehr die Korrektur einer Marktübertreibung, bei der es sich aber umso mehr lohnt, die Ursachen zu beleuchten. Wesentlichen Einfluss hat hier u. a. der US-Dollar, den viele renommierte Analysten schon bei einer Parität zum Euro sahen. Der von mir geführte Vermögensverwalter DVAM hat dies so nicht gesehen. Vielmehr halten wir ein Wechselkursverhältnis zwischen Euro und US-Dollar von 1,18 als gerechtfertigt, gerade weil wir mit einer Zinswende in den USA rechnen.

Wenn man nach den Gründen für den „Crash“ am Aktienmarkt fragt, ist die erste Reaktion ein Verweis auf die Entwicklung in China. Natürlich wächst die chinesische weit weniger stark als dies erwartet oder vielleicht auch nur erhofft wurde. Dies musste irgendwann Folgen für die chinesischen Aktienmärkte haben, weil eine völlige Entkopplung von Realwirtschaft und Börsenkursen historisch betrachtet noch nie funktioniert hat. Das allgemein in Deutschland bekannte Beispiel ist der „Neue Markt“, bei dem es auch nicht um Umsatz oder gar Gewinn ging, sondern wie so häufig nur eine Homepage eines an die Börse strebenden Unternehmens besucht wurde. Eine ähnliche Blase hat nun aus anderen Gründen der chinesische Aktienmarkt erlebt. Erstmals ist es der chinesischen Führung aber nicht gelungen, durch Interventionen die Situation zu beruhigen. Wenn daraus die Ableitung getroffen wird, dass die marktwirtschaftlichen Mechanismen an Kapitalmärkten nicht planwirtschaftlich gesteuert werden können, hat China unglaublich viel für seine Zukunftsfähigkeit erreicht.

Den Anlegern, die unter dem Crash leiden, hilft dies allerdings nicht. Viele Chinesen haben ihre Ersparnisse für die Spekulationen an den Kapitalmärkten genutzt. Wenn diese nun deutlich schrumpfen, könnte die Zielsetzung einer stärker auf die Binnenkonjunktur ausgerichteten chinesischen Volkswirtschaft wesentlich langsamer erreicht werden. Gleichzeitig sorgt international das Scheitern der Stützmaßnahmen für Zweifel an der Fähigkeit der chinesischen Regierung, auch die realwirtschaftliche Abschwächung des Wirtschaftswachstums aktiv gestalten zu können. Die Sorge vor einem unkontrolliert starken Rückgang der chinesischen Wirtschaftsleistung greift um sich. Dies könnte die Weltwirtschaft in eine neuerliche Krise stürzen.

Die Nervosität ist deswegen auch so hoch, weil man dann kaum noch über Instrumente verfügt, mit denen man auf die aktuellen Entwicklungen reagieren kann. Die Zinsen sind global historisch niedrig, die Staaten haben kaum noch finanzielle Spielräume für Konjunkturmaßnahmen und das Vertrauen in politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen ist nach der Vielzahl der Krisen fast in keiner Region der Welt mehr besonders stark ausgeprägt.

Deswegen werden manche Sorgen irrational. Dies gilt insbesondere für die Effekte, die ein rückläufiges Wirtschaftswachstum in China für die Weltwirtschaft haben wird. Schlie lich ist man dort von einer Rezession noch weit entfernt.

Viel extremer macht sich dies allerdings mit dem Begriff der „US-Zinswende“ bemerkbar. Hier greifen Ängste um sich, die rational nicht nachvollziehbar sind. Die Leitzinsen in den USA sind seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise bei 0 %, was mit Blick auf die zwar lediglich moderat wachsende US-Wirtschaft und die dortigen Rahmenbedingungen nicht gerechtfertigt ist. Das mit der Diskussion über die Zinswende implizierte Szenario, dass dort die Renditen für zehn Jahre laufende Staatsanleihen wieder auf über 4 % p. a. steigen könnten, ist aber völlig verfehlt. Im Worst Case werden die US-Leitzinsen in einem Jahr bei 0,75 % p. a. liegen. Dann ist mit einer Rendite für zehn Jahre laufende Staatsanleihen von 2,8 % p. a. bis 3,2 % p. a. zu rechnen. Dies würde dann das absolut höchste Niveau darstellen. Schließlich können die USA für die Entwicklung ihrer eigenen Wirtschaft keinen starken US-Dollar gebrauchen. China hat die damit einhergehenden Probleme bezogen auf die eigene Währung erkannt und diese dann sozusagen als Einleitung des Börsenbebens im Sommer 2015 deutlich abgewertet. Entsprechend befindet man sich in einer Art Abwertungswettlauf, aus dem sich die USA – die hier zusammen mit Japan Trendsetter waren – nicht einfach zurückziehen werden. Deswegen sind auch alle Diskussion um eine Parität zwischen Euro und US-Dollar, der damit wesentlich stärker werden würde, unsinnig.

Für eine solche Entwicklung spräche letztlich nur ein deutlich höheres Zinsniveau in den USA als in Europa. Dies ist nicht abzusehen, weil die Beschäftigungsauslastung, das Wirtschaftswachstum und die faktisch nicht vorhandene Inflation drei sehr schwerwiegende Gründe sind, weshalb es zu keinen starken Zinserhöhungen in den USA kommen kann. Natürlich ist eine Währung auch immer ein Maßstab der Leistungsfähigkeit der jeweiligen Volkswirtschaft. Würden die USA – wie in vergangenen Aufschwungphasen – mit 4 % und mehr pro Jahr wachsen, wäre ein sehr starker US-Dollar gerechtfertigt. Dies ist aber ebenfalls nicht der Fall, weshalb auch das zweite Argument für eine starke US-amerikanische Währung wegfällt. International ist jede Volkswirtschaft zudem wettbewerbsfähiger, wenn die eigene Währung im Verhältnis zu den wichtigen Exportmärkten nicht zu stark ist. Genau dieses Instrumentarium nutzen momentan die USA für sich und zeigen wenig Interesse an einer Aufwertung ihrer eigenen Währung.

Dies verschärft natürlich den Trend abwärtsgerichteter Aktienkurse weiter. Man darf nicht vergessen, dass der US-Leitindex Dow Jones im Jahr 2015 kaum im positiven Bereich stand. Hier entwickelte sich der DAX beispielsweise deutlich stärker und war daher für US-Anleger interessant. Nicht zuletzt deshalb befindet sich das kumulierte Aktienkapital der dreißig größten, börsennotierten Unternehmen mehrheitlich in Hand von US-amerikanischen Investoren. Dies funktioniert aber nur so lange, wie sich dann auch währungsbereinigt positive Ergebnisse darstellen. Betrachtet man den DAX auf US-Dollar-Basis, ist dieser seit Jahresanfang 2015 in den negativen Bereich gefallen.

Abb. 1: Entwicklung des Dow Jones seit Jahresbeginn, Quelle: DVAM Research, Bloomberg.

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Hinzu kommt noch ein Aspekt der Berichtssaison: Zwar konnten 50 % aller börsennotierten Unternehmen aus Deutschland ihren Umsatz und Gewinn steigern. Dies ist allerdings nicht auf operative oder strategische Verbesserungen zurückzuführen, sondern geht ausschließlich auf den Währungseffekt eines schwachen Euros und teilweise die günstigen Energiepreise zurück. Zumindest die Währungsseite relativiert sich nun, weshalb sich damit dann auch die Wachstumsdynamik in Deutschland deutlich verlangsamen könnte und hier – wesentlich eher als in China – eine Rezession drohen könnte. Dies führte unter fundamentalen Gesichtspunkten zu einer völlig richtigen Korrektur der Marktübertreibung. Dadurch haben Untergangspropheten wieder Hochkonjunktur. Dies ist aber ebenso falsch wie ein DAX, der bei fast 12.400 Punkten stand.

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Schön M. Der Börsencrash. 2015 Oktober; 5(10): Artikel 04_01.

Unabhängigkeit in der Vermögensanlage – Ein wirklicher Kundenmehrwert?

Wie schwierig die Definition wirklicher Unabhängigkeit ist und warum so viele Anbieter sich als unabhängig bezeichnen

Die Finanzbranche ist schon ein verrücktes Segment. Während niemand bei einem Automobilhändler damit rechnen würde, Autos anderer Marken angeboten zu bekommen, suchten in der Vergangenheit viele Kreditinstitute die Unterscheidung vom Wettbewerb, indem sie genau dies taten. Man beschränkte sich beispielsweise nicht mehr auf Investmentfonds aus der eigenen Unternehmensgruppe oder der eigenständigen Kreditvergabe, sondern gab an, die besten Angebote aus dem gesamten Markt zu finden und allen Kunden zur Verfügung zu stellen. Im Kreditbereich mag dies unter Umständen sogar nachvollziehbar sein, weil die reine Vermittlung von Finanzierungen nicht die Bereitstellung von Eigenkapital erfordert. Im Bereich der Anlageberatung mutet dies schon grotesk an. So dürfte jedem finanzinteressierten Menschen in Deutschland noch der Streit zweier Finanzvertriebe vor einigen Jahren vor Augen sein, in dem sie sich wechselseitig die Unabhängigkeit absprachen. Bei Kreditinstituten wird dies zwar öffentlich weniger stark wahrgenommen, ist aber vielleicht wesentlich entscheidender, da u. a. die Vergütung der Vorstände bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken auch durch die jeweilige Bilanzsumme beeinflusst wird. Diese wiederum resultiert u. a. auch aus den Spareinlagen, sodass eine wirklich unabhängige Beratung in der Vermögensanlage schon alleine durch die unterschiedlichen Interessenlagen kaum gewährleistet sein kann.

Dabei stellt sich die Frage, ob aus Unabhängigkeit tatsächlich ein Mehrwert bzw. Nutzen für den jeweiligen Kunden entstehen kann. Möglicherweise wird hier in der Finanzbranche eine Scheindiskussion geführt, um letztlich ein Abgrenzungsmerkmal von Wettbewerbern zu finden. Davor macht auch der Vermögensverwaltungssektor nicht halt. Dort wird die gesamte Situation des jeweiligen Kunden zu Beginn der Vertragsbeziehung sehr detailliert aufgenommen und darauf eine individuelle Vermögensanlagestrategie entwickelt, die durch das Vermögensverwaltungsmandat ohne weitere Beratung durch den Vermögensverwalter selbst umgesetzt werden kann. Gerade für Mediziner ist dies eine hoch attraktive Möglichkeit, von den Entwicklungen an den Kapitalmärkten zu profitieren, ohne übermäßige Verlustrisiken eingehen zu müssen oder von den ohnehin knappen zeitlichen Ressourcen noch weitere Stunden für die Auswahl von Wertpapieren zu verwenden. Aber trotz diesem für den Kunden sehr attraktiven Geschäftsmodell, wird ein hoher Wert auf die Unabhängigkeit gelegt. So heißt der Verband der die Vermögensverwalter in Deutschland repräsentiert VuV – Verband unabhängiger Vermögensverwalter. Dies führt allerdings sehr schnell zu der Frage, was Unabhängigkeit überhaupt definiert.

So dürfte es offensichtlich sein, dass ein Anbieter, der mehrheitlich einem Produktgeber wie einem Kreditinstitut oder einer Fondsgesellschaft gehört, nicht unabhängig ist. Ebenso kann man einen Anbieter als nicht unabhängig bezeichnen, wenn dieser für die Kundenportfolios mehr als 50 % eigene Produkte kauft. Eigene Produkte sind dann aber nicht nur Produkte der Bank, der Fondsgesellschaft oder des Vermögensverwalters, sondern auch mit ihr verbundene Unternehmen. In der täglichen Analysepraxis erlebt man es nicht selten, dass in Fremddepots 30 % eigene Bankprodukte, 20 % Konzern- bzw. verbundeigene Investmentfonds und weitere 30 % Zertifikate enthalten sowie andere strukturierte Wertpapiere aus dem Anbieterumfeld sind. Mit Quoten, die selbst bei renommierten Vermögensverwaltungsinstituten bei deutlich über 50 % liegen können und vor allem für Kunden nicht immer offensichtlich zu erkennen sind, ist die Unabhängigkeit mit Sicherheit in Frage zu stellen und der Kundennutzen kritisch zu beurteilen. Gerade solche Extremszenarien zeigen, dass Unabhängigkeit tatsächlich einen Kundennutzen schaffen kann, selbst wenn dieser häufig nur darin liegt, Schaden von Anlegern abzuwenden.

Dies haben auch zunehmend die Aufsichtsbehörden erkannt und versuchen mit immer neuen Regelwerken diese Entwicklung zu stoppen. Vordergründig einfache Lösungen wie Provisionsverbote oder die Offenlegung möglicherweise bestehender Abhängigkeiten haben das Problem, dass sie – wie so häufig – nicht funktionieren. Für komplexe Herausforderungen gibt es keine einfachen Antworten. Zudem gilt: Wenn es einen wirklichen Bedarf nach unabhängigen Lösungen gibt wird sich dies am Markt auch etablieren. Man mag einwenden, dass genau diese Transparenz an den Märkten für Kunden wahrnehmbar fehlt. Umgekehrt muss aber auch die Frage gestattet sein, warum dies dann nicht stärker nachgefragt wird. Deutschland ist in vielen Bereichen ein gesättigter Markt, was auch gerade im Vermögensanlagesektor gilt. Die Anzahl an wirklichen Neukunden ist gering. Vielmehr findet ein Verdrängungswettbewerb im Finanzsektor statt, der es gerade für Kreditinstitute attraktiv gemacht hat, unabhängige Anbieter zu kaufen oder sich an diesen maßgeblich zu beteiligen. Genau hier besteht aber das Problem, dass solche Beteiligungen oder „Produktpartnerschaften“ nicht transparent gemacht werden. Wenn hier der Gesetzgeber eine stärkere Regulierung schaffen würde, wäre dies ausdrücklich zu begrüßen. Dieser einfache Schritt, explizit auf Beteiligungen, Partnerschaften und Vergütungen hinzuweisen, steckt nach wie vor in den Kinderschuhen. Stattdessen versucht man komplexe Regulierungen zu schaffen, von denen dann angeblich Kunden profitieren sollen. Der Blick nach Groß Britannien zeigt aber, dass dort faktisch 25 % der Bevölkerung von einer tatsächlichen Beratung im Finanzsektor abgeschnitten sind, gerade weil ein Provisionsverbot geschaffen wurde.

Von so dramatischen Entwicklungen sind wir in Deutschland glücklicherweise noch weit entfernt. Gute Beratung ist hier aber auch eher die Ausnahme als die Regel. Dies ist aber gerade der Mehrwert, den wirklich unabhängige Anbieter für Kunden bieten können. Dieser macht sich dann auch in einer i. d. R. besseren Wertentwicklung bemerkbar. Daher ist für Anleger die Information über wirklich unabhängige Anbieter sehr wesentlich. Gleichzeitig sollten aber bei der Auswahl die Erfahrung des Anbieters zum Risikoprofil passen und auch weitere Kriterien, wie der Erfolg, die Bonität und die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells geprüft werden. So ist sichergestellt, dass man nicht nur mit einem unabhängigen, sondern auch seriösen und erfahrenen Anbieter zusammen arbeitet.

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Schön M. Unabhängigkeit in der Vermögensanlage – Ein wirklicher Kundenmehrwert?. 2015 September; 5(09): Artikel 04_01.

Zinsen in Bewegung

Warum in der Zukunft Zinsen stärker schwanken werden und welchen Einfluss dies auf Anleihekurse weltweit hat

Seit dem Jahr 2013 beherrscht eine unglückliche Zinsdiskussion die Kapitalmärkte. Auf der einen Seite werden vielen Medien nicht müde, darauf zu verweisen, dass die Zinsen in Deutschland, aber eigentlich auch global zu niedrig sind. Gleichzeitig wird behauptet, Anleihen seien unattraktiv, weil man mit diesen kein Geld verdienen kann. Dabei wird jedoch übersehen, dass sinkende Zinsen stets zu Anleihekurssteigerungen führen müssen, weil sich börsentäglich gehandelte Wertpapiere an Marktschwankungen anpassen. Sinken also beispielsweise die Zinsen für deutsche Staatsanleihen, steigen deren Kurse. Umgekehrt sinken die Kurse, wenn die Zinsen steigen.

Vielen – auch institutionellen – Anlegern ist diese Kausalität nicht klar, weil sie deutlich von klassischen Sparprodukten wie dem Sparbuch, dem Termingeld oder längerfristigen Spareinlagen abweicht. Dort bekommt man immer 100 % des Kapitals als Wert ausgewiesen, weil es sich nicht um Wertpapiere mit einer Marktpreisbindung handelt.

Aber genau unter diesem Blickwinkel würde erst mit steigenden Zinsen die Behauptung, mit Anleihen lässt sich kein Geld verdienen, eine fundamentale Grundlage erhalten. Wer nämlich vor einem schnellen oder starken Zinsanstieg in Anleihen investiert, wird dann zumindest temporär sinkende Kurse hinnehmen müssen, da der Kurs das in diesem Fall gestiegene Marktzinsniveau ausgleicht. Daneben beeinflussen drei weitere Kriterien die Kursentwicklung entscheidend. Wenn die Bonität auf einem mindestens guten Niveau bleibt, ändert sich dort am Kurs nichts. Verschlechtert sich die Bonität oder droht sogar ein Zahlungsausfall, verliert der Kurs – ggf. auch unabhängig von anderen Parametern – an Wert. Sehr deutlich ist dies bei griechischen Staatsanleihen seit vielen Jahren zu erkennen gewesen. Ähnliches gilt auch für die sogenannten Mittelstandsanleihen aus Deutschland, mit denen Anleger viel Geld verloren haben. Dort steckte in den entsprechenden Papieren meist nicht der sehr gute deutsche Mittelstand, sondern weit überwiegend Unternehmen, die aus anderen Quellen keine Fremdkapitalmittel mehr erhalten hätten. Trotz der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und Zinskupons von teilweise unter 7 % p. a., notieren viele solcher Anleihen nur noch bei 50 % ihres Wertes. Dies zeigt, dass dort die Bonitätsrisiken sehr hoch sind. Für alle anderen Segmente gilt, dass die Schwankungen aus Mai und vor allen Dingen Juni 2015 im Wesentlichen keine Bonitätsfrage sind, sondern vielmehr Zinsänderungsrisiken widerspiegeln.

Dabei wird allerdings ein zweiter Parameter häufig vergessen. Anders als bei Aktien verfügt der Großteil der Anleihen über eine festgelegte Laufzeit, zu der das eingezahlte Kapital zurückgezahlt wird. Während der Laufzeit bekommt man in der Regel bei Auflage der Anleihe festgelegte, jährliche Zinszahlungen. Entsprechend nähert sich eine Anleihe bei näher rückendem Fälligkeitstermin immer weiter an ihren Rückzahlungspreis an. Diesen Effekt unterschätzen viele Anleger, da eine Verkürzung der Restlaufzeit auch bedingt, die entsprechende Anlage anhand der dann kürzer gewordenen Restlaufzeit zu bewerten. Wenn man beispielsweise zu Beginn eines Jahres eine fünf Jahre laufende Unternehmensanleihe des deutschen Chemiekonzerns Bayer kauft, ist es zum Kaufzeitpunkt richtig, den Renditeaufschlag anhand des Vergleiches beispielsweise zu einer fünf Jahre laufenden Bundesanleihe oder dem fünf -Jahres-Swapsatz zu ermitteln. Will man das Papier aber zum Ende des ersten Jahres beurteilen, muss man dann auch auf die entsprechenden Referenzwerte mit vierjähriger Laufzeit schauen. So kann eine kürzer werdende Restlaufzeit auch moderate oder langsam fortschreitende Zinserhöhungen kompensieren.

Dies führt zum dritten Parameter, der Einfluss auf Zinsstrukturen hat. Hierbei handelt es sich um die Entwicklung der Zinsstrukturkurve. Sie beschreibt die jeweilige Verzinsung für unterschiedliche Laufzeiten. Wenn beispielsweise Zinsen für Geldmarktanlagen mit einer Laufzeit von einem Jahr sehr niedrig sind und zehn Jahre laufende Anleihen hohe Zinsen bieten, spricht man von einer steilen Zinsstrukturkurve. Diese Situation ist durch die massiven Interventionen der weltweiten Notenbanken selten geworden, weil die Zinsen insgesamt niedrig sind. Dennoch stellt sich die Zinsstrukturkurve aktuell als moderate Steigung dar. Vor Ausbruch der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2008 war die Zinskurve hingegen extrem flach. Zwar erhielt man für kurzfristige Anlagen bis zu 4 % Zinsen p. a. Aber der langfristige Bereich bot auch „nur“ Renditen von 4,5 % p. a. In einer solchen Phase sind längerfristige Anleihen schwankungsanfälliger, weil man für kürzere Laufzeiten vergleichbare Renditen erzielt, aber eben ohne sich so langfristig zu binden. Von einer inversen Zinsstruktur spricht man, wenn man für kürzere Laufzeiten höhere Zinsen als für mittlere oder lange Laufzeiten erhält. Dies ist i. d. R. ein Signal dafür, dass in der betreffenden Volkswirtschaft fundamentale Dinge nicht in Ordnung sind. Dann sollte man dort längerfristige Anlagen vermeiden. Das setzt dann aber auch dort die Kurse unter Druck, während kürzer laufende Wertpapiere steigen würden. Der Zinsmarkt würde so für eine Regulierung der Situation sorgen.

Entsprechend bietet der Anleihemarkt viele Chancen, die aber erklärungsbedürftig sind. Die einfache Formel „niedrige Zinsen machen Anleihen unattraktiv“ wird zwar seit dem Jahr 2011 von vielen Marktteilnehmern behauptet. Sie ist aber unbewiesen und unbeweisbar, weil sie schlicht falsch ist. Die Möglichkeit von Kursveränderungen zu profitieren, darf man nicht unterschätzen. Es lassen sich auch in dieser Zeit Renditen von mehr als 4 % p. a. mit Anleihen erzielen.

Aktuell befinden wir uns in einer Phase, in der diese Veränderungen stärker werden, weil in vielen etablierten Wirtschaftsräumen das Zinsniveau so niedrig gehalten wird. Damit führen selbst minimale Ausschläge zu deutlichen Kursveränderungen. Dies gilt umso mehr, da die wesentlichen Einflussfaktoren politische Maßnahmen und die Notenbankpolitik sind. Fundamental lassen sich diese nicht vorhersehen und auch in vielen Fällen nicht begründen. Deswegen ist eine notenbankpolitisch getriebene Kapitalmarktsituation immer eine Phase, die von hoher Nervosität geprägt ist. Die Schwankungsanfälligkeit und hohe Nervosität führen dann nochmals zu stärkeren Kursbewegungen. Für Anleger bedeutet dies, gerade Anleiheentscheidungen immer unter einem mittelfristigen Blickwinkel zu sehen und zu treffen und sich niemals zu sehr auf ein Laufzeitsegment, eine Branche oder eine Bonitätseinstufung zu konzentrieren.

Für Kreditnehmer hingegen bedeutet es weiterhin, möglichst langfristige Zinsbindungen anzustreben, aber hier sehr viel stärker als in den Vorjahren auf den richtigen Zeitpunkt zu setzen. Bei den aktuellen Schwankungen kann eine zu einem schlechten Zeitpunkt abgeschlossene 500.000,00 EUR Finanzierung in einer zehnjährigen Zinsbindung sehr schnell 20.000,00 EUR zu viel kosten.

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Schön M. Zinsen in Bewegung. Passion Chirurgie. 2015 August; 5(08): Artikel 04_02.

Turbulenzen am Anleihemarkt

Der Anleihemarkt war für viele Anleger ein gefühlter Hort der Stabilität. Die Kurse kannten mit relativ geringen Ausschlägen nur eine Richtung: Nach oben. Dies führte auf der anderen Seite zu fallenden Zinsen, die bei Neuanlagen eine Herausforderung darstellten. Das damit verbundene Niedrigzinsumfeld wurde und wird vielfach kritisiert. Daran ändert auch der Crash an den globalen Staatsanleihemärkten wenig. Allerdings ist es hier interessant, die Ursachen der Situation aus April und Mai 2015 näher zu beleuchten.

Kaum kündigten die US-Investoren Bill Gross und Jeffrey Gundlach an, dass Leerverkäufe für deutsche Staatsanleihen, bei dem man darauf setzt, diese Wertpapiere in Zukunft günstiger kaufen zu können, eine Jahrhundertchance seien, purzelten die Kurse für deutsche Staatsanleihen. Der Impuls ging zwar von den USA aus, aber eben nicht von den beiden Investoren, die in der Abwärtsbewegung im April 2015 und Mai 2015 selbst deutliche Verluste hinnehmen mussten. Vielmehr wurde die irrationale Sorge vor Zinserhöhungen in den USA von vielen Marktteilnehmern genutzt, um die teilweise deutlich gestiegenen Gewinne bei US-Staatsanleihen teilweise zu realisieren. Diese Situation rief auch den größten Gläubiger der USA auf den Plan. Noch vor Japan besaß China den weltweit größten Bestand an US-Staatsanleihen. Die Entwicklung zeigte, dass global bedeutsame Finanzentscheidungen nicht mehr an der Wall Street, sondern politisch in Peking getroffen und in Shanghai oder Hong Kong umgesetzt werden.

Die chinesische Führung sah die Anlage ihrer fast 4 Bio. Euro umfassenden Devisenreserven in US-amerikanischen und europäischen Staatsanleihen als nicht mehr so sinnvoll an, weil die Renditen extrem niedrig waren und ein Abschmelzen der Kursgewinne drohte. Durch die kontinuierlichen Käufe des chinesischen Staatsfonds bestanden aber bislang erhebliche „stille Reserven“. Gleichzeitig hat China aufgrund der nachlassenden wirtschaftlichen Dynamik auch Verwendung für die Mittel. Schließlich lässt das Wirtschaftswachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt stärker nach als sich dies die chinesische Regierung wünscht. Die Signale, ein nachhaltiges Wachstum anzustreben, sind sehr deutlich. Niemand sollte darüber frohlocken, wenn China massiv Devisenreserven abbaut. Dies käme nicht als einmalige Konjunkturhilfe in der Weltwirtschaft an. Ein Strohfeuer wird die chinesische Regierung nicht entfachen. Vielmehr ist ihr an einer nachhaltigeren Wachstumsstrategie gelegen, die beispielsweise dazu führen könnte, dass die chinesische Regierung von den dort teilweise hoch verschuldeten Kommunen Kredite übernimmt, was dann zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Situation in den chinesischen Regionen führt. Allerdings wird dann sicherlich auf eine stärkere Zentralsteuerung gedrängt, um die Verschuldungsspirale der Vergangenheit nicht von neuem in Gang zu setzen.

Wohin dies führt zeigen gerade die etablierten Industrienationen – allen voran die USA – sehr deutlich. Bei einem solchen Vorgehen stehen auf mittlerer und lange Sicht den chinesischen Kommunen mehr Gelder zur Verfügung, da keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr erbracht werden müssen. Gleichzeitig wird die Verwendung dieser Mittel allerdings strenger überwacht und restriktiver gehandhabt. Vermutlich wird es Anforderungen an die Verwendung der so geschaffenen finanziellen Freiräume geben, die auf eine Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in der jeweiligen Region abzielt, was damit dann zu weniger ausländischen Investitionen als in der Vergangenheit führen könnte.

Damit droht in den nächsten Monaten eine unglückliche Situation, in der zunächst viele Mittel aus den Staatsanleihen verschiedenster Staaten abgeflossen sind, teilweise auf immer noch historisch niedrigem Niveau zu höheren Refinanzierungskosten geführt haben und die wirtschaftliche Nachfrage nicht weiter steigt. Entsprechend droht eine wirtschaftliche Stagnation, die dann die ohnehin noch vorhandenen deflationären Tendenzen weiter verschärfen könnte. Es wird dann wahrscheinlich nicht lange dauern, bis weitere Interventionen der Notenbanken gefordert werden.

Internationale Analysten verlangen dies sogar schon von China selbst, weil das Wachstum in diesem Jahr augenscheinlich unter die Marke von 7 % fallen wird. Sehr wahrscheinlich ist eine Fortführung des Anleihekaufprogramms durch die europäische Zentralbank und selbst die USA sind mit der weiterhin eher schwachen wirtschaftlichen Entwicklung einem neuerlichen Anleihekaufprogramm näher als einer Leitzinserhöhung. Konkret bedeutet das eine stark nachlassende Dynamik an den internationalen Aktienmärkten, wobei sicherlich die USA ihre schwächere Entwicklung im Vergleich zu beispielsweise dem deutschen Leitindex DAX noch moderat angleichen werden.

Die Sorgen um eine Zinswende sind allerdings unbegründet. Stattdessen sollte man die sicherlich auch weiterhin bestehende Schwankungsintensität an den Kapitalmärkten nutzen, um in erstklassige Anleihen zu investieren, um so einen gut planbaren Mittelzufluss auch in den nächsten Jahren sicher zu stellen. Aufgrund der Veränderungsgeschwindigkeit an den Märkten ist es sicherlich sinnvoll, dies in professionelle Hände zu geben. Als Lösung bieten sich hier vermögensverwaltende Fonds oder eine individuelle Vermögensverwaltung, bei der dann aber auch schließlich in Einzelwerte für den jeweiligen Anleger investiert werden sollte, an.

Die DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH bietet als einer der größten Vermögensverwalter in Deutschland hier unabhängige Expertise. Um einen Einblick in die Vorgehensweise zu gewinnen, besteht für BDC Mitglieder die Möglichkeit, den wöchentlich per Mail erscheinenden DVAM-Finanzmarkt-Newsletter unter [email protected] anzufordern.

Schön M. Turbulenzen am Anleihemarkt. Passion Chirurgie. 2015 Juli; 5(07): Artikel 06_01.

 

„Kauf im Mai und bleib dabei“

Sehr freie Übersetzung einer Börsenweisheit durch einige Kreditinstitute ist gerade in der aktuellen Marktsituation falsch

Eigentlich heißt die Börsenweisheit „Sell in May and go away“, aber mit dem Blick auf viele Finanzmarktartikel und Stellungnahmen einzelner Kreditinstitute scheint die sehr freie Interpretation „Kauf im Mai und bleib dabei“ die allgemeine Meinung an den Finanzmärkten widerzuspiegeln. Aber ebenso wie die allgemeine Meinung müssen Börsenweisheiten nicht richtig sein. Wenn Geld verdienen so einfach wäre, müsste niemand mehr arbeiten. Insofern sollte man sich vor den einfachen Lösungen in Acht nehmen.

Mit Staatsanleihen lässt sich kein Geld verdienen. Dieses Mantra wiederholen Aktienanalysten seit vier Jahren und werden jedes Jahr aufs Neue widerlegt. Es wird eine schlichte Erkenntnis vergessen. Anders als bei einem Festgeld setzt sich die Rendite einer Anleihe aus dem laufenden Zins, der über die letzten Jahre kontinuierlich gesunken ist, und aus dem Kurs, der bei sinkenden Marktzinsen kontinuierlich steigt, zusammen. So hat man im letzten Jahr mit deutschen Bundesanleihen 10 % verdient, während der DAX nur dank der Berücksichtigung der Dividenden eine positive Rendite aufweisen konnte. Diesen einfachen Zusammenhang scheinen viele Analysten nicht zu verstehen, weil sie mit vermeintlichen Fachbegriffen wie „Alpha“ oder „Beta“ Anleger so weit verwirren können, dass sie nicht mehr nachfragen. So werden selbst von Privatanlegern Sätze wie „Wir brauchen das Alpha, um das Beta zu generieren“ ohne kritische Nachfrage ebenso akzeptiert wie die teilweise prominent geäußerte Behauptung, deutsche Bundesanleihen würden über ein Kursgewinnverhältnis von 500 verfügen, sodass 500 Jahre benötigt würden, um sein Kapital zurückzuerhalten. Letzteres ist natürlich völliger Unsinn, weil bei einer zehn Jahre laufenden deutschen Staatsanleihe im Moment noch davon ausgegangen werden kann, dass das Geld in zehn Jahren zurückgezahlt wird. Um das eingesetzte Kapital allein über den Zins zu verdienen, sind tatsächlich 500 Jahre notwendig, allerdings gibt es keine Aktienanlage, die einen Kapitalerhalt garantiert oder auch nur zu einen in der Zukunft festgelegten Zeitpunkt als wahrscheinlich erscheinen lässt. Aktien unterliegen Schwankungen und das in Aktien eingesetzte Kapital kann vollständig verloren gehen, weil es eben Eigenkapital ist und man mit entsprechenden Anlagen Miteigentümer des betreffenden Unternehmens wird.

Diese Fakten verkennen Werbungen, die eine Rettung aus dem Zinstief durch Aktienanlagen versprechen. Gerade für kurzfristig orientierte Anleger ist dies Realität, auf die man sich einstellen muss.

Deswegen nun insbesondere benötigte Liquidität in Aktienanlagen oder in auf Aktienentwicklungen basierenden Produkten zu investieren, ist äußerst risikoreich, weil das allgemeine Umfeld alles andere als aktienfreundlich einzustufen ist. Die globalen Konjunkturindikatoren sind zwar überwiegend freundlich, in wirklich belastbaren Wirtschaftsdaten kommen diese aber überwiegend nicht an. Dies reicht vom US-Arbeitsmarkt über die deflationären Daten in der Eurozone bis hin zu einem viel schneller als erwartet nachlassendem Wachstum in China. Entsprechend sind die Prognosen steigender Unternehmensgewinne vermutlich so in den nächsten Wochen und Monaten nicht zu halten und in der Betrachtung des Kursgewinnverhältnisses sind Aktien dann als teuer einzustufen. Gleichzeitig trübt sich vor allem im Rohstoffsektor aufgrund des dort niedrigen Preisniveaus das Investitionsklima weiter ein. Andere Unternehmen wissen nicht, was sie mit der vorhandenen Liquidität tun sollen und führen diese durch Aktienrückkäufe und Dividendenerhöhungen an ihre Eigentümer zurück. Damit ist der Anlagedruck auch durch diese, bislang relativ moderaten Rückflüsse sehr hoch. Insgesamt steht aber mit der Notenbankliquidität und den hohen Unternehmensgewinnen, die vielfach auch substanzielle Entschuldungen auf Unternehmensseite ermöglichen, viel Geld zur Verfügung. Entsprechend wird das Zinsniveau vorerst niedrig bleiben und erst substanzielle Zahlungsausfälle können dann die Neigung, auch hohe Risiken günstig zu finanzieren, korrigieren. Von dieser Situation sind wir aber noch weit entfernt, die insbesondere die Aktienmärkte in Mitleidenschaft ziehen würde.

Deswegen ist es aktuell sinnvoller, der echten Börsenweisheit „Sell in May und go away“ zu folgen, als die sehr freie deutsche Übersetzung „Kauf im Mai und bleib dabei“ umzusetzen.

Vielfach wird in diesem Umfeld die Frage gestellt, ob dann auch vorhandene Gewinne realisiert werden sollten. Auf der Anleiheseite ist das teilweise sinnvoll, wenn Papiere von staatsnahen Institutionen wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für längere Laufzeiten negative Renditen aufweisen. Dann sollte allerdings eine bessere Alternative für die Wiederanlage vorhanden sein. Anders als vielfach behauptet, wird diese aber nicht unmittelbar benötigt. Vielmehr kann die Liquidität kurze Zeit geparkt werden, um dann neue Marktchancen zu erschließen. Diese Strategie war bislang in jeder Marktphase erfolgreich. Ähnlich stellt sich die Situation auch im Aktienbereich dar. Hier kann es sinnvoll sein, Gewinne abzusichern, statt direkt die Gewinne zu realisieren. Schließlich hat die Entwicklung vieler Märkte in diesem Jahr gezeigt, dass man immer wieder überrascht werden kann. So sind weitere Kurssteigerungen bei einzelnen Aktien nicht unwahrscheinlich. Ein deutlicher Anstieg des Deutschen Leitindex DAX scheint jedoch relativ unrealistisch zu sein, nachdem er sein echtes Allzeithoch – also ohne Berücksichtigung der Dividenden – aktuell nach einer 15-jährigen Durststrecke erreicht hat. Dividenden ausgenommen, hat der DAX nun den höchsten Stand seit der Internetblase im Jahr 2000 erreicht. Alle anderen Allzeithochs, die medial häufig intensiv bejubelt wurden, sind ausschließlich auf die Einbeziehung der Dividenden zurückzuführen, was beispielsweise bei den US-Indizes unüblich ist. Dort gab es also in jüngerer Vergangenheit eine Vielzahl von „echten“ Allzeithochs. Als Anleger sollte dabei aber nicht die vorhandenen Währungsrisiken außer Acht gelassen werden.

Einen nahezu tagesaktuellen Blick auf die Marktentwicklungen ermöglicht der DVAM-Finanzmarkt-Newsletter, der für BDC-Mitglieder kostenlos und unverbindlich per Mail unter [email protected] bestellt werden kann. Aufgrund der aktuellen Situation um Griechenland und der Frage, inwieweit von dieser Seite eine stärkere Kooperation mit Russland erfolgen wird, hat das im Jahr 2013 geschriebene DVAM-Buch „Europa 2029 – Das Ende?“ nichts an Aktualität eingebüßt. Es ist unter der ISBN Nr. 978-3-86386-574-0 im Buchhandel und bei den entsprechenden Online-Anbietern bestellbar.

Schön M. „Kauf im Mai und bleib dabei“. Passion Chirurgie. 2015 Mai; 5(05): Artikel 06_01.

Der Preis des Geldes

Die Unsicherheiten in Negativzinsen stellen grundlegende Wirtschaftsmechanismen in Frage

Negative Zinsen für kurzfristige Geldanlagen, Guthabengebühren oder Staatsanleihen, bei denen man weniger Geld zurückerhält als man angelegt hat, scheinen die Vorboten einer grundlegenden Änderung der Zinslandschaft zu sein. Bislang war der Zins eine Art Prämie, die man erhielt, wenn man eine Zeit lang auf sein Geld verzichtete und es bereit war anzulegen und das – teilweise nur theoretische – Risiko der Rückzahlung in Kauf nahm. Wenn aber der unter Banken in Europa tatsächlich gehandelte Tagesgeldsatz EONIA nahezu ganzjährig im negativen Bereich liegt oder mehr als ein Drittel der europäischen Staatsanleihen Negativrenditen bieten, scheint dies nicht mehr zu gelten. Die Auswirkungen im Allgemeinen können gravierend sein. In jedem Fall haben sie Auswirkungen auf Kreditnehmer und vor allem Anleger.

Die Frage, was Geld ist, ist schon nicht einfach zu beantworten. Noch schwieriger wird es, wenn man sich mit dem Zins beschäftigt, der sich am besten darauf reduzieren lässt, dass er eine Prämie für den temporären Kapitalverzicht darstellt. Es ist ähnlich wie bei einer Mietsache. So verzichtet der Eigentümer einer Wohnung auch auf die Möglichkeit, sie selbst zu nutzen und erhält für diesen Verzicht vom Mieter eine Zahlung in Form der Miete. Ein Kapitalanleger, der sein Geld seinem Kreditinstitut für einige Jahre zur Verfügung stellte, erhielt dafür vor noch gar nicht allzu langer Zeit einen ordentlichen Zinsbeitrag. Dabei fungierte das Kreditinstitut aber sozusagen nur als Mittler zwischen Anleger und Kreditnehmer, dem sie dann dieses Geld des Anlegers mit einem Zinsaufschlag zur Verfügung stellte, der dies wiederum für Ausgaben im Konsum- oder Investitionsbereich verwendete. Je niedriger nun das Zinsniveau ist, desto unattraktiver erscheint der temporäre Verzicht auf das vorhandene Kapital, was zukünftig insbesondere kleinere und regionale Kreditinstitute vor große Herausforderungen stellt. Die Zinsspanne – also vereinfacht die Differenz zwischen Zinseinnahmen und Zinsausgaben – reduziert sich immer weiter, während sich die Kosten bestenfalls seitwärts entwickeln. Dieses Phänomen verstärkt sich auch dadurch, dass man den starken Rückgang auf der Zinsseite ein kleines bisschen abmildern kann, indem man nicht das Kreditinstitut als Mittler ausschaltet und beispielsweise direkt in erstklassige Unternehmensanleihen investiert. Dies bietet damit für Anleger einen leichten Zinsvorteil und schafft Unternehmen die Chance, sich bankenunabhängiger und günstiger zu refinanzieren.

Damit rückt aber eine andere Komponente, die den Zins notwendig macht, noch stärker in den Fokus. Während man bis zur weltweiten Finanzkrise im Jahr 2008 – fälschlicherweise – von der absoluten Sicherheit von Kreditinstituten ausging, spielen nun Bonitätsüberlegungen eine zunehmende Rolle. Neben dem temporären Kapitalverzicht ist es daher wesentlich, dass der Zins eine Prämie für das mit der Zurverfügungstellung einhergehende Risiko, das eingesetzte Kapital nicht zurückzuerhalten, widerspiegelt. Je geringer der Zins wird, desto schwieriger ist es, dieses Risiko adäquat vergütet zu bekommen. Schließlich zeigen beispielsweise die sogenannten Mittelstandsanleihen, dass die Qualität der emittierten Unternehmensanleihen nicht unbedingt in der Fläche besser wird. Ganz im Gegenteil besteht durch die teilweise guten Unternehmensgewinne und das sinkende Zinsniveau für erstklassige Unternehmen die Möglichkeit, sich sukzessive zu entschulden. Daher ist es eine große Herausforderung, angemessen verzinste Anleihen von Unternehmen zu finden, bei denen der Zahlungsausfall sehr unwahrscheinlich ist. Der Zins ist dabei als verlässlicher Risikoindikator und Prämie für den theoretischen Zahlungsausfall zunehmend untauglich, da durch die Maßnahmen der Notenbanken das Zinsniveau künstlich soweit reduziert wurde, dass Risiken vielfach nicht mehr angemessen bepreist werden.

Entsprechend stehen Anleger vor mehreren Herausforderungen, da das Angebot erstklassiger Papiere immer weniger wird, gleichzeitig die Zinsen sinken, Kreditinstitute bei der Anlagenauswahl häufig wenig attraktive Alternativen bieten und die Schwankungsrisiken im Kapitalmarkt nicht geringer ausfallen. Auf diese Situation muss man sich als Anleger einstellen und die Schwankungen eher als Chance und weniger als Risiko begreifen. Bei einem geschickten Agieren lassen sich so Erträge erwirtschaften. Wenig Hoffnung sollten Anleger auf ein zügig steigendes Zinsniveau haben, weil die Notenbanken alles daran setzen werden, das Zinsniveau weiter abzusenken oder in anderen Wirtschaftsräumen wie beispielsweise den USA keine großen Zinssteigerungen zuzulassen. Dies führt zu so kuriosen Situationen, dass ein Drittel der in Europa emittierten Staatsanleihen im negativen Bereich rentiert. Nach Freigabe des Wechselkurses in der Schweiz erstreckte sich dies dort von Tagesgeldanlagen bis hin zu zehn Jahre laufenden Staatsanleihen. Selbst der schweizerische Lebensmittelkonzern Nestlé wies teilweise Anleiherenditen im negativen Bereich auf. All dies sind Szenarien, die auch für Deutschland und vielleicht auch einige deutsche Unternehmen denkbar sind. Schließlich rentieren auch hier deutsche Staatsanleihen bis sechs Jahre inzwischen im negativen Bereich.

Damit hat der Zins zumindest in diesen Teilen beide Komponenten des temporären Kapitalverzichts und der Risikoprämie verloren. Für Kreditnehmer ist dies teilweise erfreulich, weil es schon in Norwegen die Situation gab, dass kurzfristige Baufinanzierungen negative Zinsen boten. So wurde auch Verschuldung für Privatpersonen ein Geschäft. Von diesen Entwicklungen sind wir in Deutschland weit entfernt und werden dies aufgrund der Tradition der längerfristigen Zinsfestschreibungen vermutlich auch nicht erreichen. Allerdings ist auch hier eine Veränderung in der Wahrnehmung von Kreditprodukten und Anlagemöglichkeiten feststellbar. Nicht auszuschließen ist, dass Anleger in den nächsten Jahren mit reinen Kapitalerhaltungsprodukten zufrieden sind, weil die Inflation ja besonders niedrig ausfällt und vielfach sogar deflationäre Tendenzen drohen. Allerdings kann dies nicht das Ziel eines Anlegers sein, da der Wertzuwachs des Vermögens immer ein Bestandteil der Vermögensbildung sein sollte. Entsprechend wird die Diversifikation bei liquiden Anlagen zu erstklassigen Unternehmensanleihen und Aktienbeimischungen weiterhin notwendig sein. Allerdings darf man sich dort auch von vielen Medienberichten nicht täuschen lassen: Die reine Aktienanlage ist nicht die ausschließliche Alternative, weil damit erhebliche Schwankungsrisiken verbunden sind. Gleichzeitig ist der Aktienmarkt sehr schnelllebig und spekulativ getrieben, so dass die klassische Funktion der Eigenkapitalversorgung für Unternehmen nicht mehr an jeder Stelle gegeben ist.

Umgekehrt sollten potenzielle Kreditnehmer nicht der Versuchung unterliegen, nur aufgrund niedriger Kreditzinsen hohe Verbindlichkeiten einzugehen. Grundsätzlich muss sich die damit verbundene Investitionstätigkeit lohnen. Ein Geschäft ist nicht deswegen attraktiv, weil es sich aus den niedrigen Zinsen refinanzieren lässt, sondern es muss auch in einem normalen Zinsumfeld ertragsbringend sein. Genau dieser Grundsatz sorgt dafür, dass das Notenbankgeld eben nicht zu einer sprunghaften Verbesserung der konjunkturellen Situation in Europa sorgt. Anders als in den USA werden dadurch nicht einfach neue Kreditmittel von Verbrauchern und Unternehmen abgerufen, um damit teilweise nicht benötigte Konsumausgaben oder risikoreichere Investitionen zu finanzieren. Vielmehr gilt vielfach noch der Grundsatz, dass man Geld nur dann ausgibt, wenn es eine sinnvolle Investitionsmöglichkeit gibt.

Der aktuelle Kapitalmarkt sorgt für eine zunehmende Verknappung dieser Möglichkeiten. Vorhandene Chancen und vor allem die Betrachtung der damit verbundenen Rahmendaten bietet der wöchentlich von dem unabhängigen Vermögensverwalter DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH aus Detmold herausgegebene DVAM-Finanzmarkt-Newsletter. Dieser steht BDC-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung und kann unter der Mailadresse [email protected] jederzeit angefordert werden.

Schön M. Der Preis des Geldes. Passion Chirurgie. 2015 April; 5(04): Artikel 06_01.

Griechenland – Schicksal des Euro?

Durch den Wahlausgang wird das Scheitern der bisherigen Rettungsbemühungen offensichtlich

Ende Januar 2015 haben die Neuwahlen in Griechenland mit dem Sieg der Linkspartei Syriza das Ergebnis gebracht, das sich niemand gewünscht hat. Bis vor einigen Jahren wäre es undenkbar gewesen, dass sich gerade in Griechenland als Wiege der Demokratie solche in Teilen radikalen Kräfte durchsetzen und damit die gesamte Zukunft Europas gefährden. Politisch macht sich nun eine Hilflosigkeit breit, da die Ergebnisse Signalwirkungen für alle Euro-Schuldenstaaten haben: Die bisherigen Rettungsbemühungen sind nicht erfolgreich gewesen.

Das Wahlergebnis vom 25.01.2015 mit einem deutlichen Wahlsieg der griechischen Linkspartei Syriza und der Koalition mit den rechtspopulistischen freien Griechen legt den Finger tief in die Wunde, die alle Beschwichtigungen in Europa nicht heilen konnte. Die bisherige Rettungspolitik mit einem massiven Sparprogramm hat die griechische Wirtschaft in eine tiefe Rezession und eine geldpolitische Deflation gestürzt. Immer mehr Menschen in Griechenland verarmen. Das Staatswesen ist finanziell und gesellschaftlich auf dem Stand eines Entwicklungslandes angekommen. Würden beispielsweise Ärzte nicht in ihrer Freizeit unentgeltlich Patienten behandeln, wäre inzwischen das griechische Gesundheitssystem zusammengebrochen.

Dabei hat sich an den finanzwirtschaftlichen Eckdaten nichts verändert. Griechenland ist derzeit immer noch – oder schon wieder – mit 320 Mrd. € verschuldet, obwohl sich Schuldenschnitte, Zinsverzichte u. ä. auf 240 Mrd. € summieren. Entgegen des behaupteten Primärüberschusses des griechischen Haushaltes – also des Saldos der Einnahmen und Ausgaben vor Zins- und Tilgungsleistungen – gibt Griechenland jährlich 60 Mrd. € mehr aus, als es einnimmt. Dies ist auf die Situation zurückzuführen, dass Griechenland spätestens im Jahr 2013 in eine Situation abgerutscht ist, in der jeder eingesparte Euro 1,40 € Folgekosten nach sich gezogen hat. So kann man beispielsweise die Sanierung von Straßen einfach einstellen und spart sofort die damit verbundenen Materialkosten. Wird in der weiteren Folge aber eben diese Straße unpassierbar, sorgen die ggf. notwendigen Umwege und die sich dann in größerem Umfang anschließende Reparatur für höhere Kosten als bei der ursprünglich notwendigen Sanierung. Volkswirtschaftlich ist das Sparprogramm schon lange Unsinn.

Aber genau auf diese Fragestellungen bietet die europäische Politik keine Antworten, sodass dann die Wahl Ende Januar 2015 eben von Kräften gewonnen werden konnte, die die einfachen Botschaften verkündeten. Neben unsinnigen Einzelmaßnahmen, wie beispielsweise die Wiedereinstellung von Beamten, die zwar nicht benötigt, aber damit einzelne Personen wieder versorgt werden, ist der Wunsch eines weiteren Schuldenschnitts in Griechenland zwar nachvollziehbar, inhaltlich aber nicht gerechtfertigt und nicht umsetzbar. Der neue griechische Ministerpräsident Tsipras denkt hierbei sogar in einer europäischen Dimension und will auf dieser Ebene einen Schuldenschnitt durchführen. Er übersieht dabei allerdings, dass Vermögen und Verbindlichkeiten zwei Seiten derselben Medaille sind. Wenn jemand seine Schulden nicht mehr zurückbezahlt, muss jemand anders auf das Geld verzichten. So reduziert sich dann das Vermögen. Ein solcher Ansatz ist in demokratischen Prozessen schlicht nicht vorstellbar und stark risikobehaftet. Deswegen wird man in der aktuellen Situation, in der die Krise – zugeschwemmt von billiger Notenbankliquidität – vor sich her plätschert, solche Maßnahmen kaum ergreifen können. Allerdings zeigen die Beispiele in Griechenland, aber vor allen Dingen in Zypern, dass eine solche Perspektive nicht völlig ausgeschlossen ist. Vermögendere Anleger sollten daher bei allen Anlageentscheidungen überlegen, wie sie ihren Wohlstand auch in schwierigen Szenarien sichern.

Die neue griechische Politik stellt aber Europa vor ein Dilemma. Geht man auch nur in Maßen auf die Forderungen ein, löst dies eine neue Schuldenwelle aus, die dann wiederum die Frage des Vertrauens in die Eurozone nach sich ziehen könnte. Nachdem es Spekulanten gelungen ist, erfolgreich gegen die relativ kleine Notenbank in der Schweiz zu spekulieren, die daraufhin die Wechselkursuntergrenze des Schweizer Franken zum Euro aufgeben musste, könnten dann größere Hedgefonds ein ähnliches Modell mit der EZB versuchen. Dann träfe angeschlagenes Vertrauen auf ungeheure Finanzstärke und würde die europäische Schuldenkrise in einer völlig neuen Dimension wieder explodieren lassen. Folgt man den Vorstellungen auch in Ansätzen nicht, kann die Konfrontation zwischen Eurozone und Griechenland dazu führen, dass es zu einer Staatsinsolvenz Griechenlands oder dem Austritt aus der Eurozone kommen könnte. Dies würde dann in der Folge viele europäische Staaten viel Geld kosten. Deutschland müsste auf bis zu 60 Mrd. € verzichten, was vielleicht politisch diskutiert, aber seitens der Bevölkerung noch akzeptiert würde. Schließlich hat die europäische Gemeinschaft dazu beigetragen, 70 Jahre in Frieden und Wohlstand leben zu können. Die immer stärkere Expansion nach Osten – ohne die Belange Russlands wirklich ernst zu nehmen – sorgt hier aber auch zunehmend für politische Risiken. Deswegen kann sich dann in Europa die Stimmung sehr schnell gegen eine intensive Zusammenarbeit und damit vor allem gegen den gemeinsamen europäischen Währungsraum wenden. Dann bestünde das Risiko, dass mit Finnland ein Staat, der die gemeinsame Währung nicht unbedingt benötigt, diese aber stark stützt, aus dem Euro austritt. Dies wäre dann wirklich der Anfang vom Ende einer Europäischen Gemeinschaftswährung, da alle gemeinsamen Währungsräume bislang an dem Ausscheiden eines starken Mitglieds zerbrochen sind.

Umgekehrt würden schwächere Eurostaaten natürlich sehr genau beobachten, wie sich Griechenland nach einer Staatsinsolvenz bzw. dem Austritt aus der Eurozone entwickelt. Da man dann von einer sehr niedrigen Basis kommt und von einem Großteil der Schuldenlast befreit wäre, ist eine positive Entwicklung Griechenlands in diesem Fall denkbar. Dies würde dann natürlich auch Überlegungen von Staaten wie Spanien oder selbst Italien befeuern, ob eine gemeinsame Währung wirklich ein anzustrebendes Ziel ist. Damit drohen auch von dieser Seite Gefahren für die europäische Zukunft.

Das griechische Wahlergebnis hat damit die Eurozone vor weitere finanzielle, politische und gesellschaftliche Herausforderungen gestellt, für die die tatsächlichen Antworten bislang nicht gefunden worden sind. Man muss dabei vermutlich zu der Entscheidung kommen, dass Frieden und Freiheit einen Wert haben, der dann in der Fortführung einer Währungsgemeinschaft nur dann gewährleistet sein kann, wenn man gemeinsam ähnliche Rahmenbedingungen schafft. Durch die völlig unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten der beteiligten Volkswirtschaften wird dies dann vermutlich ohne Transferzahlungen – ähnlich wie schon beim innerhalb Deutschlands kritisch beurteilten Länderfinanzausgleich – nicht möglich sein.

Neben dem Buch „Europa 2029 – Das Ende?“, das unter der ISBN-Nr. 978-3-86386-574-0 bestellbar ist, bietet der wöchentlich per Mail erscheinende DVAM-Finanzmarkt-Newsletter, der BDC-Mitgliedern kostenlos zur Verfügung steht und unter [email protected] angefordert werden kann, wöchentlich aktuelle Informationen zu wesentlichen Entwicklungen an den Kapitalmärkten.

Schön M. Griechenland – Schicksal des Euro? Passion Chirurgie. 2015 März; 5(03): Artikel 06_01.

Das Ende der Mittelstandsanleihen

Zum Jahresende 2014 gaben die Wertpapierbörsen Stuttgart und Düsseldorf wegweisende Entscheidungen bekannt, die aufgrund der Turbulenzen um den russischen Rubel und die Entwicklung des Ölpreises weitgehend untergingen. Allerdings haben sie weitreichende Folgen für den Finanzplatz Deutschland. Die Börse Stuttgart wird keine neuen Mittelstandsanleihen mehr zur Emission zulassen, die Börse Düsseldorf streicht aus diesem Anleihesegment den Begriff Mittelstand.

Nun fragt man sich, weshalb die beiden Regionalbörsen, die erst vor wenigen Jahren dieses Anleihesegment eingeführt haben, diese Schritte gehen. Gerade der deutsche Mittelstand ist doch der Inbegriff der Seriosität und Solidität. Aber genau dort beginnt das Problem: Was möglicherweise gut gemeint war, rutscht zunehmend in die Rubrik „schlecht gemacht“ ab. Mit dem Konstrukt einer Mittelstandsanleihe sollte mittelständischen Unternehmen aus Deutschland die Möglichkeit gegeben werden, sich unabhängiger von Kreditinstituten zu finanzieren. Es klang nach einem Vorteil für alle Beteiligten. Die Kreditinstitute konnten so ihre knapper werdenden Kreditressourcen durch höhere Eigenkapitalanforderungen und die Verschärfung der aufsichtsrechtlichen Regelungen anders aufgliedern. Das kreditsuchende Unternehmen hatte den Vorteil, mit dem Kapitalmarkt einen finanzstarken weiteren Partner hinzuzugewinnen. Anleger haben von den teilweise interessanten Zinsangeboten der emittierenden Unternehmen profitieren können.

Allerdings setzte dort das Problem ein. Die Zinsen lagen deutlich über dem Kapitalmarktniveau. So gab es nicht wenige Emittenten von Mittelstandsanleihen, die Zinskupons von 6 % oder 7 % pro Jahr boten. Dort war der Zinssatz tatsächlich noch ein verlässlicher Risikoindikator, weil kein solide aufgestelltes Unternehmen in einem Umfeld, in dem die 10-Jahres-Rendite für Bundesanleihen bei deutlich unter 1 % p. a. liegt, solche Konditionen bieten oder bei klassischen Finanzierungen akzeptieren muss. Entsprechend wurden viele Anleihen von Anbietern emittiert, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fraglich war. Gleichzeitig haben Kreditinstitute dann von diesem Unternehmen gefordert, dass die verbleibenden Kredite entsprechend abgesichert wurden. Damit wurden mit Mittelstandsanleihen häufig bonitätsschwächere Emittenten finanziert, bei denen die Kapitaldienstfähigkeit – also die Fähigkeit, jährliche Zinszahlungen und zum Ende der Anleihe die Rückzahlung zu leisten – fraglich war. Gleichzeitig waren die Anleger entsprechender Anleihen bei Zahlungsschwierigkeiten in einer relativ schlechten Position, da vielfach die vorhandenen Werte der Unternehmen als Sicherheit für Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten zur Verfügung gestellt werden mussten. Entsprechend gab es eine unglückliche Kombination aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten und schlechter Besicherungsposition bei den Emittenten vieler Mittelstandsanleihen. Dies traf auf Anleger, die allerdings davon ausgingen, im soliden deutschen Mittelstand zu investieren.

Entsprechend lagen die Risikoerwartungen weit auseinander. Weder die begleitenden Kreditinstitute noch die Regionalbörsen Stuttgart und Düsseldorf taten etwas, um dieser unterschiedlichen Risikowahrnehmung entgegenzutreten. Man hätte zum einen die Zulassungskriterien für solche Anleihen verschärfen können. Zum anderen wäre die Aufklärung der Anleger über die wirklich vorhandenen Risiken sinnvoll gewesen.

Hier haben sicherlich auch die Ratingagenturen ebenso versagt, wie die Verkäufer dieser Anleihen, die häufig über die gängigen Kreditinstitute vertrieben wurden. Nur wenige Anbieter – wie beispielsweise auch der unabhängige Vermögensverwalter DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH – hat frühzeitig und nachhaltig vor diesen Anlagen gewarnt. Bei einer früheren Analyse der DVAM wurden von damals 159 bestehenden Mittelstandsanleihen 158 als hoch risikoreich eingestuft. Diese Gefahren wurden vielfach aber nicht wahrgenommen. Daher sind viele Privatanleger von den Insolvenzen überrascht worden. In der Folge trat eine große Unsicherheit zum Mittelstandssegment ein.

Dazu haben sicherlich auch Unternehmen beigetragen, deren wirtschaftliche Zahlen sich nach Emission der Anleihe deutlich verschlechtert haben. Ein Beispiel ist der Freizeitartikelhersteller Friedola, der u. a. Schwimmflügel für Kinder herstellt. Dessen Eigenkapital ist in den Jahren nach Emission einer Mittelstandsanleihe von 36 % auf ca. 12 % abgerutscht, weil das Unternehmen in den letzten Jahren regelmäßige Verluste hinnehmen musste. Aber schon bei Auflage der Emission reichte der Jahresüberschuss nicht aus, um die jährlichen Zinsen zu bezahlen. Entsprechend wäre hier ein regulatorischer Eingriff sinnvoll gewesen. Inzwischen notiert die Friedola-Anleihe nur noch bei ca. 40 % und bietet eine Rendite von mehr als 60 % p. a. Diese Zahlen zeigen, dass es nicht zwangsläufig zu einer Insolvenz eines Unternehmens kommen muss, um Wertverluste und Wertrisiken für Anleger in Mittelstandsanleihen zu haben.

Mit solchen Entwicklungen, aber vor allem der Vielzahl der Insolvenzen war die Reputation des Mittelstandssegments verloren. Vieles erinnert an die Entwicklung der Jahrtausendwende, als der „Neue Markt“ Unternehmen den Börsenzugang ermöglichte, die ihren Erfolg vor allem in der Anzahl von Internetseitenaufrufen oder möglichst innovativen Namen definierten. Der weitere Verlauf von solchen Unternehmen und damit den gesamten Index, der heute TecDAX heißt, ist hinlänglich bekannt. Ein ähnliches Schicksal droht der guten Idee der Mittelstandsanleihen, da die Börse Stuttgart keine neuen Emissionen mehr annimmt und – sofern es planmäßig funktioniert – im Jahr 2019 dieses Segment im Rentenhandel beenden wird. Die Börse Düsseldorf geht hier nicht ganz so weit, wird aber zukünftig aus diesem Segment den Namen Mittelstand streichen.

So gut die nun ergriffenen Maßnahmen für Privatanleger sind, so spät kommen sie. Vor allem stellen sie dem Finanzplatz Deutschland kein gutes Zeugnis aus, da es sinnvoll wäre, soliden Unternehmen eine Möglichkeit zu geben, sich bankenunabhängiger zu refinanzieren. Dies dürfte auf absehbare Zeit gescheitert sein. Kommen dann noch in den nächsten Jahren strukturelle Zinsveränderungen hinzu, wird der Rentenmarkt von Anlegern noch kritischer wahrgenommen.

Dies ist allerdings auf die starke öffentliche Wahrnehmung zurückzuführen. Die Behauptung zur Alternativlosigkeit von Aktien und der damit verbundenen kritischen Wahrnehmung von Anleihen hat sich in den letzten Wochen etwas verändert. Entsprechend ist es weiterhin wesentlich, welche Risiken ein Anleger bereit ist zu tragen und darauf die entsprechende Anlagestrategie abzustimmen. Durch die teilweise verschiedenartige Interessenlage von Kreditinstituten, beispielsweise auf der einen Seite Anleiheemissionen zu begleiten und andererseits Kundenprodukte zu verkaufen, ist eine unabhängige Expertise ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Dies reicht von der Anlagestrategie über die Beratung bis zur Information. Hier bietet der wöchentlich per Mail erscheinende DVAM-Finanzmarkt-Newsletter unabhängiges Kapitalmarkt-Know-How. Mitglieder des BDC können den DVAM-Finanzmarkt-Newsletter kostenlos und unverbindlich unter [email protected] anfordern.

Schön M. Das Ende der Mittelstandsanleihen. Passion Chirurgie. 2015 Februar; 5(02): Artikel 06_01.

Die verdeckte Konjunkturgefahr

Während die Risiken um den Ukraine-Konflikt, die Terrormiliz IS oder die Demokratiebestrebungen in Hongkong immer wieder als konjunkturelle Risiken wahrgenommen werden und für teilweise starke Schwankungen an den Aktienmärkten sorgen, erscheint der Preisverfall an den Rohstoffmärkten als große konjunkturelle Stütze. Leider hat diese Entwicklung auch Schattenseiten, wie eine tiefergehende Analyse dieses Sachverhalts zeigt. Es kann sich zu einem Wachstumsproblem insbesondere für die deutsche Wirtschaft entwickeln.

Rechnet man zunächst ganz einfach, wird die deutsche Wirtschaft aufgrund der Preisersparnis auf der Rohstoffseite in diesem Jahr um 1 % wachsen. Auf dem aktuellen Preisniveau vieler Verbrauchsrohstoffe wie insbesondere Öl oder Gas reduzieren sich die Kosten für deutsche Unternehmen und Haushalte im Vergleich zum Vorjahr um 35 Mrd. EUR. Wir diese Summe vollständig konsumiert oder investiert, schafft dies ein Wachstum des deutschen Bruttoinlandsprodukts um 1 %. Selbst wenn nicht der vollständige Betrag in den Wirtschaftskreislauf fließt, scheinen die bisherigen Konjunkturprognosen eigentlich zu negativ zu sein. In jedem Fall gewinnt man den Eindruck, die deutsche Wirtschaft sei – selbst bei einem weltweit verhaltenen Wachstum – wachstumsseitig gut abgesichert.

Dieser Gedanke ist zu kurz gesprungen, weil die Unternehmen aus dem Rohstoffsektor gerade ihre Investitionen massiv zurückfahren, um auf den Preisrückgang zu reagieren. Dies ist bedenklich, weil Rohstoffproduzenten besonders viel und kostenintensiv investieren. Gerade bei einem hohen Preisniveau sind dann Innovationen für alternative Technologien und zur Kapazitätserhöhung gesucht. Gerade in diesen Feldern bringt die deutsche Wirtschaft eine hohe Expertise mit und ist somit ein besonders bedeutender Lieferant für Rohstoffproduzenten.

Deren aktuelle Reaktion ist aber genau richtig. Sie reduzieren ihre Förderkapazitäten, schließen sogar Produktionsanlagen und erschließen neue Abbaugebiete nicht, da teilweise die auf dem Weltmarkt zu erzielenden Preise unter den Produktionskosten liegen. Damit sinkt aber auch die Investitionsnotwendigkeit, aber die Investitionsbereitschaft. Letzteres hat eine psychologische Wirkung, die man nicht unterschätzen darf. Schließlich werden Unternehmen, die von einem Erfolg zum nächsten eilten, in einer so starken Preiskrise, wie wir sie aktuell im Rohstoffsektor erleben, langfristig verunsichert. Entsprechend wird es bei einer Erholung länger als volkswirtschaftlich sinnvoll dauern, bis die Investitionen auf ein angemessenes Niveau zurückkehren.

Derzeit werden nur durch eine wirksame Verknappung des Angebots die Preise wieder steigen, weil derzeit mit einem deutlichen Nachfrageschub nicht zu rechnen ist. Dies hat eine Vielzahl von Ursachen. Natürlich spielt die schleppende Wachstumsentwicklung hier eine wesentliche Rolle. Insofern droht man aktuell in eine Abwärtsspirale zu rutschen, in der die Rohstoffpreise sinken, weil die Nachfrage nach anderen Gütern nicht so hoch ist und gleichzeitig eben diese anderen Güter weniger stark nachgefragt werden, weil u. a. die Nachfrage der Rohstoffproduzenten geringer wird.

Betrachtet man aber die eigentliche Quelle dieser Preisentwicklungen, zeigen sich zwei andere Aspekte. In den etablierten Industrienationen ist das Wachstumstempo langsamer, weil es sich vielfach um gesättigte Märkte handelt, in denen gleichzeitig die Bevölkerung eher zurückgeht und der Konsum durch den hohen Lebensstandard und die rückläufige Anzahl von Konsumenten derzeit nur leicht sinkt. Darunter leiden dann auch aufstrebende Wirtschaftsnationen wie China, die in ihrem Transformationsprozess zu einer stärker inlandsgetriebenen Nachfrage viel zu kritisch begleitet werden. Insofern droht aus den negativ interpretierten Meldungen des Jahres 2014 für die konjunkturelle Entwicklung Chinas in diesem Jahr eine selbsterfüllende Prophezeiung zu werden. Damit wird das Wachstum weiter reduziert. In der Folge entwickelt sich beispielsweise der chinesische Immobilienmarkt wesentlich weniger dynamisch als in den Vorjahren. In dessen Folge ist die Entwicklung des Eisenerzpreises seit Längerem rückläufig und markiert aktuell das nahezu tiefste Niveau seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009.

Gerade im Bereich der Industriemetalle ist sicherlich besonders problematisch, dass sich Überkapazitäten erst langsam abbauen. Insofern werden vor allem in den industriell benötigten Rohstoffsegmenten bis in den Frühsommer 2015 hinein Angebotsüberhänge zu verzeichnen sein, bis man hier das Angebot der Nachfrage angepasst hat. In dieser Phase drohen dann durchaus größere Marktverwerfungen, da eben im Rohstoffsektor vielfach kein Grundgeschäft zugrunde liegt, sondern Rohstoffe eher von Finanzinstitutionen aus spekulativen Überlegungen erworben werden. So hat ein US-Hedgefonds inzwischen Zugriff auf mehr als 50 % der derzeit verfügbaren Kupferbestände. Mit Blick auf eine solche Marktmacht ist es nicht mehr möglich, eine Preisentwicklung zu prognostizieren. Es lässt aber auch mittelfristige Kalkulationen von Unternehmen spekulativ werden, da niemand die Strategie solcher Marktakteure kennt.

Auch deswegen sollten Spekulationen ohne vorhandenes Grundgeschäft zumindest im Rohstoffbereich durch die jeweiligen Gesetzgeber vollständig untersagt werden. Besonders dramatisch bleibt dies im Bereich der Lebensmittel, da es dort für Menschen lebensbedrohlich sein kann. Wenn der Preis für Reis an den Weltmärkten dramatisch verfällt, weil Spekulanten entsprechende Ziele verfolgen, kann beispielsweise ein Bauer in Bangladesch – neben allen ökologischen Problemen durch den Klimawandel – mit den dann geringen Einnahmen seine Familie nicht mehr ernähren. Substitutionsmöglichkeiten gibt es dann für ihn aber auch nicht. Daher muss es der Anspruch an einen Vermögensverwalter sein, solche Aspekte in der Vermögensanlage zu berücksichtigen. Keine Rendite ist es wert, dass dafür Menschenleben riskiert werden.

Anders stellt sich die Situation bei den beiden besonders öffentlich beachteten Rohstoffen Erdöl und Gold dar. Dort ergeben sich neben den Überkapazitäten noch andere Aspekte. Der Ölpreis befindet sich sozusagen in einem historischen Transformationsprozess. Auf der einen Seite geht die Macht der Vereinigung der ölfördernden Staaten OPEC immer weiter zurück, da fast zwei Drittel der heute aktiven Produzenten dort nicht angeschlossen sind. Zudem sorgen hier viele unterschiedliche Interessen auch innerhalb der OPEC für ein immer weniger klares Bild. Daneben entwickeln sich die USA vom weltgrößten Energieimporteur zunehmend zu einem Energieexporteur, da man sich dort die Möglichkeiten des Abbaus von Schiefergas u. ä. sehr entschieden entschlossen hat. Die Geschwindigkeit, mit der sich dort die Entwicklungen verändern, ist unterschätzt worden.

Teilweise resultiert dies daraus, dass man die „heimliche“ Energiewende in China nicht gesehen hat. Während man in Deutschland massiv darüber diskutiert, wie der Ausstieg aus der Atomkraft ohne den massiven Ausbau der Energie aus Kohlekraftwerken gestaltet werden kann, hat China die globale Bedeutung bei der Herstellung von Solarmodulen genutzt, um nicht nur dort weltgrößter Produzent von Solaranlagen, sondern auch größter Erzeuger von Solarstrom zu werden. Somit stößt ein aus den etablierten Energielieferstaaten unverändertes Angebot auf zusätzliche Kapazitäten aus den USA, während die Nachfrage durch eine Energiewende in China, aber auch die teilweise nachlassende Konjunktur zurückgeht. Dieser Anpassungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Daher werden die Energiekosten vorerst niedrig bleiben, was aber u. a. auch die Entwicklung energiesparender Technologien hemmt.

Eine Hochleistungsindustrie wie Deutschland kann damit ihre vorhandenen Wettbewerbsvorteile nicht vollumfänglich ausspielen. Besonders innovative und effiziente Technologien, mit denen die deutsche Wirtschaft Standards im globalen Wettbewerb setzt, sind im Moment weniger gefragt. Man kann schon jetzt mit den bisherigen Technologien im Rohstoffbereich vielfach nicht mehr kostendeckend produzieren. Deswegen benötigt man keine neuen Technologien um mehr oder schneller produzieren zu können. Man wird versuchen, die Angebote zu verknappen.

Gold ist vermutlich hingegen das Kapitalmarktinstrument, das man am wenigsten in Kategorien wie Angebot und Nachfrage messen kann, weil damit eine hohe Emotionalität verbunden ist. So ist die relativ stabile Preisentwicklung im vierten Quartal 2014 auf die Nachfrage nach physischem Gold durch Russland zurückzuführen. Gestützt wurde der Preis des Edelmetalls auch durch das schweizerische Referendum zu einer stärkeren Unterlegung der eigenen Währung mit Goldreserven. Zuvor hatten Anleger aber sehr deutlich durch die Seitwärtsentwicklung gespürt, wie schwierig eine Anlage ist, die keine laufende Rendite erwirtschaftet und ausschließlich von Kurssteigerungen abhängig ist. Hinzu kommt beim Goldpreis noch die Währungskomponente durch die Preisfeststellung in US-Dollar. Aus der Kombination dieser Erkenntnisse haben viele Anleger die Entscheidung getroffen, sich sukzessive von den Goldbeständen zu trennen. Dennoch notiert der Goldpreis – anders als nahezu alle anderen Industrie- und Edelmetalle – über den Produktionskosten.

In einer Phase, in der trotz expansiver Haltung der Notenbanken die Inflation nicht anzieht, aber eben diese Geldpolitik dazu führt, dass faktisch die fundamentalen Risiken im Finanzmarkt zugeschwemmt sind, zu einem begrenztem Potenzial beim Goldpreis. Erschwerend kommt sicherlich hinzu, dass der zugesprochene Werterhaltungsaspekt in einer globalen Welt nicht bewiesen ist, sondern mehr auf historischen Annahmen und einer hohen Emotionalität basiert. Letzteres sollte aber nicht die Grundlage für Anlageentscheidungen sein, mit denen man Vermögen aufbauen oder Vermögen erhalten will.

Abb. 1: Der Blick vom DVAM-Kapitalmarktausblick 2014 – die Veranstaltung findet im Jahr 2015 in Köln (03.02.), Detmold (05.02), Berlin (10.02.) und Hamburg (12.02.) statt.

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Der DVAM-Finanzmarktausblick 2015 ist – ebenfalls wie der wöchentlich per Mail erscheinende DVAM-Finanzmarkt-Newsletter – für BDC-Mitglieder weiterhin unter [email protected] bestellbar.

Die Finanzmärkte im Jahr 2015

Ein erster Ausblick auf die Erwartungen im kommenden Jahr

Erstens kommt es anders und zweites als man denkt – unter diesem Motto kann das Anlagejahr 2014 stehen, in dem viele Marktteilnehmer weiter ein dynamisches Wachstum an den Aktienmärkten gesehen haben und ein deutlich steigendes Zinsniveau erwartet wurde. Die DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH hatte als einer der großen unabhängigen Vermögensverwalter schon ein etwas differenziertes Bild und sah die Schwankungsbreite im Deutschen Leitindex DAX im Jahr 2014 zwischen 8.700 Punkten und 10.400 Punkten und ging – als traditionell konservativ ausgerichtetes Anlagehaus mit entsprechend hoher Expertise – von einem weiterhin niedrigen Zinsniveau aus. Entsprechend spannend ist der Blick auf das Jahr 2015, das auch wieder einige Überraschungen parat haben wird.

Trotz aller geopolitischen Krisen und konjunkturellen Sorgen hatte Gold als klassischer „sicherer Hafen“ im Jahr 2014 nicht die Bedeutung wie in Jahren zuvor. Dies wird sich auch in der Zukunft fortsetzen, da das Edelmetall kein wirkliches Anlageinstrument darstellt. Der immer wieder behauptete Werterhaltungsaspekt ist nicht nachgewiesen. Mit einer seitwärts gerichteten Wertentwicklung wird aber zunehmend wieder in den Fokus der Anleger rücken, dass man mit Gold eben keine laufenden Ausschüttungen generiert und entsprechend wenig attraktiv ist das Edelmetall als Anlage.

Nun mag man einwenden, dass man in dem niedrigen Zinsniveau des Jahres 2014 ohnehin kaum Zinsen erwirtschaften konnte und sich dieser Trend vermutlich auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird. Es ist sogar hoch wahrscheinlich, dass bis in das Jahr 2018 hinein die Renditen für beispielsweise deutsche Staatsanleihen im 10-Jahres-Bereich nicht signifikant steigen werden. Dies ist auf die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) zurückzuführen, die niedrige Zinsen und hohe Liquidität über mehrere Jahre sicherstellen will. Das vierte Quartal 2014 und die dort sehr stark im Fokus stehenden Diskussionen um die konjunkturelle Entwicklung zeigen deutlich, wie wenig dann geldpolitische Instrumente alleine konjunkturelle Sorgen nehmen können. Der damit verbundene psychologische Aspekt darf aber nicht unterschätzt werden. Entsprechend bleibt das Zinsniveau niedrig und die EZB wird ihrerseits alles tun, um eine neuerliche Verschärfung der Euro-Schuldenkrise zu verhindern.

„Einen Strich durch die Rechnung der Notenbank machen“ könnte nur ein deutlich steigendes Zinsniveau in anderen Regionen der Welt. Hierbei denkt man natürlich zu allererst an die USA, da dort die wirtschaftliche Entwicklung erfreulich ist und entsprechend das dort auch historisch niedrige Zinsniveau so nicht fortgeführt werden müsste. Allerdings sorgen Zinssteigerungen dort für Wanderbewegungen des Geldes aus dem Euroraum in den US-Währungsraum, das wiederum zu einer deutlichen Verteuerung der US-amerikanischen Währung führt. Ein teurer US-Dollar verteuert aber eben auch die Exporte von den USA in andere Währungsräume, was wiederum die wirtschaftliche Entwicklung auch dort beeinträchtigen kann. Deswegen werden die USA – nun stärker aus eigenem Interesse als mit Blick auf die Schwellenstaaten – sehr vorsichtig mit Zinsanpassungen sein. Damit bleibt das weltweite Zinsniveau niedrig und für Anleger stellt es eine Herausforderung dar, gute Bonitäten von weniger guten oder gar schlechten Schuldnern zu unterscheiden, um nicht in die Gefahr eines Abrutschens in Vermögensrisiken bei Zinsanlagen zu geraten.

Viele Segmente bleiben gerade hier risikobehaftet. In Deutschland ist zu allererst das Segment der sogenannten Mittelstandsanleihen zu nennen, die mit solidem deutschen Mittelstand wenig zu tun haben, sondern beinahe die Garantie für einen Wertverlust darstellen. Eine frühere Analyse der DVAM Deutsche Vorsorge Asset Management GmbH legt dar, dass im Bereich der an den Börsen Stuttgart und Düsseldorf gehandelten Mittelstandsanleihen über 99 % für die konservative Anlage ungeeignet sind. Sie stellen nur ein Geschäft für die Emittenten und die dabei unterstützenden Kreditinstitute dar. Entsprechend bleibt auch im Anlagejahr 2015 unabhängige Expertise unerlässlich.

Das niedrige Zinsniveau wiederum wird die Aktienmärkte stützen, aber das Anlagejahr 2014 hat eben auch gezeigt, dass kein Börsensegment eine Einbahnstraße ist. Während man im Sommer noch versuchte, zu erklären, dass die damaligen Bewertungsniveaus bei Aktien aufgrund der noch niedrigeren Zinserwartungen günstig seien, hat sich das Bild in der zweiten Jahreshälfte 2014 deutlich eingetrübt. Wenn ein Unternehmen keine nachhaltige Gewinnperspektive hat, ist auch ein niedriges Zinsniveau kein Hebel, um von einer günstigen Bewertung zu sprechen. Deswegen ist für das Anlagejahr 2015 eine Rückbesinnung auf fundamental starke Werte zu erhoffen, die allerdings schon in den letzten Jahren nur vereinzelt feststellbar war.

Vielmehr werden die Aktienmärkte sehr stark von Stimmungen und Trends beeinflusst. Damit haben die Aktienbörsen eigentlich ihre Funktion der langfristigen Zurverfügungstellung von Eigenkapital für Unternehmen verloren und entwickeln einen eher spekulativen Charakter, der teilweise an ein Spielkasino erinnert. Durch diese kurzlebigen Bewegungen müssen auf Substanzerhalt und langfristigen Vermögenszuwachs ausgerichtete Anleger hindurchblicken und sich die Frage stellen, ob die ausgewählten Werte auch im langfristigen Kontext bestehen werden.

Eine sachwertbezogene Anlage kann sehr sinnvoll sein. Dies gilt aber nur, wenn die unternehmerische Substanz, das Geschäftsmodell und die wirtschaftlichen Rahmendaten zukunftsfähig sind. Solche Unternehmen werden im unabhängigen DVAM-Research analysiert, das frei von anderen Interessen ist und beispielsweise – neben vielen Daten aus dem DVAM-Finanzmarktausblick 2014 – die Richtigkeit in der Analysefähigkeit bei den Neuemissionen des Jahres 2014 gezeigt hat, bei denen besonders die Internetunternehmen Zalando und Rocket Internet im Fokus standen. Unsere ablehnende Haltung und das bislang lediglich kurzfristige Kurspotenzial haben sich vollumfänglich bestätigt. Über solche Entwicklungen können Sie sich sehr aktuell mit dem wöchentlich per Mail erscheinenden DVAM-Finanzmarkt-Newsletter informieren. Einen grundlegenden Einblick in die Erwartungen des Anlagejahres 2015 gibt der DVAM-Finanzmarktausblick.

Beide Medien sind für Mitglieder des BDC kostenlos und unverbindlich unter der E Mail-Adresse [email protected] anforderbar. Beim DVAM-Finanzmarktausblick ist aufgrund des Umfangs von rund 10 Seiten zu beachten, dass dieser nur postalisch zur Verfügung gestellt werden kann. Entsprechend ist bei der Anforderung bitte eine postalische Anschrift anzugeben.

Die wesentliche Anlageempfehlung für das Jahr 2015 stellt aber weiterhin eine gute Durchmischung der Anlagen hinsichtlich Anbietern, Branchen, Flexibilität und Sicherheit dar.

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Schön M. Die Finanzmärkte im Jahr 2015. Passion Chirurgie. 2014 Dezember; 4(12): Artikel 06_03.


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