01.05.2010 Arbeitsrecht
Außertarifliche Verträge: Betroffene berichten
Die Suche nach Erfahrungsberichten von Kollegen mit AT-Verträgen stellt uns vor große Probleme, denn die meisten „AT-ler“ unterschreiben im AT-Vertrag gleich mit, dass sie keine Auskunft über Vertragsinhalte geben dürfen.
Eine Umfrage „AT – Ja oder nein, wenn ja, warum und: wenn nein – warum nicht?“ zeigt aber noch ein interessantes Phänomen auf unter den „Nicht-AT-lern“: Die überwiegende Mehrheit der Befragten würde einen AT-Vertrag nicht aus Prinzip oder kategorisch ablehnen.
Im Gegenteil, nahezu alle Nicht AT-ler würden diesen „intensiv prüfen“ oder prüfen lassen. Auf die Frage, warum denn ein AT-Vertrag nicht vorliege, kommen Hinweise auf spezielle Abteilungsstrukturen oder z. B. individuelle längere Krankheitsphasen in der eigenen Vita als Begründung, warum ein Angebot eines AT-Vertrages seitens der Geschäftsführung nicht wahrscheinlich sei. Grundsätzlich aber sei man offen für alles.
Die typischen Vorbehalte der schlechteren Sozialleistungen (Kündigungsschutz, Krankheitsfall, etc.) werden kaum angeführt. Offenbar ist diese Sorge, getragen von der gegenwärtigen Arbeitsmarktlage, in den Hintergrund getreten.
Wer macht nun von der Möglichkeit Gebrauch, AT-Verträge anzubieten?
Prinzipiell steht diese Möglichkeit natürlich jedem Arbeitgeber offen. Führend scheinen derzeit die privaten Träger zu sein, was der aktuellen Arbeitsmarktlage und der Philosophie der Träger entspricht. „AT-Verträge vermitteln besondere Wertschätzung und sind ein Mittel, gute Mitarbeiter an das Haus zu binden“, berichtet der Personalleiter eines Hauses in privater Trägerschaft. Aber auch andere Träger, wie z. B. die kommunalen Häuser, bieten entsprechende Verträge an.
Wie bereitet man sich auf die Vertragsverhandlung vor?
Zwar werden AT-Verträge oftmals von der Verwaltung angeboten, u. U. kann es aber auch Zeichen eines gesunden Selbstvertrauens sein, aktiv in die Verhandlungen einzusteigen. Diese Verhandlungen sind für den Krankenhauschirurgen fremd: An keiner Stelle seiner bisherigen Berufsausbildung wird er mit einer solchen Situation, in der er sein wirtschaftliches Geschick selbst in die Hand nimmt, konfrontiert.
Es gibt, anders als z. B. bei der Kassenzulassung, keine Vorbereitung auf diese Situation. Wer sich hier unsicher fühlt, kann aber von der vorherigen Absolvierung sog. „Soft-Skill“-Kurse wie Konflikt- oder Verhandlungsmanagement profitieren. Die BDC|Akademie bietet diese Kurse im Rahmen der Workshop-reihe ‚Simplify your Hospital’ an.
Von Vorteil für den einzelnen Arzt in der Verhandlung mit dem Arbeitgeber ist eine Qualifikation, die idealerweise einem Alleinstellungsmerkmal gleichkommt, beispielsweise eine nicht durch andere Kollegen vertretene Teilgebietsbezeichnung. Günstig ist zusätzlich die Unterstützung durch den Abteilungsleiter.
Verhandlungsführung – Sie sind einzigartig!
Bei Aufnahme der Verhandlung sollte man sich seiner Stellung realistisch bewusst sein, so kann man mit gesundem Selbstbewusstsein auftreten. Zu fordernd zu sein schadet der Langfristigkeit des Arbeitsverhältnisses: Immerhin werden AT-Verträge im Regelfall jährlich verhandelt und es kann von Vorteil sein, im ersten Gespräch eine gewisse Zurückhaltung zu üben. Das klare Ziel sollte sein, dass beide Parteien als „Gewinner“ die Verhandlung verlassen.
Vertragsgestaltung
AT-Verträge setzen sich im Regelfall aus zwei Komponenten zusammen. Das Grundgehalt wird gegenüber dem Tariflohn meist nur gering erhöht. Steigerungen um mehr als ca. 10 % dürften die Ausnahme sein. Grund hierfür ist, dass dieser Lohnbestandteil unbeeinflussbar ist und damit für den Arbeitgeber wenig interessant.
Bedeutsamer ist dagegen der variable Anteil eines AT-Vertrages: Hier werden Boni an Zielvereinbarungen geknüpft und der Mitarbeiter direkt bzgl. seiner persönlichen Leistung (z. B. Erbringung bestimmter Fallzahlen) oder aber im Hinblick auf die gemeinsame Verfolgung übergeordneter Ziele (z. B. Erreichen bestimmter Ziele der Abteilung oder des Hauses) gefordert. Die Ausschüttung erfolgt damit meist kurz nach Jahreswechsel, wenn die Daten des Vorjahres vorliegen.
Prinzipiell ist für diesen Vertragsteil vieles verhandelbar, z. B. auch die Bereitstellung von Dienstwagen, Fahrtkostenbeteiligungen, u. ä. Der Verhandlungserfolg ist dabei auch abhängig von der Bereitwilligkeit und Kreativität der jeweiligen Geschäftsführung.
Es ist unerlässlich, sich vor Beginn der Verhandlungen zu erkundigen, welche Bonusregelungen im Regelfall im Hause Anwendung finden: auf diese sollte man sich in jedem Falle „zahlentechnisch“ optimal vorbereiten. Potentiell gilt es, sich und die künftige Arbeitssituation realistisch einzuschätzen.
Auch muss im Auge behalten werden, dass in den Folgejahren mutmaßlich ähnliche Ziele gesucht werden und hier noch Verhandlungsspielraum bestehen bleiben sollte. Auf die jährliche Neuverhandlung sollte man in jedem Fall Wert legen. Sie ermöglicht immerhin die Vertragsanpassung an die allgemeine Entwicklung der Tarifgehälter.
Gleichzeitig steckt in dieser Regelung natürlich auch die Möglichkeit für den Arbeitgeber, den Vertrag auslaufen zu lassen, was einen erheblichen Unsicherheitsfaktor für den Arbeitnehmer darstellt. So können z. B. ein anstehender Chefarztwechsel und eine damit einhergehende Umstrukturierung der Abteilung zu einer erheblich veränderten Ausgangssituation in der Verhandlung führen. Wiederum eine Risikoabwägung, die nur individuell entschieden werden kann.
Zusammenfassend gilt bei der Verhandlung von AT-Verträgen: Maß halten und nicht mit überzogenen Forderungen aufwarten – sich aber auch nicht unter Wert verkaufen. Denn: Auch im Folgejahr und danach sollten sich beide Verhandlungspartner wieder mit gutem Gefühl in die neue Verhandlungsrunde begeben können.
Der BDC erweitert in diesem Zusammenhang sein Beratungsangebot. Ab sofort können auch OA- oder AT-Verträge von unserem Juristen geprüft werden. Die Beratungsgebühr liegt niedriger als die bei Chefarztverträgen. Wie dort übernimmt der BDC 50 Prozent der entstehenden Beratungskosten, die andere Hälfte (180,40 Euro) trägt das BDC-Mitglied selbst.
Autor des Artikels
Dr. med. Jörg Ulrich Ansorg
GeschäftsführerBerufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e. V.ehem. BDC-GeschäftsführerStraße des 17. Juni 106–10810623Berlin kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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