22.05.2020 Politik
Ärztestatistik 2019 – Reinhardt: „Ärztinnen und Ärzte sind systemrelevant“

„Die Corona-Pandemie führt uns drastisch vor Augen, wie sehr unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Leben von einem gut funktionierenden Gesundheitswesen abhängt. In Deutschland verfügen wir über gut ausgestattete Krankenhäuser und eine leistungsstarke ambulante Versorgung. Diese Strukturen werden von hochmotivierten Ärztinnen und Ärzten, Medizinischen Fachangestellten, Pflegekräften und weiteren Gesundheitsberufen getragen. Ihnen haben wir es zu verdanken, dass wir bisher gut durch diese Krise gekommen sind. Die Politik in Bund und Ländern sollte sich das vergegenwärtigen und der Nachwuchsförderung und Fachkräftesicherung in unserem Gesundheitswesen künftig höchste Priorität beimessen.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt anlässlich der Vorstellung der aktuellen Ärztestatistik. Er betonte, die Beschäftigten im Gesundheitswesen seien systemrelevant, im Normalbetrieb und erst recht in Zeiten wie diesen.
Tatsachlich ist die Personalsituation in Kliniken und Praxen auch unabhängig von der Corona-Krise schon angespannt. Der Behandlungsbedarf wächst aufgrund der Alterung der Bevölkerung kontinuierlich. So stieg die Zahl der Behandlungsfälle in den Krankenhäusern zwischen 2009 und 2017 von 17,8 auf 19,5 Millionen. Hinzu kommen knapp eine Milliarde Arztkontakte in den Praxen der Niedergelassenen.
Gleichzeitig boomt in Deutschland die Teilzeitarbeit. So stieg die Teilzeitquote unter allen Arbeitnehmern zwischen 1991 und 2019 von 18,5 Prozent auf 38,6 Prozent (IAB). Auch unter Ärztinnen und Ärzten wird Arbeit in Teilzeit immer beliebter. Um 100 Vollzeitstellen zu besetzen, wurden im Jahr 2015 noch 108 Ärztinnen und Ärzte benötigt,zwei Jahre später waren es bereits 115. Dies entspricht einem Mehrbedarf von 6 Prozent, ohne dass sich die zur Verfügung stehende ärztliche Arbeitszeit erhöht hatte (Quelle: Destatis). Aus diesem Grund mag zwar die Zahl der Köpfe leicht ansteigen, aber nicht die Zahl der zur Verfügung stehenden Arztstunden.
Im vergangenen Jahr stieg die Gesamtzahl der bei den (Landes-)Ärzte- kammern gemeldeten berufstätigen Ärztinnen und Ärzte nur leicht auf 402.119 (Vorjahr: 392.402). Überproportional stark wuchs die Zahl der Ärzte in sonstigen Tätigkeitsbereichen (+6,0 Prozent). Diese Ärzte stehen der direkten Patientenversorgung nicht zur Verfügung.Der Anteil der im Krankenhaus tätigen Ärztinnen und Ärzte ist bezogen auf alle ärztlich Tätigen leicht angestiegen. Er beläuft sich nun auf 51,5 Prozent (Vorjahr: 51,4 Prozent).
Der ambulante Bereich verzeichnete einen Zuwachs um 1,6 Prozent, was 2.558 Ärztinnen und Ärzten entspricht. Zum Stichtag 31.12.2019 waren somit 159.846 Ärztinnen und Ärzte ambulant tätig.
Während die Zahl der Niedergelassenen um 1.142 auf 116.330 gesunken ist (-1 Prozent), entscheiden sich immer mehr Ärzte für eine Anstellung im ambulanten Bereich. Ihre Zahl hat sich seit 1997 auf nunmehr 44.000 versechsfacht.
Wie dringend medizinischer Nachwuchs gebraucht wird, verdeutlicht ein Blick auf die Altersentwicklung der Ärzteschaft. Von allen berufstätigen Ärztinnen und Ärzten haben 8 Prozent bereits das 65. Lebensjahr vollendet. Weitere 12 Prozent waren zum Stichtag schon zwischen 60 und 65 Jahre alt. Rund 20 Prozent der berufstätigen Ärzte werden also voraussichtlich bald aus dem Berufsleben ausscheiden.
Darüber hinaus sind aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge in den 1950er und 1960er Jahren überproportional viele Ärztinnen und Ärzte im Alter zwischen 50 und 60 Jahren alt. Sie werden wahrscheinlich zeitgleich mit vielen gleichaltrigen Mitbürgern in anderen Berufen in den Ruhestand gehen.
Positiv hat sich die Zahl der Facharztanerkennungen entwickelt. Im Jahre 2019 wurden 13.742 Anerkennungen ausgesprochen (2018: 13.336). Die meisten Anerkennungen wurden mit 2.100 für die Facharztbezeichnung für Innere Medizin erworben. Die Zahl der Anerkennungen in den Fächern Allgemeinmedizin sowie Innere und Allgemeinmedizin (Hausarzt) ist gegenüber dem Vorjahr von 1.567 auf 1.689 gestiegen.
Für etwas Entlastung sorgt die Einwanderung aus dem Ausland. Die Zahl der in Deutschland gemeldeten ausländischen Ärztinnen und Ärzte ist im Jahr 2019 um rund 3.800 auf 58.168 gestiegen (+7,0 Prozent). Die größte Zahl berufstätiger Ärzte kommt aus Rumänien (4.433), Syrien (4.486) Griechenland (2.811), der Russischen Föderation (2.321) und Österreich (2.381). Ihnen stehen 1.898 Ärztinnen und Ärzte gegenüber, die ins Ausland abgewandert sind.
Quelle: Bundesärztekammer, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, http://www.bundesaerztekammer.de, 22.05.2020
Weitere aktuelle Artikel
03.08.2017 Krankenhaus
Länder müssen bedarfsgerechte Krankenhausversorgung sicherstellen
„Der Strukturfonds wird das Investitionsproblem nicht lösen können. Im schlechtesten Fall werden Kapazitäten nur deshalb abgebaut, um notwendigen Investitionen aus dem Weg zu gehen. Dabei gibt es zweifellos auch strukturelle Probleme in der Krankenhausversorgung.
01.08.2017 Krankenhaus
Hygieneprogramm: Krankenkassen unterstützen Kliniken
Die gesetzlichen Krankenkassen haben die Ausstattung von Kliniken mit Hygienepersonal mit insgesamt 225 Millionen Euro finanziert, weist ein aktueller Bericht des GKV-Spitzenverbandes aus. Grundlage für diese zusätzlichen Gelder, die seit 2013 neben den von den Krankenkassen zu finanzierenden Betriebskosten fließen, ist das noch bis 2023 laufende Hygienesonderprogramm
28.07.2017 Politik
KBV und Marburger Bund für Strukturverbesserungen in der Notfallversorgung
Notfall-Patienten sollen in der passenden Versorgungsebene entsprechend ihrem Bedarf vom richtigen Arzt behandelt werden. Dieses Ziel verfolgen Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Marburger Bund (MB). Gemeinsam wollen sie Verantwortung für eine integrierte Notfallversorgung übernehmen, vereinbarten beide Seiten bei einem Spitzentreffen in Berlin, an dem der Vorstand der KBV und mehrere Vorstandsmitglieder des MB teilnahmen.
27.07.2017 Politik
Allianz Deutscher Ärzteverbände: Digitalisierung muss vorangetrieben werden
Die Allianz Deutscher Ärzteverbände befürwortet die Position der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) im Rahmen des Konzepts „KBV 2020“, die Digitalisierung im Gesundheitswesen sinnvoll einzusetzen. „Der Digitalisierungsprozess ist kein Selbstzweck, muss aber dort vorangetrieben werden, wo nachhaltig Entbürokratisierung und Versorgungsverbesserung erreicht werden können“, erklärt Dr. Werner Baumgärtner, amtierender Sprecher der Allianz und Vorstandsvorsitzender von MEDI GENO Deutschland.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.