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Quelle: wutwhanfoto/iStock

Wieder einmal ändert sich zum 1.7.2010 die Vergütungssystematik für Vertragsärzte. Nachdem zum Jahresbeginn 2009 die so genannten Regelleistungsvolumina (RLV) eingeführt wurden, kommen jetzt qualitätsabhängige Zusatzvolumina (QZV) dazu. Alle, die schon länger dabei sind, kennen das im Prinzip von den ehemaligen grünen, gelben und roten Budgets. Nun gibt es ja bekanntlich keine Budgets mehr, die Gesamtvergütung, aus der sich alle Honorare speisen, ist und bleibt aber dennoch begrenzt. Der einzige Vorteil des neuen Systems liegt in der Tatsache begründet, dass es nicht mehr wie früher zu unkalkulierbaren floatenden Punktwerten kommt, sondern jeder vorher weiß, wie viel Geldmenge zur Verfügung steht, um medizinische Leistungen erbringen zu können. Jedes Mehr an Leistung wird eben gar nicht mehr, bzw. zu einem indiskutablen Restwert bezahlt. Eine Bewertung dieser planwirtschaftlichen Gängelung unseres freien Berufes will ich mir an dieser Stelle ersparen, nur soviel sei gesagt: eine „Segelanweisung“ zum Umgang mit den Budgets bedeutet keinesfalls auch nur im Ansatz eine Billigung oder kampflose Duldung. Bitte schlagen Sie deshalb nicht auf den Überbringer der schlechten Nachricht ein.

Die Systematik von RLV und QZV erlaubt eine ziemlich präzise Planung des Leistungsgeschehens in der Praxis, um einerseits die zugeteilten Volumina auszunutzen, aber auch, überschüssige Leistungen (und Kosten!) zu vermeiden.

Definitionen

Das RLV ist ein Basiswert über alle von der jeweiligen Fachgruppe typischerweise erbrachten Leistungen im Quartal. Es errechnet sich aus dem Anforderungsvolumen des Vorjahresquartals, immer bezogen auf die Fachgruppe, geteilt durch die Anzahl der abgerechneten Scheine. Der Fallwert des RLV schwankt sowohl von Quartal zu Quartal als auch von Region zu Region. Grundsätzlich verändert sich das Honorarvolumen einer Fachgruppe nicht, es sei denn, eine Gruppe fordert im Vorjahr extrem viel Leistungen an (auch wenn die nicht vergütet werden) und eine andere Gruppe nicht. Dann gibt es wegen des oben genannten Berechnungsmodus eine gewisse relative Verschiebung in der Befüllung der Fachgruppentöpfe im Folgejahr. Das heißt, auch wenn Leistungen jenseits des RLV nicht vergütet werden, muss dennoch alles aufgeschrieben und zur Abrechnung gebracht werden, weil das dann für das Folgejahr relevant werden kann.

Das RLV wird aus dem „Restgeld“ bedient, das nach Abzug von QZV, freien Leistungen, etc. übrig bleibt. Deshalb ist der Fallwert in der letzten Zeit kontinuierlich abgesunken, weil zuviel anderweitig bedient werden musste. Die Einführung der QZV wird diesen Erosionsprozess möglicherweise stoppen.

Die so genannten qualifikationsabhängigen Zusatzvolumina (QZV) lassen eine Differenzierung innerhalb der Fachgruppen nach Tätigkeitsschwerpunkten zu und sind deshalb von uns immer wieder eingefordert worden, um den Heckenschnitt über nivellierende RLV auszugleichen. QZV werden in den KVen leider sehr unterschiedlich festgelegt. Einigermaßen einheitlich wird die Teilradiologie und die Sonographie definiert, dann gibt es aber eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher QZV. Allen gemeinsam ist die Berechnung auf den Vorjahresquartalen und die Reduktion der RLV um die QZV-Anteile. Je mehr QZV, um so geringer das RLV. Einige KVen  verteilen die QZV pro Fall (dann sind sie eher niedrig), andere pro Leistungsfall des Vorjahres, das heißt nur für die im Vorjahresquartal abrechneten Scheine, bei denen eine Leistung aus dem QZV erbracht wurde. In diesem Fall sind die QZV höher, zementieren damit aber Mitnahmeeffekte von Abrechnungsstrategen aus der Historie.

Letztlich bekommen Sie alle einen Bescheid Ihrer KV über die Höhe Ihrer möglichen Vergütung, die Sie natürlich mit Leistungen realisieren müssen. Es ist aber egal, welche Leistungen Sie erbringen, die QZV können auch für andere Bereiche genutzt werden und umgekehrt. Die Höhe des Gesamtvolumens (RLV plus QZV) errechnet sich aus Ihrer Vorjahresfallzahl multipliziert mit den entsprechenden Werten.

Strategieempfehlung

Halten Sie unbedingt Ihre Fallzahlen stabil und legen nach Möglichkeit um 3-5 % zu. Die Fallzahl aus diesem Quartal ist die Grundlage für die Zuteilung Ihrer Vergütung im nächsten Jahr!! Erbringen Sie unbedingt Leistungen aus den Zusatzbudgets, da nur dann diese QZV erhalten bleiben. Diejenigen, die leistungsfallbezogene QZV erhalten, müssen die Fallzahl der Patienten mit derartigen Leistungen steigern, damit im nächsten Jahr entsprechende QZV weiter zugeteilt werden (je ein Röntgenbild bei drei Patienten ist besser als drei Bilder bei einem). Bei Gemeinschaften mit mehreren Partnern unterschiedlicher Qualifikationen ist darauf zu achten, dass die Lizenzinhaber möglichst an allen Scheinen beteiligt werden. Wenn nur ein Partner eine Chirotherapiegenehmigung hat, bekommt auch nur dieser eine Partner entsprechend seines Anteils an allen Patienten das QZV. Steigern Sie ggf. extrabudgetäre Leistungen (ambulantes Operieren, Belegarzt). Diese Leistungen kommen ohne Begrenzung on top und machen in einer durchschnittlichen chirurgischen Praxis etwa 30 % Zusatzeinkommen bezogen auf die zugeteilte Vergütung in der GKV. Etwas schwieriger ist es mit den verbliebenen „Freien Leistungen“ innerhalb der Gesamtvergütung (z. B. Samstagssprechstunde, Hausbesuche). Diese werden zwar ebenfalls zusätzlich gezahlt, aber fachgruppenbezogen kontingentiert, was im Ergebnis zu floatenden Auszahlpunktwerten führt.

Budgetsteuerung (Beispiel Fallzahlen)
Budgetsteuerung (Beispiel RLV)

Kontrolling

Damit Sie nicht unter Ihrem Budgetansatz bleiben und diesen aber auch nicht massiv überschreiten, was außer Kosten in Ihrer Praxis keine weiteren Einnahmen bringt, sollten Sie regelmäßig alle zwei Wochen bilanzieren. Dazu messen Sie alle Leistungen in Zwei-Wochen-Abständen inclusive der bis dahin aufgelaufenen Scheine und vergleichen das mit Sollwerten (»Abb. 1, »Abb. 2). Diese Sollwerte ergeben sich aus der Summe von RLV und QZV geteilt durch sechs. Die Leistungsanforderung in der Praxis ist zwar nicht exakt linear, als Richtwert reicht diese Berechnungsweise aber aus. Zu Beginn eines Quartals sind die Ist-Werte wegen der relativ vielen Ordinationsgebühren etwas höher als im Schnitt, dafür fallen die Zusatzpauschalen bei uns erst später an und gleichen diese Dynamik einigermaßen aus. Mit diesem Verfahren können Sie spätestens nach einem Monat erkennen, ob Sie zulegen müssen oder ob Sie etwas ruhiger arbeiten sollten. Schließlich sind Sie Unternehmer und müssen in Zeiten des Mangels darauf achten, dass Sie keine vermeidbaren Verluste erleiden.

Autor des Artikels

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Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg

Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktieren

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