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Auch wenn aus dem Selbstverständnis der Chirurginnen und Chirurgen die Dermatochirurgie eher als „Kleinkram“ oder „Wimmerlchirurgie“ läuft, bildet dieses Spektrum doch einen nicht unerheblichen Umsatzanteil einer chirurgischen Praxis. Immerhin steht die Abrechnung der Ziffern aus dem Kapitel Oberflächenchirurgie an erster Position der Leistungen bezogen auf die Vergütungshöhe. In letzter Zeit häufen sich Probleme mit den Kostenträgern, weswegen eine nochmalige Darstellung der korrekten Abrechnung wichtig erscheint.

Die Abrechnung dermatochirurgischer Leistungen aus dem Kapitel 31.2.2 ist neben den allgemeinen Voraussetzungen zur Erbringung ambulanter operativer Leistungen (Genehmigung der KV zum Ambulanten Operieren) gebunden an spezifische Leistungsinhalte, die sich unmittelbar aus den nachfolgend aufgeführten und Bestandteil des EBM darstellenden Präambeln zu den jeweiligen Kapiteln ergeben. Prinzipiell können nur abgerechnet werden Exzisionen mit Eröffnung der Haut und/oder Schleimhaut und Angabe des jeweiligen OPS-Codes. Im Falle der Dermatochirurgie sind nur die OPS-Codes für eine radikale und ausgedehnte Exzision abrechnungsfähig. Das bedeutet, dass die in der Präambel genannten Größendefinitionen Geltung haben (größer 4cm2 resp. größer 1cm3). Ausgenommen von dieser Größenvorgabe sind Eingriffe an Kopf und Händen. Alles andere fällt unter die Leistungsziffern 02300 ff. und sind trotz des im Prinzip gleichen Aufwands schlecht und zudem innerhalb des Budgets finanziert. Die Größe des Excidats bestimmt die Frage, ob ein Eingriff unter 31101 oder nur unter 02300-02302 berechnet werden darf. Der Hinweis auf die eigentlich höhere Kunst, einen kleinen Tumor kosmetisch subtil zu präparieren, hilft nicht, es gilt ausschließlich die metrische Dimension. Es ist bekannt, dass sich kaum jemand daran hält, ebenso sehen wir aber die Tendenz der KVen, rigoros zu streichen, wenn die Bedingungen nicht nachweislich erfüllt sind.

Um für spätere Plausibilitätsprüfungen gewappnet zu sein, empfiehlt es sich, die Größenangaben im OP-Bericht oder durch Auflegen eines Maßbands bei Foto-Dokumentation zu dokumentieren. Der Verweis auf Größenangaben des Pathologen ist ungeeignet, da die Präparate nach der Entnahme und dann auch durch Fixierung und Färbung erheblichen Schrumpfungsprozessen ausgesetzt sind. Maßgeblich ist allein die Dokumentation des Operateurs. Letztlich ist es eine Frage des individuellen Fingerspitzengefühls, ob Sie ein kleines Pendelfibrom tatsächlich unter der GOP 31101 abrechnen wollen und stattdessen ein kleines Basaliom nicht besser mit ausreichendem Sicherheitsabstand, den Sie notieren, entfernen.

Für die Abrechnung von Leistungen aus dem Kapitel 31.2.2 (Definierte Eingriffe an der Körperoberfläche, also für die Dermatochirurgie) ist eine histologische Untersuchung des entnommenen Materials oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes Voraussetzung. Auch hier gibt es immer wieder Streichungen durch die KV, weil diese Bedingung nicht beachtet wird, auch wenn z. B. ein eindeutiges Atherom entnommen wurde.

Die Abrechnung mehrerer Exzisionen in gleicher Sitzung wird über die Definition von Simultaneingriffen (Präambel Anhang 2, Satz 2,3,13 und 14) geregelt. Grundsätzlich setzt ein Simultaneingriff eine vollendete Schnitt-Naht-Zeit von 15 Minuten für den konkreten Zusatzeingriff voraus. Die Summation mehrerer kürzerer Zeiten ist nicht zulässig. Die jeweiligen Zeiten sind über das OP- oder das Narkose-Protokoll zu dokumentieren. Im Prinzip ist das möglich, wenn z. B. Strukturen an verschiedenen Orten entfernt werden. Allerdings muss der Zweiteingriff grundsätzlich mindestens 15 Minuten verbrauchen, was eher selten vorkommt. In diesen Fällen kann durchaus an mehreren Tagen operiert werden, aber mit einem Abstand von mindestens drei Tagen!

Der Ansatz der Gebührenordnungsziffern (31102) für eine histographisch kontrollierte Exzision ist abweichend von der reinen OPS-Systematik im EBM eindeutig gebunden an den Nachweis eines malignen Befundes. (Präambel Anhang 2 Satz 10). Das wird von den KVen pragmatisch und ohne weitere Kontrollen (abgesehen von der möglichen Vorlage des Histobefundes) umgesetzt. Es erfordert naturgemäß die entsprechende Diagnose im ICD. Im Klartext: Die Ziffer wird gestrichen, wenn keine passende Diagnose vorliegt, aber (leider) auch nicht automatisch hochgesetzt.

Wenn eine Leistung mit histograpischer Aufarbeitung angesetzt wird (z. B. die GO-Nr. 31102) sind alle ggf. notwendigen operativen Nachexzision damit abgegolten und können nicht gesondert abgerechnet werden. (s. dazu die Präambel zum Anhang 2 unter 10. Dies stellt auch eine Ausnahme zur Regelung unter 8. im genannten Anhang dar). Konsequenter Weise muss der Ansatz der GO.-Nr. 31102 in die Go.-Nr. 31101 korrigiert werden, wenn die histographische Aufarbeitung keinen malignen (oder semimalignen, z. B. Basaliom) Befund ergeben hat. Es ist auch zu beachten, dass die Anlage eine Fadenmarkierung allein nicht zur Abrechnung der histographischen Leistung berechtigt.

Originaltexte des EBM

Präambel 4.3.7 EBM

  1. Die Verwendung der Begriffe klein/groß, kleinflächig/großflächig, lokal/radikal und ausgedehnt bei operativen Eingriffen entspricht den Definitionen nach dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Schlüssel für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 295 Abs. 1 Satz 4 SGB V: Länge: kleiner/größer 3 cm, Fläche: kleiner/größer 4 cm², lokal: bis 4 cm² oder bis zu 1 cm³, radikal und ausgedehnt: größer 4 cm² oder größer 1 cm³. Nicht anzuwenden ist der Begriff „klein“ bei Eingriffen am Kopf und an den Händen.
  2. Operative Eingriffe setzen die Eröffnung von Haut und/oder Schleimhaut bzw. eine primäre Wundversorgung voraus, soweit in den Leistungsbeschreibungen nicht anders angegeben. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln fallen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs.
  3. Lokalanästhesien und Leitungsanästhesien sind, soweit erforderlich, Bestandteil der berechnungsfähigen Gebührenordnungspositionen.

Präambel Kapitel 31.2.2

Dermatochirurgische Eingriffe

  1. Die Berechnung dermatochirurgischer Eingriffe setzt die obligate histologische Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes voraus.
  2. Für die Berechnung der Gebührenordnungspositionen 31096, 31097 und 31098 gelten die Anforderungen der Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung nach § 136 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB V bei Verfahren der Liposuktion bei Lipödem im Stadium III.

Präambel Anhang 2 (Auszug)

  1. Die nachfolgende tabellarische Aufstellung umfasst die nach OPS codierten operativen Eingriffe der Abschnitte 31.2 und 36.2, die zugeordnete OP-Leistung, die OP-Kategorie, die in diesem Zusammenhang berechnungsfähigen Überwachungskomplexe, die postoperativen Behandlungskomplexe bei Durchführung auf Überweisung und bei Durchführung durch den Operateur sowie die zugeordneten Narkoseleistungen. Die Zuordnungen der OPS-Codes zu den OP-Kategorien gelten für ambulante und belegärztliche Operationen gleichermaßen. Die den OPS-Codes zugeordneten OP-Leistungen, Überwachungskomplexe sowie die Narkosen sind in der Tabelle jeweils gesondert für die Kapitel 31 und 36 ausgewiesen. Nach belegärztlichen Eingriffen sind keine Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.4 berechnungsfähig, daher ist dort keine Zuordnung erfolgt.
  2. Erfolgen mehrere operative Prozeduren unter einer Diagnose und/oder über einen gemeinsamen operativen Zugangsweg, so kann nur der am höchsten bewertete Eingriff berechnet werden.
  3. Abweichend von 2. kann bei Simultaneingriffen (zusätzliche, vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose und gesonderter operativer Zugangsweg) die durch das OP- und/oder das Narkoseprotokoll nachgewiesene Überschreitung der Schnitt-Naht-Zeit des Haupteingriffes durch die zusätzliche Berechnung der entsprechenden Zuschlagspositionen berechnet werden. Die berechnungsfähige Höchstzeit bei Simultaneingriffen entspricht der Summe der Zeiten der Einzeleingriffe. Als Berechnungsgrundlagen für Simultaneingriffe gelten folgende Zeiten:
    – Kategorie 1: 15 Minuten,
    – Kategorie 2: 30 Minuten,
    – Kategorie 3: 45 Minuten,
    – Kategorie 4: 60 Minuten,
    – Kategorie 5: 90 Minuten,
    – Kategorie 6: 120 Minuten.
  4. Bei den Gebührenordnungspositionen 31097, 31107, 31117, 31127, 31137, 31147, 31157, 31167, 31177, 31187, 31197, 31207, 31217, 31227, 31237, 31247, 31257, 31267, 31277, 31287, 31297, 31307, 31317, 31327, 31337, 31347, 36097, 36107, 36117, 36127, 36137, 36147, 36157, 36167, 36177, 36197, 36207, 36217, 36227, 36237, 36247, 36257, 36267, 36277, 36287, 36297, 36307, 36317, 36327, 36337 und 36347 kann die über die Schnitt-Naht-Zeit von 120 Minuten hinausgehende Schnitt-Naht-Zeit durch die entsprechenden Zuschläge berechnet werden. Die Schnitt-Naht-Zeit ist durch das OP- oder Narkoseprotokoll nachzuweisen.
  5. Abweichend von Nr. 8 der Präambel zum Abschnitt 31.2 und Nr. 4 der Präambel zum Abschnitt 36.2 sind Revisionen und Zweiteingriffe wegen Wundinfektionen und postoperativen Komplikationen unter Angabe des Erst-OP-Datums, der aufgetretenen Komplikation und der ICD-10-Codierung (T79.3, T81.0 bis T81.7, T84.5 bis T84.7, T85.1 bis T85.8) berechnungsfähig. Ist bei malignen Erkrankungen eine Zweitoperation (Erweiterung des Eingriffs, Nachresektion) erforderlich, so ist diese mit dem ICD-Code Z48.8 gemeinsam mit dem ICD-Code des Malignoms zu kennzeichnen und kann ebenfalls abweichend zu den Präambeln 31.2.1 Nr. 8 und 36.2.1 Nr. 4 berechnet werden. Die Regelung der Präambel 2.1 Nr. 10 zum Anhang 2 zum EBM bleibt davon unberührt.
  6. Die alleinige Abrechnung eines temporären Wundverschlusses ist nur zur Konditionierung des Wundgrundes zulässig, wenn mindestens 3 operative Eingriffe erforderlich waren.
  7. Bei der Codierung der operativen Versorgung von Frakturen bezieht sich die Lokalisationsangabe auf die Fraktur, bei der Entfernung des Osteosynthesematerials auf den Zugangsweg.
  8. Für den jeweiligen Eingriff qualifizierende Begriffe (z. B. lokale vs. radikale Exzision) gelten die Definitionen nach dem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen Schlüssel für Operationen und sonstige Prozeduren gemäß § 295 Abs. 1 Satz 4 SGB V.
  9. Die Berechnung einer histographischen Leistung kann nur bei malignen Befunden erfolgen, der histologische Befund ist vorzuhalten. Der temporäre Wundverschluss und die ggf. erforderliche Nachresektion(en) sind nicht gesondert abrechenbar.
  10. Die Kombination mehrerer Verfahren setzt voraus, dass alle einzelnen Verfahren in diesem Anhang genannt sind.
  11. Erfolgen unterschiedliche operative Eingriffe gleichzeitig durch zwei Operateure einer Berufsausübungsgemeinschaft bzw. eines medizinischen Versorgungszentrums, so ist der Haupteingriff entsprechend der höchst bewerteten Kategorie abzurechnen. Der parallel dazu stattfindende Simultaneingriff durch den zweiten Operateur kann entsprechend dem OP- bzw. Narkose-Protokoll mit den entsprechenden Zuschlägen für Simultaneingriffe berechnet werden. Die Narkose kann in diesem Fall nur entsprechend des Haupteingriffs berechnet werden.
  12. Bei der Berechnung von Zuschlagspositionen für die Erbringung von Simultaneingriffen gemäß Nr. 3 ist – sofern die Teileingriffe unterschiedlichen Unterabschnitten der Kapitel 31 oder 36 des EBM zugehören – die am höchsten bewertete Zuschlagsposition 31xx8 oder 36xx8 der für den Simultaneingriff relevanten Unterabschnitte in Anrechnung zu bringen.
  13. Maßgeblich für die Berechnung der Zuschlagspositionen für Simultaneingriffe nach Nr. 3 ist nicht die Überschreitung der kalkulatorischen Schnitt-Naht-Zeit der Kategorie des Haupteingriffes, sondern die Überschreitung der tatsächlichen Schnitt-Naht-Zeit des jeweiligen Haupteingriffes.
  14. Beidseitige Eingriffe an paarigen Organen oder Körperteilen fallen unter die Regelungen nach Nr. 3, sofern die Seitenlokalisation nicht am OPS-Code benannt wird und gesondert bewertet ist. Die entsprechenden OPS-Codes sind in der tabellarischen Aufstellung unter der Rubrik „Seite“ mit einem Doppelpfeil gekennzeichnet.

Tipps

  • Dokumentation der Größen, wobei ein guter Chirurg eher mit ausreichendem Abstand und vor allem in die Tiefe exzidiert. Die Größenangaben des Pathologen sind wegen der Schrumpfung der Präparate ungeeignet.
  • Immer Histologie gewinnen, Fotos gehen auch, sind aber umständlich.
  • Mehrere Excision auf mehrere Tage verteilen mit Abstand von drei Tagen. (Mo-Do, Di-Fr)
  • Maligne Befunde in der Diagnosecodierung erfassen, dann Abrechnung nach 31102.
  • Nachexcisionen nach 31102 sind nicht abrechnungsfähig. Ggf. erste Excision nach 31101 abrechnen und mit Zeitversatz Nachresektion mit 31102.
  • Die Leistungstexte der GOP 02300 bis 02302 beachten. Was dort aufgelistet wird, muss auch so abgerechnet werden. Deshalb niemals eine Warze unter dieser Diagnose erfassen, sondern immer als gutartige Hautveränderung (ICD d23ff).

Im weitesten Sinn gehört zur Dermatochirurgie auch die Spaltung von Abszessen. Grundsätzlich sind diese unter 02301 abzurechnen, was häufig dem damit verbundenen operativen Aufwand nicht gerecht wird. Da weder eine primäre Naht noch üblicherweise eine histologische Untersuchung erfolgen, sind die Bedingungen für die Excisionschirurgie nicht erfüllt. In begründeten Ausnahmen (bei entsprechender Größe und hohem Aufwand) kann man auf die OPS-Ziffern 5-896ff. ausweichen. Diese beschreiben die Entnahme nekrotischen Gewebes (Wunddebridement, großflächig, mit Entnahme von erkranktem Gewebe), abzurechnen je nach Lokalisation unter 31101 oder 31102. Achtung: Auch hier gilt die Größendefinition und die Verpflichtung zu Photo oder Histologie! Für ein einfaches Furunkel sicher nicht geeignet, wohl aber für ausgedehnte Nekrosenabtragungen und tiefe Abszesse.

Immer gilt: sorgfältig dokumentieren und im Rahmen bleiben! Es heißt zwar: Nur der tote Fisch schwimmt mit dem Strom, aber wer aus der Menge heraussticht, wird auch erwischt.

Rüggeberg JA, Kalbe P: UpDate – Abrechnung dermatochirurgischer Eingriffe. Passion Chirurgie. 2020 Dezember, 10(12): Artikel 04_07.

Autoren des Artikels

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Dr. med. Peter Kalbe

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