Moritz ist 12. Liebevoll weckt ihn seine Mutter: „Aufstehen, mein Kleiner, wir brauchen die Zeit“. Und dann kommt fast jeden Morgen das, was Moritz so hasst: die Dialyse. Der Junge steht auf der Warteliste für eine Spenderniere. Sein größter Wunsch: er will endlich Fußball spielen. Das könnte er auch jetzt schon. Aber: „Die meisten Vereine wollen mich ja nicht. Also, wenn sie schon hören `nierenkrank´, dann denken sie gleich an nicht so viel Kraft und an so halb behindert. Das bin ich aber einfach nicht“, erzählt er.
Moritz ist nur ein Beispiel von 11.000 Patienten, die derzeit in Deutschland auf ein Spenderorgan warten. Die Spendenbereitschaft ist deutlich zurückgegangen, seit im Sommer 2012 Unregelmäßigkeiten an deutschen Transplantationszentren bekannt wurden. Im ersten Halbjahr 2013 gab es bundesweit 459 Organspender. Im gleichen Zeitraum 2012 waren es noch 562 (Deutsche Stiftung Organtransplantation). Nur jeder fünfte Erwachsene in Deutschland besitzt derzeit einen ausgefüllten Organspende-Ausweis (Forsa).
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen unterstützt diese Kampagne in seinen Publikationen, online und offline. Am Ende des Artikels können Sie sich einen Organspende-Ausweis herunterladen.
Doch was bewegte die TK die Kampagne „Von Mensch zu Mensch“ ins Leben zu rufen?
Dr. Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK und selbst Transplantationsmediziner: „Vor drei Jahren hatte wir bereits einen Info-Film für den Schulunterricht produziert. Er war sehr sachlich und faktenlastig. Doch allein auf diesem Weg funktioniert die Aufklärung nicht. Es ist wichtig, zu zeigen, dass hinter den statistischen Zahlen menschliche Schicksale stehen. Wir wollten diesmal die Betroffenen und ihr Umfeld zeigen, wollten mehr machen, als die vorgeschriebenen Informationen des Gesetzgebers weiterzugeben.“
So sind dann aus 23 Gesprächen mit Menschen, die das Thema auf unterschiedlichste Weise berührt, 23 sehr emotionale Kurzfilme geworden. Aus dem gesamten Material produzierte das Filmteam eine einstündige Dokumentation.
Der Musiker Flo Bauer hat seinen Einstand als Reporter und Moderator mit Bravour bestanden. Er ist nachdenklicher geworden, sagt er. Und erklärt sein Engagement: „Wir haben viele Menschen kennengelernt, die auf ein Spenderorgan warten. Auch Menschen, die dank einer Organspende eine neue Lebenschance bekommen haben. Ich war immer aufgeregt, einfach so in die Familien reinzuplatzen, soviel Leid und Freude zu sehen. Überall wurden wir offenherzig empfangen, ich habe großen Respekt dafür. Es gab schlimme Täler: eine Patientin, die wir auf einer Dialyse-Station kennenlernten, ist inzwischen gestorben, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhielt. Sie war erst 18. Aber es gab auch Hoffnung: der 32jährige Nils postete einen Tag nach der OP: ´Gestern hab´ ich ´ne neue Leber bekommen´. Während unserer Auftritte und bei Gesprächen in den Fußgängerzonen vieler Städte haben wir immer wieder gehört, dass die Menschen viel zu wenig über Organspende wissen, um eine Entscheidung zu treffen. Genau das möchten wir ändern!“
Eine, der ersten Stationen von Flo Bauer war ein Besuch bei Sänger Roland Kaiser. 2010 musste der Star mitten im Konzert abbrechen, weil er keine Luft mehr bekam. Dank einer neuen Lunge hat er überlebt und kann sogar wieder vor einem riesigen Publikum auftreten.
Moritz meistert indessen tapfer seinen Alltag, beantwortet sogar geduldig die unsinnigsten Fragen seiner Mitschüler und mancher Erwachsener. Den Anruf, dass eine Niere für ihn da sei, erwartet seine Mutter jeden Tag. Sie sagt, sie würde sich freuen und Angst haben zugleich. Moritz denkt dabei immer an seinen großen Traum: endlich Fußball spielen!