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Aus der deutschen Krankenhauslandschaft ist sie heute nicht mehr wegzudenken: die Honorararzttätigkeit. Immer mehr Kliniken setzen nicht mehr ausschließlich Ärztinnen und Ärzte ein, die im Krankenhaus angestellt sind. Zunehmend werden Kooperationsverträge mit externen – oft auch niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten – geschlossen, die Behandlungen im Krankenhaus übernehmen.

Gründe hierfür gibt es viele: So ist gerade in strukturschwachen Gebieten ein gravierender Ärztemangel festzustellen. Vakante Stellen können die Kliniken oft gar nicht oder zumindest über einen längeren Zeitraum nicht besetzen. Kooperationen mit externen Ärztinnen und Ärzten sind eine Möglichkeit, auf diese unbefriedigende Situation zu reagieren. Die privat verhandelten Kooperationsformen schaffen sowohl für die Ärzteschaft als auch für die Kliniken einen individuellen Spielraum, die Arbeitsbedingungen flexibel zu gestalten.

Hinzu kommt, dass einige Ärztinnen und Ärzte (zeitlich befristete) Honorarverträge einer Festanstellung in der Klinik vorziehen. Sie fühlen sich auf diese Weise ungebundener, genießen die Möglichkeit, immer wieder neue Kliniken und Arbeitsbedingungen kennen zu lernen und so ihr Wissensspektrum zu erweitern. Weil die Zusammenarbeit mit Kliniken ihren Radius erweitert, profitiert auch die niedergelassene Ärzteschaft davon.

Was passiert jedoch, wenn ein Patient oder eine Patientin die Therapie einer Honorarkraft im Krankenhaus bemängelt? Wer haftet in diesem Fall? Die Klinik? Der Honorararzt bzw. die Honorarärztin? Beide zusammen? Und welche Versicherung ist bei Anspruchserhebungen eintrittspflichtig?

Um diese Fragen zu beantworten, ist zu berücksichtigen, dass sich hinter dem oftmals in Kooperationsverträgen verwendeten Begriff „Honorararzt“ verschiedene Formen der Zusammenarbeit zwischen Externen und Krankenhäusern verbergen können.

„Honorararzt“: Keine gesetzliche Definition

Neben „Honorararzt“ bzw. „Honorarärztin“ werden in den Kooperationsverträgen auch andere Begrifflichkeiten verwendet: Manchmal wird von „Leasing-Ärzten/Leasing-Ärztinnen“ gesprochen, ein andermal ist von „externen Ärzten/externen Ärztinnen“ die Rede, während wieder anderswo die Bezeichnung „Kooperationsärzte/Kooperationsärztinnen“ bevorzugt wird. Auch Formulierungen wie „unechte Belegärzte/unechte Belegärztinnen“ oder „unechte Konsiliarärzte/unechte Konziliarärztinnen“ tauchen zuweilen auf.

Die unterschiedlichen Bezeichnungen sind zwar manchmal irreführend, aber unerheblich. Es kommt entscheidend darauf an, welche vertraglichen Vereinbarungen die Klinik und der oder die Externe getroffen haben.

So unterschiedlich wie die Bezeichnungen, so vielfältig sind auch die Konstellationen der Kooperationen zwischen Kliniken und externen Ärztinnen und Ärzten. Einige davon werden hier kurz vorgestellt:

Vorübergehend in einer Klinik tätige Honorarärztinnen und -ärzte

Wenn ein angestellter Arzt oder eine angestellte Ärztin eines Krankenhauses krankheitsbedingt längerfristig ausfällt, wird in der Regel eine Vertretung gesucht (z. B. Elternzeitvertreter/in). Auch wenn eine Stelle in der Klinik mangels Bewerbungen vorübergehend nicht besetzt werden kann, hilft die Kooperation mit einer ärztlichen Honorarkraft flexibel und vor allem kurzfristig aus der Notlage.

Die Vermittlung von zeitlich befristet tätigen Honorarärztinnen und -ärzten läuft vor allem über entsprechende Agenturen (z. B. über www.hireadoctor.de, eine Online-Ärztevermittlung in Berlin, oder über die FachArztAgentur GmbH in Bielefeld). Das besondere Augenmerk ist hier vor allem auf die Qualifikation der Ärzte und Ärztinnen und ihre Einbindung in den Krankenhausalltag zu richten. Der Bereich „Qualifikation“, der z. B. die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen und Kenntnisse im Risk-Management umfasst, wird künftig immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Die Vermittlungsagenturen dürften, schon aus Wettbewerbsgründen, auch sehr an der Qualifikation der zu vermittelnden Honorarärzte und -ärztinnen interessiert sein, also auch daran, für deren stete Fortbildung zu sorgen.

Kooperation mit niedergelassenen Vertragsärzten/-ärztinnen mit eigener Praxis

Während der ambulante und stationäre Sektor früher streng getrennt waren, nahm in jüngerer Zeit die sektorübergreifende Versorgung der Patientinnen und Patienten immer mehr zu. Der Abschluss von Honorarverträgen im Rahmen der Privatautonomie ermöglicht es sowohl den Ärztinnen und Ärzten als auch den Kliniken, eine für beide Seiten vorteilhafte und flexible Einigung zu finden.

Doch Vorsicht: Wie ist die Einbindung der Ärztin bzw. des Arztes in den Krankenhausalltag geregelt? Handelt es sich noch um eine selbstständige Tätigkeit? Oder liegt hier bereits ein verdecktes Arbeitnehmerverhältnis und somit eine Scheinselbstständigkeit vor, die mit gravierenden rechtlichen Folgen verbunden wäre (Rückforderung des Leistungsentgeltes, Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge, strafrechtliche Verfolgung aufgrund Sozialbetrugs)?

Weiterhin ist unbedingt sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit zwischen einer niedergelassenen Ärztin oder einem niedergelassenen Arzt mit einer Klinik nicht den Verdacht einer unrechtmäßigen Vorteilsgewinnung aufkommen lässt. Hier gilt es, das durch das Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSt) ausdrücklich aufgestellte Kick-back-Verbot zu beachten (§§ 73 VII und 128 SGB V – Sozialgesetzbuch V – und § 31 MBO – Muster-Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte).

Schließlich muss auch berücksichtigt werden, dass der Versorgungsauftrag des Krankenhauses durch die Kooperation nicht in unzulässiger Weise überschritten wird. Die Klinik darf weiterhin im Rahmen ihres Versorgungsauftrags Patientinnen und Patienten behandeln, aber nicht darüber hinaus.

Ausschließlich für eine Klinik tätige Honorarärzte/-ärztinnen

Denkbar sind Kooperationsformen, in denen eine Ärztin oder ein Arzt ausschließlich für eine Klinik tätig ist, ohne dort angestellt zu sein. Hier ist allerdings größte Vorsicht für beide Vertragsparteien geboten, denn die Scheinselbstständigkeit (s.o.) ist bei solch einer Konstellation greifbar nah. Es gilt genau zu prüfen, ob noch eine selbstständige Tätigkeit des Honorararztes oder der Honorarärztin vorliegt oder ob es, alternativ zum Honorarvertrag, nicht besser wäre, über eine Festanstellung in der Klinik nachzudenken. Bei Zweifeln und offenen Fragen besteht die Möglichkeit, Entwürfe entsprechender Honorarverträge der Deutschen Rentenversicherung Bund im Rahmen eines Antragsverfahrens nach § 7a I SGB IV (Sozialgesetzbuch IV) zur Prüfung vorzulegen.

Abgrenzung Beleg- und Konsiliarärzte/-ärztinnen

Trotz der vielen unterschiedlichen Bezeichnungen und Begrifflichkeiten sind auch klare Unterscheidungen möglich. So können Honorarärzte und -ärztinnen von Beleg- und Konsiliarärzten und -ärztinnen gut abgegrenzt werden: Konsiliarärzte und -ärztinnen werden nämlich vorwiegend beratend tätig und sie nehmen nicht die Hauptleistung vor.

Belegärztinnen und -ärzte wiederum sind zwar wie Honorarkräfte eine Kooperation mit einer Klinik eingegangen und nehmen dort auch Operationen vor. Sie behandeln aber ausschließlich ihre eigenen Patientinnen und Patienten und schließen hierzu eigene Verträge mit diesen ab. Die Abrechnung ihrer Leistungen erfolgt separat mit den Patientinnen und Patienten selbst oder über deren Krankenkassen. Bei den Verträgen, welche die Belegarztklinik mit den Patientinnen und Patienten abschließt, geht es um Unterbringung, Pflege und Verpflegung (gespaltener Krankenhausvertrag).

Behandlung im Krankenhaus – Honorararzt „unsichtbar“

Vergleicht man die Honorararzttätigkeit mit der von Belegärztinnen und -ärzten wird das entscheidende Unterscheidungsmerkmal gut erkennbar: Der Belegarzt oder die Belegärztin ist den Patientinnen und Patienten bekannt. Bei einer honorarärztlichen Operation indessen ist für die Behandelten lediglich ersichtlich, dass diese in einer Klinik stattfindet, nicht aber, dass der Operateur bzw. die Operateurin nicht festangestellt, sondern als Honorarkraft in der Klinik tätig ist. Honorarärzte und -ärztinnen sind für Patientinnen und Patienten somit „unsichtbar“.

Wenn eine Patientin oder ein Patient der Ansicht ist, dass ein ärztlicher Kunstfehler vorliegt, wird sie oder er sich zunächst einmal an die Klinik wenden. Krankenhäuser, die Kooperationen eingehen, tun daher gut daran, sich über die Qualifikation und Eignung der externen Mediziner/innen zu informieren. Vor allem sollten sie sich über die Frage der Haftpflichtversicherung Gedanken machen.

Aber Achtung: Auch Honorarärzte/-ärztinnen können auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. Kommt es zu einem Arzthaftungsprozess, kann die Frage nach dem Haftpflichtversicherungsschutz – besonders bei hohen Streitwerten – gerade für sie von existenzieller Bedeutung sein.

Haftung der Klinik

Das Verhalten eines Honorararztes oder einer Honorarärztin wird oft dem Krankenhaus zugerechnet, für das er oder sie tätig ist. In der Regel schließt die Klinik mit der Patientin oder dem Patienten einen so genannten „totalen Behandlungsvertrag“ ab. Der Honorararzt oder die Honorarärztin wird als so genannter Erfüllungsgehilfe für das Krankenhaus tätig. Im Rahmen der vertraglichen Haftung des Krankenhauses ist das Verschulden einer Honorarkraft der Klinik zuzurechnen. Darüber hinaus ist ein Organisationsverschulden der Klinik und der angestellten Chefärztinnen und -ärzte denkbar, wenn die Qualifikation der Honorarkraft in Frage steht oder auch ihre Einbindung in die Betriebsorganisation bzw. in den Dienstplan.

Da die Kooperationsverträge zwischen externen Ärztinnen und Ärzten mit Kliniken im Rahmen der Privatautonomie frei vereinbar sind, könnten auch Haftungsausschlussklauseln vereinbart werden, die z. B. besagen, dass – zumindest im Innenverhältnis – nur der Honorararzt bzw. die Honorarärztin haftet.

Da diese Konstellationen für Patientinnen und Patienten nicht sichtbar sind, werden sie Schadenersatzansprüche in erster Linie gegen die Krankenhäuser geltend machen.

Haftung des Honorararztes bzw. der Honorarärztin

Obwohl Honorarärzte/-ärztinnen in der Regel keine vertragliche Bindung mit den Patientinnen und Patienten eingehen, die sie für die Klinik behandeln, können sie möglichen Schadenersatzansprüchen ausgesetzt sein. Im Rahmen der so genannten deliktischen Haftung können Patientinnen und Patienten direkt gegen eine deliktisch schadenverursachende Person – hier: die Honorarärztin oder den Honorararzt – vorgehen. Genauso wie die Klinik im Kooperationsvertrag einen Haftungsausschluss vereinbaren kann, lässt sich zugunsten von Honorarärzten/-ärztinnen ein Freistellungsausschluss vereinbaren.

In jedem Falle müssen Honorarärzte/-ärztinnen im eigenen Interesse Vorsorge für ihre persönliche gesetzliche Haftpflicht im Rahmen ihrer Tätigkeit für das Krankenhaus treffen.

Versicherungsschutz für die Honorararzttätigkeit

Da bei ärztlichen Kunstfehlern sowohl eine Haftung der Klinik als auch eine Haftung von Honorarärzten/-ärztinnen bestehen kann, ist sowohl für Letztere als auch für die Klinik Deckung über eine Haftpflichtversicherung einzuholen. Diese ist von erheblicher Bedeutung. Wenn eine Patientin oder ein Patient durch einen Behandlungsfehler beispielsweise berufsunfähig wird, dauerhaft auf fremde Pflege angewiesen ist oder irreversible cerebrale Schäden erleidet, ist mit Aufwendungen in Millionenhöhe zu rechnen. In der Haftpflichtversicherung sollte daher unbedingt eine ausreichende Deckungssumme vereinbart werden.

Eigene Berufs-Haftpflichtversicherung für Honorarärzte/-ärztinnen

Der Abschluss einer eigenen Berufs-Haftpflichtversicherung erscheint zunächst als die einfachste Möglichkeit, das Haftungsrisiko der Honorararzttätigkeit abzudecken. Tatsächlich enthalten einige Kooperationsverträge die Verpflichtung der/des Unterzeichnenden, selbst Versicherungsschutz für ihre/seine Tätigkeit sicherzustellen und diesen der Klinik gegenüber nachzuweisen.

Finanziell dürfte der Abschluss einer solchen Berufs-Haftpflichtversicherung für einen externen Arzt oder eine externe Ärztin aufgrund der hohen Versicherungsprämien problematisch sein. Außerdem kann es bei der Abwicklung eines Haftpflichtschadenfalls zum Interessenkonflikt der Betriebs-Haftpflichtversicherung des Krankenhauses und der Berufs-Haftpflichtversicherung der Honorarkraft kommen – etwa wenn neben Letzterer auch angestellte Ärztinnen und Ärzte der Klinik an einer medizinischen Behandlung beteiligt waren und beiden Seiten Behandlungsfehler vorgeworfen werden. Durch gegenseitiges Beschuldigen, verzögerten Informationsfluss und widerstreitende Interessen kann die Bearbeitung eines Arzthaftpflichtschadens stark erschwert, verlangsamt und nicht selten verteuert werden.

Einbindung über die Betriebs-Haftpflichtversicherung

Eine Möglichkeit, von der zunehmend Gebrauch gemacht wird, ist die Aufnahme des Versicherungsschutzes für die Honorararzttätigkeit (auch die operative) in die Betriebs-Haftpflichtversicherung des Krankenhauses. In der Regel wird dafür eine extra Klausel in den Versicherungsvertrag mit aufgenommen. Geprüft wird im Rahmen der Deckung in der Regel, ob ein Behandlungsvertrag zwischen der Klinik und der Patientin oder dem Patienten geschlossen wurde.

Honorarärztinnen/-ärzte und Klinik werden im Schadenfall von einer Haftpflichtversicherung betreut, sodass die oben angeführte Gemengelage nicht zu befürchten ist.

Fazit

  • Kooperationen zwischen externen Ärztinnen und Ärzten mit Krankenhäusern sind längst fester Bestandteil der Heilbehandlung in Deutschland geworden. Die Zusammenarbeit zwischen den Sektoren wird vom Gesetzgeber ausdrücklich erlaubt und ist gerade in strukturschwachen Gebieten erwünscht.
  • Dem Kooperationsvertrag zwischen Klinik und externem Arzt oder externer Ärztin kommt entscheidende Bedeutung zu. Die Einbindung der Honorarkraft in die Organisation der Klinik, die Teilnahme an Notdiensten sowie die Haftungsfrage müssen unter anderem im Vertrag geregelt sein. Im Zweifelsfall sollten die Vertragsparteien darüber nachdenken, ob nicht statt einer selbstständigen Tätigkeit der Honorarärztin oder des Honorararztes eine Festanstellung gewollt ist.
  • Bei Kooperationen mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten müssen die gesetzlichen Bestimmungen Beachtung finden, z. B. das Verbot der Scheinselbstständigkeit, das Kick-back-Verbot, das Einhalten des Versorgungsauftrages der Klinik, die Vereinbarkeit zwischen niedergelassener Tätigkeit und Tätigkeit für das Krankenhaus nach Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (§ 20 Ärzte-ZV).
  • Vor allem die ausreichende Qualifikation der Honorarärztin oder des Honorararztes, ihre oder seine Teilnahme an Fortbildungen und an Maßnahmen des Risk-Managements (wie z. B. CIRS) müssen im höchsten Interesse sowohl der Klinik als auch der Ärztin oder des Arztes liegen.
    Ausreichender Versicherungsschutz der honorarärztlichen Tätigkeit ist von existentieller Bedeutung für Kliniken und Ärzteschaft.
  • Bei Abschluss einer separaten Berufs-Haftpflichtversicherung der Honorarkraft sollte – um der haftungsrechtlichen Gemengelage zu entgehen – darauf geachtet werden, dass es sich um die gleiche Versicherungsgesellschaft handelt, über die auch die Klinik versichert ist.

Schulz D. Safety Clip: Honorarärzte und Honorarärztinnen: Haftung bei Patientenansprüchen. Passion Chirurgie. 2013 Februar; 3(02): Artikel 03_02.

Autor des Artikels

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Dietmar Schulz

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