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Die neuen §§ 299a und 299b des Strafgesetzbuches sind beschlossen und treten demnächst in Kraft. Sie regeln die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen und weiten diese auf niedergelassene, freiberufliche Ärzte aus. Die honorarärztliche Tätigkeit kann hiervon ebenfalls betroffen sein.

Nach dem Wegfall der Möglichkeit zur Erbringung wahlärztlicher Leistungen durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 16.10.2014, Az. III ZR 85/14, bedeutet dies einen potentiellen weiteren „Stolperstein“ bei dieser Kooperation niedergelassener bzw. freiberuflicher Ärzte mit Krankenhäusern. In jedem Fall ist anzuraten, bestehende Verträge und Neuabschlüsse unter Berücksichtigung der neuen gesetzlichen Vorgaben einer kritischen Prüfung zu unterziehen.

Folgen der gesetzlichen Neuregelungen

Honarärztliche Tätigkeit in der Klinik

Insbesondere dann, wenn sich die honorarärztliche Tätigkeit des Arztes in der Klinik auf solche Patienten bezieht, die der Arzt ambulant vorbehandelt hat und bei denen er ggf. auch die stationäre Einweisung vorgenommen hat, ist dies relevant. Allerdings lässt sich der Begründung des Regierungsentwurfes zu den neuen Regelungen entnehmen, dass die Gewährung von Vorteilen, die ihren Grund ausschließlich in der Behandlung von Patienten oder anderen heilberuflichen Leistungen haben, den Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit nicht erfüllt. Es muss sich vielmehr um eine verabredete Gegenleistung für die Zuweisung zwischen Krankenhausträger und Honorararzt handeln, um die Möglichkeit einer Strafbarkeit zu eröffnen.

Letztlich geht es nach der Gesetzesbegründung insbesondere darum, ob das Entgelt nicht entsprechend dem Wert der erbrachten heilberuflichen Leistung in wirtschaftlich angemessener Höhe nachvollziehbar festgelegt worden ist. Allerdings wird nicht ausdrücklich gesagt, was „angemessen“ ist.

Die Ausfüllung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes muss deshalb durch die zukünftige Handhabung in der Praxis und Rechtsprechung erfolgen. Hierauf haben die Berufsverbände nur sehr eingeschränkt Einfluss, gefragt sind hier aber auch die Ärztekammern, die sich dahingehend positionieren müssen, welche Honorarbemessung sie für angemessen halten. Hier sollten durchaus die Ärzte selbst im Einzelfall tätig werden – insbesondere aus Eigeninteresse – da es häufig die Krankenhausträger sind, die mit Hilfe des Argumentes der Angemessenheit zunehmend versuchen, die Honorare zu drücken.

Anhaltspunkte für diese Angemessenheit können sich insbesondere aus den jeweiligen DRG ergeben, insbesondere aus dem Vergleich der DRG für die Behandlung in Hauptabteilungen und die Behandlung in Belegabteilungen. Die entsprechende Vergütungsdifferenz stellt letztendlich die Kosten des Operateurs und damit einen Anhaltspunkt für die angemessenen Kosten für ärztliche Leistungen dar.

Ein weiterer Anhaltspunkt in den Hauptabteilungs-DRG sind die kalkulatorisch enthaltenen Kosten für den Ärztlichen Dienst, die sich für jedes DRG auf Basis der InEK-Kalkulation ermitteln lassen.

Zu berücksichtigen ist dann jedoch auch, dass der Honorararzt als Freiberufler tätig ist und sämtliche Kosten und Abgaben selbst zu tragen hat. Bei den Kosten für den Ärztlichen Dienst muss deshalb nach diesseitiger Auffassung durchaus noch ein entsprechender Aufschlag hinzugerechnet werden.

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Vorgaben wird man jedenfalls zu einer gewissen Verhandlungsbreite für das Honorar kommen, welches nach derzeitigem Stand als angemessen angesehen werden wird.

Eine weitergehende absolute Sicherheit für die definitive Vermeidung eines Vorwurfs der Zuweisung gegen Entgelt bzw. der Bestechlichkeit lässt sich nach derzeitigem Stand jedoch leider nicht gewährleisten.

Anstellung in Teilzeit

Die Gefahr des Vorwurfes der Zuweisung von Patienten gegen Entgelt betrifft auch solche niedergelassenen Ärzte, die teilzeitig im Krankenhaus angestellt sind und dort Patienten versorgen, die von ihnen selbst in das Krankenhaus eingewiesen worden sind. Diese Anstellungsverhältnisse sind zumeist mit einem variablen Vergütungsanteil versehen, der Arzt erhält DRG-Beteiligung oder aber auch das Liquidationsrecht. In Bezug auf die Frage der Angemessenheit der Vergütung bzw. des Vorwurfes von Vergütungsanteilen rein für die Zuweisung von Patienten gilt hier das für die Honorarärzte gesagte in gleicher Weise. Lediglich hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um freiberufliche Ärzte handelt, sondern Angestellte mit Sozialversicherungsansprüchen etc.

Vor-und nachstationäre Versorgung durch niedergelassene Ärzte

Auch bei der Einbindung niedergelassener Ärzte in die vor- und nachstationäre Versorgung kann der Korruptionsvorwurf im Raum stehen. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat hier mit einer Entscheidung vom 04.11.2014, Az.: L 5 KR 141/14 ER/B die Gefahren aufgezeigt. Vor- und nachstationäre Behandlungen seien demnach Teil der stationären Versorgung, die Delegation an Vertragsärzte im Rahmen von entsprechenden Kooperationsverträgen dürften keine Leistungen des ambulanten Spektrums enthalten. So sei beispielsweise die Vergütung für die Einweisung, den Arztbericht, die Abklärung der Narkosefähigkeit o. ä. als reine Zuweiserpauschale anzusehen, da sie eben nicht Bestandteil der vorstationären Leistung im Sinne des § 115a SGB V seien.

In ebensolcher Weise seien Leistungen außerhalb des Zeitfensters für die nachstationäre Versorgung, oder Röntgen- und Wundkontrollen, Fadenzug oder Verbandswechsel nicht entsprechende Leistungsbestandteile der stationären Versorgung. Hieraus schloss das LSG Baden-Württemberg direkt, dass diese Leistungen rein für die Zuweisung von Patienten gezahlt würden. Es ist deshalb auch im Rahmen derartiger Kooperationen zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhausträgern streng auf den Leistungsinhalt sowie die Angemessenheit der Vergütung zu achten, bestehende Kooperationen sind zu überprüfen.

Wahlleistungen und Scheinselbständigkeit bleiben weiterhin Problemkreise

Wahlärztliche Leistungen von Honorarärzten

Die Entscheidung des BGH (a.a.O.) war eindeutig: Vom Krankenhausträger nicht fest angestellte Honorarärzte, die im Krankenhaus Operationen durchführen, können ihre operative Tätigkeit gegenüber (Privat-) Patienten nicht als Wahlleistungen i. S. d. §17 Abs. 1 S. 1 KHEntgG erbringen und gesondert abrechnen.

Von einer weiteren Erbringung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte ist dringend abzuraten, da im Hinblick auf dieses Urteil nunmehr vom Vorsatz in Bezug auf die Erbringung rechtswidriger Leistungen auszugehen ist und damit ein Betrugstatbestand denkbar ist.

Scheinselbstständigkeit von Honorarärzten

Die sozialgerichtliche Rechtsprechung bestätigt zunehmend auch die Scheinselbständigkeit von im Krankenhaus tätigen Honorarärzten. So hat das Landessozialgericht Niedersachsen jüngst mit Urteil vom 16.12.2015, Az.: L 2 R 516/14 entschieden, dass Honorarärzte, die entsprechend ihrer ärztlichen Ausbildung in den klinischen Alltag eingegliedert sind und einen festen Stundenlohn erhalten, regelmäßig abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig seien. In dem dort entschiedenen Fall hatte eine Ärztin auf Basis eines Honorarvertrages einen Stundenlohn in Höhe von 60 Euro erhalten und die Behandlung zwar eigenständig geführt, das letzte Entscheidungsrecht hatte aber der Chefarzt. Sie arbeitete zudem im Team mit den im Krankenhaus tätigen weiteren Ärzten und dem nichtärztlichen Personal.

Wenn also ein Honorararzt in den Arbeits- und Organisationsablauf des Krankenhauses recht weitgehend eingebunden ist, so droht die Feststellung der Scheinselbständigkeit selbst dann, wenn er gleichzeitig als niedergelassener Arzt tätig ist.

Wählärztliche Leistungen von Belegärzten

Auch bei Belegärzten ist in Bezug auf wahlärztliche Leistungen Vorsicht geboten. Leistungen, die zum Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung zählen, dem Kassenpatienten somit grundsätzlich kostenlos zustehen, sind gemäß § 18 Abs. 8 Nr. 2 BMV-Ä nur dann privatärztlich nach der GOÄ abrechenbar, wenn der Versicherte vor Beginn der Behandlung ausdrücklich verlangt, auf eigene Kosten behandelt zu werden, und dies dem Vertragsarzt schriftlich bestätigt. § 41 Abs. 4 BMV-Ä nimmt für die belegärztliche Behandlung ausdrücklich Bezug auf § 18 BMV-Ä, sodass diese Formvorschriften auch bei der Behandlung von GKV-Versicherten durch einen Belegarzt Anwendung finden.

In der juristischen Literatur wird zum Teil vertreten, dass gesetzlich krankenversicherte Patienten mit einer privaten Zusatzversicherung gegenüber diesen Formvorschriften einen Sonderfall darstellen. Die strengen Formvorschriften des § 18 Abs. 8 BMV-Ä bezögen sich ausgehend von seinem Wortlaut allein auf den Vergütungsanspruch des Vertragsarztes gegenüber GKV-Patienten, die nicht über eine private Zusatzversicherung verfügen.

In der Rechtsprechung wird aber leider eine andere Auffassung vertreten: Das Amtsgericht München hat mit Urteil vom 28.04.2010 – 136 C 34297/09, das bestätigt wurde durch das Landgericht München I (Urteil vom 31.05.2011 – 31 S 10959/10), entschieden, dass eine belegärztliche Privatbehandlung eines privat zusatzversicherten Kassenpatienten nur dann wirksam erfolgen könne, wenn zuvor ein schriftlicher Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient im Sinne von § 18 Abs. 8 Nr. 2 BMV-Ä abgeschlossen worden sei. Diese Ansicht vertritt auch das Landgericht Regensburg in seinem Urteil vom 11.12.2012 – 2 S 118/12.

Somit ist Belegärzten aus juristischer Sicht zur Sicherung ihres Honoraranspruchs zu empfehlen, zukünftig vor Behandlungsbeginn mit privat zusatzversicherten GKV-Patienten, die eine private Abrechnung über ihre Zusatzversicherung wünschen, einen den Anforderungen des § 18 Abs. 8 Nr. 2 BMV-Ä genügenden schriftlichen Behandlungsvertrag mit den Patienten zu schließen. Insbesondere hinsichtlich der im Leistungskatalog der GKV enthaltenen Leistungen, sollte sich aus der schriftlichen Bestätigung ergeben, dass die Privatbehandlung auf ausdrücklichen Wunsch und auf eigene Kosten des Patienten erfolgt.

Aufgrund der vorgenannten Schwierigkeiten bei der Einordnung des Belegarztes in Bezug auf wahlärztliche Leistungen sollte der Patient zudem stets vor Behandlungsbeginn mit seiner Zusatzversicherung Rücksprache und von dort Bestätigung erhalten, dass die Kosten der geplanten Belegarztbehandlung übernommen werden.

Heberer J. / Butzmann O. Rechtliche Probleme beim Honorararzt. Passion Chirurgie. 2016 Juli-August; 6(07-08): Artikel 02_02.

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Dr. jur. Jörg Heberer

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