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In der Krankenhauspraxis zeigt sich immer wieder, dass die präoperative ärztliche Aufklärung älterer und/oder behinderter Patienten, die im Bereich Gesundheitsfürsorge gesetzlich betreut werden, bei Mitarbeitenden des Arzt- und Pflegedienstes Fragen offen lässt und von Unsicherheiten geprägt ist.

Als besonders problematisch wird die Aufklärung vor dringlichen Eingriffen wahrgenommen, die innerhalb von sechs bis 24 Stunden erfolgen müssen. In vielen Fällen sind die Mitarbeiter nicht informiert, dass eine gesetzliche Betreuung beim betreffenden Patienten besteht, oder es ist unklar, wie der gesetzliche Betreuer zu erreichen ist. Zeitliche Verzögerungen können die Folge sein, etwa weil die rechtskräftige Einwilligung in den operativen und/oder diagnostischen Eingriff nicht zeitgerecht vorliegt.

In den folgenden Ausführungen werden Rechtsgrundlagen dargestellt und Empfehlungen für das Vorgehen in der Praxis gegeben.

Rechtliche Aspekte

Die ärztliche Aufklärungsverpflichtung ergibt sich aus dem Behandlungsvertrag. Hintergrund ist das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Im Wesentlichen muss die zu behandelnde Person rechtzeitig wissen, was medizinisch mit ihr geschehen soll, welche Mittel angewandt werden und mit welchen Risiken und Folgen unter Umständen zu rechnen ist.

Gesetzlich geregelt ist die Aufklärungsverpflichtung seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 630e und 630c BGB). Nach § 630e Abs. 2 Nr. 1 BGB hat die Aufklärung mündlich zu erfolgen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, ob der betreute Patient in Bezug auf die ärztliche Maßnahme einwilligungsfähig ist. Ist dies in der konkreten Situation (noch) der Fall, ist das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten zu führen und nicht mit dem Betreuer. Ist der Patient indes nicht einwilligungsfähig, finden sich gesetzliche Regelungen in den §§ 630e und 630d BGB. Diese besagen, dass auch Einwilligungsunfähige nach Maßgabe ihrer Verständnismöglichkeiten – also entsprechend ihrer Fähigkeit, Informationen aufzunehmen – über die wesentlichen Umstände des Eingriffs zu informieren sind.

Aufklärung von älteren und/oder behinderten Patienten, die im Rahmen der Gesundheitsfürsorge gesetzlich betreut werden

Wie oben erwähnt, muss der Arzt jedes Mal entscheiden, ob er ein anstehendes Aufklärungsgespräch mit dem Betreuer oder dem Patienten zu führen hat. Letzteres ist nur möglich, wenn der Patient die Einsichtsfähigkeit in die bevorstehende Maßnahme besitzt. Ob dies zutrifft, ist bei Patienten, die unter Betreuung stehen, nicht immer einfach zu beurteilen. Bei zwei Konstellationen ist das Vorgehen aber zumeist unproblematisch.

  • Notfälle
    Bei Notfällen sind jene Maßnahmen durchzuführen, die das Leben erhalten und schwerwiegende Gefahren vom Patienten abwenden. Der Notfallpatient muss nicht aufgeklärt werden. Denn nach § 630e Abs. 3 BGB kann die Aufklärung ausnahmsweise entfallen, wenn sie aufgrund besonderer Umstände (z. B. aufgrund eines Notfalls) entbehrlich ist. Das gilt umso mehr, wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist, weil anderenfalls erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Patienten drohen.
  • Elektive Eingriffe
    Bei elektiven Eingriffen gibt es in der Regel auch keine Probleme, da in diesen Fällen ausreichend Zeit vorhanden ist, um den Betreuer ausfindig zu machen und zu kontaktieren. Ist der Betreuer beispielsweise urlaubsbedingt nicht greifbar, hat das Gericht die Möglichkeit, als Vertretung einen so genannten Verhinderungsbetreuer zu bestellen.

Problematisch indes ist in der Praxis das Vorgehen bei nicht notfallmäßigen, aber dringlichen Eingriffen. Hier sind drei Konstellationen denkbar.

  • Ein Betreuer ist bekannt.
    In diesem Fall ist wie oben beschrieben vorzugehen. Hält der Arzt den Patienten für einwilligungsfähig, ist der Patient ohne Hinzuziehung des Betreuers aufzuklären. Bei Zweifeln oder bei einem eindeutig einwilligungsunfähigen Patienten ist das Aufklärungsgespräch mit dem Betreuer zu führen. Der Patient ist aber entsprechend seiner Verständnisfähigkeiten mit einzubeziehen.
  • Es ist fraglich, ob bereits ein Betreuer bestellt ist.
    Hält der Arzt den Patienten nicht für einwilligungsfähig, muss er sich – unter Hinweis auf die Dringlichkeit – an das Betreuungsgericht wenden, damit dieses die Bestellung eines Betreuers veranlasst. Bei Dringlichkeit hat das Gericht die Möglichkeit, unverzüglich einzuschreiten.
    Ist unklar, ob bereits eine Betreuung eingerichtet ist, gibt das zuständige Betreuungsgericht Auskunft. Ist noch keine Betreuung vorhanden, kann die Einrichtung einer solchen beantragt werden.
    Zu beachten ist zudem, dass bei gefährlichen Eingriffen, riskanten Behandlungen und bei Eingriffen von besonderer Tragweite eine Genehmigung des Betreuungsgerichts einzuholen ist. Dies ist allerdings nur erforderlich, wenn sich Arzt und Betreuer nicht einig darüber sind, ob die Behandlung dem ausdrücklich erklärten Willen des Patienten entspricht.
  • Der Betreuer ist bekannt, hat aber nicht die Möglichkeit, zum Aufklärungsgespräch in die Klinik/Praxis zu kommen.
    Ist der Betreuer verhindert, persönlich vorzusprechen, besteht die Möglichkeit, ihn telefonisch aufzuklären – allerdings nur in einfach gelagerten Fällen, sodass grundsätzlich Zurückhaltung empfohlen wird.
    Ein Beispiel: Im Fall einer Leistenhernienoperation bei einem Kind – hierbei kam es nach einem Narkosezwischenfall zu schwersten Schädigungen des Patienten – hatte der Bundesgerichtshof seinerzeit die telefonische Anästhesieaufklärung für zulässig erklärt.
    Voraussetzung für eine telefonische Aufklärung ist immer, dass der Betreuer damit einverstanden ist und dass eine sorgsame Dokumentation des Aufklärungsgesprächs gewährleistet ist (Datum, Uhrzeit, Dauer, Inhalt). Der Aufklärungsbogen ist vom aufklärenden Arzt auszufüllen und – z. B. per Fax – zur Unterschrift an den Betreuer zu schicken. Der ausgefüllte und unterschriebene Aufklärungsbogen muss vor dem Eingriff vorliegen. Der Betreuer muss die Möglichkeit haben, Fragen zum geplanten Procedere zu stellen, und die Aufklärung sollte – trotz der Dringlichkeit – in einem zeitlich angemessenen Abstand zum Eingriff erfolgen.

Risiken bei einer nicht ausreichenden oder unvollständigen Aufklärung

Bei Aufklärungsversäumnissen kann der Patient Schadenersatzansprüche geltend machen – aber nur, wenn er tatsächlich einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Zudem hat jeder ärztliche Eingriff auch eine strafrechtliche Relevanz, da ohne Einwilligung des Patienten im juristischen Sinne eine Körperverletzung vorliegt.

Aufklärung von Patienten, die im Bereich Gesundheitsfürsorge gesetzlich betreut werden – Grundsätze und Präventionsmaßnahmen

    • Bei einwilligungsunfähigen Patienten wird der in einer Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung hinterlegte Wille beachtet.
    • Ist bei einwilligungsunfähigen Patienten ein gesetzlicher Betreuer oder Gesundheitsbevollmächtigter benannt, wird dieser zum Aufklärungsgespräch hinzugezogen. Er unterschreibt die Einwilligung.
    • Bei lebensgefährdenden Interventionen wird ggf. zusätzlich zur Einwilligung des Betreuers die Genehmigung des Betreuungsgerichts eingeholt (gilt nur, wenn im Hinblick auf den Eingriff ein Dissens zwischen dem Patienten und dem gesetzlichen Betreuer besteht).
    • Bei der Aufnahme von älteren und/oder behinderten Patienten wird im Rahmen der pflegerischen und ärztlichen Anamnese erfragt, ob und für welchen Lebensbereich eine gesetzliche Betreuung besteht.
    • Steht ein Patient unter gesetzlicher Betreuung im Bereich Gesundheitsfürsorge, wird vom gesetzlichen Betreuer eine Kopie des Betreuerausweises angefordert, die dann an einer zentralen und einheitlich definierten Stelle in der patientenbezogenen Dokumentation hinterlegt wird.
    • Besteht eine gesetzliche Betreuung im Bereich Gesundheitsfürsorge oder sind eine Patientenverfügung und/oder Vorsorgevollmacht vorhanden, wird in der Kurve des Patienten in deutlicher Form ein entsprechender Hinweis aufgeführt, damit die an der Behandlung beteiligten Personen diese Informationen wahrnehmen und einsehen können.
    • Das Aufklärungsgespräch wird in den standardisierten Einwilligungsbögen mit den relevanten Angaben (z. B. Datum des Aufklärungsgesprächs) und Unterschriften dokumentiert und in die Patientenakte aufgenommen.
    • Das Vorliegen einer gesetzlichen Betreuung im Bereich Gesundheitsfürsorge wird auch in die OP-Vorbereitungscheckliste aufgenommen, die in den stationären Bereichen zum Einsatz kommt, um via Mehrfach-Abfrage/-Prüfung sicherzustellen, dass die Betreuung berücksichtigt und nicht vergessen wird.
    • Das erforderliche Vorgehen bei der Aufklärung von Patienten mit einer gesetzlichen Betreuung im Bereich Gesundheitsfürsorge ist in einem fachabteilungsübergreifenden Leitfaden zur Aufklärung verbindlich festgelegt.

Literatur

BGH, Urteil vom 15. Juni 2010 – VI ZR 204/09

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Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online unter der Rubrik Themen/Qualität/Patientensicherheit.

Miller S. / Hempel S. / Kuschniriuk S. / Hinke K. Safety Clip: Aufklärung älterer gesetzlich betreuter Patienten – Herausforderung im Klinikalltag. Passion Chirurgie. 2014 November; 4(11): Artikel 03_01.


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