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Das zu Ende gehende Jahr 2009 war geprägt durch das Inkraftsetzen der letzten Teile der Gesundheitsreform, die Einführung der Regelleistungsvolumina (RLV), das Ende der Konvergenzphase der Einführung der DRG als Vergütungssystem für den stationären Sektor und nicht zuletzt durch die Bundestagswahl. Der BDC hat neben der Information seiner Mitglieder (siehe „Der Chirurg BDC, August 2009) auch die Öffentlichkeit sachlich informiert mit dem Ziel, zumindest in der Gesundheitspolitik ein Umdenken zu erreichen. Obwohl die Mehrzahl der im Bundestag vertretenen Parteien sich am Allgemeinen festhielten, weist zumindest der Koalitionswechsel und die erstmalige Besetzung des BMG durch einen Arzt auf die Möglichkeit eines Umdenkens hin. Auch wenn Letzteres uns nicht zu euphorisch reagieren lassen sollte, besteht doch eine gewisse Chance des Wandels.

Der Wechsel zu einem anderen – prämienbasierten Finanzierungssystem für den Gesundheitssektor – wird nur durchsetzbar sein, wenn es gelingt, den Bürger zu überzeugen, dass dieses fairer und solidarischer ist. Gleichzeitig wird aber die lange versäumte Diskussion in unserer Gesellschaft beginnen müssen, statt eine implizierte Rationierung hinzunehmen auch über eine Priorisierung nachzudenken. Sicher ist dies eine primäre Aufgabe unserer Gesellschaft, an der aber auch wir Ärzte uns beteiligen müssen. In der Hoffnung, dass auf dem nächsten Deutschen Ärztetag in Dresden 2010 über die notwendige Weiterentwicklung der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 entschieden wird, hat die Weiterbildungskommission der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen mit allen chirurgisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften nochmals die chirurgischen Änderungsvorschläge bekräftigt und mit neuen Daten begründet und unterlegt. Zusätzlich haben die Mitglieder der Weiterbildungskommission Gespräche mit den Mandatsträgern fast aller Landesärztekammern geführt, um unsere Entscheidung zu erläutern.

Die „Industrialisierung“ der Arbeit im Krankenhaus, die enorme Arbeitskonzentration, die trotz vermehrter Nutzung moderner IT-Verfahren überbürdende Bürokratie und die gesetzliche Arbeitszeitregelung haben besonders in den operativen Fächern zu erheblichen Schwierigkeiten geführt, in einem vertretbaren Zeitraum eine Facharztqualifikation zu erlangen. Die nicht vorhandene gezielte Finanzierung – in fast allen übrigen EU-Ländern ist eine Finanzierung der Weiterbildung üblich – soll hier nur erwähnt werden. Berücksichtigt man noch die zumindest kurz und mittelfristig nicht beeinflussbare Demographie, so ist die große Herausforderung unserer Profession der zunehmende Nachwuchsmangel. Hier hat der BDC 2008 seine Berufsaufklärungs- und Werbungskampagne „Kein Durchschnittsjob – ChirurgIn: Nur Mut!“ ins Leben gerufen und 2009 verstärkt fortgesetzt. Auch wenn einige Kritik geäußert wurde, z. B. sie sei zu poppig, so spricht die große Resonanz, z. B. bei den Medizinstudentinnen und -studenten, für uns und wir registrieren mit Befriedigung, dass auch andere Berufsverbände und Fachgesellschaften sich nunmehr mit eigener Werbung schon früh um den Nachwuchs bemühen.

Die Akademie für chirurgische Weiter- und praktische Fortbildung unter der Leitung von Herrn Prof. Jähne hat im Jahr 2009 erneut über 80 Seminare und Workshops angeboten, die von knapp 3 000 Teilnehmern, überwiegend Mitglieder des BDC, aber auch Nichtmitgliedern, genutzt wurden. Ergänzend fand der 23. Chirurgentag mit großem Erfolg wieder im Langenbeck-Virchow-Haus statt. Alle diese Aktivitäten werden unter der Leitung unseres Hauptgeschäftsführer, Herrn Dr. Ansorg und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Geschäftsstelle und der BDC-Service GmbH durch unermüdlichen Einsatz ermöglicht. Dafür sei ihnen hier herzlich gedankt.

Auch im Servicebereich ist es gelungen, das Angebot zu erweitern, so ist u. a. die Rechtsschutzversicherung verbessert worden und wir können unseren Mitgliedern jetzt auch eine recht attraktive Berufsunfähigkeitsversicherung anbieten. Besonders erfreulich ist, dass unsere Mitgliederzahl noch stetig wächst, obwohl wir natürlich die steigende Zahl der in Ruhestand gehenden Kolleginnen und Kollegen registrieren. Bereits bis Ende Oktober haben wir deutlich über 600 neue Mitglieder begrüßen können, der Frauenanteil davon betrug über 37 Prozent, sodass nunmehr über 17 Prozent unserer Mitglieder Kolleginnen sind.

Für die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen hat das Jahr 2009 mit der Einführung der Regelleistungsvolumina erneut teilweise erhebliche, man kann auch sagen, dramatische Veränderungen für die individuelle Wirtschaftslage gebracht. Naturgemäß hat uns in den ersten Wochen des Jahresbeginns eine Flut von berechtigten Anfragen und Protesten erreicht. Danach zeigte sich erfreulicherweise, dass die Chirurgen im Bundesdurchschnitt ein erkennbares Plus an Honorar zugestanden bekommen haben, auch wenn das einzelne Verlierer der Reform nicht zufriedenstellen kann. Oft sind, gerade beim ambulanten Operieren, regionale Besonderheiten ursächlich für die Verluste. Hier hat es sich bewährt, dass die Organisation des BDC über Regionalvertreter unmittelbar in den betroffenen Regionen aktiv eingreifen konnte und so neben dem zentral beim KBV und Kassen ausgeübten Druck eine annehmbare Lösung vor Ort erreichen konnte. Politisch haben wir die Einführung der RLV genutzt, um auf die völlig unzureichende Finanzierung chirurgischer Leistungen hinzuweisen. Neben der großen Politik sind es oft die unscheinbaren Probleme, deren Lösungen später erhebliche Wirkung zeitigen. Wir haben mit Erfolg dafür sorgen können, dass aktuelle chirurgische Vertragsarztsitze in allen KVen von den neu geschaffenen Fachärzten für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt werden können. Das war und ist keineswegs selbstverständlich, weil hier Weiterbildungsordnung und Zulassungsordnung diametral entgegengesetzt formuliert sind. Mit dem Ergebnis, dass Orthopädie und Unfallchirurgen nur auf Orthopädensitze zugelassen werden sollen. Das haben wir ändern können. Es bleibt aber noch das Problem, dass die so nachbesetzten Sitze in die Fachgruppe Orthopädie verschoben werden.

In ersten Gesprächen mit den Beteiligten haben wir vorgeschlagen, die Planungsbereiche Orthopädie und Chirurgie zusammenzulegen, so wie es in der Weiterbildungsordnung des Gebietes Chirurgie der Fall ist. Das allerdings stößt derzeit noch bei dem Berufsverband der Fachärzte der Orthopäden und Unfallchirurgen (BVOU) auf Widerstand, obwohl die KBV hier bereits Zustimmung signalisiert hat. Eine Voraussetzung für die Arbeit in der Niederlassung sind adäquate Honorare. Angesichts einer geplanten Neubewertung des EBM hat der BDC beschlossen, nicht auf eine Analyse von den Krankenkassen und der KBV getragenen Instituts beim Bewertungsausschuss zu warten, sondern (durchaus mit erheblichem finanziellen Aufwand) selber Wirtschaftsdaten bei den ambulanten Leistungserbringern sowohl in den Praxen als auch in den Klinikambulanzen zu erheben. Ich kann nur hoffen, dass alle Kolleginnen und Kollegen sich der Bedeutung dieser Erhebung bewusst sind und sich aktiv an der Umfrage beteiligen. Unsere Argumente verlieren ihr Gewicht, wenn unsere erhobenen Daten nicht belastbar sind. Leider stellen wir zu unserer großen Enttäuschung oftmals fest, dass unsere Erhebungen und Fortbildungsangebote nur spärlich angenommen werden, obwohl sie von vielen eingefordert werden. So mussten wir einige Seminarangebote für Niedergelassene mangels Anmeldung absagen.

Im Jahr 2010 stehen wieder Wahlen der Funktionsträger des BDC an. Diese werden wir nutzen, um einen ersten entscheidenden Schritt in Richtung Generationswechsel zu gehen. Wie im vorigen Jahr möchte ich alle Mitglieder aufrufen, sich nicht mit ihren Ideen, aber auch Kritiken, zurückzuhalten, nur so können wir die Nähe zur Basis aufrechterhalten. Mein Dank, auch im Namen des Präsidiums, gilt allen, die sich für die Belange der Chirurginnen und Chirurgen in diesem Jahr wieder engagiert eingesetzt haben. Helfen Sie uns auch weiterhin, denn nur gemeinsam und geeint können wir etwas erreichen.

Autor des Artikels

Profilbild von Michael-J. Polonius

Prof. Dr. med. Michael-J. Polonius

Ehem. BDC-PräsidentBerlin

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