01.12.2015 Rezensionen
Rezension Die Intensivmedizin
Die 12. Auflage dieses traditionsreichen Standardwerks ist eine umfänglich überarbeitete Neuauflage mit einem neuen Herausgeberteam. Dies ist im ganzen Buch zu spüren. Die Darstellung ist durchgehend aktuell. Es finden sich alle relevanten Literaturhinweise. Das Buch hat einen interdisziplinären Ansatz und spiegelt die fachliche Herkunft der Herausgeber G. Marx (Anästhesie), E. Muhl (Chirurgie), K. Zacharowski (Anästhesie) und S. Zeuzem (Innere Medizin) wieder.
Die Ausgabe ist gegliedert in vier Bereiche. Kapitel I schildert die organisatorischen Voraussetzungen und das Umfeld der Intensivmedizin heute. Die Kapitel II – V stellen wesentliche intensivmedizinische Techniken dar: von der Beatmung, über Laboruntersuchungen bis zur Pharmakotherapie. Die Kapitel VI – XII stellen jeweils die Pathogenese, Diagnostik und Therapie eines versagenden Organsystems dar. Die Kapitel XIII bis XVIII widmen sich spezifischen Patientengruppen in der Intensivmedizin. Durch diese klare Gliederung kann das Buch, mit 1390 Seiten ohne Verzeichnisse, nicht nur als Nachschlagewerk für den Erfahrenen sondern auch für den Einsteiger zum Erlernen der Intensivmedizin empfohlen werden.
Das Grundthema Beatmung, um ein Beispiel zu geben, wird auf 20 Seiten leicht verständlich mit vielen guten Abbildungen erklärt. Wichtige Fakten werden im Text mit einem Pfeil abgesetzt und farblich hervorgehoben, Zusammenfassungen, Formeln etc. farbig gekennzeichnet. Zusammen mit den guten Grafiken ist so eine schnelle Orientierung auf die wesentlichen Punkte für den Lernenden möglich. Für den Erfahrenen gibt es spezifische Kapitel zum Atemwegsmanagement, zur nichtinvasivem Beatmung, zur Heimbeatmung und den extrakorporalen Verfahren. Abgerundet wird dieser an Techniken orientierte Teil durch das Kapitel „Respiratorische Störungen“, in dem die Pathophysiologie, Klinik und Therapie pulmonaler Erkrankungen behandelt wird. Das Konzept Techniken und Krankheitsbilder getrennt, aber mit Referenzen zueinander darzustellen, wird bei allen Organsystemen umgesetzt. Bei der Beschreibung der Techniken gelingt es in allen Abschnitten in einem hohem Maß darzulegen, welche Evidenz für die Verfahren vorliegt. Als Leseprobe sind hierzu die Abschnitte zum „Monitoring des Herz-Kreislauf-Systems“ oder „Extrakorporale Verfahren zur Behandlung des akuten Nierenversagens“ zu empfehlen. Auch in diesen Abschnitten ergänzen gut verständliche Schemazeichnungen den Text. Die Kapitel zu speziellen klinischen Situationen von „Trauma“ über spezifische viszeralchirurgische Operationen bis hin zur pädriatischen Intensivmedizin werden bei Fachexperten im Einzelnen sicherlich kontrovers diskutiert werden. Aus Sicht eines Viszeralchirurgen sind einige Punkte im Kapitel „Abdominalchirurgische Eingriffe“ so in der eigenen Praxis nicht mehr aktuell. Die Empfehlungen bewegen sich aber eindeutig in dem Meinungsspektrum, das sich auf einem aktuellen Chirurgenkongress präsentieren würde. Wichtiger aber ist, dass die Darstellung der großen viszeralchirurgisch-intensivmedizinischen Themenkomplexe (Ösophaguschirurgie, Pankreaschirurgie, Leberchirurgie, septische Chirurgie) geeignet erscheint, Ärzten anderer Disziplinen ein Verständnis für Pathophysiologie und Risiken der Eingriffe zu vermitteln. In diesem Sinne sind die fachspezifischen Kapitel für Fachärzte anderer Disziplinen auf interdisziplinären Stationen interessanter als für die Spezialisten.
Das Buch hat einige besondere Kapitel aus denen hervorgeht, dass die Herausgeber mitten in der Praxis stehen. Besonders hervorzuheben sind ein Kapitel über den Transport von Intensivpatienten, das didaktisch exzellent ist und ein Kapitel zur „Palliativmedizin in der Intensivmedizin“. Diesem aktuellen und schwierigen Thema wird sich sehr differenziert angenommen.
Es gibt wenige, kleine Ungereimtheiten in diesem Buch. Die Hervorhebungen wichtiger Merksätze und die Hervorhebung von Zusammenfassungen werden nicht in allen Kapiteln gleich konsequent durchgeführt. Einzelne Themen (z. B. suprapubischer Katheter) werden an mehreren Stellen im Buch nicht ganz kohärent behandelt.
Zusammenfassend stellt das Buch ein hervorragendes Referenzwerk für jede operative oder interdisziplinäre Intensivstation dar. Trotz des großen Umfangs ist das Buch auch dem in Weiterbildung befindlichen Arzt zu empfehlen, da durch gezieltes Lesen einzelner Kapitel das eigene Facharztwissen gezielt um die spezifisch intensivmedizinischen Kenntnisse ergänzt werden kann.
Die Intensivmedizin
Marx, Muhl, Zacharowski, Zeuzem, (Hrsg.)
12. Auflage 2014
1433 S., gebunden
ISBN 978-3-642-54954-0
169,99 €
Weitere Rezensionen finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de, Rubrik News | Rezension).
Stippel D. L. Rezension: Die Intensivmedizin. Passion Chirurgie. 2015 Dezember; 5(12): Artikel 03_08.
Weitere Artikel zum Thema
01.02.2024 Rezensionen
Rezension: Krankenhaus Rating Report 2023 – die Revolution?!
Die neunzehnte Ausgabe des „Krankenhaus Rating Report 2023“ beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen, strukturellen und personellen Situation der Krankenhäuser in Deutschland bis zum Jahr 2022. Der Report benennt externe und interne Faktoren für die Ist-Situation und gibt einen Ausblick darauf, wie sich die Krankenhausstrukturen mittelfristig anpassen und entwickeln müssen.
01.09.2023 Rezensionen
Rezension: Referenz Orthopädie und Unfallchirurgie: Becken und Hüfte
Kürzlich wurde die im Thieme Verlag erscheinende „Referenz-Reihe“ um den Band Orthopädie und Unfallchirurgie – Becken und Hüfte, herausgegeben von Grützner, Hoffmann und Rudert, ergänzt. Es ist neben den Themengebieten Knie und Wirbelsäule die dritte Referenzausgabe für das Fachgebiet Orthopädie und Unfallchirurgie.
01.06.2023 Rezensionen
Rezension: Ultraschall des Bewegungsapparates
Dieses neue Praxishandbuch wurde von einem Allgemeinmediziner und einem Internisten aus der Schweiz erstellt, also nicht von Unfallchirurgen oder Orthopäden. Es zeugt jedoch von der Kompetenz und Erfahrung der Autoren bei der sonografischen Diagnostik von Verletzungen und Erkrankungen der Bewegungsorgane.
01.05.2023 Rezensionen
Rezension: Was die Chirurgie fürs Leben lehrt
Vom Konzept her übersetzt die Diagnose Bilder in behandelbare Zeichen. Chirurgie listet auf, sortiert und behandelt. Akademische Chirurgie funktioniert durch ein gut begründetes Verständnis der Pathophysiologie, die der Krankheit zugrunde liegt. Diese oben genannten Qualitäten zu koordinieren, sorgt für ein wesentliches und zielgerichtetes Management der Krankheit. Als Folge wird Chirurgie zur Kunst, um Gesundheit und Wohlbefinden wiederherzustellen.