Die EU muss dem Patienten dienen, nicht allein dem Binnenmarkt
Die Bedürfnisse der Patienten im Blick behalten und mehr Subsidiarität wagen – das sind die zentralen gesundheitspolitischen Forderungen, die Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in einem gemeinsamen Positionspapier an das künftige Europäische Parlament und die neue EU-Kommission formulieren.
„Europa steht vor einer Schicksalswahl. Es geht darum, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die EU zurückzugewinnen“, sagte Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer. Das könne aber nicht gelingen, wenn Brüssel weiter in die gesundheitspolitischen Kompetenzen der Mitgliedsstaaten eingreife, um seinen marktwirtschaftlich motivierten Liberalisierungskurs voranzutreiben. „Wir brauchen ein starkes europäisches Parlament und eine Kommission, der das Wohlergehen der Menschen mehr am Herzen liegt, als Konzernbilanzen.“
„Bei allen gesundheitspolitischen Vorhaben müssen die europäischen Institutionen, also Parlament, Rat und Kommission, die Individualität der Gesundheitsversorgung der Mitgliedstaaten berücksichtigen“, erklärte Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). „Im Sinne der Akzeptanz von Beschlüssen und Maßnahmen aus Brüssel ist es unverzichtbar, den Besonderheiten der Mitgliedsländer gerade im Sozial- und Gesundheitswesen ausreichend Rechnung zu tragen. Denn diese werden von den Bürgerinnen und Bürgern sehr geschätzt. So zeigen beispielsweise alle Studien, dass die Menschen in Deutschland mit ihrem Gesundheitswesen insgesamt sehr zufrieden sind.“
Ein Schwerpunkt des Positionspapiers liegt auf der grenzüberschreitenden Mobilität von Ärztinnen und Ärzten. So sei durch geeignete Prüfungen zu garantieren, dass ausländische Ärzte die notwendigen Sprachkenntnisse mitbringen. Ärztemigration dürfe nicht zu Lasten der Gesundheitssysteme in den Herkunftsstaaten gehen.
BÄK und KBV erinnern daran, dass zum Patientenschutz auch ein sicheres Arbeitsumfeld für Ärztinnen und Ärzte gehöre, das sie vor übermäßiger Arbeitsbelastung schützt.
Beim Ausbau interoperabler europäischer e-Health-Systeme müssen nach Auffassung der Ärzteschaft der Schutz und die Sicherheit von Patientendaten eine zentrale Rolle spielen. Zudem sei darauf zu achten, dass der Aufwand bei Einführung neuer digitaler Anwendungen im Verhältnis zu deren praktischem Nutzen stehe.