01.06.2023 Politik
Kontinuität in Zeiten des Wandels

Der Deutsche Ärztetag hat am 18. Mai 2023 den bisherigen Präsidenten Dr. Reinhardt in seinem Amt bestätigt. Ebenfalls wurde Frau Dr. Lundershausen als Vizepräsidentin wiedergewählt. Neu in das Führungstrio wurde Frau Dr. Johna vom Marburger Bund aufgenommen. Als weitere Vorstandsmitglieder – neben den kraft Amtes gesetzten Präsident:innen der Landesärztekammern – wurden Dr. Botzlar, Chirurg aus München, und Frau Neumann-Grutzek, Präsidentin des BDI, gewählt. Auch wenn im Vorfeld alle ihren Willen zur gemeinsamen und einheitlichen Vertretung der Ärzteschaft betont haben, spiegelt das Wahlverhalten dennoch eine gewisse Kluft zwischen der gewerkschaftlichen Vertretung der Krankenhausärzte durch den Marburger Bund und den übrigen Freiberuflern wider. Gleichwohl ist es ein gutes Signal, dass die Bundesärztekammer (BÄK) in ihrer personellen Zusammensetzung weitgehend unverändert in eine erneute Legislaturperiode eintritt und damit gegenüber der Politik Kontinuität garantiert.
Das dürfte umso wichtiger sein, als in den Eröffnungsreden des Ärztetages die drei Protagonisten sehr unterschiedliche Positionen vertreten haben. Der Gesundheitsminister von NRW, Karl Josef Laumann, stellte seine in NRW bereits anlaufende Krankenhausreform vor, die im Gegensatz zum Modell des Bundesministeriums (BMG) zwar ebenfalls in der Versorgung gestufte Kliniken vorsieht, aber dennoch eine in seinen Worten „akzeptable“ Erreichbarkeit verlangt. Der Präsident der BÄK hat dies unterstützt und im Übrigen vor allem auf die gute Versorgung der Bevölkerung jetzt und in Zukunft verwiesen. Mit sehr deutlichen Worten und ohne unnötige Schärfe hat er die zwingend erforderliche Beteiligung der Ärzteschaft an den Reformvorhaben eingefordert.
Bundesminister Lauterbach präsentierte sich dagegen eher fahrig und in seinen Aussagen vage. Bemerkenswerterweise ist er auf die Themen Cannabis-Legalisierung und vor allem die GOÄ überhaupt nicht eingegangen, bei dem Punkt Digitalisierung ist bezeichnenderweise die Saaltechnik ausgefallen. Man kann wohl davon ausgehen, dass sich die Länder unter Führung von Herrn Laumann in der Frage der Krankenhausreform gegen das BMG durchsetzen werden. Geplant ist ein erster konkreter Entwurf voraussichtlich im Juni. Dann wird man sehen, welche Auswirkungen dies auf die konkrete Versorgungslandschaft haben wird. Neu ist neben den drei bekannten Leveln I-III jetzt auch eine Stufe F für spezialisierte Fachkliniken. Dazu sollen dann auch Bundeswehr- und BG-Kliniken gehören, obwohl diese durchaus ein breites Spektrum versorgen.
Ein weiterer Punkt, der ebenfalls bis Ende Juni an die Öffentlichkeit gebracht werden soll, ist die Ersatzvornahme des BMG zur sogenannten Ambulantisierung. Nachdem sich bekanntermaßen die drei Vertragspartner KBV, DKG und Spitzenverband Bund der Krankenkassen nicht auf einen gemeinsamen Katalog, weder zu Art, noch zu Umfang und erst recht nicht zu den Preisen geeinigt haben, muss jetzt das BMG entscheiden. Es liegen dort unterschiedliche „Wunschlisten“ vor, unter anderem auch vom BDC. Bei aller Spekulation dürfte es relativ sicher sein, dass der Bereich der Hernienchirurgie in die Systematik der Hybrid-DRGs aufgenommen werden wird. Völlig unklar bleibt das zugrunde zu legende Kalkulationsmodell, vermutlich wird das BMG damit das INEK und das INBA beauftragen.
Sowohl die Krankenhausreform wie auch die Ambulantisierung werden erhebliche Auswirkungen auf die Weiterbildung haben. Der BDC wird weiterhin auf diesen Punkt hinweisen und entsprechende Lösungen einfordern.
Rüggeberg JA: Kontinuität in Zeiten des Wandels. Passion Chirurgie. 2023 Juni; 13(06): Artikel 05_02.
Autor:in des Artikels
Weitere aktuelle Artikel
01.10.2022 Politik
BDC-Praxistipp: Achtsamkeit (Mindfulness) in der Chirurgie
Die zentralen Herausforderungen für die Chirurgie sind die Akquisition qualifizierten Nachwuchses und eine geistige und körperliche Ärztegesundheit. Offensichtlich stehen diese beiden Umstände auch in enger Korrelation miteinander. Welcher PJ-Student möchte schon in einer Abteilung anheuern, in der die ärztlichen Kollegen auf ihn überarbeitet, zynisch oder depressiv verstimmt wirken?
29.09.2022 Pressemitteilungen
BDC und DGCH mahnen maßvolle Erweiterung des AOP-Kataloges an
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH) befürworten in einem Schreiben vom 23.9.2022 an die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ eine Ambulantisierung mit Augenmaß.
26.09.2022 Gesetzgebungsverfahren
Schreiben des BDC und der DGCH an die Regierungskommission zur Krankenhausreform
Schreiben des BDC und der DGCH an die Regierungskommission zur
21.09.2022 Sektorübergreifend
Konsortium legt neuen Vorschlag zur Ambulantisierung vor
Ein Konsortium aus dem Hamburg Center for Health Economics (HCHE) der Universität Hamburg, der Technischen Universität Berlin (TU Berlin), dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi), dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) und dem BKK Dachverband hat eine neues Konzept zur einheitlichen, sektorengleichen Vergütung ambulant erbringbarer medizinischer Leistungen präsentiert.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.