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Kurze Zusammenfassung der Sitzung „Prozessmanagement von operativen Eingriffen“, die am 28. April 2023 auf dem DCK 2023 in München stattfand. Vorsitzende der Sitzung waren: Matthias Diemer aus Berlin, Jörg-Andreas Rüggeberg, BDC-Vizepräsident aus Bremen, Annika Hättich aus Hamburg.

Die grundsätzliche Voraussetzung für ein Management von Prozessen in der chirurgischen Versorgung ist die Erkenntnis, dass das Operieren nur einen Teil eines abgestimmten Gesamtprozesses in der Patientenversorgung darstellt.

Das operative Ergebnis stellt das Ziel einer verbindlichen Prozesskette dar. Bereits bei der präoperativen Vorbereitung und Planung der Operation werden entscheidende Voraussetzungen für einen qualitätsgesicherten Verlauf determiniert. Der Grundgedanke des „Clincal Pathway“ ist die gesamthafte Organisation einer Patientenversorgung, die zu reproduzierbaren Ergebnissen und damit zu einer gesicherten Ergebnisqualität führt.

Die Gesellschaft verändert sich. Durch die Potenziale der Digitalisierung und durch eine erwartete Transparenz in der medizinischen Versorgung werden Patienten zu Recht reproduzierbare operative Ergebnisse einfordern.

Moderne Medizin und Operationstechniken werden durch einen zunehmenden Geräte- und Implantateeinsatz, durch technisch aufwändige perioperative Diagnostik und interventionelle Chirurgie, durch navigiertes Operieren und durch den Einsatz von Robotik bestimmt. Die Beherrschbarkeit der von der Industrie entwickelten Gerätetechnik, aber auch die notwendige Digitalisierung und Vernetzung im OP verlangt von allen bisherigen Berufsgruppen neben einer zunehmenden Spezialisierung ein klar definiertes und verabredetes Handeln.

Die Reproduzierbarkeit von operativen Ergebnissen lässt sich nur durch eine konsequente Abstimmung aller Behandlungsschritte erreichen. Sie setzt gleichermaßen voraus, dass Ergebnisqualität messbar wird und transparent dargestellt wird. Die Schlagworte dazu heißen „Value Based Medicine“ und „Outcome Measurement“.

Die Chirurgie ist aufgefordert sich an der verbindlichen Organisation zu beteiligen. Die medizinische Verantwortung für Indikation und Durchführung operativer Eingriffe ist eindeutig definiert. Sie ist grundsätzlich eine ärztliche Entscheidung. Dennoch ist festzustellen, dass in vielen Häusern der Gedanke einer prozessualen Versorgung nicht Bestandteil einer operativen Versorgung ist, dass sich insbesondere die Chirurgie wenig an der Gestaltung von Standards und Festlegungen beteiligt.

Standardisiertes Operieren bedeutet die einzelnen Operationsschritte so zu verabreden, dass unabhängig vom Operateur jeder Teilschritt präzise nach vorheriger Festlegung mit Verwendung von Instrumentarium und Material durchgeführt wird. Das Teilergebnis eines jeden Prozessschrittes ist definiert. Die Standardisierung beinhaltet eine Prozessorganisation, die auch potentielle Komplikationen und deren Beherrschbarkeit im Vorfeld verabredet hat.

Mit der Standardisierung wird gleichermaßen erreicht, dass die Zusammenarbeit der Teams im OP effizienter und zielgerichteter ablaufen kann. Die Verfügbarkeit von Material und Expertise kann in Abhängigkeit der standardisierten Operation organisiert werden. Standardisierung führt bereits mit der Indikationsstellung zu den notwendigen Vorhaltungen im OP.

Die Prozessqualität setzt neben einer Prozessorganisation auch die Messbarkeit voraus

Wenn man einen Prozess beschreiben will, benötigt man klar definierte Messpunkte. In der chirurgischen Versorgung sind dies Zeitpunkte, die bei der Versorgung von Patienten dokumentiert werden. Die valide Dokumentation von Zeitpunkten ermöglicht die daraus resultierenden Zeitdauern zu bewerten. So erhält man die notwendigen Rückschlüsse zur Verbesserung der Ablauforganisation.

Die Dokumentation von Prozessen und deren Auswertung führt auch dazu, dass die notwendigen Expertisen für einzelnen Prozessschritte erkannt werden. Sie verdeutlicht, welche Expertisen entwickelt und abgestimmt werden müssen.

Standardisierung und Prozessorganisation leisten einen wesentlichen Beitrag zu einer verlässlichen Fort- und Weiterbildung

Insbesondere die Facharztausbildung in den chirurgischen Fächern leidet darunter, dass der Weg zur Facharztausbildung nicht klar geregelt ist. Die Inhalte der Facharztausbildung werden durch die Landesärztekammer bestimmt. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern existieren keine einheitlichen Curricula, die es den angehenden Fachärzt:innen ermöglichen ihre Expertisen strukturiert zu erwerben und in einer terminierten Ausbildung den Ausbildungsstand zuzuordnen.

Nach wie vor besteht eine Abhängigkeit von dem Gestaltungswillen und dem Engagement der Führungskräfte innerhalb der Klinik. Berechtigterweise ist anzumerken, dass die Facharztausbildung häufig in der kalkulierten Personalbedarfsrechnung keinen Raum findet. Der Arbeitsplatz der Assistenzärzt:innen bietet nur wenig Zeit für eine tatsächliche chirurgische Ausbildung.

Eine Standardisierung von operativen Eingriffen ermöglicht die Schwierigkeitsgrade der einzelnen Teilschritte so zu bewerten, dass durch das Erlernen von Teilprozessen eine stufenweise Qualifizierung in der chirurgischen Ausbildung erreicht werden kann. Inhaltliche Vorbereitung und motorisches Training lassen sich koordinieren.

Weiterbildung darf nicht zu einem Qualitätsverlust in der chirurgischen Versorgung führen. Für Operationen in der Weiterbildung gilt eine besondere Verpflichtung zur Sorgfalt in der Vorbereitung und Planung. Diese beginnt präoperativ und beinhaltet die notwendige Kommunikation. Das Ziel eines qualitätsgesicherten Ergebnisses für die Patienten ist weiterhin oberste Maxime.

Eine erfolgreiche Entwicklung von Prozesslandschaften gelingt durch die Orientierung an anderen Branchen

Der Blick in andere Organisationen verdeutlicht, dass Standardisierung im Prozess, Mitarbeiterorganisation und Expertisenentwicklung organisatorischer Alltag sind. Die Expertise bestimmt die Qualität, eine Abgrenzung durch Berufsständeinteressen wird als kontraproduktiv empfunden.

Diemer M: Zusammenfassung der DCK-Sitzung „Prozessmanagement von operativen Eingriffen“. Passion Chirurgie. 2023 Juni; 13(06): Artikel 03_01.

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Matthias Diemer

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