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Frage:

Ein niedergelassener Chirurg fragt an, ob er die Vermietung von Räumlichkeiten im selben Haus durch seinen Vermieter an einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie oder einen anderen Konkurrenten dulden muss oder ob er gegen diese Maßnahme vorgehen und gegebenenfalls die Miete mindern kann.

Antwort:

Nach § 535 Abs. 1 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Aus dieser Norm wird der sogenannte immanente Konkurrenzschutz abgeleitet, nach welchem es der Vermieter gewerblicher Räume zu unterlassen hat, in demselben Haus oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken Räumlichkeiten zu einem vergleichbaren Gebrauch wie dem des Mieters zu vermieten oder selbst zu betreiben. Dies gilt auch dann, wenn hierzu nichts im Mietvertrag geregelt wurde. Konkurrenzschutz kann ferner aber auch individualvertraglich oder durch AGB konkretisiert, erweitert oder abbedungen werden, er ist also nicht zwingend.

Sofern der Konkurrenzschutz also nicht vertraglich ausgeschlossen wurde, hat der Mieter daher Ansprüche auf Konkurrenzschutz. Vermietet der Vermieter dennoch Räumlichkeiten im selben Haus oder auf unmittelbar angrenzenden Grundstücken an einen Konkurrenten des Mieters, so stellt dies eine Verletzung des Konkurrenzschutzes dar. Bei einer ähnlichen Fallkonstellation wie hier hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine solche Verletzung einen Sachmangel im Sinne des § 536 Abs. 1 S. 1 BGB darstellt, da die Verletzung des Konkurrenzschutzes Störungen darstellt, die zwar außerhalb der Mietsache liegen, die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aber unmittelbar beeinträchtigen können (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – XII ZR 117/10).

Ob es sich beim konkreten Bewerber um einen Konkurrenten handelt, ist stets im Einzelfall zu beurteilen. Im hier beschriebenen angefragten Fall dürfte es sich wohl bei einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie um einen Konkurrenten des Chirurgen handeln, da sich insbesondere weite Teile der operativen Tätigkeiten der beiden Fachbereiche überschneiden.

Bei Verletzung des Konkurrenzschutzes hat der Mieter zunächst einen Anspruch auf Verhinderung beziehungsweise auf Beseitigung der Konkurrenzsituation gegen den Vermieter. Dies gilt selbst dann, wenn der Vermieter vorträgt, dass er aufgrund eines unkündbaren Mietvertrages rechtlich nicht mehr in der Lage sei, die Konkurrenzsituation zu beseitigen. In diesem Falle muss er dem neuen Mieter eine vorzeitige Auflösung des Mietvertrages gegen Zahlung einer Entschädigung anbieten. Zudem kann der Mieter die vereinbarte Miete aufgrund des Sachmangels mindern. In welcher Höhe die Miete gemindert werden darf, ist wiederum im Einzelfall zu bestimmen und davon abhängig, in welchem Umfang das Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung durch das Bestehen der Konkurrenzsituation gestört ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2012 – XII ZR 117/10). Auch Ansprüche auf Schadensersatz (z. B. aufgrund von Umsatzeinbußen) sind denkbar.

Heberer J. Liegt eine Verletzung des Konkurrenzschutzes vor, wenn im selben Gebäude der gleiche Facharzt einzieht? Passion Chirurgie. 2015 Juli; 5(07): Artikel 08_01.

Autor des Artikels

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Dr. jur. Jörg Heberer

Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktieren

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