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Stellen Sie sich eine Chirurgin vor, die im Laufe ihres Berufslebens 10.000 Operationen durchführt – und dieses Wissen an zehn weitere Chirurg:innen weitergibt, die wiederum je 10.000 Eingriffe verantworten. Was hier geschieht, ist nicht nur Wissensvermittlung – es ist Multiplikation von Versorgungsqualität. Weiterbildung ist keine Nebensache. Sie ist der stille Motor unserer Gesundheitsversorgung. Und dieser Motor läuft zunehmend unrund.

Die Herausforderungen: Weiterbildung unter Druck

In der täglichen klinischen Realität steht die Weiterbildung unter Dauerstress. Zeitmangel, wirtschaftlicher Druck, Personalknappheit – und ein System, das Verantwortung delegiert, ohne Ressourcen mitzuliefern. Die Einführung des DRG-Systems hat die Ökonomie in den Vordergrund gerückt. Weiterbildung, die Zeit kostet, wird zum Verlustgeschäft. OP-Zeiten verlängern sich bei Weiterzubildenden – das wirkt sich unmittelbar auf Erlöse aus. Weiterbildung wird zur Belastung.

Diese Last tragen meist die Weiterbildenden, auf deren Schultern Supervision und Lehre ruhen – oft ohne Unterstützung, ohne Struktur, ohne Anerkennung. Konflikte entstehen. Nicht weil die Beteiligten es nicht wollen, sondern weil das System versagt. Die Konsequenz: Weiterbildung wird zum Reibungspunkt – obwohl sie unser größtes Kapital sein könnte.

Während wir medizinische Behandlungen auf solide Evidenz gründen, bleibt die ärztliche Weiterbildung oft bemerkenswert unreflektiert. Doch benötigt evidenzbasierte Medizin nicht auch evidenzbasierte Weiterbildung?

Das Konzept: Kompetenzbasiert bedeutet mehr als neue Begriffe

Kompetenzbasierte Weiterbildung ist kein Modetrend – sie ist die evidenzbasierte Weiterentwicklung ärztlicher Lehre in einer komplexer werdenden Welt. Sie bedeutet nicht nur, „Zahlen“ in Logbüchern durch „Handlungskompetenzen“ zu ersetzen. Sie fragt: Was müssen Ärztinnen und Ärzte wirklich können, um verantwortungsvoll, sicher und patientenzentriert zu handeln?

Sie rückt die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt. Kompetenzen sind dabei mehrdimensional – sie verbinden Wissen, Fertigkeiten, Haltung. Ärztliche Identität wird nicht nur durch Fachwissen und operatives Können geprägt, sondern durch Kommunikationsfähigkeit, Teamarbeit, Führungsverantwortung, professionelle Haltung.

Die Umsetzung: Vom Anspruch in den Alltag

Doch wie kommt man vom Konzept zur Realität? Das Buch „Kompetenzbasierte Weiterbildung“ setzt hier an. Es ist ein Handbuch, ein Werkzeugkasten, ein Impulsgeber – und vor allem: praxisnah. Es zeigt, wie man ein Weiterbildungscurriculum schreibt, das nicht in der Schublade verschwindet, sondern im OP, in der Visite, im Notfall funktioniert. Es erklärt, wie man Jahresgespräche zu echten Entwicklungsgesprächen macht, Feedback als Wachstumsinstrument nutzt und trotz Zeitdruck Lernräume schafft – auch bei Operationen. Es beschreibt, wie eine gelebte Weiterbildungskultur entstehen kann, die wertvoll für alle Beteiligten ist.

Weiterbildung soll wieder Spaß machen, inspirieren, begleiten, beflügeln. Dieses Buch lädt ein, genau das neu zu entdecken.

Fazit: Weiterbildung ist Macht

Weiterbildung beeinflusst jede einzelne Patientenbehandlung. Sie ist damit eines der mächtigsten Instrumente unseres Gesundheitssystems. Sie braucht den Stellenwert, den sie verdient – strukturell, kulturell und fachlich – dann stärkt sie ärztliche Exzellenz, die nicht zufällig entsteht, sondern durch Weiterbildung bewusst und gezielt gefördert wird.

Kompetenzbasierte Weiterbildung ist der Weg dorthin. Lassen Sie uns gemeinsam beginnen.

Kompetenzbasierte Weiterbildung
Ludwig, Johanna (Autor), Schorlemmer, Julia (Autor)
Urban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH
2025, 1. Auflage, 39,00 Euro
ISBN: 9783437210273

Beim Verlag bestellen:

Ludwig J: Kompetenzbasierte Weiterbildung. Passion Chirurgie. 2025 Juni; 15(06/QII):
Artikel 04_01.

Autor des Artikels

Profilbild von Ludwig

Dr. med Johanna Ludwig

Fachärztin Orthopädie & UnfallchirurgieMSc Surgical Science and PracticeBG Klinikum Unfallkrankenhaus BerlinWarener Str. 712683Berlin kontaktieren

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