15.09.2025 Kinderchirurgie
Patientensicherheit besonders im Fokus der Kinderchirurgie

Berlin, den 15. September 2025 – Anlässlich des Welttags der Patientensicherheit am 17. September, der unter dem Motto „Patientensicherheit von Kind an – eine Investition fürs Leben“ steht, machen sich die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH) und der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. (BNKD) für die sichere Versorgung von Kindern und Jugendlichen in Klinik und Praxis stark.
„Besonders bei Kindern ist die Sicherheit im Gesundheitswesen von großer Bedeutung, da sie eine besonders verletzliche Patientengruppe sind. Dieser Tag erinnert uns daran, wie wichtig es ist, kindgerechte und sichere Behandlungsprozesse zu gewährleisten“, unterstreicht DGKJCH-Präsidentin PD Dr. Barbara Ludwikowski. Die kinderchirurgische Fachgesellschaft und der Berufsverband machen darauf aufmerksam, dass der kindliche Organismus sich in vielerlei Hinsicht deutlich vom Erwachsenen unterscheidet:
- Wachstum und Entwicklung: Kinder befinden sich in einem ständigen Wachstumsprozess. Knochen, Organe und Gewebe entwickeln sich noch, was Einfluss auf die Dosierung von Medikamenten und die Behandlungsmethoden hat.
- Stoffwechsel: Der Stoffwechsel bei Kindern ist oft schneller, was bedeutet, dass Medikamente schneller abgebaut werden können. Das erfordert ebenfalls angepasste Dosierungen und Behandlungspläne.
- Immunsystem: Das Immunsystem ist bei Kindern noch im Aufbau. Sie sind anfälliger für Infektionen, aber auch ihre Reaktion auf Impfungen ist anders als bei Erwachsenen.
- Körperzusammensetzung: Der Anteil an Wasser, Fett und Muskelmasse ist bei Kindern unterschiedlich, was die Verteilung von Medikamenten beeinflusst.
- Reaktionsfähigkeit: Kinder reagieren oft empfindlicher auf Medikamente und Behandlungen. Nebenwirkungen können stärker ausgeprägt sein, weshalb eine sorgfältige Überwachung notwendig ist.
Diese Unterschiede sind entscheidend für die medizinische Versorgung. „Kinder sind erstaunlich stabile Wesen mit ausgeprägten Kompensationsmechanismen. Sie tolerieren Krankheitszustände unter Umständen sehr lange – bis sie es plötzlich nicht mehr tun. Dann kann es zu spät sein“, warnt Kinderchirurg Professor Udo Rolle, Direktor der Klinik für Kinderchirurgie am Klinikum der J.W. Goethe-Universität Frankfurt. Um dies zu verhindern, setzen Kliniken und Praxen das Paediatric Early Warning System, kurz PEWS ein. PEWS soll den Mitarbeitenden der Stationen helfen, den Zustand der Kinder richtig einzuschätzen. So werden die Vitalparameter, etwa Atemfrequenz, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung des Kindes ermittelt und dokumentiert und je nach Höhe der Werte in eine Punktzahl umgewandelt. Zusätzlich wird die Einschätzung der Eltern mit in die Bewertung einbezogen, denn Eltern kennen ihr Kind am besten.
Desweitern ist beim chirurgisch kranken Kind eine enge Zusammenarbeit der beteiligten Fachdisziplinen, darunter die Pädiatrie, die Kinderradiologie, die Kinderanästhesie, sowie die kindermedizinische Pflege essenziell. „Neben der bestmöglichen Versorgung ist ein gelebtes und gut dokumentiertes Fehlermanagement wichtig, um mögliche Gefahren zu beseitigen oder zu vermeiden“, betont der niedergelassene Bremer Kinderchirurg Dr. Ralf Lippert, Vorsitzender des BNKD und Leiter der AG Patientensicherheit und Qualitätsmanagement der DGKJCH.
Bei Kindern stellt die Einbeziehung ihrer Bezugspersonen, zum Beispiel bei der Narkosevorbereitung und Narkoseeinleitung sowie im Aufwachraum, einen wichtigen Bestandteil der Versorgung dar. Die Eltern sollten so lange wie möglich bei ihrem Kind bleiben.
„Ausreichend fachlich gut geschultes und sich stets weiter fortbildendes ärztliches und kinderpflegerisches Personal ist Grundvoraussetzung für sichere Abläufe einer qualitativ hochwertigen kinderchirurgischen Versorgung“, erklärt Dr. Petra Degenhardt, Leiterin der AG Patientensicherheit und Qualitätsmanagement der DGKJCH und Chefärztin für Kinder- und Jugendchirurgie am Klinikum Westbrandenburg in Potsdam.
Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. unterstützt bei der Aufklärung und hat beispielsweise gemeinsam mit dem Berufsverband der Anästhesisten e.V. (BDA) und dem BNKD Informationsbroschüren zum Thema „Sichere ambulante Kindernarkosen“ erarbeitet, die der Information von Eltern und Ärzten dienen, um auf die Besonderheiten und Anforderungen bei Kindern hinzuweisen.
DGKJCH und BNKD setzen sich im Rahmen des Welttags der Patientensicherheit dafür ein, dass die oben genannten Maßnahmen in allen kinderbehandelnden Einrichtungen umgesetzt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendchirurgie e.V. (DGKJCH)
Die Kinderchirurgie, vertreten durch die DGKJCH, ist eine wesentliche Säule der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland. Zu ihr gehören neben der allgemeinen Kinderchirurgie die Neugeborenenchirurgie, Kinderurologie, Kindertraumatologie (Kinderunfallchirurgie) und die chirurgische Kinderonkologie. Kinderchirurgie gehört in die Hände von Kinderchirurginnen und Kinderchirurgen, denn ihre Patienten sind keine kleinen Erwachsenen.
www.dgkjch.de
Der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. (BNKD)
Um heute und in Zukunft ein hohes Niveau ambulanter kinderchirurgischer Versorgung gewährleisten und erweitern zu können, bedarf es neben der täglichen Praxisarbeit eines berufs- und sozialpolitischen Engagements für die Kinder und ihre Eltern. Aus diesen Überlegungen heraus wurde der Berufsverband der niedergelassenen Kinderchirurgen Deutschlands e.V. gegründet.
www.kinderchirurgie.com
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