17.09.2019 Kinderchirurgie
Kinderchirurgie: Mehrfach behinderte Kinder richtig behandeln
Das mehrfach behinderte Kind bedarf einer interdisziplinären Betreuung durch alle Fachbereiche der Kindermedizin
Die Kinderchirurgie als operative Kindermedizin ist hierbei ein unverzichtbarer Partner, da einige Beeinträchtigungen des mehrfach behinderten Kindes ausschließlich chirurgisch zu versorgen sind. Dazu gehören angeborene oder erworbene Fehlbildungen des Gehirns, die zu Störungen der Zirkulation des Hirnwassers führen. So kann es zum Beispiel durch Hirnblutungen im Rahmen der Frühgeburtlichkeit oder durch angeborene Verengungen kleinster Kanälchen im Hirnkammersystem zu einem Aufstau des Hirnwassers kommen mit der Folge einer Erweiterung der Hirnkammern, eines sogenannten „Wasserkopfes“. Um Druckschädigungen des empfindlichen kindlichen Gehirns zu vermeiden, sind Ableitungen des Hirnwassers über ein Schlauchsystem in die Bauchhöhle oder in das Blutkreislaufsystem erforderlich.
Aber auch bei angeborenen oder erworbenen Störungen des Schluckens bzw. des weiteren Nahrungstransportes ist in bestimmten Fällen eine Operation unvermeidlich. Sind Kinder nicht im Stande, die angebotene Nahrung zu schlucken, muss diese auf direktem Wege in den Magen befördert werden. Eine so genannte „Gastrostomie“ kann endoskopisch eingebracht werden; in einigen Fällen ist dies aufgrund von Verwachsungen im Bauchraum oder wegen anderer angeborener Fehlbildungen nicht möglich, so dass die Gastrostomie durch eine Operation angelegt werden muss.
Ein häufiges Problem bei mehrfach behinderten Patienten ist der Rückfluss der Nahrung aus dem Magen in die Speiseröhre mit der Folge von äußerst schmerzhaften Entzündungen der Speiseröhrenschleimhaut durch den Kontakt mit der aggressiven Magensäure. Darüber hinaus kann der Rückfluss der Magensäure zusätzlich die Luftröhre und das Bronchialsystem schädigen. Oft lässt sich ein solcher Rückfluss oder „Reflux“ von saurem Mageninhalt nicht ausreichend medikamentös behandeln, so dass ein chirurgischer Eingriff – meist minimal invasiv – zur anatomischen Rekonstruktion des Übergangs von Speiseröhre in den Magen erforderlich wird.
Ein bedrohliches Problem sind Atemstörungen durch Fehlbildungen bzw. Einengungen der oberen Luftwege, so dass als letzte Therapiemöglichkeit ein direkter Zugang zur Luftröhre – ein sogenanntes „Tracheostoma“ – als vorübergehende oder auch endgültige Maßnahme unvermeidbar ist. Der Patient kann damit über eine Kanüle atmen bzw. beatmet werden. Durch Fehlhaltung zum Beispiel durch ungleichmäßigen Muskeltonus kann es bei behinderten Patienten zu erheblichen und teilweise überaus schmerzhaften Fehlstellungen des Skelettsystems kommen, so dass operative Korrekturen durch Kinderchirurgen oder Kinderorthopäden unvermeidbar sind.
All diese Beispiele verdeutlichen den Stellenwert und den vielschichtigen Anspruch an die Kinderchirurgie in der Betreuung mehrfach behinderter Kinder.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie, Langenbeck-Virchow-Haus, Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgkch.de, 14.09.2019
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