01.05.2025 Panorama
Interview mit der Regisseurin der Doku-Serie „Charité intensiv: Gegen die Zeit“

Die vierteilige Serie „Charité intensiv: Gegen die Zeit“, die seit Oktober 2023 in der Mediathek abrufbar ist, war eine der Favoritinnen für den BDC-Journalistenpreis 2024. Die Jury überzeugte unter anderem die nüchterne und konsequente Begleitung eines Chirurgen und des Klinikteams bei ihrer Arbeit. Auch Patienten, die in der Klinik teilweise wochenlang auf ein Spenderorgan warteten, wurden portraitiert und kamen zu Wort. Passion Chirurgie im Interview mit der verantwortlichen Regisseurin Mareike
Müller.
Passion Chirurgie: Frau Müller, wie sind Sie zum Thema gekommen?
Mareike Müller (MM): Ich habe die Serie gemeinsam mit Carl Gierstorfer realisiert. Bei den Dreharbeiten für die erste Staffel, ein Porträt einer Intensivstation auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie, wurde mein Kollege am Rande Zeuge einer Organspende. Uns war schnell klar: Die Organspende bewegt sich im Grenzbereich zwischen Leben und Tod, hat aber auch eine gesellschaftliche Dimension. Das fanden wir spannend.
Wie haben Sie rund um das Thema recherchiert?
MM Am Anfang stand eine intensive Internet-Recherche. Nur mit einem grundlegenden Verständnis des Themas kann ich später die richtigen Fragen stellen. Für einen multiperspektivischen Blick habe ich mit sehr vielen unterschiedlichen Menschen gesprochen. Schließlich war ich auch einige Zeit in Kliniken, um mir auch dort einen Eindruck zu verschaffen, wo Organspenden stattfinden.
Wie haben Sie Ihren Protagonisten gefunden?
MM Aus der Recherche ergab sich, welche Geschichten wir erzählen möchten, um das große Bild zu zeigen. Die Menschen im Film fanden wir während der Recherche, über Kontakte und einen Zeitungsartikel. Es ist immer wieder beeindruckend, dass Menschen zustimmen, sich in den schwierigsten Momenten ihres Lebens von einer Kamera begleiten zu lassen. Nur so können wir diese Geschichten erzählen. Ich habe davor großen Respekt.
Welches Ziel verfolgten Sie mit Ihrem Beitrag?
MM In der Recherche wurde schnell deutlich: Der Fokus für unsere Serie kann nur der Organmangel sein, denn dieser bestimmt die Organspende in Deutschland. Uns war wichtig zu dokumentieren: Welche Folgen hat dieser Mangel? Für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Medizin?
Der seit Jahrzehnten anhaltende Organmangel in Deutschland zeigt sich nicht nur in geringen Spendezahlen, sondern wirkt sich auch unmittelbar auf die Möglichkeiten der Transplantationschirurgie aus: Wenn Organe minderwertiger Qualität verpflanzt werden oder Patientinnen und Patienten erst in letzter Minute transplantiert werden können, dann kann sie nicht ihr volles Potential ausschöpfen. Dies zeigt sich sehr eindrucksvoll unter anderem in der dokumentierten Lebertransplantation, die die herausragende Leistung des Chirurgen den Zusehenden nahebringt.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie konfrontiert?
MM Ein junger Mann, den wir beim Warten auf eine Organspende begleitet haben, ist während der Dreharbeiten gestorben. Wir haben uns von Lars persönlich verabschieden können und er hat sich gewünscht, dass wir seine Geschichte erzählen. Die ganze Dramatik des Organmangels ist dann plötzlich sehr nah – und fordert einen auch als Menschen.
Welche Erkenntnisse haben Sie zum Thema gewonnen?
MM Es hat mich erschreckt, wie schlecht Patienten mit Organversagen in Deutschland versorgt sind. Obwohl wir in einem ressourcenstarken Land mit einer hervorragenden Medizin leben, können wir diesen Menschen nicht helfen, weil nicht ausreichend Organe zur Verfügung stehen. Es ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft – und ich sehe hier auch ganz klar politisches Versagen: Der Organmangel besteht seit Jahrzehnten und in vielen anderen Ländern überleben Patienten, die hier bei uns sterben. Worauf warten wir?
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Päßler O: Interview mit der Regisseurin der Doku-Serie „Charité intensiv: Gegen die Zeit“. Passion Chirurgie. 2025 Mai; 15(05): Artikel 09.
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