01.08.2021 Wissen
Hygiene-Tipp: „Blickdiagnose“ der Hygiene im OP-Trakt

„Blickdiagnose“ der Hygiene im OP-Trakt
Sichtbare Defekte an den Sterilverpackungen, die eine Rekontamination der Instrumente nach der Sterilisation verursachen können, führen stets zu einer Fehlerdiskussion. Die Asepsis ist gefährdet! Die Ursache muss erkannt und behoben werden. Durch eine Leckage an einer Sterilverpackung von ½ STE (ca. 25 Liter Luftvolumen) gelangen beim Abkühlen mit der ungefilterten Luft durchschnittlich 0,5 koloniebildende Einheiten (KBE) vermehrungsfähiger Mikroorganismen in die Sterilverpackung. Da die eingedrungenen Keime irgendwann auf den Instrumenten sedimentieren, werden diese in der Verpackung mit etwa 0,02 koloniebildenden Einheiten (KBE) pro 50 cm2 Oberfläche kontaminiert.
Im Gegensatz dazu wird meist übersehen, dass nach dem Richten der Instrumententische die offen gelagerten OP-Instrumente in weit stärkerem Maße aus der Luft kontaminiert werden. Mikrobiologische Untersuchungen während verschiedener Operationen der Viszeralchirurgie ergaben in einem Universitätsklinikum die in Tabelle 1 dargestellten Kontaminationen auf dem Instrumententisch.
Nach DIN 1946-4 (2018) gelten folgende Richtwerte für die intraoperative Keimsedimentation in klimatisierten OP-Sälen:
- Ia-OPs: Mittelwert: ≤ 1 KBE/(50 cm2 / 60 min)
- Ib-OPs: Mittelwert: ≤ 5 KBE/(50 cm2/ 60 min)
Dieses so genannte „intraoperative Monitoring“ ist nicht unumstritten. Mittels „Blickdiagnose“ sind die Ursachen für die Freisetzung von Mikroorganismen in die Luft und die daraus resultierende Keimsedimentation auf den Instrumententischen auch ohne mikrobiologische Untersuchung schnell feststellbar.
Tabelle 1: Intraoperative Keimsedimentation auf Instrumententischen während viszeralchirurgischer Operationen (nach Thomas und Jatzwauk, 2015)
Keimsedimentation in KBE / 50 cm2/ h auf dem Instrumententisch |
während 1.OP |
während 2.OP |
Tag 1 |
1,4 |
1,4 |
Tag 2 |
1,7 |
3,1 |
Ursachen sind:
- für den OP-Ablauf nicht notwendige Personen im Operationssaal, die sich zu viel bewegen,
- falsches Anlegen von OP-Hauben (Haare sichtbar) und vor allem Mund-Nasen- Schutz (unter der Nase),
- nicht bedeckte Barthaare,
- irrelevante intraoperative Gespräche,
- offene OP-Türen zu den Vorräumen.
Hier müssen ebenso wie bei sichtbaren Leckagen an Sterilverpackungen Fehlerdiskussionen resultieren. Instrumente sollten erst kurz vor der Operation gerichtet, Implantate erst kurz vor der Verwendung aus der Sterilverpackung entnommen werden. Meist wird argumentiert, dass die für eine postoperative Wundinfektion notwendige Infektionsdosis durch die Keimsedimentation auf den Instrumenten nicht erreicht wird. Die weltweit aufgetretenen postoperativen Wundinfektionen durch Mycobacterium chimaera (einem Erreger mit geringer Virulenz) in der Kardiochirurgie, bei denen kontaminierte Heater-Cooler-Units als Infektionsquelle und eine aerogene Keimstreuung im OP-Saal als Übertragungsweg bestätigt wurden, zeigen aber, dass es auch anders verlaufen kann.
Lutz Jatzwauk, Walter Popp, Ricarda Schmithausen, Wolfgang Kohnen
Popp W, Jatzwauk L, Schmithausen R, Kohnen W: Hygiene-Tipp: „Blickdiagnose“ der Hygiene im OP-Trakt. Passion Chirurgie. 2021 Juli/August; 11(07/08): Artikel 04_03
Autor:innen des Artikels
Weitere aktuelle Artikel
06.09.2023 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Seminar zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung für Allgemeinchirurgie
Vom 6.11.-10.11.2023 findet im Klinikum Dortmund das nächste Facharztseminar für
01.09.2023 Orthopädie/Unfallchirurgie
Über 100 Jahre D-Arzt – der Schnellzug in der medizinischen Versorgung
Am 1. Mai 1892 ist es soweit: Der D 31/32 rollt vom heutigen Potsdamer Platz, dem damaligen Berlin-Potsdamer Bahnhof vom Gleis. Das Ziel: der Kölner Hauptbahnhof. Neben den Fahrgästen versammeln sich auf dem Gleis auch zahlreiche Schaulustige. Denn die Möglichkeit des Durchschreitens der Waggons während der Fahrt ist eine kleine Sensation. In den Vorläufermodellen des D-Zugs müssen die Reisenden nämlich noch jedes einzelne Abteil von außen durch Türen betreten.
01.09.2023 INTERN DGCH
In eigener Sache: Impact-Faktoren für Innovative Surgical Sciences
Sehr geehrte Mitglieder der Deutsche Gesellschaft für Chirurgie, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, hat die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) im Jahr 2016 das Gold Open Access Journal „Innovativ Surgical Sciences“ inauguriert (Innovative Surgical Sciences (degruyter.com)). Nach nunmehr siebenjähriger Publikationstätigkeit hat dieses Journal von Clarivate Analytics erstmals einen Impact-Faktor von 1,3 zugewiesen bekommen.
01.09.2023 INTERN DGCH
Sehr persönlich nachgefragt bei Katja Schlosser
Die Fragen stellte Univ.-Prof. Dr. med. Thomas Schmitz-Rixen. Was ist das Schönste an Ihrem Beruf? Die Sinnhaftigkeit der Arbeit an sich, das Arbeiten im Team und der Patient:innenkontakt
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.