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Kurz vor Weihnachten hat das Bundesministerium für Gesundheit praktisch ohne Vorlaufzeit die angekündigte Rechtsverordnung zur Einführung der sogenannten Hybrid-DRG zum 1. Januar in Kraft gesetzt. Im Gegensatz zu dem ersten Referentenentwurf vom 21.9.2023 ist diese von sechs auf zwei Paragraphen zusammengeschmolzen, nachdem zahlreiche Regelungen sich als nicht rechtskonform erwiesen haben.

Zur Vorgeschichte: Anfang 2023 wurde gesetzlich über den neuen § 115f SGB V beschlossen, bestimmte Operationen aus der stationären und kostenintensiven Vergütung herauszunehmen und stattdessen eine neue und preiswertere Vergütung durch Hybrid-DRG einzuführen. Im Klartext: Kliniken sollte verboten werden, bei diesen Eingriffen stationäre DRG abzurechnen. Ebenfalls per Gesetz sollte die Selbstverwaltung innerhalb kürzester Frist die Einzelheiten regeln, anderenfalls werde das Ministerium per Ersatzvornahme tätig. Die Frist war von vornherein absehbar zu kurz, als dass die Gremien von KBV, DKG und Kassen sich rechtzeitig hätten einigen können. Damit hat die Ministerialbürokratie sich selbst die Erlaubnis erteilt, in den Aufgabenbereich der Selbstverwaltung einzugreifen. Wie zu erwarten, ist dieser Versuch gescheitert, nachdem das Justizministerium routinemäßig die Verordnung geprüft und alles gestrichen hat, was die Regelungen zur Vergütung betrifft. Im Ergebnis musste das Gesundheitsministerium nun doch wieder die Selbstverwaltung beauftragen, die Einzelheiten auszuarbeiten. Es zeigt sich, dass man nicht mit Steinen auf andere werfen sollte, wenn man selber im Glashaus sitzt.

Man könnte diesen Vorgang nun als Realsatire mit einer gewissen Schadenfreude abtun, aber das wäre zu einfach. In der Rechtsverordnung steht nur sehr wenig, abgesehen von der Liste der OPS-Codes und der Preise für die die ersten freigeschalteten H-DRG sowie schon heute das Enddatum 31.12.2024. Allerdings wird verlangt, zertifizierte Groupersysteme zu nutzen und eine elektronische Datenübertragung an die Kassen zum Zwecke der Vergütung.

Während sich in Krankenhäusern abgesehen von einer Absenkung der Vergütung im Prinzip nichts ändert, da die geforderten Grouper- und Abrechnungssysteme dort vorhanden sind, ist das in freiberuflichen Einheiten, egal ob krankenhausgestütztes MVZ oder operative Fachpraxis anders. Im niedergelassenen Bereich sind weder Grouper noch die EDV für eine elektronische Direktabrechnung mit den Kassen installiert. Außerdem ist völlig unklar, wie die neuen DRG abgerechnet werden sollen, über die KVen oder Managementgesellschaften oder direkt mit den Kassen? Angesichts des üblichen Tempos in Verhandlungen der Selbstverwaltung, die das nun regeln soll, ist nicht absehbar, wie, wann und mit wem eine Vergütung vereinbart werden wird.

Steckt da eventuell Absicht dahinter? Will der Gesetzgeber die Freiberufler aus dem neuen System der H-DRG heraushalten, um letztlich den Einfluss des Staates auf die Versorgungsstrukturen zu verstärken? Denn diese Tendenz muss man aus der Erfahrung der letzten Jahre oder eigentlich Jahrzehnte unterstellen. Freie Unternehmer stören ein dirigistisches System. Außerdem fordert der aktuelle Gesundheitsminister seit mehr als 30 Jahren die Abschaffung der von ihm postulierten sogenannten „doppelten Facharztschiene“. Was liegt also näher, als ein paar zusätzliche Hürden aufzubauen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Rüggeberg JA: Satire oder Absicht? Passion Chirurgie. 2024 Januar/Februar; 14(01/02): Artikel 05_04.

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Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg

Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktieren

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