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Selten, aber im Einzelfall potenziell existenzbedrohend

Eine breite Abdeckung der aus der ärztlichen Tätigkeit resultierenden Haftpflicht-Risiken ist für alle Chirurginnen und Chirurgen selbstverständlich. Umso schockierender trifft es einen dann natürlich, wenn man im Einzelfall feststellen muss, dass gewisse Risiken durch die bestehende Berufshaftpflicht-Versicherung nicht abgedeckt sind. Dies traf in letzter Zeit häufiger zu, wenn Regress-Verfahren durch einzelne Unfallversicherungsträger gegenüber Durchgangsärzten angestrengt und durchgesetzt wurden.

Dies betrifft einen komplexen und weitgehend unbekannten rechtlichen Kontext: Als Durchgangsärztin und -arzt ist man unter gewissen Umständen sozusagen als Amtsperson im hoheitlichen Auftrag des Unfallversicherungs-Trägers (also der Berufsgenossenschaft bzw. Unfallkasse) tätig, z. B. regelmäßig bei der Erstversorgung am ersten Behandlungstag und insbesondere auch bei der Entscheidung über allgemeine oder besondere Heilbehandlung. Das gleiche gilt auch, wenn im weiteren Heilverlauf abermals diese Entscheidung getroffen werden muss. Aus dieser Regelung resultiert somit auch eine Amtshaftung der Unfallversicherungsträger im Rahmen dieser Tätigkeiten. Also ist der zuständige UV-Träger gegenüber dem Unfallverletzten haftpflichtig, wenn es im Rahmen dieser Tätigkeiten zu einem wie auch immer gearteten Behandlungsfehler kommen sollte. Dies könnte man a priori zunächst einmal als positives Privileg der D-Arzt-Tätigkeit betrachten, wenn nicht der Bumerang des Regresses im Innenverhältnis drohen würde. Die UV-Träger scheinen nämlich regelmäßig die aus den Haftpflichtverfahren resultierenden finanziellen Schäden bei den verantwortlichen D-Ärzten geltend zu machen. Mit jahrelanger Verzögerung kommen daher immense Rückforderungen auf die betroffenen D-Ärzte zu, die im Einzelfall existenzbedrohend sein können, wenn diese nicht von der Berufshaftpflichtversicherung abgedeckt sind. Dies ist besonders ärgerlich, wenn dies Haftpflichtverfahren betrifft, in denen ein Vergleich gegenüber dem Unfallverletzten geschlossen wurde. Das bedeutet, dass in diesen Fällen finanzielle Rückforderungen auf die D-Ärzte zukommen, obwohl es kein gerichtlich festgestelltes Verschulden gibt.

Aus der Sicht unserer Berufsverbände ist es somit unerlässlich zu klären, ob die bestehende Berufshaftpflichtversicherung derartige Risiken mit abdeckt. Dazu sind die Verhältnisse für die Krankenhaus-D-Ärzte und die in Praxen tätigen Durchgangsärzte getrennt zu betrachten.

Risiken der D-Ärzte im Krankenhaus

Krankenhausärzte sind in der Regel über den Klinik-Träger umfassend gegen Haftpflichtrisiken aus der beruflichen Tätigkeit versichert. Allerdings sind uns Fälle bekannt geworden, in denen z. B. über den kommunalen Schadensausgleich der oben geschriebene konkrete Fall des Regresses im Innenverhältnis nicht versichert war. Die Situation der Krankenhaus-D-Ärzte wird zusätzlich kompliziert, wenn vom D-Arzt bzw. Amtsträger – dort, wo zulässig – noch andere Personen in die hoheitliche Aufgabe mit eingebunden werden (Vertretung, Erfüllungsgehilfen).

Da die Endverantwortung trotzdem immer beim zugelassenen D-Arzt verbleibt, kann es in diesen Fällen zu Regressforderungen für fehlerhaftes Handeln kommen, welches der D-Arzt gar nicht selbst durchgeführt hat oder die auf Organisationsmängel innerhalb des Krankenhauses (z. B. D-ärztliche Tätigkeiten durch fachlich nicht ausreichend kompetentes Personal) zurückzuführen sind.

Es ist somit für die am Krankenhaus tätigen Durchgangsärztinnen und Durchgangsärzte unerlässlich, dieses Haftpflichtrisiko durch Rücksprache bei der Krankenhausverwaltung zu überprüfen. Unsere Berufsverbände raten daher dringend, beim Dienstherrn eine schriftliche Bestätigung anzufordern, dass auch alle beruflichen Regress-Ansprüche der UV-Träger gegenüber den D-Ärzten umfassend abgesichert sind.

Probleme treten darüber hinaus häufig auf, wenn Ärzte oder Krankenhäuser unmittelbar in Anspruch genommen werden, obwohl vieles dafürspricht, dass für die behaupteten Fehler im Außenverhältnis der zuständige Hoheitsträger haften müsste, im Falle des D-Arztes also der jeweils zuständige Unfallversicherungsträger. Werden Ärzte oder Krankenhäuser in solchen Fällen, in denen eigentlich „nur“ Amtshaftungsansprüche gegen den UV-Träger in Betracht kommen, direkt in Anspruch genommen, lehnen die Versicherer den Versicherungsschutz (auch die Abwehrleistung) für den Arzt mitunter reflexartig ab. Dies unter Verweis auf die Zuständigkeit des UV-Trägers und den Umstand, dass im Rahmen der Berufs-/Betriebs-Haftpflichtversicherung regelmäßig nur Versicherungsschutz für Schadenersatzansprüche privat-rechtlichen Inhalts besteht. (siehe „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung“ (AHB) unter 1.1.)

Risiken der D-Ärzte in Praxen und MVZ

Grundsätzlich gilt das oben beschriebene Risiko in gleicher Weise auch für die ambulant in einer Praxis oder in einem MVZ tätigen Durchgangsärztinnen und Durchgangsärzte. Bis Ende 2023 war die Delegation an nachgeordnete Ärzte in Praxen und MVZ nicht zulässig, sodass mit Problemen nur dann zu rechnen war, wenn entgegen dieser Vorgabe trotzdem ein Nicht-D-Arzt tätig wurde. Mit der Neuregelung der D-Arzt Bedingungen zum 01.01.2024 wird nunmehr auch in Praxen und MVZ ein gewisser Umfang an Delegation D-ärztlicher Tätigkeiten an andere Ärzte möglich, sodass sich die gleiche Problematik wie in den Krankenhäusern entwickeln könnte. Auch die Praxis-Inhaber und Geschäftsführer der MVZ müssen daher dringend den Umfang der bestehenden Berufshaftpflichtversicherung prüfen.

Position der DGUV

Die DGUV ist über diese Problematik informiert, sieht aber unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen keine Handhabe, die UV-Träger von der geschilderten Regressierung abzuhalten. Nachdem es gemäß einem DGUV-Rundschreiben aus dem Jahr 2019 eine Empfehlung an die UV-Träger gab, nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln zu regressieren, sind uns jetzt Regress-Verfahren auch bei einfacher Fahrlässigkeit bekannt geworden.

Lösungsmöglichkeiten

Mittelfristig wird angestrebt, dieses Problem durch eine Anpassung der rechtlichen Grundlagen zu entschärfen. Die Gemeinsame BG-Kommission der orthopädisch-unfallchirurgischen Berufsverbände (GBK) hat dazu eine Arbeitsgruppe gegründet, die gemeinsam mit der DGUV nach Lösungswegen sucht. Dies dürfte aber einige Zeit in Anspruch nehmen, sodass folgender dringender Rat als Sofortmaßnahme ergeht:

Prüfen Sie den Umfang Ihrer Berufshaftpflichtversicherung und lassen Sie sich schriftlich bestätigen, dass auch Ansprüche der UV-Träger gegenüber D-Ärzten im Regress-Verfahren vollumfänglich abgedeckt sind.

VORTEILE FÜR BDC-MITGLIEDER, DIE ÜBER DIE ECCLESIA-GRUPPE HAFTPFLICHTVERSICHERT SIND

Für die BDC-Mitglieder besteht über die Haftpflicht-Rahmenverträge für Regresse der Berufsgenossenschaften aus Behandlungsfehlern im Rahmen der hoheitlichen Tätigkeit umfassender Versicherungsschutz. Im Rahmen der besonderen Haftpflicht-Rahmenverträge hat die Ecclesia für die Mitglieder des BDC daher in Ergänzung zu Ziffer 1.1 der Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHB) die gesetzliche Haftpflicht öffentlich-rechtlichen Inhalts aus Regressen gegen den Versicherungsnehmer oder eine mitversicherte Person, soweit sie im Zusammenhang mit der Erbringung medizinischer Leistungen steht, erweitert und ausdrücklich unter Versicherungsschutz gestellt. Dies gilt sowohl für freiberuflich tätige Ärzte als auch für die angestellten Krankenhaus-Ärzte.

Stahl JP, Kalbe P, Bürger N: Existenzbedrohende Haftpflicht-Lücke bei Durchgangsärzten. Passion Chirurgie. 2024 Mai; 14(05): Artikel 04_03.

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Dr. med. Jens-Peter Stahl

DirektorKlinik für Unfall-, Hand- und WiederherstellungschirurgieKlinikum Dortmund / Klinikzentrum NordZentrum für SchwerbrandverletztePräsidentBundesverband der Durchgangsärzte e.V. kontaktieren

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