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Es gibt derzeit eine Fülle von medizinischen Assistenzberufen [4, 5], wobei die Aufgaben von Chirurgisch-Technischen Assistenten (CTA) am weitesten in den Bereich ärztlicher Tätigkeit hineinreichen [6]. Die zentrale Frage in der Diskussion um den Einsatz der CTAs lautet, ob diese überhaupt einen Teil ärztlicher Aufgaben übernehmen sollen, können und wenn ja, was sie demnach auch tun dürfen [23]. Beleuchtet wird im Folgenden der rechtliche Status quo.

Heilberufe – Gesundheitsfachberufe

Der ärztliche Beruf ist ein Heilberuf. Die Pflegeberufe, Hebammen, Apotheker, psychologische Psychotherapeuten und die klassischen „Assistenzberufe“ (z. B. Rettungsassistenten, MTAs, Physiotherapeuten) zählen zu den nicht-ärztlichen Heilberufen, in Sonderheit zu den Gesundheitsfachberufen. Zu unterscheiden vom Heilberuf ist der Ausbildungsberuf der Medizinischen Fachangestellten (MFA) nach Medizinischer Fachangestellten-Ausbildungs-Verordnung (MedFAngAusbV) [21].

Mit dem Erhalt der Approbation oder der ärztlichen Berufserlaubnis kann der Arzt gemäß Bundes-Ärzte-Ordnung (BÄO) die Heilkunde ausüben und die Berufsbezeichnung „Arzt“ führen. Die Grundlage für die Leistungserbringung im GKV-Bereich bilden das Sozialgesetzbuch (SGB) V und die Ärztezulassungsverordnung (Ärzte-ZV). Generell gilt, dass die Heilkundeausübung unter dem sog. „Arztvorbehalt“ (§§ 15 Abs. 1, 28 SGB V) steht. Mangels expliziter Entscheidung des Gesetzgebers über konkrete, dem Arztvorbehalt unterliegende Leistungen, obliegt es jeweils der ärztlichen Entscheidung im Einzelfall, welche Leistungen ganz oder in Teilen auch an nicht-ärztliche Mitarbeiter delegiert werden können. Dies bedeutet jedoch weiterhin, dass die delegierbaren Leistungen durch nicht-ärztliche Mitarbeiter nur nach Anordnung und in Verantwortung des Arztes durchgeführt werden dürfen. Grundsätzlich dient die formelle Qualifikation der im Gesundheitswesen tätigen Personen dem in Art. 2 Abs. 2 GG verankerten Patientenschutz.

Arztvorbehalt

Der explizite Arztvorbehalt wird lediglich in wenigen Einzelfällen gesetzlich für bestimmte Leistungen definiert [10, 11, 12, 17, 28, 29, 32], insbesondere für bestimmte Infektionskrankheiten nach § 24 Infektionsschutzgesetz (IfSG), Schwangerschaftsabbrüche nach §§ 218 ff. Strafgesetzbuch (StGB), Kastrationen nach § 2 Kastrationsgesetz (KastrG), die Organentnahme bei Organspendern nach §§ 3, 4, 5, 8 Transplantationsgesetz (TPG), die Blutspende nach § 7 Transfusionsgesetz (TransfG), die Fortpflanzungsmedizin nach §§ 9, 11 Embryonenschutzgesetz (ESchG), die Anordnung und Anwendung von Röntgenstrahlen nach §§ 23, 24 Röntgenverordnung (RöV), die Verabreichung und Verschreibung bestimmter Medikamente nach § 48 Arzneimittelgesetz (AMG) und § 13 Betäubungsmittelgesetz (BtMG), die Verschreibung bestimmter Medizinprodukte nach § 1 Medizinprodukte-Verschreibungsverordnung (MPVerschrV) und die Aufklärung vor klinischen Prüfungen nach §§ 40, 41, 49 AMG, §§ 20, 21 Medizinprodukte-Gesetz (MPG) sowie § 41 Strahlenschutz-Verordnung (StrlSchV). Darüber hinaus gilt der Arztvorbehalt nach §§ 15, 27, 28 SGB V. Hier ist u. a. geregelt, dass bei der Leistungserbringung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV, > 90 Prozent der Versicherten) die Behandlung von (Zahn-)Ärzten erbracht wird (sog. „Arztmonopol“). Eine Öffnung des Arztvorbehaltes geschah bereits durch die Einführung von Modellvorhaben, wie beispielsweise gem. § 63 Abs. 3c SGB V, wonach bestimmte ärztliche Tätigkeiten (z. B. eigenständige Verordnung von Verband- und Pflegehilfsmitteln) auf Pflegekräfte übertragen werden, wenn diese eine besondere Qualifikation erworben haben. Diese Gesetzesregelung ist deshalb ein Novum, weil es sich hierbei um die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten zur selbstständigen Ausübung der Heilkunde handeln soll.

Facharztstandard

Der Arztvorbehalt gilt immer dann, wenn das Erbringen einer bestimmten Leistung oder die notwendige Beherrschung gesundheitlicher Gefährdungen ärztliche Fachkenntnisse und damit das Tätigwerden des Arztes erfordern [11]. Bei der ärztlichen Leistungserbringung hat der Arzt die Sorgfalt zugrunde zu legen, die von einem gewissenhaften und aufmerksamen Arzt des jeweiligen Fachgebietes vorausgesetzt und erwartet werden kann. Die Festlegung des bei der jeweiligen Behandlung zugrunde zu legenden Sorgfaltsmaßstabs erfolgt auf objektiv-typisierender Grundlage, sodass subjektiv-individuelle Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen unerheblich sind. Der Sorgfaltsmaßstab ist fachgebietsbezogen zu bestimmen. Der Arzt schuldet diejenige Sorgfalt, die von Ärzten seines Fachgebietes verlangt wird (sog. „Facharztstandard“ (BGH-Urteil vom 10.03.1992)). Dies setzt nicht voraus, dass der behandelnde Arzt selbst Facharzt ist, sondern allein, dass der behandelnde Arzt diejenigen Fähigkeiten aufweist, die bei der konkreten Behandlung dem Facharztstandard entsprechen [9].

Persönliche und höchstpersönliche Leistungserbringung

Die Grundlage für die vertragliche Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung findet sich in § 630a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 613 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dieser schreibt vor, dass jede Leistung im Zweifel durch den Leistungsverpflichteten zu erbringen ist. Im ärztlichen Berufsrecht findet sich dieser Grundsatz in § 19 Abs. 1 MBO und § 4 Abs. 2 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Im vertragsärztlichen Zulassungsrecht findet der Grundsatz Niederschlag in § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV und § 15 Abs. 1 BMV-Ä bzw. § 15 EKV-Ä. Im Hinblick auf stationäre Wahlleistungen ergibt sich der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung aus § 17 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG). Jeder Arzt ist nach diesem Grundsatz prinzipiell verpflichtet, die ärztliche Leistung persönlich zu erbringen. Diese Pflicht und ihre Interpretation ist allerdings eine der umstrittensten Fragen des Arztrechtes [26]. Bei der Leistungserbringung gibt es Tätigkeiten, die absolut bzw. relativ dem Arztvorbehalt unterliegen. Im Rahmen der vertikalen Delegation ergibt sich hieraus die Pflicht zur höchstpersönlichen (nicht delegierbaren) bzw. persönlichen (partiell delegierbaren) Leistungserbringung.

Rechtliche Stellung des CTA

Die sog. „Assistenzberufe“ stellen keine homogene Berufsgruppe dar. Während Ausbildung und Abschlüsse der einen Gruppe auf Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG entsprechenden Ausbildungsgesetzen folgen, hat der CTA in diesem Sinne keinen eigens definierten rechtlichen Status. Grundsätzlich kann er also nicht den Heilberufen zugerechnet werden, nicht einmal als Gesundheitsfachberuf gelten, da er derzeit noch keine staatlich geregelte gesundheitsfachliche Ausbildung genießt: Es existieren für die Ausbildung und die Berufsausübung weder gesetzliche Grundlagen noch ein staatlich anerkannter Abschluss. CTAs stellen auch keinen Ausbildungsberuf dar (wie z. B. der Medizinische Fachangestellte nach Bundesbildungs-Gesetz (BBiG)), da die Ausbildung weder einer Verordnung folgt, noch an einer staatlich anerkannten Berufsschule durchgeführt wird. Klar ist: CTAs sind keine Ärzte und gehören auch nicht zu den Krankenpflegeberufen als sog. Heilhilfsberufen. Sie können deshalb nur als sog. Hilfspersonen nach §15 Abs. 1 SGB V tätig werden [21]. Ärztliche Tätigkeiten können daher nur unter ganz engen Voraussetzungen auf diesen Personenkreis delegiert werden.

Delegierbarkeit auf chirurgisches Assistenzpersonal

Die Delegation ärztlicher Leistungen auf nicht-ärztliches Personal ist täglich bewährte Praxis in Krankenhaus und Praxis. Bei der medizinischen, aber auch der rechtlichen Diskussion um den Einsatz von CTAs muss jedoch stets das Wohl des Patienten, d. h. seine Sicherheit, stehen [22]. Die Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Chirurgisch-Technische Assistenten darf in keinem Fall das Risiko für den Patienten erhöhen [35]. Bei einer Neuorganisation der Arbeitsteilung zwischen den Berufen muss außerdem die Versorgungsqualität stets Vorrang vor ökonomischen Interessen haben [7, 8, 16].

Schwierig ist die Definition der Begriffe „ärztliche Tätigkeit“ und „Delegation“ [20]. Als ärztliche Leistung kann man allgemein das definieren, was „die jeweiligen Fachgesellschaften als ärztliche Leistung festlegen“ [37]. Was genau delegiert werden darf oder kann, ist nicht gesetzlich definiert [34]. Für die weiteren Betrachtungen sei der Versuch dieser Definitionen vorangestellt:

Wird ein nicht-ärztlicher Mitarbeiter nicht selbstständig tätig, sondern führt lediglich unwesentliche Teilleistungen im Rahmen einer Behandlungsmaßnahme aus, so spricht man von Assistenz [10, 32]. Die Hilfeleistung bleibt in der Verantwortung des anordnenden Arztes [30]. Werden die angeordneten Tätigkeiten weitestgehend selbstständig ausgeführt, wenn auch unter Aufsicht des Arztes, so wird dies als (vertikale) Delegation bezeichnet [32]. Der Ausführende entscheidet in diesem Fall über das Wie der Ausführung. Unter Delegation versteht man somit die Übertragung bestimmter ärztlicher Tätigkeitsbereiche oder Einzelaufgaben an nicht-ärztliche Mitarbeiter entsprechend ihrem beruflichen Bildungsstand, ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen unter weitestgehend selbstständiger Aufgabenwahrnehmung, wobei diese weiterhin der Aufsicht und der regelmäßigen Kontrolle des Arztes unterliegen. Die Substitution ist eine Übertragung der Entscheidung über das Ob [30]. Sie beinhaltet die selbstständige Übernahme der Handlung ohne Kontrolle durch einen Arzt, jedoch mit Übernahme der vollen Verantwortung für das eigene Handeln [31].

Die Beantwortung der Frage, ob ärztliche Leistungen auf CTAs delegierbar sind, ist in erster Linie von der differenzierten Betrachtung und Würdigung der rechtlichen Stellung des Arztes und der ihm zufallenden Aufgaben abhängig. Eine eindeutige juristische Abgrenzung zwischen dem, was dem ärztlichen Handeln vorbehalten ist, und dem, was delegiert werden kann, gibt es nicht [15]. Die Abgrenzung muss jeweils im Einzelfall anhand eines medizinischen Maßstabes erfolgen, nämlich danach, ob das Erbringen einer bestimmten Leistung oder die notwendige Beherrschung gesundheitlicher Gefährdungen ärztliche Fachkenntnisse und damit das Tätigwerden des Arztes erfordern [33]. Rechtlich betrachtet liegt also das Wesensmerkmal der Delegation von ärztlichen Leistungen auf dem CTA in der partiellen Abweichung vom Grundsatz des Arztvorbehaltes, weshalb die Beurteilung einer potentiellen Delegation prinzipiell anhand von drei Fragen vorzunehmen ist [10]:

  1. Gibt es gesetzliche Regelungen, die eine Delegation ausschließen?
  2. Liegt die zu delegierende Aufgabe im Kernbereich der ärztlichen Tätigkeit und schließt damit die Delegation wegen des bestehenden Arztvorbehaltes aus?
  3. Verfügt die Person, auf die delegiert werden soll, über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten? Im Ergebnis lassen sich drei Arten von Leistungen unterscheiden, nämlich die nicht delegationsfähigen Leistungen, die bedingt/im Einzelfall delegationsfähigen Leistungen und schließlich die allgemein delegationsfähigen Leistungen.

Nicht delegationsfähige Leistungen

In keinem Fall delegierbar sind Leistungen, deren Delegation gesetzlich ausgeschlossen ist oder die zum sog. Kernbereich ärztlicher Tätigkeit gehören [18, 32]. Diese Tätigkeiten müssen aufgrund ihrer Schwierigkeit, ihrer Gefährlichkeit für den Patienten oder wegen der Unvorhersehbarkeit etwaiger Reaktionen unter Einsatz seiner spezifischen Fachkenntnis und Erfahrung höchstpersönlich durch einen Arzt erbracht werden. Gemäß der gemeinsamen Bekanntmachung von Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) aus dem Jahr 2008 zählen zu diesen Leistungen [11, 14, 15, 17]: Anamnese, Indikationsstellung, Untersuchung des Patienten inkl. invasiver diagnostischer Leistungen, Diagnosestellung, Aufklärung und Beratung des Patienten, Entscheidung über die Therapie und die Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe. Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCh) nennt noch weitere ärztlich vorbehaltene Tätigkeiten [9]: Therapieplanung, Indikation, die Auswahl und Dosierung von Medikationen, Operationsführung und Narkose, die Behebung von Komplikationen und die Transfusion von Blut und Blutprodukten. Die Durchführung einer Operation gehört beispielsweise zu den originär ärztlichen Aufgaben und ist damit nicht an nicht-ärztliches Personal delegierbar. Auch die erste Assistenz ist auschließlich ärztlichen Mitarbeitern vorbehalten [11]. Allerdings müsste die Delegation der zweiten oder dritten OP-Assistenz an speziell ausgebildetes nicht-ärztliches Personal wie den CTA möglich sein.

Nicht höchstpersönlich zu erbringende Leistungen kommen somit entsprechend der nachfolgenden Grundsätze für eine Delegation in Betracht.

Bedingt delegationsfähige Leistungen

Zu den bedingt delegationsfähigen Leistungen zählen solche, bei denen die Delegation auf nicht-ärztliches Personal in jedem konkreten Einzelfall abgewogen werden muss. Hierzu zählen z. B. Blutentnahmen, bestimmte Injektionen oder Infusionen [12, 18, 19, 36].

Allgemein delegationsfähige Leistungen

Diese Gruppe umfasst Leistungen, die weder die spezifischen medizinischen Kenntnisse noch anderweitige Fähigkeiten des Arztes erfordern [24]. Hierunter fallen z. B. (Basis-) Laborleistungen, Dauerkatheterwechsel, einfache Verbandswechsel, die Audiometrie sowie radiologische Leistungen [18, 19, 25, 36].

Will der Arzt Leistungen, die er nicht höchstpersönlich erbringen muss, also an einen CTA delegieren, muss er sich von der Qualifikation des Assistenten überzeugen, d. h. er muss eine formal-inhaltliche Überprüfung der Befähigung und eine stichprobenartige Überprüfung der Qualität der erbrachten Leistung vornehmen. Hat der nicht-ärztliche Mitarbeiter keine formale Ausbildung in einem Gesundheitsberuf erhalten, so besteht für den Arzt sowohl eine Auswahlpflicht als auch eine Anleitungspflicht. Nach Feststellung der Eignung und Anlernen zur Durchführung einer entsprechenden Leistung trifft den Arzt darüber hinaus eine Überwachungspflicht [1, 17]. Die Überwachungspflichten bestehen zunächst regelmäßig, können aber mit der Zeit wie bei Fachberufsangehörigen auf Stichproben beschränkt werden. Die Dokumentation der Delegation wird zu Beweiszwecken in jedem Fall empfohlen.

Arzt und CTA

Unstrittig ist die derzeitige Rechtslage: Nach der BÄO üben approbierte Ärzte die Heilkunde aus. Obwohl „das ärztliche Tätigkeitsfeld nicht eindeutig von dem der anderen Gesundheitsberufe abzugrenzen“ ist [10], regelt das Sozialrecht die Zuständigkeiten relativ eindeutig: Nach § 15 Abs. 1 SGB V erbringen Ärzte die ärztliche Behandlung. Nach §§ 15 und 28 SGB V sind Ärzte zwar verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich auszuüben, allerdings zählen zu diesen persönlichen Leistungen auch Hilfsleistungen nicht-ärztlicher Mitarbeiter. Dies sind in der Regel examinierte Pflegekräfte mit staatlich anerkanntem Abschluss, aber eben auch Assistenzpersonal mit und ohne staatliche Anerkennung wie z. B. der CTA. Das bedeutet, dass es bei dem Zusammenwirken von Ärzten und Chirurgie-Assistenz keinen „arztfreien Bereich“ gibt [34]. Diese Erkenntnis ist in zweierlei Hinsicht wichtig: Zum einen handelt es sich, nach derzeitiger Rechtslage, bei der Übertragung von Aufgaben auf CTAs stets um Delegation, nicht um Substitution. Zum anderen kann der CTA ohne ärztliche Delegation nicht eigenständig ärztliche Aufgaben übernehmen.

Praktische Anwendung im Krankenhaus

Die Arbeitsteilung zwischen den medizinischen Professionen ist täglich geübte Praxis [2, 13]. Dabei ist die Delegation von ärztlichen Aufgaben an nicht-ärztliche Mitarbeiter nicht nur sinnvoll, sondern aus Zeitgründen zwingend notwendig. Manche der nicht-ärztlichen Mitarbeiter haben – wie oben beschrieben – definierte Aufgaben und genießen dabei in Teilbereichen einen eigenen rechtlichen Status (z. B. Hebammen) oder haben auch ohne diesen Vorbehalt definierte Kompetenzbereiche (Pflegepersonal). Bei der Mitwirkung in der Behandlung üben Gesundheits-, Kranken- und Altenpfleger Heilkunde aus, jedoch nicht selbstständig [13]. Die Grenzen sind oftmals nicht scharf definiert, insbesondere auch deshalb, weil dem Arzt aufgrund des sog. Arztmonopols eine zentrale Stellung im Gesundheitswesen zugedacht ist, die ihn prinzipiell berechtigt, durch Anweisungen zum Wohle des Patienten in den medizinischen Handlungsablauf einzugreifen. Er trägt für die Steuerung der medizinischen Abläufe grundsätzlich die Verantwortung. Eine politische Diskussion um ein eigenständiges Berufsbild für Chirurgisch-Technische Assistenten im Sinne der Substitution ärztlicher Leistungen (z. B. nach § 63 Abs. 3c SGB V) wird derzeit nicht geführt. Sie wäre auch überhaupt erst sinnvoll, wenn sich die beteiligten Verbände über die Inhalte und eine einheitliche Ausbildung mit anerkannten Abschlüssen einig sind. Dabei ist die rechtliche Diskussion über die Substitution ärztlicher Leistungen auf besonders qualifiziertes Pflegepersonal nach § 63 Abs. 1 SGB V zunächst abzuwarten, da sie Modellcharakter auch für den Chirurgisch-Technischen Assistenten haben könnte. Vermutlich wird dieser Prozess jedoch noch Jahre dauern [42]. Hierbei stellt sich aber immer die Frage, ob bei der sog. Substitution der Arztvorbehalt und die persönliche Leistungserbringung ausgehöhlt werden [11].

Die Forderung der Ärzteschaft dazu lautet zusammengefasst: „Keine Teilbarkeit der therapeutischen Gesamtverantwortung, Delegation statt Substitution und keine Einführung einer neuen, nicht-ärztlichen Versorgungsebene“ [17]. Die Frage wird also eher zu einer politischen und die rechtlichen Komponenten treten in den Hintergrund. Sie lautet: Gibt es gute Gründe, den Arztvorbehalt zu lockern und will man dies ggf. auch durchsetzen?

Was die Heilkunde konkret umfasst und was ärztliche Tätigkeit genau ist, ist bislang nur sehr unzureichend definiert [10]. Wenn als ärztliche Leistung all das gilt, was „die jeweiligen Fachgesellschaften als ärztliche Leistung festlegen“ [37], so ließe sich ein eigener heilkundlicher Tätigkeitsbereich für nicht ärztliche Berufe dadurch realisieren, dass die Ärzte und deren Verbände den Inhalt ärztlicher Leistungen abweichend vom bisherigen Definitionsstand festlegen. Eine derartige Neu-Definition könnte auch eine „Negativliste“ sein, wenn man sich an den BGH anlehnt, der in seinem Urteil vom 24.06.1975 feststellte: „Ein persönliches Eingreifen des Arztes ist … nur zu fordern, wo die betreffende Tätigkeit gerade von dem Arzt eigene Kenntnisse und Kunstfertigkeiten erfordert“. Für die Delegation ist wiederholt von ärztlicher Seite erklärt worden, was in den Kernbereich ärztlichen Handelns gehört, wenngleich auch bislang relativ weit gefasst. Deshalb entscheidet die Rechtsprechung die entsprechende Grenzziehung auch immer wieder neu und im Einzelfall auf der Basis fachmedizinischer Gutachten.

Die Organisation der Arbeitsabläufe obliegt dem Krankenhausträger als Arbeitgeber. Die Entscheidungsbefugnis des Arztes, ob, wie und an wen er ggf. delegiert, muss hiervon jedoch unberührt bleiben, da der Arzt von Nichtärzten keine Weisungen entgegen nehmen darf und somit diesbezüglich weisungsfrei bleiben muss. Der Krankenhausträger kann aber delegationsfähige ärztliche Leistungen grundsätzlich festlegen, wohl aber nicht selbst übertragen.

In den Grenzen arbeitsrechtlicher Zulässigkeit kann er jedoch Leistungsfelder definieren und Arbeitszuweisungen organisieren. Grenzen setzen das Sozialrecht und das Haftungsrecht.

Bezüglich des Personals hat der Krankenhausträger unter Beachtung seines pflichtgemäßen Ermessens hinreichend materiell qualifiziertes Personal für die aus dem ärztlichen Bereich zu übernehmenden Aufgaben vorzuhalten und „…bei der Delegation ärztlicher Tätigkeit auf nicht-ärztliches Personal den geforderten Sorgfaltsmaßstab nach § 276 BGB zu erfüllen“ [34]. Mit dem Einsatz des CTA muss der Facharztstandard in jedem Falle eingehalten werden, weshalb die Gesamtverantwortung des Arztes weiterhin bestehen bleiben muss. Dabei obliegt es dem Krankenhausträger, die Risiken der professionellen Arbeitsteilung sicher zu begrenzen [10]. Diese Diskussion ist dabei „aus Patientensicht“ zu führen: Die Rechtsprechung fordert eine kompetente, d. h. fachqualifizierte und lückenlose Betreuung des Patienten. Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte bereits am 10.01.1984, dass die Delegation bestimmter Tätigkeiten an nicht-ärztliches Personal durch den Krankenhausträger auch zur Haftung des Krankenhausträgers bei Fehlleistungen führt: „Kann… die Betreuung des Patienten ohne Defizit auch einer nicht-ärztlichen Stelle … überlassen werden, erkennt die Rechtsprechung die Substitution an. So sind Grund- und Funktionspflege Aufgaben von Krankenschwester, Krankenpfleger und Krankenpflegehilfe. Sie erfüllen nicht aus dem ärztlichen Tätigkeitsbereich abgeleitete Aufgaben, die Handelnden sind deshalb auch nicht Erfüllungsgehilfen des Arztes, sondern stehen unter Kontrollverantwortung der Pflegedienstleitung und des Krankenhausträgers“ [3]. „Für Fehler in diesem Bereich haftet das Pflegepersonal und der Krankenhausträger, nicht aber der die Behandlung führende Arzt“ [27]. Der Arzt ist jedoch weiterhin, wenn er eine pflegerische Maßnahme, die ihm geboten erscheint, anweist oder dies unterlässt und sich dies schadensverursachend auswirkt, verantwortlich und haftet entsprechend [27], entweder gegenüber dem Patienten (Wahlleistungsvertrag) oder aber möglicherweise gegenüber dem Krankenhausträger (Regressforderung).

Ausblick

Aus medizinischer Sicht ist zu fordern, dass die zunehmende Delegation ärztlicher Leistungen nicht zu einer Absenkung der medizinisch gebotenen Qualität der Leistungserbringung führen darf. Es erscheint aus rechtlicher Sicht aber durchaus denkbar, dass sich die Anforderungen an die Leistungserbringung aufgrund zunehmender Delegation einzelner Leistungsbestandteile auf chirurgisches Assitenzpersonal in der Zukunft verändern werden. Der Facharztstandard in der Chirurgie kann sich aufgrund allgemein geübter Praxis im Spannungsfeld zwischen Spitzenmedizin und ökonomischer Machbarkeit tatsächlich verändern: Sollte es zukünftig in der Behandlungspraxis allgemein anerkannt werden, dass bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durch einen Arzt, sondern durch chirurgisches Assistenzpersonal vorgenommen werden, kann sich hierdurch auch der geforderte Standard verändern. Dies könnte, muss aber nicht zwingend, mit einer qualitativen Verschlechterung der Leistungserbringung verbunden sein. Es sind daher einheitliche Standards i.S. einer verbindlichen Festlegung der Ausbildungsinhalte zu fordern, um die persönliche und sachliche Delegationsfähigkeit der CTAs zu gewährleisten.

Aufgrund der derzeitigen Rechtslage gibt es bei der Übertragung ärztlicher Aufgaben an den CTA also bislang keine Entwarnung: der Berufsabschluss des CTA ist eben noch nicht staatlich anerkannt, weshalb die gleichen Anforderungen bzgl. der Delegation gelten wie bei anderen nicht-ärztlichen Mitarbeitern. Ebenso tritt haftungsrechtlich noch keine Veränderung gegenüber dem nicht-ärztlichen Personal ein: Die Gesamtverantwortung für die medizinische Leistungserbringung bleibt derzeit auch weiterhin beim Arzt.

Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].

Heberer J. / Kirschner M. Die rechtliche Stellung Chirurgisch-Technischer Assistenten. Passion Chirurgie. 2013 August, 3(08): Artikel 02_07.

Autoren des Artikels

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Prof. Dr. med. Martin Kirschner

Präsidium, OE 1110Medizinische Hochschule HannoverCarl-Neuberg-Str. 130625Hannover
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Dr. jur. Jörg Heberer

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