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Jubiläen sind stets auch Anlass für eine Rückschau und Bewertung von Entwicklungen. Standen in meinem Beitrag im Chirurg BDC im April 2010 zum 50-jährigen Jubiläum des BDC noch die speziellen Interessen der niedergelassenen Chirurgen ganz im Vordergrund, so hat sich der Fokus des BDC in den letzten zehn Jahren tendenziell mehr auf die Analyse und Förderung von intersektoralen Versorgungskonzepten verlagert. Dem ist das Referat niedergelassenen Chirurgen formal und inhaltlich durch die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Beleg- und Kooperationsärzte (AGBeKo) unter der Leitung von Dirk Farghal nachgekommen. Das Thema „intersektorale Versorgungskonzepte“ ist daher auch regelmäßig auf den chirurgischen Kongressen mit BDC-Beteiligung vertreten. Der mit BDC-Unterstützung in Thüringen entwickelte Modellversuch der Hybrid-DRGs könnte eine Lösung der betriebswirtschaftlichen Widerstände gegen die Umsetzung des allgemein akzeptierten Prinzips „ambulant vor stationär“ darstellen.

Das klassische und rechtlich einwandfreie Belegarztsystem leidet bekanntermaßen unter den mangelnden Erträgen aus den reduzierten Belegarzt-DRGs. Die Anzahl der Belegärzte und der durchgeführten Operationen ist kontinuierlich rückläufig. Daran hat auch das so genannte „Antikorruptionsgesetz“ nichts geändert. Daher haben sich zunehmend alternative Kooperations-Konzepte zwischen Kliniken und niedergelassenen Chirurgen entwickelt. Welches Konzept jeweils das passende und richtige ist hängt stark von den regionalen Gegebenheiten und auch von der historischen Entwicklung vor Ort ab. Der BDC wird auch weiterhin sowohl die Belegärzte als auch die Kooperationsärzte politisch und juristisch unterstützen und fordert nachdrücklich eine Fortentwicklung der gesetzlichen Möglichkeiten für sachgerechte intersektorale Versorgungskonzepte. Es darf bezweifelt werden, dass die von unserem umtriebigen Bundesgesundheitsminister Spahn eingesetzte Bund-Länder-Kommission im Jahr 2020 hierzu den Stein der Weisen finden wird.

Der Trend zu größeren Einheiten in Form von Gemeinschaftspraxen und MVZs im ambulanten Bereich hat sich in den letzten zehn Jahren noch verstärkt. Die wachsenden Anforderungen an die Hygiene und das Qualitätsmanagement lassen sich heute in Einzelpraxen nur schwerlich realisieren. Darüber hinaus hat sich in den letzten zehn Jahren ein massiver und 2010 noch nicht absehbarer Trend zur Tätigkeit als angestellte Chirurgin bzw. angestellter Chirurg entwickelt. Schon heute sind mehr als ein Drittel der in chirurgischen Praxen tätigen Ärztinnen und Ärzte Angestellte. Dies entspricht den Vorstellungen und Wünschen der nachrückenden Ärztegeneration, wie aktuell im Berufsmonitor der Studierenden 2018 dargestellt. Arbeitsplätze für angestellte Ärzte und insbesondere auch Teilzeitarbeit oder die Möglichkeit einer „Babypause“ für junge Eltern werden sich jedenfalls nur in größeren Gemeinschaftspraxen oder MVZs realisieren lassen. Der BDC unterstützt seine Mitglieder logistisch und rechtlich bei der Konzeption von Gemeinschaftspraxen und anderen Kooperationen. Er tritt aber gleichermaßen auch für die wirtschaftlichen Interessen der jetzt niedergelassenen oder in den nächsten Jahren ausscheidenden Chirurgen in Einzelpraxen aus der „Baby-Boomer-Generation“ ein, die ihre Patienten auch in der Zukunft gut versorgt sehen wollen.

In den letzten zehn Jahren hat der BDC das Service-Angebot für seine niedergelassenen Mitglieder stetig ausgebaut. Die Kooperation mit unserem Versicherungspartner Ecclesia bietet ein breites Portfolio an beruflichen und privaten Versicherungen und einen besonders umfassenden und günstigen Service bei der Berufshaftpflicht-Versicherung. Zusätzlich zu den schon traditionellen BDC-Abrechnungs-Seminaren wird regelmäßig ein Management-Seminar zur Praxis-Optimierung angeboten, ab 2020 in Anbindung an den Chirurgenkongress DCK. In enger Zusammenarbeit mit der DGCH wurde der Freitag des DCK als „Tag der Niedergelassenen“ konzipiert und fortentwickelt. Darüber hinaus stehen die Leiter des Referats und die BDC-Regionalvertreter regelmäßig Rede und Antwort bei zahlreichen Anfragen der Mitglieder zu Zulassungen, zur Hygiene, zur Abrechnung und zu vielen anderen Problemen der chirurgischen Praxis.

Mein vor zehn Jahren formulierter Wunsch einer weitergehenden Integration der verschiedenen chirurgischen Berufsverbände hat sich nicht realisieren lassen. Weiterhin wird bedauerlicher Weise viel Arbeitskraft und Gehirnzeit unnötig aufgebracht, um in unterschiedlichen Berufsverbänden zu den gleichen Themen nur marginal unterschiedliche Standpunkte zu erarbeiten und zu vertreten. Umso erfreulicher ist es, dass wir mit der „Einheit der Chirurgie“ und der Kooperation zwischen der DGCH und dem BDC in den letzten zehn Jahren deutlich vorangekommen sind. Sichtbare Signale sind unser Präsident Professor Meyer, der gleichzeitig Generalsekretär der DGCH ist, unsere gemeinsame Zeitschrift „Passion Chirurgie“ und der stetig wachsende Beitrag des BDC zu den Inhalten und Fortbildungsangeboten beim deutschen Chirurgenkongress (DCK). Dies wünschen wir uns in der Zukunft in Zusammenarbeit mit dem BVOU auch beim Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU).

Mehr als 2.700 niedergelassene Chirurgen sind Mitglied im BDC. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr 2010. Das Referat niedergelassene Chirurgen im BDC dankt für diesen Vertrauensbeweis und wird sich auch in der Zukunft mit aller Kraft für die Interessen der Mitglieder einsetzen.

Kalbe P: Deutlicher Wachstum niedergelassener Chirurgen im BDC. Passion Chirurgie. 2020 März, 10(03): Artikel 04_02.

Autor des Artikels

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Dr. med. Peter Kalbe

Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktieren

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