Wie können chirurgische Assistenzberufe optimal eingesetzt werden?
von F. Burgdorf
Diese Frage wurde angesichts des Fachkräftemangels einerseits und der zunehmend teurer werdenden Gesundheitsversorgung andererseits in der Session „Chirurgische Assistenzberufe“ engagiert diskutiert. Vorsitzende der Sitzung „Chirurgie und Assistenzberufe“ waren Prof. H.-J. Meyer und Dr. P. Kalbe, vorgetragen haben H. König, T. Horn, Prof. D. Pennig und Dr. F. Burgdorf. Im Fokus standen die Berufsgruppen Physiotherapie, Medizinischen Fachberufe, Operationstechnische Assistenz, Pflegeberufe und Physician Assistants. Unter dem Strich wurden gemeinsame Ziele aber auch divergierende Interessen herauskristallisiert. Einigkeit bestand darin, dass es umso eindeutigerer Regelungen bedürfe, je mehr sich die Tätigkeitsspektren von Ärztinnen und Ärzten sowie Assistenzberufen angleichen. Das Miteinander in der Patientenversorgung müsse von einem ausgeprägten Teamgedanken getragen sein.
Deutlich wurde zudem, dass mit zunehmender Akademisierung der Pflege und auch der Physician Assistants, die mittlerweile nach dem Bachelorabschluss auch in Deutschland einen Masterstudiengang absolvieren können, die Rollenbilder und Erwartungshaltungen von Absolventen einem Wandel unterliegen. Dies spiegelt sich auch in der verstärkten berufspolitischen Vertretung wider, die zunehmend auch die sozialrechtliche Normierung von Befugnissen zur Ausübung heilkundlicher Tätigkeiten einfordert.
Dabei scheint nun – nachdem die Modellprojekte gemäß der Heilkundeübertragungsrichtlinie nach § 64 d SGB V nicht entsprechend umgesetzt werden konnten – ein Durchbruch gelungen zu sein. Denn gemäß dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Pflegekompetenz vom 03.09.2024 sollen die Modellvorhaben nach den §§ 63 c und 64 d SGB V zukünftig entfallen. An deren Stelle soll ein Rahmenvertrag von Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und Pflegevertretung treten mit einer Definition erweiterter heilkundlicher Aufgaben, welche entsprechend qualifizierte Pflegefachpersonen in einer Vertragsarztpraxis bzw. einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) nach ärztlicher Diagnose und Indikationsstellung selbständig erbringen können. Dabei werden die Pflegefachpersonen in der vertragsärztlichen Versorgung in der Regel im Angestelltenverhältnis tätig und erbringen die entsprechenden Heilkundeleistungen an Stelle der Ärztin oder des Arztes.
Diese angestrebte Erweiterung der heilkundlichen Kompetenzen bei gleichzeitiger Integration in die Vertragsarztpraxis wurde seitens des BDC grundsätzlich begrüßt. Durch die Anstellung in Praxen bzw. MVZ werden zum einen neue Schnittstellen verhindert. Zum anderen handelt sich um einen ersten Schritt in Richtung eines Teampraxismodells, in dem unterschiedliche Professionen unter ärztlicher Leitung zusammenarbeiten. Vor dem Hintergrund zunehmender Ambulantisierung und dem ärztlichen Fachkräftemangel sollten solche Strukturen unbedingt entwickelt werden, um beispielsweise eine angemessene Versorgung nach einer ambulanten Operation gewährleisten zu können. Und auch wenn – nach dem Bruch der Ampel-Koalition – nicht mehr damit zu rechnen ist, dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet wird, so ist davon auszugehen, dass die Vorschläge von einer neuen Regierung aufgegriffen werden. Die weitere Entwicklung wird sicherlich auch davon abhängen, ob der Behandlungsbedarf durch die existierenden Strukturen abgedeckt werden kann.
Bezogen auf Physician Assistants (PA) wurde festgestellt, dass es sich um eine in Deutschland noch sehr kleine Berufsgruppe handelt. So waren 2023 rund 1.800 PAs tätig. Im Studienjahr 2022/23 schlossen gut 400 PAs ihr Bachelorstudium erfolgreich ab (Quelle: PHYSICIAN ASSISTANT 5. Jg. (2024) Nr. 1/24). Zum Vergleich: Im Jahr 2021 haben rund 62.000 Auszubildende und Studierende in Deutschland ihre berufliche Ausbildung in der Pflege begonnen, davon 98,3 % zur Pflegefachperson und 1,7 % als Studierende in vergleichbaren Studiengängen (1.091).
Obwohl sich die Qualifikationsmöglichkeiten für PAs stetig weiterentwickeln, existiert noch keine sozialrechtliche Verankerung der Berufsgruppe. Damit bleibt es weiterhin bei den Grundsätzen der Delegation. Da aber die Frage nach der Zulässigkeit der Delegation auch anhand der Qualifikation zu beurteilen ist, ist vieles im Fluss und den Ausbildungs-Curricula kommt eine besondere Bedeutung zu. Gespannt wird vor diesem Hintergrund auch auf die potenzielle Weiterentwicklung des Konsensuspapiers der BÄK und KBV von 2017 geblickt, welches Studieninhalte und Kompetenzen für einen Bachelor-Studiengang zum PA definiert.
Von BDC und Ärzteseite wurde – bei aller Unterstützung der Weiterentwicklung chirurgischer Assistenzberufe – bekräftigt, dass die Weiterbildung von Assistenzärztinnen und Assistenzärzten gewährleistet sein und von Anfang an in den entscheidenden Konzepten verankert sein muss. |