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Ein gemeinsames Projekt der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen

Ziel medizinischer Fortbildung ist der Erhalt und die Weiterentwicklung ärztlicher Kompetenz bei Fachärzten, da sie die Grundlage bietet für eine optimale und qualitativ hochwertige Patientenversorgung. Fortbildung ist vor dem Hintergrund einer zunehmenden Spezialisierung und der steigenden Qualitätsansprüche von Patienten und Kostenträgern in Verbindung mit medizinisch-technischen Fortschritten unerlässlich.

Die ärztliche Kompetenz definiert sich zunächst aus dem medizinischen Sachverstand und den Fertigkeiten, die der Arzt während seiner Weiterbildung zum Facharzt erworben hat und in seinem Berufsleben kontinuierlich ausbaut. Zweifelsfrei gehört zum kompetenten ärztlichen Handeln aber auch die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Leistung durch Selbstkritik und Vergleiche mit den Ergebnissen Anderer [1].

Gerade in einer operativen Disziplin beinhaltet dies auch die professionelle Auseinandersetzung mit Fehlern und Beinahe-Fehlern. Unter dem Kompetenzbegriff können auch subsumiert werden, die Erledigung administrativer Aufgaben, die Weitergabe von Wissen, sowie Team- und Kommunikationsfähigkeit gegenüber ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeitern sowie Patienten und Angehörigen.

Vor dem Hintergrund, diese vielfältigen Aspekte ärztlicher Kompetenz nachhaltig zu entwickeln und auszubauen, wurde nicht zuletzt in Anlehnung an Erfahrungen in den angloamerikanischen Ländern Fortbildungsstrategien und Methoden zur Erfassung und Verbesserung der ärztlichen Performance entwickelt.

Die klassische medizinische Fortbildung (CME/Continuing Medical Education) besteht aus der kontinuierlichen Auffrischung und Erweiterung von medizinischem Fachwissen und Fähigkeiten, um einen möglichst raschen Transfer des aktuellen Fachwissens und der Innovationen in die Praxis zu sichern. CME-Fortbildungsaktivitäten beinhalten Kongress- und Seminarteilnahmen, Zeitschriften- und Literaturstudium sowie Hospitationen [2]; damit erhält jeder Arzt zum Fortbildungsnachweis CME-Fortbildungspunkte. Für den Erhalt und die Entwicklung ärztlicher Kompetenz reicht CME allein jedoch nicht aus, da sie ausschließlich auf die medizinische Fachkompetenz fokussiert und keinen Anhaltspunkt dafür liefert, ob der Inhalt der Fortbildung für die eigene Tätigkeit relevant ist und erworbenes Wissen in der täglichen Praxis umgesetzt wird [3].

CPD (Continuing Professional Development) ist definiert als das Fortbildungsinstrument der Aktualisierung, Entwicklung und Erweiterung mit dem Ärzte Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen erwerben, die in ihrem Arbeitsleben erforderlich sind [4]. Als Erweiterung des klassischen Fortbildungsbegriffes CME beleuchtet sie alle Kompetenzen ärztlichen Handelns und berücksichtigt das persönliche Tätigkeitsprofil des Arztes. Durch CPD wird die klassische medizinische Fortbildung (CME) um das Qualitätsmanagement, die kritische Selbstreflektion, die Entwicklung von Führungs- und Managementfähigkeiten sowie soziale und administrative Kompetenz erweitert.

Die Umsetzung von CPD neben dem klassischen CME-Fortbildungsportfolio kann durch persönliche Lernprojekte und Feedbackverfahren erfolgen, die die Praxisrelevanz der Fortbildung erhöhen. In einigen europäischen Staaten sowie in Nordamerika beinhaltet CPD auch die regelmäßige Darlegung der persönlichen Kompetenz in Form Assessment – und Peer-Review-Verfahren [5,6].

In einigen Ländern (Großbritannien, Niederlande, Belgien, Norwegen, USA, Kanada, Australien, Neuseeland) wurden Verfahren zur Kompetenzdarlegung verbindlich eingeführt und zur sogenannten Rezertifizierung erweitert. Die regelmäßige Kompetenzdarlegung ist in diesen Ländern Teil des Zulassungsrechtes zur ärztlichen Tätigkeit, ihr Fehlen ist mit Sanktionen bis zum Lizenzentzug behaftet [7,8].

Mit dem Entschluss zur verbindlichen Einführung eines Fortbildungszertifikats sowie einheitlicher Bewertungskriterien für Fortbildungsveranstaltungen wurde die CME-Charta der UEMS 2003 in Deutschland weitgehend umgesetzt; die Fortbildungspflicht erfolgte im Jahr 2004 mit dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG).

Mit der Erhebung der medizinischen Fortbildung zur gesetzlichen Pflicht kam es zu einer Inflation an CME-Fortbildungsangeboten. Unter Berücksichtigung der heute geltenden Fortbildungspraxis muss festgestellt werden, dass das Fortbildungszertifikat weder Qualität noch Kompetenz des betroffenen Arztes dokumentiert. Die Feststellung der Gesundheitsministerkonferenz der Länder (GMK) von 2002, wonach medizinische Fortbildung und Fortbildungszertifikate zwar notwendig, aber nicht hinreichend für kompetentes ärztliches Handeln sind, bestätigt diese Einschätzung.

Die Forderung nach systematischer Kompetenzdarlegung von Ärzten war der Auslöser für die Bildung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen zur Entwicklung von Konzepten zur kontinuierlichen professionellen Entwicklung von Chirurgen [9]. Mit dem Projekt zur Evaluation chirurgischer Kompetenz (die Pilotstudien wurden zunächst mit dem Arbeitstitel ECKO durchgeführt und Zwischenergebnisse publiziert; der endgültige Name CQS – Chirurgisches Qualitätssiegel – wurde dem Verfahren nach Abschluss der Pilotstudie gegeben) steht nun ein Feedbacksystem zur Verfügung mit dem ärztlich-chirurgische Kompetenz in vielen Facetten erfasst wird.

CQS (ehemals ECKO) basiert auf einem kanadischen Instrumentarium (PAR – Physician Achievement Review) das zwischenzeitlich in zwei Pilotstudien an deutsche Verhältnisse angepasst wurde [10]. Während die regelmäßige Teilnahme am kanadischen PAR-System Voraussetzung für den Erhalt der Arzt-Lizenz in Alberta/Kanada ist, können deutsche Chirurgen am CQS-Projekt freiwillig teilnehmen.

Bei CQS handelt es sich um ein mehrdimensionales Assessmentverfahren (360°-Analyse), dass verschiedene Dimensionen ärztlicher Kompetenz beleuchtet. Durch anonyme Befragung von Patienten sowie ärztlichen und nicht-ärztlichen Mitarbeitern werden folgende Aspekte der Kompetenz des Teilnehmers erfasst:

  • Medizinische Fachkompetenz
  • Patientenmanagement
  • Kommunikation
  • Teamfähigkeiten und Kollegialität
  • Praxis- und Klinikmanagement
  • Professionelle Entwicklung

Das Instrument unterstützt damit das Streben nach hoher Qualität jedes Chirurgen durch persönliche Rückkopplung. Jeder Teilnehmer gewinnt Informationen über die Einschätzung seiner Fähigkeiten durch Mitarbeiter, Kollegen und Patienten. Auf dieser Grundlage ist eine gezielte Verbesserung der persönlichen Leistung realisierbar. Der edukative Ansatz von CQS verfolgt damit das Ziel, persönliche Stärken und Verbesserungspotentiale aufzuzeigen und Empfehlungen für zielgerichtete Optimierungs- und Fortbildungsmaßnahmen zu geben. Dazu erhält der teilnehmende Chirurg auf Wunsch kompetente Unterstützung von Kollegen in seiner Region. Gleichzeitig werden die Ergebnisse zur Bildung von Referenzwerten (Benchmarks) anonym statistisch analysiert.
Dadurch werden aus der chirurgischen Profession selbst Maßstäbe für kompetentes chirurgisches Handeln gesetzt und besonders interessante Beispiele auf der Internetseite des CQS-Projekts publiziert. Mit diesem Projekt übernehmen die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und der Berufsverband der Deutschen Chirurgen aktiv Verantwortung für den Erhalt und die Weiterentwicklung einer hohen chirurgischen Versorgungsqualität in Deutschland. Das CQS-Projekt objektiviert und fördert die Kultur der kontinuierlichen professionellen Entwicklung (CPD) in der Deutschen Chirurgie, die in vielen europäischen Staaten und in Nordamerika seit vielen Jahren gefordert und gelebt wird.

Die Ergebnisse der Nachbefragung der an den Pilotstudien teilnehmenden Chirurgen weisen darauf hin, das CQS als Verfahren zur kontinuierlichen professionellen Entwicklung tatsächlich etwas im gewünschten Sinne bewirkt hat: Die Befragungsergebnisse stießen bei den Evaluationsteilnehmern auf großes Interesse, sie regten zu weiteren Aktivitäten und zur Kommunikation mit dem von ihnen Befragten an und es wurden Wünsche nach Unterstützung bezüglich der Auswahl und Durchführung weiterer Maßnahmen zur professionellen Entwicklung geäußert. Jedem an dem CQS-Projekt teilnehmenden Chirurgen wird ein Zertifikat verliehen.

Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und des Berufsverbands der Deutschen Chirurgen ist zu wünschen, dass dieses freiwillige Feedbacksystem CQS eine zunehmende Akzeptanz in der chirurgischen Community erfährt, um damit gegenüber politischen Institutionen zu dokumentieren, dass Fachgesellschaft und Berufsverband von sich aus in der Lage sind, Qualitätssicherung zu leisten.

Zusammenfassung

Medizinischer Fortbildung wird vom Deutschen Gesetzgeber ein hoher Stellenwert beigemessen, was im Interesse von Ärzten und Patienten ist. Die Erweiterung des Fortbildungsbegriffs von CME zu CPD mit der Einführung des freiwilligen CQS-Feedbacksystems durch die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie und den Berufsverband der Deutschen Chirurgen soll die individuelle praxisrelevante chirurgische Fortbildung unterstützen sowie einen Beitrag zur Aufrechterhaltung und systematischen Weiterentwicklung der ärztlich-chirurgischen Kompetenz leisten. Die Teilnahme an diesem Projekt zur Evaluation chirurgischer Kompetenz belegt die individuelle Bereitschaft zur Qualitätssicherung.

Autoren des Artikels

Profilbild von Jörg Ulrich Ansorg

Dr. med. Jörg Ulrich Ansorg

GeschäftsführerBerufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e. V.ehem. BDC-GeschäftsführerStraße des 17. Juni 106–10810623Berlin kontaktieren
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Prof. Dr. med. Michael Betzler

Erweiterter Vorstand des BDC/Koordination der ReferateBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V.Luisenstr. 58/5910117Berlin

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