01.06.2016 Sonstige
Editorial: Chronische Wunden
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Wunden und ihre Behandlung sind seit jeher eine Kernaufgabe der Chirurgen. Während das für frische, verletzungsbedingte Wunden unwidersprochen ist, gehören chronische Wunden mittlerweile auch zum Betätigungsfeld anderer ärztlicher und nichtärztlicher Berufsgruppen. Das liegt daran, dass chronische Wunden Folgen einer „inneren“ Krankheit sind und damit Folgen unterschiedlichster Erkrankungen. Die überwiegende Mehrzahl ist vaskulärer Genese.
Die Diagnostik dieser Erkrankungen ist zu einem erheblichen Teil keine primärchirurgische Aufgabe und auch die Therapie, sofern sie nicht operativ ist. Der Artikel Update der Krankheitslehre fasst die wesentlichen bekannten Fakten wie Definition, Ätiologie, Kofaktoren, Diagnostik, Therapie und Rezidivprophylaxe chronischer Wunden kurz zusammen.
Welche Rolle den Chirurgen bei der sektorenübergreifenden und interdisziplinären Versorgung chronischer Wunden zukommt, wird aus den Beiträgen von Riedel (Die Kluft überwinden – sektorenübergreifende und interdisziplinäre Versorgung chronischer Wunden) sowie Engels und Hochlenert (Netzwerke Diabetischer Fuß – die Entwicklung in zehn Jahren mit Selektivverträgen) deutlich. Dass die interdisziplinäre Kooperation verbunden mit strukturellen Voraussetzungen tatsächlich eine echte Verbesserung der Ergebnisse erbringt, die sich in der dauerhaften Absenkung der Amputationsrate niederschlägt, belegen die Netzwerke Diabetischer Fuß in eindrucksvoller Weise. Ein wesentlicher Grund für diese Ergebnisverbesserung ist in der konsequenten Gefäßdiagnostik und -therapie zu sehen. Welche Schlussfolgerungen für die arterielle Verschlusskrankheit bei der Behandlung chronischer Wunden zu ziehen sind, ergibt sich aus dem Beitrag von Tigges (Klassifikation chronischer Wunden unter Einbeziehung der pAVK – klinische Schlussfolgerungen). Schließlich zeigt de Roche was der Störfall Dekubitus für den engagierten plastischen Chirurgen bedeutet und wie die Behandlung erfolgt.
Da die Abheilzeiten chronischer Wunden im Vergleich zur ungestörten physiologischen Wundheilung erheblich verlängert sind und in der Regel nicht mit einer kurzzeitigen (operativen) Intervention beendet sind, kommt der richtigen Wund-Pflege bzw. dem Verwalten des Wund-Heilungsvorgangs – umgangssprachlich als „Wundmanagement“ bezeichnet – eine besondere Bedeutung zu. Die Delegation bestimmter Aufgaben bei der Wundbehandlung an qualifizierte Pflegekräfte ist daher notwendig und wird von der Berufsgruppe der pflegerischen Wundexperten mit professioneller Kraft betrieben. Diese interprofessionelle Kooperation wird ergänzt durch Physiotherapeuten, Podologen, und Orthopädietechniker, deren Tätigkeit besonders bei der Rezidivprophylaxe wichtig ist.
Es tut sich was zum Positiven – das ist die Interpretation des BVMed einer neuen Untersuchung, die die Prävalenz chronischer Wunden aus Kassendaten bestimmt. Ob mit dieser Studie die gezogene Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, dass „Moderne Wundversorgung hilft, Patienten vor chronischen Wunden zu bewahren“, wird der kritischen Würdigung des Lesers nach Kenntnis aller Beiträge überlassen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieser Ausgabe der Passion Chirurgie.
Ihr Walter Wetzel-Roth
Wetzel-Roth W. Editorial: Chronische Wunden. Passion Chirurgie. 2016 Juni; 6(06): Artikel 01.
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Prof. Dr. med. Alexander Albert, Experte in minimal-invasiven Operationen und Kunstherztherapie und zuvor Oberarzt der Thorax- und Kardiovaskularchirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf, leitet seit Mitte Oktober 2019 die Herzchirurgie am Klinikum Dortmund.
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