Angeregt durch eine Studie, die vor mehreren Jahren die Berufssituation von Chirurginnen in Österreich analysiert hatte und die u. a. in „Der Chirurg BDC“, 2008, von A. End und H. Piza-Katzer veröffentlicht wurde [1], hat der BDC im letzten Jahr eine analoge Umfrage unter den deutschen Chirurginnen gestartet. Ziel war es, einen umfassenden Eindruck zur aktuellen Situation der Frauen, die in Deutschland chirurgisch tätig sind, zu erlangen und daraus mögliche Handlungsnotwendigkeiten zu entwickeln, um dem drohenden Chirurgenmangel zu begegnen.
Insgesamt haben sich an der Umfrage 1026 Frauen beteiligt. Damit liegt nach unserer Erkenntnis die größte Studie dieser Art unter Chirurginnen vor. Erste Zwischenergebnisse wurden bereits auf dem Chirurgen-Tag im Oktober 2008 in Berlin präsentiert.
Ergebnisse der Studie
Die Kampagne wurde 2008 im Februarheft des „Der Chirurg BDC“ angekündigt und der Fragebogen auf der Homepage des BDC freigeschaltet. Dort fand sich zudem ein Hinweis auf die Befragung. Außerdem wurden alle weiblichen BDC-Mitglieder durch E-Mail-Anschreiben und andere, nicht im Berufsverband organisierte Chirurginnen, unter Zuhilfenahme weiterer E-Mail-Verteiler (z. B. Deutscher Ärztinnenbund e. V., „FiT“ – Frauen in Thoraxchirurgie, Berliner Chirurginnen etc.) über die laufende Umfrage informiert. Im Januar 2009 wurde die Umfrage geschlossen, die über 80 Fragen, u. a. zur Berufswahl, der Weiterbildung, der augenblicklichen Arbeitssituation, der Arbeitszufriedenheit und Arbeitsorganisation, zum anderen aber auch persönliche Daten mit Fragen zur Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, erfasste.
Im Gegensatz zu der von End und Piza-Katzer durchgeführten Studie, bei der die Befragung auf postalischem Wege mit anonymisierter Rücksendung an das Institut für empirische Sozialforschung erfolgte (Rücklaufquote 58,7 Prozent), kann bei der durch uns durchgeführten Befragung nicht angegeben werden, wie viele Chirurginnen hätten erreicht werden können bzw., ob Doppelantworten erfolgten. Dies erscheint aber eher unwahrscheinlich, da die Beantwortung des Fragebogens ca. 20 Minuten in Anspruch nahm.
Basisdaten
Zur Auswertung standen uns 1026 Antworten zur Verfügung. Dreiviertel der Befragten waren zum Zeitpunkt der Erhebung zwischen 30 und 49 Jahre alt (76 Prozent), zwei Drittel waren Fachärztinnen, ein Drittel noch in der Weiterbildung. Erwartungsgemäß dominierten die Chirurginnen der Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie bzw. Orthopädie (796 Antworten), aber auch 207 Frauen aus den kleineren chirurgischen Säulen beteiligten sich an der Studie. 87 Prozent der Frauen gaben an, derzeit aktiv in der Chirurgie tätig zu sein, 5 Prozent waren in Mutterschutz oder Elternteilzeit, 7 Prozent in nicht chirurgischen oder nicht medizinischen Bereichen tätig. Ein Viertel der Frauen bezeichnete sich als Single, knapp drei Viertel gaben an, verheiratet zu sein oder in Lebensgemeinschaft zu leben.

Dabei sind 63 Prozent der Partner Nicht-Mediziner, 44 Prozent haben Kinder (zumeist ein oder zwei). Von den Frauen waren 35 Prozent in Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung, 22 Prozent in Krankenhäusern der Schwerpunktversorgung, 19 Prozent in Krankenhäusern der Maximalversorgung tätig, weitere 9 Prozent kamen aus Universitätskliniken, 8 Prozent waren in der Praxis, jeweils 1 Prozent in Medizinischen Versorgungszentren oder sonstigen Gesundheitseinrichtungen tätig. Der größte Anteil der Frauen in der Weiterbildung zum Facharzt fand sich in Krankenhäusern der Grund- und Regelversorgung sowie in den Universitätskliniken, in letzteren fand sich auch ein hoher Prozentsatz von Fachärzten/Fachärztinnen mit Schwerpunktbezeichnungen, ebenso wie in den Praxen (»Abb. 1).
Berufsplanung
Befragt nach der Art der Auswahl des Weiterbildungsfaches, fiel bei nur 20 Prozent die Entscheidung zur Chirurgie zufällig, die übrigen gaben gezielte Planung und/oder Vorbilder (25 Prozent) an. Der Zeitpunkt der Entscheidung lag bei 50 Prozent während des Studiums, 33 Prozent gaben an, sich nach dem Studium entschieden zu haben, nämlich während des Praktischen Jahrs. Dies verdeutlicht die Verantwortung, die auf allen Kollegen ruht, die Studentinnen während ihrer Ausbildung, sei es während der Praktika der Chirurgie, der Famulaturen und vor allen Dingen während des Praktischen Jahrs betreuen, hier die Begeisterung für unser Fachgebiet auf den Nachwuchs durch entsprechende Vorbildwirkung zu übertragen. Während dieser Zeit erleben die jungen Frauen erstmalig, wie sich der Berufsalltag von Chirurgen gestaltet, wie der Umgang mit Mitarbeitern gelebt wird, ob diese gefördert oder behindert werden.
