30.05.2018 Arbeitsrecht
BG-Clearingstelle jetzt auf Bundesebene aktiv

Clearingstellen zur Schlichtung von Gebührenstreitigkeiten auf Ebene der Landesverbände der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) wurden vom BDC schon seit mehr als zehn Jahren vehement gefordert und unterstützt. Auf Initiative und Betreiben des Bundesverbandes der D-Ärzte (namentlich Tankred Haase aus Berlin) wurde 2010 das erste Pilot-Projekt im DGUV-Landesverband Nord-Ost erfolgreich etabliert. Der BDC hat dann die Ausweitung der Clearingstellen auf die anderen fünf Landesverbände der DGUV personell, organisatorisch und finanziell unterstützt. So konnten Clearing-Anträge bis Ende 2017 zentral an den BDC gerichtet werden und wurden von dort in die zuständigen regionalen Clearingstellen verteilt. Boxberg hat in Passion Chirurgie 06/2017 über die erfolgreiche Umsetzung der Clearing-Verfahren berichtet [1].
Ab 2014 waren in allen Landesverbänden der DGUV Clearingstellen vorhanden, die durch pragmatische und sachorientierte Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Befriedung der ärgerlichen Streitigkeiten zwischen D-Ärzten und BG-Verwaltungen über Rechnungskürzungen leisteten. Allerdings unterschieden sich die Geschäftsordnungen und damit der Ablauf der Verfahren in den einzelnen Clearingstellen in Details voneinander. Darüber hinaus war die vom Präsidium des BDC bewilligte Übernahme der Reise- und Sitzungskosten sowie der Kosten für die Verwaltung und die erforderlichen Begutachtungen im Sinne einer Anschubfinanzierung auf Ende 2016 limitiert, sodass der dringende Wunsch bestand, das erfolgreiche Clearing-Verfahren auf die Bundesebene zu verlagern, um folgende Ziele zu erreichen:
- einheitliche bundesweite Anlaufstelle für die Antragstellung (s. Adresse unten)
- einheitliche Spruchpraxis und entsprechende Anpassung der „Arbeitshinweise“
- Kommunikation der Ergebnisse der Verfahren unter den Vertragspartnern
- Geschäftsführung, Verwaltung und Finanzierung durch die zuständigen Vertragspartner, nämlich durch die kassenärztliche Bundesvereinigung und die gesetzliche Unfallversicherung
Mit einer Änderung des Vertrags zwischen der KBV und der DGUV zum 01.01.2018 ist dieses Ziel nunmehr erreicht worden. Der § 66 des „Ärztevertrags“ (s. u.) wurde geändert. Die dort in der früheren Vertragsfassung definierten „Schlichtungsstellen“ hatten sich als bürokratische Monster erwiesen und waren daher in den meisten DGUV-Landesverbänden nicht aktiv geworden. An ihre Stelle tritt jetzt die bundesweite Clearingstelle.
Die bundesweite Clearingstelle wird mit Ärzten besetzt, die auch zuvor schon in den landesweiten Clearingstellen Erfahrungen gesammelt haben. Der bewährte Verfahrensablauf [2] wird weitergeführt:
- Antragstellung mit schriftlicher Begründung und unter Beifügung der anonymisierten Unterlagen (Rechnungen und Schriftverkehr, Patientendokumentation),
- bei Antragsstellung durch Ärzte und Psychotherapeuten erfolgt eine Vorprüfung durch erfahrene Kollegen der gleichen Fachrichtung,
- bei Antragstellung durch Berufsgenossenschaften und Unfallkassen erfolgt eine Vorprüfung durch die Landesverbände der DGUV,
- kollegiale Beratung und Moderation im Vorfeld, sodass die Mehrzahl der Anträge bereits auf dieser Ebene geschlichtet werden kann,
- Beratung der verbleibenden strittigen Sachverhalte bei Sitzungen der Clearingstelle,
- nur einstimmige Entscheidungen und Empfehlungen,
- der Rechtsweg bleibt weiterhin offen.
Die Ausweitung auf Bundesebene hat jetzt auch zur Folge, dass in den Kreis der Sachverständigen neben D-ärztlich tätigen Chirurgen sowie Orthopäden/Unfallchirurgen auch eine psychologische Psychotherapeutin und ein Dermatologe aufgenommen wurden.
Um Missverständnissen vorzubeugen sei nochmals darauf hingewiesen, dass die Clearingstelle sich als Schlichtungsorgan vor allem für strittige Auslegungen der Gebührenordnung (UV-GOÄ) versteht. Bei darüber hinaus gehenden Probleme, z. B. bezüglich der Beteiligung am D-Arzt-Verfahren oder der Auslegung des Vertrags oder der sachlichen und strukturellen D-Arzt-Bedingungen, ist der zuständige DGUV-Landesverband erster Ansprechpartner. Der BDC bietet dazu seine individuelle Beratung und Unterstützung an.
Darüber hinaus ist der BDC als Initiator und in der Geschäftsführung der „Gemeinsamen BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände“ aktiv. Dort treffen sich zweimal im Jahr die ärztlichen Interessenverbände und die wissenschaftliche Fachgesellschaft (DGOU) mit der DGUV auf Bundesebene, um aktuelle Probleme und Zukunftsfragen des BG-Verfahrens zu diskutieren. Dieses Gremium war letztlich auch eine wesentliche Triebfeder für die Einrichtung der Clearingstellen. Ein besonderer Dank geht im Namen der vom BDC vertretenen D-Ärzte an Frau Rechtsanwältin Barbara Berner von der KBV, die sich stets als unermüdliche Unterstützerin für dieses Projekt eingesetzt hat.
Clearingstelle der KBV auf BundesebeneBarbara Berner, Fachabteilungsleiterin |
§ 66 Ärztevertrag
§ 66 Clearingstelle auf Bundesebene
(1) Die Vertragspartner errichten eine Clearingstelle, die der einvernehmlichen Klärung und Beilegung von Differenzen zwischen Ärzten und Unfallversicherungsträgern, die sich aus der Erbringung und Abrechnung ärztlicher Leistungen nach diesem Vertrag einschließlich der UV-GOÄ ergeben, dient. Antragsberechtigt sind Ärzte, die eine Leistung für einen Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erbracht haben sowie die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Antragsberechtigt sind auch Psychotherapeuten bei Auslegungsfragen zum Vertrag und zur Anlage 2 dieses Vertrages (Gebührenverzeichnis Psychotherapeuten).
(2) Eine Entscheidung der Clearingstelle schließt den Rechtsweg nicht aus.
(3) Die Clearingstelle wird aus Vertretern der KBV einerseits und Vertretern der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung andererseits jeweils in gleicher Zahl gebildet. Die Clearingstelle gibt sich eine Verfahrensordnung.
Stand 01.01.2018
Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger – KBV
Literatur
[1] Boxberg W. Drei Jahre „Clearingstellen“ in Deutschland – eine Erfolgsgeschichte. Passion Chirurgie. 2017 Juni, 7(06): Artikel 05_02.
[2] Verfahrensordnung der Clearingstelle: http://www.kbv.de/media/sp/VO_Clearingstelle_Bundesebene.pdf, zugegriffen zuletzt 10.3.2018
Kalbe P, Boxberg W: BG-Clearingstelle jetzt auf Bundesebene aktiv. Passion Chirurgie. 2018 Mai, 8(05): Artikel 05_01.
Autoren des Artikels

Dr. med. Werner Boxberg
Vorsitzender BDC|NordrheinGeschäftsführender Arzt BDD e.V.Friedrich-Ebert-Str. 128 A42117Wuppertal kontaktieren
Dr. med. Peter Kalbe
Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
05.06.2019 Politik
Honorarärzte im Krankenhaus sind regelmäßig sozialversicherungspflichtig
Ärzte, die als Honorarärzte in einem Krankenhaus tätig sind, sind in dieser Tätigkeit regelmäßig nicht als Selbstständige anzusehen, sondern unterliegen als Beschäftigte des Krankenhauses der Sozialversicherungspflicht. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts heute entschieden (Aktenzeichen B 12 R 11/18 R als Leitfall).
01.02.2017 Arbeitsrecht
Vorzeitiges Ende der Chefarzttätigkeit durch Kündigung – aus der Sicht des Betroffenen
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Position des Chefarztes
01.12.2016 Chirurginnen
Schwanger im OP
Mit einer Schwangerschaft steigt nicht nur die Vorfreude auf den Nachwuchs. Auch die Arbeitgeber müssen disponieren und sich auf den (vorübergehenden) Ausfall der schwangeren Arbeitnehmerin einstellen bzw. besondere Schutzvorkehrungen während der Schwangerschaft treffen. Gerade bei Ärztinnen mit operativer Tätigkeit stellt sich die Frage, ob sie ihren Beruf bis zum Eintritt der Mutterschutzzeit überhaupt weiter ausüben können.
19.01.2016 Arbeitsrecht
Die freiberufliche Tätigkeit des niedergelassenen Chirurgen im Krankenhaus
Gerne stehen Ihnen die Leiter unserer Kundenbetreuung bei allen
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.