01.05.2024 Politik
Berufspolitik Aktuell: Schweinsgalopp vor der Sommerpause

Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause versucht Minister Lauterbach mit aller Gewalt seine Gesetzesentwürfe zur Neuordnung der Versorgung durchzupeitschen. Immerhin hat es das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) bis ins Kabinett geschafft und könnte dann tatsächlich in erster Lesung im Bundestag beraten werden. Allerdings ist von der ursprünglichen Fassung kaum noch etwas übrig geblieben. Insbesondere die von der Ärzteschaft massiv kritisierten Gesundheitskioske sind einer Rasur zum Opfer gefallen, ebenso wie Gesundheitsregionen und Primärversorgungszentren. Auch die von uns durchaus begrüßte Medizinstudiumsplatz-Förderung ist nach Vorbehalten der dafür als Zahlmeister vorgesehenen Kassen weggefallen.
Übrig geblieben sind noch die Neuordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses, das Krankenkassentransparenzportal und eine Reform der hausärztlichen Vergütung. Vorgesehen ist hier eine Entbudgetierung, eine jährliche Versorgungspauschale für Chroniker sowie eine Vorhaltepauschale. Allerdings stößt diese scheinbare Entbudgetierung auf erhebliche Vorbehalte der KBV und auch der Hausärzte selbst. Im Referentenentwurf ist die Rede von sogenannten Vorhaltepauschalen, die aber, wen wunderts, an so erfüllende Kriterien gebunden sind. Wer das nicht schafft, dürfte erhebliche Umsatzeinbußen erleiden. Fachärzte und damit Chirurginnen und Chirurgen werden nach wie vor nicht von den Fesseln der Budgets befreit.
Von größerer Bedeutung für die Zukunft, insbesondere der Kliniken, dürfte das KHVVG (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz) sein. Hier liegt jetzt ein offizieller Entwurf vor, der ebenfalls noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht werden soll. In mehreren Verlautbarungen preist der Minister sein Werk als mit allen Beteiligten konsentiert und damit als entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Versorgung an. Dumm nur, dass prompt aus den Ländern Widerspruch aufkommt und der Minister schlicht der Lüge bezichtigt wird. Auch wenn der Minister sein Gesetz so gedrechselt hat, dass es primär nicht durch den Bundesrat zustimmungspflichtig sein soll, werden die Länder Wege finden, jede Menge Steine in den Weg zu rollen. Auch die Kassen wollen von einer gemeinsam gefundenen Lösung nichts wissen. Gleiches gilt für die am meisten betroffene Krankenhausgesellschaft.
Immerhin, Prof. Lauterbach hat es zur ersten Meldung in die Tagesschau geschafft; über die Kritik wird nichts berichtet. Politik ist immer auch eine Frage wie die Medien bedient werden und vor allem, ob die Medien in ihrer absolut nicht alle Seiten zu Wort kommenden Berichterstattung ein Vorhaben promoten oder abstürzen lassen. Es bleibt spannend!
Rüggeberg JA: Schweinsgalopp vor der Sommerpause. Passion Chirurgie. 2024 Mai; 14(05): Artikel 05_02.
Autoren des Artikels

Dr. med. Jörg-Andreas Rüggeberg
Vizepräsident des BDCReferat Presse- & Öffentlichkeitsarbeit/Zuständigkeit PASSION CHIRURGIEPraxisverbund Chirurgie/Orthopädie/Unfallchirurgie Dres. Rüggeberg, Grellmann, HenkeZermatter Str. 21/2328325Bremen kontaktieren
Weitere aktuelle Artikel
18.06.2019 Niederlassung
Intersektorale Versorgung – eine Einbahnstraße?
Bedingt durch technischen Fortschritt und demografische Entwicklung verlagert sich Leistungsgeschehen immer mehr in die ambulante Versorgung. Komplexe Prozeduren, die ehemals ausschließlich vollstationär erbracht werden konnten, sind Eingriffe mit allenfalls kurzzeitigen stationären Aufenthalten geworden, sofern sie nicht gänzlich ambulant erbringbar sind. Aus Sicht des Gesetzgebers, aber auch der Fachöffentlichkeit und insbesondere der Krankenhäuser, wird die Ambulantisierung zum Anlass genommen, unter dem Oberbegriff „Intersektorale Versorgung“ echte und vermeintliche Sektorengrenzen einzureißen.
14.06.2019 Politik
KBV fordert Nachbesserungen beim Entwurf zum Digitalisierungsgesetz
Der Referentenentwurf des Digitale Versorgung-Gesetzes muss aus Sicht der KBV in bestimmten Punkten nachgebessert werden. Generell begrüße die Ärzteschaft jedoch eine nutzbringende Digitalisierung im Gesundheitswesen zur Vereinfachung und Verbesserung der Versorgung, sagt KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel. „Aber sie muss mit Augenmaß geschehen.“
13.06.2019 Politik
Ausreichende Versorgung mit Blutprodukten zunehmend Frage der Demografie
Die ausreichende Versorgung mit Blutprodukten in Deutschland wird aufgrund des Demografischen Wandels zu einer immer größeren Herausforderung. Die Zahl der möglichen Blutspender zwischen 18 und 65 Jahren nimmt konstant ab. Gleichzeitig gibt es immer mehr ältere Menschen, die einen höheren Bedarf an Blutprodukten haben
07.06.2019 Politik
Grenzen des Wachstums
Unter dem Titel „Grenzen des Wachstums“ hat sich Helmut Laschet in der Juni-Ausgabe von IMPLICON mit den Daten zur gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung 2018 auseinandergesetzt. Mit fast 370 Milliarden Euro trägt die Gesundheitswirtschaft zwölf Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei und gibt 7,6 Millionen Menschen Arbeit.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.