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Quelle: alexander_h_schulz/istock

Die Debatte in den letzten Tagen über die Neuordnung der Notfallversorgung in Deutschland zwischen den Selbstverwaltungspartnern zeigt wieder einmal, dass die Akteure nichts hinzugelernt haben. Gegenseitige polemische Vorwürfe passen in die Vergangenheit und sind nicht geeignet, gegenüber Versicherten, Patientinnen und Patienten, Bürgern und Bürger und zuletzt der Politik, ein funktionierendes System der Selbstverwaltung abzubilden. Leider scheinen alle gerade an der Grenze ambulant/stationär konfliktiv unterwegs zu sein, anstatt zu kooperieren.

Der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI e. V.) hat bereits im Mai 2017 ein Konzept zur sektorübergreifenden Notfallversorgung dargestellt. Wichtige Inhalte wie beispielsweise ein Triagezentrum („Gemeinsamer Tresen“) als erste Anlaufstelle für Notfälle wurden beispielsweise auch vom Sachverständigenrat des Deutschen Bundestages in seine Überlegungen übernommen. Solche Triagezentren könnten die konkurrierende Situation zwischen der Notfallversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung und Klinik-Notaufnahmen zukünftig auflösen. Die bislang uneinheitlich organisierte Struktur von Rettungsdienst, vertragsärztlichem Bereitschaftsdienst und Notaufnahmen in Kliniken wird damit zum Patientenwohl vereinheitlicht. Finanziert werden könnte eine solche Struktur über selektivvertragliche Regelungen, wobei die Krankenkassen zum Abschluss solcher Verträge gesetzlich verpflichtend werden müssen. Auch die alternativen Finanzierungsvorschläge des Sachverständigenrates sind gangbar.

„Für Unfälle und lebensbedrohliche Zwischenfälle bleiben weiterhin die Rettungsdienste mit ihren Notfallärzten verantwortlich.“, so BDI-Präsident Dr. Hans-Friedrich Spies. „Leichtere Fälle sollen aber an die Triagezentren weitergeleitet werden, die dann klären, ob tatsächlich ein Notfall vorliegt und ob eine ambulante oder stationäre Versorgung sinnvoll ist.“

Wenn die Selbstverwaltungspartner von Kassenärztlicher Vereinigung und Deutsche Krankenhausgesellschaft schon ihre unterschiedlichen Interessen vertreten, täten sie gut daran, die tatsächlichen Gründe für die derzeitige Misere zu nennen. Auf der einen Seite ist letztlich die Budgetierung der Auslöser, warum eine ambulante Notfallversorgung eingeschränkt funktioniert. „Grund ist die Vergütungssystematik, durch die erbrachte Leistungen nach einer Überschreitung des Budgets nicht mehr bezahlt werden. Viele Vertragsärzte haben ihre Praxisstruktur deshalb zu einer Bestellpraxis umgewandelt. Hier finden Notfallpatienten schlicht und einfach keinen Platz mehr“-, stellt Dr. Spies klar. Selbst bei einem gut organisierten Notdienst außerhalb der Sprechstundenzeiten gibt es deshalb Engpässe.

Auch in den Kliniken spielt die Vergütung der Notfallversorgung eine wichtige Rolle. Sie müssen Patienten schon deshalb aufnehmen, um entscheiden zu können, ob eine stationäre Behandlung überhaupt notwendig ist.

Nur eine einheitliche Struktur kann hier Abhilfe schaffen. Finanziert werden können solche Strukturen mittels Selektivverträgen. „Damit können Verträge vereinbart werden, die nicht am unterschiedlichen Leistungsrecht ambulant/stationär scheitern, die außerhalb des üblichen Budgets vergütet werden und bei denen das Honorar frei kalkuliert und vereinbart werden kann.“, schlägt Spies vor. Auch könnten regional gut funktionierende Strukturen einfach abgebildet werden. Der Gesetzgeber muss hierzu allerdings die Krankenkassen gesetzlich verpflichten, solche flexiblen Selektivverträge für die Notfallversorgung abzuschließen.

Quelle: Berufsverband Deutscher Internisten e.V., Schöne Aussicht 5, 65193 Wiesbaden, www.bdi.de

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