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Warum das Thema
„Change-Management“ heute für Kliniken so relevant ist

Kliniken stehen heute vor vielfältigen Herausforderungen: rasante technologische Entwicklungen, steigende Kosten, strengere Regulierungen, demografischer Wandel, strukturelle Veränderungen der Sektoren, … und ganz nebenbei eine immer besser informierte und anspruchsvolle Patientenschaft. Change-Management ermöglicht es Kliniken, sich diesen sich ständig verändernden Rahmenbedingungen anzupassen, um handlungsfähig zu bleiben. Dies ist entscheidend, um zu überleben, die Qualität der Patientenversorgung zu verbessern, Prozesseffizienz zu steigern und um innovativ zu bleiben. Kurzum: Es gibt keine Option zum Verzicht auf Change-Mangement, denn dies hätte existenzielle Folgen.

Konkrete Aufgaben im „Change-Management“

Change-Management umfasst die systematische Planung, Umsetzung und Überwachung von Veränderungsprozessen. Die Aufgaben reichen von der Analyse der Ist-Zustände und der Entwicklung von Zukunftskonzepten bis hin zur Steuerung der Veränderungsprojekte und der Verankerung neuer Abläufe im Klinikalltag. Ebenso wichtig ist die Schulung der Mitarbeiter, um neue Kompetenzen zu vermitteln und die Begleitung der emotionalen und mentalen Anpassungsprozesse.

Der Unterschied zwischen Projektmanagement und Change-Management

Während Projektmanagement sich primär auf die technische Abwicklung von Projekten konzentriert, darunter Zeitplanung, Budgetierung und Qualitätskontrolle, fokussiert Change-Management auf die menschliche Seite der Veränderung. Es geht um die Beeinflussung und Gestaltung der Unternehmenskultur, die Motivation von Mitarbeitenden und die Schaffung einer Basis für dauerhafte Veränderungen.

Wichtige Qualifikationen für Change-Manager

Erfolgreiches Change-Management erfordert nicht nur Kenntnisse in Betriebswirtschaft und Organisationsentwicklung, sondern auch in echtem Management, der Psychologie und in Kommunikationswissenschaften. Diese Fähigkeiten kann man durch spezielle Kurse und Zertifikate in Change-Management erwerben, die oft von Universitäten, Fachhochschulen oder privaten Weiterbildungsanbietern angeboten werden.

Obwohl Führungskräfte wesentlich am Change-Management beteiligt sein sollten, da sie Vorbilder sind und die Veränderung vorantreiben, kann die Komplexität und der Umfang des Change-Managements oft den Einsatz spezialisierter Change Manager erfordern. Diese können sich voll auf das Management des Wandels konzentrieren und verfügen über das notwendige spezialisierte Wissen.

Sind die Führungskräfte im Change-Management angemessen qualifiziert?

Die Qualifikation von Führungskräften kann stark variieren. Erfolgreiche Change Leader sind oft diejenigen, die eine klare Vision haben, empathisch kommunizieren und Mitarbeiter motivieren können. Doch ohne spezifische Schulung oder Erfahrungen im Change-Management könnten ihnen wichtige Fähigkeiten fehlen. Führung und Management sind nun mal Berufe der Wirksamkeit, die erlernt werden müssen – ebenso und erst recht ist Change-Management eine Qualifikation zum Leadership-Experten für Veränderung.

In den Managementtrainings der letzten 20 Jahre habe ich häufig jedoch nur sehr selten Führungskräfte des Oberen- oder Mittleren Managements. Ich frage mich, ob bzw. wo diese Qualifikationen erworben wurden oder werden.

Und dann stellt sich noch die Frage, wer die Führungskräfte ausbildet und trainiert – und ob tatsächlich Kenntnisse, Praxis- und Führungserfahrungen der Trainer und Ausbilder vorliegen. Denn Führung im Krankenhaus ist anspruchsvoll und hochkomplex. Aber viele der Führungskräftetrainer haben selbst noch nie geführt, schon gar nicht in Kliniken. Das ist für viele teilnehmenden Führungskräfte dann häufig befremdlich – zurecht, wie ich finde. Ein Fußballtrainer, der noch nie Fußball gespielt hat, wird schwerlich als Trainer erfolgreich sein. In der Regel wird er auch keinen Job bekommen – das läuft im Führungskräfte-Training leider häufig anders. Hier sollten die Anforderungen an Trainer deutlich erhöht werden.

Probleme bei Unsicherheiten oder zu geringer Qualifikation von Führungskräften

In vielen Fällen kommt es zu erheblichen Widerständen, die effektiv gemanagt werden müssen. Hier kommt der Führungskommunikation höchste Bedeutung zu. Das kann sonst zu Verzögerungen, erhöhten Kosten und sogar zum Scheitern von Projekten führen. Mitarbeitende könnten sich dem Wandel widersetzen oder sich entfremdet fühlen, was die Arbeitsmoral und Produktivität massiv beeinträchtigt. Hier schildern Führungskräfte häufig, dass sie mit diesen Situationen verständlicherweise überfordert sind und sich mehr „Handwerkszeug“ wünschen. Dieses lässt sich erfahrungsgemäß, je nach Funktion oder auch Verantwortung, in ein bis zwei Trainingstagen vermitteln. Das ist gut investierte Zeit und kommt einem Fahrsicherheitstraining für schwierige Situationen gleich. Führungskräfte werden dadurch gut vorbereitet. Ich erlebe Auftraggeber solcher Trainings, die sich der Tragweite solcher Maßnahmen bewusst sind und sie gezielt zur Qualifizierung ihrer Führungskräfte einsetzen. Erfolgreich.

Mögliche Fehler und Risiken

Weitere häufige Fehler sind eine unzureichende Risikoanalyse, mangelnde Ressourcenallokation, das Übersehen oder Ignorieren von Feedback der Mitarbeitenden und das Fehlen einer kontinuierlichen Evaluierung und Anpassung des Veränderungsprozesses. Vor allem die Kommunikation ist entscheidend – mit allen Facetten und Aspekten.

Wenn die Geschäftsführung vor die Führungskräfte und Mitarbeitenden tritt und Change verkündet und kommuniziert, so wirkt nicht nur der verbale Anteil, sondern vor allem der non- und paraverbale Anteil. Daher muss eine vollkommene Kongruenz des gesprochenen Wortes mit der Energie und Körperhaltung gegeben sein. Auch die unsichtbare, innere Haltung muss in dem Moment stimmig sein. Es geht um klare Authentizität. Das geht schon über eine normale Führungskommunikation hinaus – es ist eine echte Rhetorik. Es darf kein Glück sein, ob die richtigen Botschaften vermittelt werden. Denn Mitarbeitende lesen diese Kommunikation hochsensitiv aus und bemerken jede Schwäche und Fragwürdigkeit – und beantworten dies ggf. mit Misstrauen und Widerstand. Hier werden häufig viele Fehler gemacht, die nicht mehr aufgeholt bzw. wettgemacht werden können.

Kommunikation mit den Mitarbeitenden

Es ist entscheidend, dass die Kommunikation klar, offen, konsistent, authentisch, glaubwürdig und regelmäßig erfolgt. Mitarbeitende müssen verstehen, warum Veränderungen notwendig sind, welche Ziele verfolgt werden und wie diese die Organisation und sie persönlich betreffen werden. Die Regel lautet: kommuniziere viel und mit allen. Immer und jederzeit. Lieber einmal zu viel als zu wenig. Und vergiss niemanden – sonst droht Widerstand. Widerständen und Ängsten von Mitarbeitenden sollten Führungskräfte offen und verständnisvoll begegnen, um sie in eine konstruktive Energie zu wandeln. Phrasen wie „Machen Sie sich mal keine Sorgen!“ sind respektlos und würdigen nicht die wahrgenommene Situation. Besser ist es, ein Verständnis tiefenwirksamer Führungskommunikation zu besitzen. Ein gutes Beispiel, das sich die Tiefenstruktur der Kommunikation zunutze macht, ist: „Ich lade Sie zur gemeinsamen Veränderung ein! Denn wir sind über das OB hinweg – aber gemeinsam können wir jetzt das WIE gestalten. Bevor irgendjemand kommt und wir dann gestaltet werden.“ Solche Impulse sind sehr wirkungsvoll und unterstützen Führungskräfte in der Kommunikation. Aber auch eine souveräne und gewaltfreie Konfliktkommunikation ist hier eine große Stütze für Führungskräfte, wenn diese erlernt wurde. Sie stellt sicher, dass Konfliktthemen im Change-Management eskalationsfrei angesprochen werden können und in kürzester Zeit Lösungen vereinbart werden. Eine absolute Schlüsselqualifikation in diesen Zeiten, ebenso wie Persönlichkeitsdiagnostik. Das lässt sich alles meist in ein bis zwei Tagen erlernen.

Wie kann man Mitarbeitende davon überzeugen, dass die Veränderungen nötig sind – auch wenn sie manchmal schmerzhaft sein können?

Indem man die Vorteile, den Sinn und Nutzen der Veränderung klar kommuniziert, Unterstützung anbietet und frühzeitig in den Veränderungsprozess einbezieht. Das schafft Vertrauen und ermöglicht es den Mitarbeitern, Teil der Lösung zu sein. Und, ganz wichtig, dass Führungskräfte sicher und souverän in ihrer Haltung und Rolle sind. Das „OB“ darf nicht mehr diskutiert oder durch diese in Frage gestellt werden, lediglich das „WIE“. Das setzt aber voraus, dass Führungskräfte auch gut vom oberen Management „abgeholt“ und informiert wurden. Aber es gibt neben der Bring- auch eine Holschuld, der ich gerecht werden muss, wenn ich noch etwas benötige, um meiner Führungsaufgabe gerecht zu werden.

Man sollte, insbesondere bei verstärkten Ängsten und Widerständen, verstärkt eine Kultur des offenen Dialogs fördern, in der Ängste und Bedenken ohne Nachteile geäußert werden können. Zusätzliche Unterstützung wie Coaching oder Mentoring kann ebenfalls hilfreich sein. Und es ist wichtig, respektvoll mit Bedenken oder Ängsten umzugehen. Auch, wenn ich mich wiederhole, so ist zu betonen, dass es wichtig ist, klarzustellen, dass wir über das OB hinweg sind und es um die gemeinsame Gestaltung des WIE geht. Das löst häufig konstruktive Suchprozesse nach Lösungen aus und erhöht die Beteiligung und das Engagement der Mitarbeitenden – es kanalisiert die Energie von Ängsten hin zu Lösungen.

Warum uns Veränderungen schwerfallen

Menschen sind „Gewohnheitstiere“; Veränderungen bringen Unsicherheit und potenzielles Risiko mit sich, was natürlicherweise Abwehrreaktionen hervorrufen kann. Das Gehirn benötigt zudem im Rahmen von Routinedenken und -arbeiten im sogenannten Automatik-Modus nur ca. 5 % des Gesamtenergieumsatzes des Körpers. Im Rahmen des Change-Managements, also auch des Erlernens von neuen Methoden und Ansätzen, kann bzw. muss es den Energieverbrauch bis auf 20 % erhöhen – aber das Gehirn versucht in der Regel, diese Anstrengung zu vermeiden und „wehrt“ sich. Denn es empfindet Veränderung meist als unfassbar anstrengend und möchte daher lieber die Routine bewahren, da es der ökonomisch günstigere Modus ist. Es ist wichtig, das zu verstehen.

Der Unterschied zwischen Change-Management und Transformation

Change-Management und Transformation sind beides wichtige Konzepte im Bereich des organisatorischen Wandels, unterscheiden sich jedoch in ihrem Umfang, ihrer Tiefe und ihren Zielen.

Change-Management bezieht sich im Allgemeinen auf den Prozess, Veränderungen innerhalb einer Organisation zu planen, zu implementieren, zu steuern und zu stabilisieren. Es geht darum, spezifische Veränderungen zu managen, die oft klar definiert und auf bestimmte Ziele oder Projekte ausgerichtet sind. Change-Management kann sich auf Veränderungen in Prozessen, Systemen, Strukturen oder Technologien beziehen und ist oft reaktiv, d. h., es wird implementiert, um auf interne oder externe Einflüsse zu reagieren. Das Hauptziel von Change-Management ist es, den Übergang von einem bestehenden Zustand zu einem neuen Zustand zu erleichtern, Widerstände zu minimieren und die Akzeptanz unter den Betroffenen zu maximieren.

Transformation hingegen ist weitreichender und bezieht sich auf eine grundlegende Veränderung der Art und Weise, wie eine Organisation funktioniert. Dies kann eine komplette Neugestaltung von Geschäftsprozessen, Unternehmenskultur, Geschäftsmodellen oder der gesamten organisatorischen Struktur umfassen. Transformation ist in der Regel strategisch, tiefgreifend und zielt darauf ab, die Organisation auf lange Sicht zu erneuern oder radikal zu verbessern. Im Gegensatz zum Change-Management, das oft auf spezifische und messbare Ziele ausgerichtet ist, geht es bei der Transformation um eine umfassende Neuausrichtung, die darauf abzielt, die Organisation auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten oder sie wettbewerbsfähiger zu machen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Change-Management oft als ein Werkzeug innerhalb einer größeren Transformationsstrategie angesehen werden kann. Während Change-Management dazu dient, spezifische Veränderungen effektiv zu steuern und umzusetzen, betrachtet Transformation die Veränderung in einem viel breiteren, oft revolutionären Kontext, der die gesamte Organisation betrifft. In der Praxis überschneiden sich diese Konzepte häufig, und die Grenzen können verschwimmen, je nachdem, wie eine Organisation ihre Ziele und Initiativen definiert.

Warum Change-Management und Transformation in guten Zeiten umgesetzt werden sollten

Wirklich gute und erfolgreiche Unternehmen transformieren, wenn es ihnen gut geht, denn genau dann haben sie die in der Regel notwendigen Ressourcen dazu. Und Change benötigt Ressourcen.

Häufig warten Unternehmen jedoch, bis es ihnen immer schlechter geht und der Druck zur Veränderung unausweichlich und groß ist. Sie reagieren eher, als dass sie agieren. Dann haben sie jedoch häufig keine Ressourcen mehr – und schon gar nicht die nötigen Manager. Change-Management und Transformation benötigen jedoch erhebliche Ressourcen.

Zudem werden häufig dann im Rahmen der Notrettung noch die falschen Führungskräfte eingestellt. Ein Betriebswirt oder Volkswirt ist per se noch kein Manager und keine Führungskraft. Es gibt ausreichend exzellente Management-Studiengänge, die das notwendige Wissen vermitteln. Aber die Unterschiede sind den Eigentümern, Betreiber-Gesellschaften, Aufsichtsratsgremien nicht unbedingt bekannt. Auch nicht den Personalberatern. Warum? Keine ausreichende Qualifikation. Daher werden häufig die falschen Führungskräfte eingestellt. Und damit beginnt das Problem.

Proaktives Change-Management kann eine Klinik darauf vorbereiten, auf zukünftige Herausforderungen schnell reagieren zu können. Es ermöglicht eine ständige Anpassung an Best Practices und Innovationen, was langfristig den Erfolg sichert.

Aber auch in schwierigen Zeiten und bei wirtschaftlichem Druck können Veränderungsprozesse aufrechterhalten werden: Durch gut qualifizierte Führungskräfte, die eine klare Priorisierung, effektive Ressourcennutzung und angemessene Kommunikation in den Vordergrund stellen.

Zusammengefasst: Die Faktoren erfolgreichen Change-Managements

Ein klar definiertes Ziel, engagierte und qualifizierte Führungskräfte, effektive Kommunikation, Einbeziehung aller Beteiligten, und eine Kultur, die Veränderungen unterstützt, sind entscheidend für den Erfolg.

Zuerst sollte also eine klare und überzeugende Vision für die Veränderung formuliert werden. Dann sollten strategische Ziele festgelegt und kommuniziert werden. Ein Umsetzungs- und Kommunikationsplan sollte unter Berücksichtigung der vorhandenen und benötigten Ressourcen erstellt werden und Priorisierungen aufweisen. Die aktive Einbeziehung und Schulung der Mitarbeitenden sowie das Monitoring und die Anpassung der Prozesse sind weitere kritische Schritte. Es muss sichergestellt werden, dass sowohl alle Führungskräfte, aber auch die beauftragten Projekt- und Changemanager nicht nur vorhanden, sondern auch qualifiziert sind. Denn diese operieren zwar nicht „im“ aber „am“ Unternehmen. Und das sollte, genauso wie von den echten Chirurgen, methodisch beherrscht werden. Es darf kein Glück sein, wenn es klappt, ein Projekt erfolgreich zu Ende zu führen, denn hier werden letztlich transformative Eingriffe an den Kliniken vorgenommen, die professionell beherrscht, begleitet und verstanden werden müssen.

Dr. med. David Goldberg

DR. GOLDBERG & PARTNER

Führungs- und Organisationsberatung
Akademie für Führungskräfte
Selztalstr. 13
55218 Ingelheim am Rhein

mail@dr-goldberg.com
www.dr-goldberg-partner.de

Gesundheitspolitik

Goldberg D: BDC-Praxistest: Change-Management in der Chirurgie. Passion Chirurgie. 2025 Januar/Februar; 15(01/02): Artikel 05_01.

Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online (www.bdc.de) unter der Rubrik Wissen | Fachgebiete | Fachübergreifend.

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