12.03.2018 Politik
AWMF fordert Gesundheitspolitik auf Basis evidenzbasierter Medizin
Das Patientenwohl soll für die künftige Bundesregierung der entscheidende Maßstab aller gesundheitspolitischen Entscheidungen werden. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e. V. begrüßt diese Aussage im neuen Koalitionsvertrag, kritisiert jedoch, dass unerwähnt bleibt, auf welcher Basis gesundheitspolitische Entscheidungen künftig getroffen werden sollen. Die wissenschaftliche Medizin und die Notwendigkeit wissenschaftlich belegbarer Maßnahmen ist mit keinem Wort erwähnt.
Patientenwohl kann nur dann erreicht werden, wenn sich künftige gesundheitspolitische Entscheidungen an wissenschaftlichen Fakten orientieren: Nur wenn nachweisbar ist, dass eine gesetzgeberische Maßnahme im Gesundheitswesen im Sinne der evidenzbasierten Medizin ausreichend, zweckmäßig und notwendig ist, dient sie auch dem Wohl von Patientinnen und Patienten. Um das zu gewährleisten, ist eine enge Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Medizin – wie sie in der AWMF versammelt ist – unverzichtbar. „Wir müssen mehr und früher als bislang in gesundheitspolitische Entscheidungen einbezogen werden“, fordert AWMF-Präsident Professor Dr. med. Rolf Kreienberg.
Zwar wird im Koalitionsvertrag betont, dass der Dialog auch mit der Wissenschaft intensiviert werden muss, die evidenzbasierte Medizin findet als Grundpfeiler einer wissenschaftlich begründeten Prävention, Diagnostik und Therapie in dem 177-Seiten starken Vertrag jedoch keinerlei Erwähnung. Das sieht die AWMF angesichts der zu lösenden Aufgaben äußerst kritisch. „Die alternde Gesellschaft, die Zunahme chronischer Erkrankungen, Antibiotika-Resistenzen, aber auch die Digitalisierung und der Nachwuchsmangel in vielen Teilen der Medizin stellen uns vor große gesamtgesellschaftliche Herausforderungen“, so Kreienberg. Diese seien nur zu bewältigen, wenn die künftige Bundesregierung bei gesundheitspolitischen Entscheidungen die Ebenen und Akteure einbinde, die die höchste Kompetenz und Expertise zu einem Thema mitbringen.
In der AMWF mit ihren 177 wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften sind alle medizinischen Fächer, die meisten interdisziplinären Themenbereiche und neben Ärzten auch weitere Gesundheitsberufe vertreten. Von diesen wird Wissen gemäß der evidenzbasierten Medizin entwickelt, evaluiert und verbreitet. Daraus entstehen unter anderem Leitlinien, die heute die Basis des ärztlichen Handelns darstellen. Die AWMF garantiert daher mir ihren Aktivitäten und Akteuren eine Gesundheitsversorgung, bei der die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin auf alle Gesundheitsberufe und alle Versorgungsbereiche angewandt werden.
Die AWMF begrüßt auch das Anliegen der Koalitionsparteien, die Gesundheitsforschung auszubauen. Damit haben diese eine zentrale Forderung der AWMF in ihrem künftigen Regierungsprogramm verankert. Doch auch hier komme es auf die Ausgestaltung an: Hochschulmedizin, Versorgungsforschung und Medizininformatik können nur im Sinne der Patienten gestärkt werden, wenn auch hier die Grundpfeiler der wissenschaftlichen Medizin zum Maßstab des Handelns werden. Dazu gehöre, dass wissenschaftliches Arbeiten innerhalb der Medizin in Ausbildung und Beruf einen höheren Stellenwert bekomme, wissenschaftliche Studien und Netzwerke gefördert, die individuellen Bedürfnisse der Patienten und das Erfahrungswissen der Experten regelmäßig abgefragt werde und in Aktivitäten einfließen. „Dafür ist die AWMF in Deutschland das Expertengremium, das sich im Interesse des Patientenwohls gerne in die künftige Regierungsarbeit einbringt“, betont Kreienberg.
Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., Birkenstr. 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 05.03.2017
Weitere Artikel zum Thema
25.06.2018 Politik
Medizinischer Notfall? Neue Software soll Klarheit schaffen
Wohin soll ich gehen, wenn ich akute Beschwerden habe? Vor dieser Frage stehen Patienten, wenn sie ärztliche Hilfe benötigen. Ein Anruf beim ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116117 schafft Klarheit und wird bald aufgrund einer neuen Software noch zielgenauer sein. Anhand der Software werden dem Patienten Fragen gestellt und seine Beschwerden eingeschätzt.
20.06.2018 Politik
Weg mit den Budgets!
Gesundheitsministerkonferenz – Um den Beruf attraktiver zu machen, sollen die Honorare für niedergelassene Ärzte künftig nicht mehr gedeckelt werden, sagte Heiner Garg, Gesundheitsminister in Schleswig-Holstein, gegenüber Medien. Über einen entsprechenden Antrag will er auf der heute beginnenden Gesundheitsministerkonferenz abstimmen lassen. Der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen begrüßt diesen Schritt ausdrücklich.
15.06.2018 Politik
Medizinstudierende im PJ: Lückenbüßer und billige Hilfskräfte
Die Ausbildung von Medizinstudierenden im Praktischen Jahr krankt an mangelnder Betreuung und Anleitung. Vielfach wird den angehenden Ärztinnen und Ärzten die Rolle des Lückenbüßers zugedacht, der überall dort zur Stelle ist, wo im Krankenhaus Personal gebraucht wird.
14.06.2018 Politik
Fünf Forderungen zur Digitalisierung im Gesundheitswesen
Die ehrenamtlich tätigen Versicherten- und Arbeitgebervertreter der Ersatzkassen (Techniker Krankenkasse (TK), BARMER, DAK-Gesundheit, KKH Kaufmännische Krankenkasse, hkk – Handelskrankenkasse, HEK – Hanseatische Krankenkasse) haben in der Mitgliederversammlung des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek) ein Positionspapier zur Digitalisierung im Gesundheitswesen verabschiedet.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.