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32 Thesen zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl 2017

Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC), der Berufsverband Deutscher Internisten e.V. (BDI), der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e.V. (VKD) und der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands e.V. (VLK) als Spitzenverbände maßgeblicher Berufsgruppen im Krankenhaus und in der ambulanten Versorgung stellen nachfolgend die aus ihrer Sicht zentralen Anforderungen an die Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl 2017 vor.

Das Thesenpapier soll als Leitfaden für politische Gespräche der beteiligten Verbände mit Politikern dienen und zugleich eine schnelle Orientierung darüber geben, wo aus Sicht der unterzeichnenden Verbände Handlungsbedarf besteht.

A. Nach der Standortbestimmung des Ethikrates

  1. In Übereinstimmung mit den Empfehlungen des Deutschen Ethikrates sind sich die beteiligten Verbände einig: Das leitende normative Prinzip der Gesundheitsversorgung muss wieder das Wohl des einzelnen Patienten sein.
  1. Die dazu erforderliche Neugestaltung der Finanzierungssysteme (Betriebs- und Investitionsfinanzierung) muss dafür sorgen, dass die Ökonomie der Patientenversorgung dient und nicht umgekehrt.
  1. Über die Neugestaltung der Finanzierungssysteme muss die Behandlungsqualität des Patienten gefördert werden. Leistungserbringer dürfen nicht in Entscheidungssituationen gebracht werden, in denen ökonomische Vorgaben Vorrang vor medizinischen Notwendigkeiten gewinnen. Die Behandlungsqualität findet ihren Ausdruck insbesondere auch in einer verantwortungsvollen und nach den individuellen Gesundheitsbedürfnissen des Patienten abgewogenen medizinischen Indikationsstellung.
  1. Eine Zuteilung von Ressourcen mit fehlender Effektivität und mangelnder Effizienz erzeugt Ungerechtigkeit mit Über- und Unterversorgung des Patienten. Sie ist daher nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus ethischen Gründen zu vermeiden.
  1. Die Neugestaltung der Finanzierungssysteme muss dafür sorgen, dass Kommunikation und Zuwendung im Krankenhaus sowie eine sektorübergreifende Betreuung auch im ambulanten Bereich ausdrücklich Teil der Patientenversorgung werden. Der organisatorische Aufwand muss bei den Vorgaben des Vergütungssystems berücksichtigt werden. Im derzeitigen DRG-System sind die Komponenten auf der Bundesebene (Katalog der Bewertungsrelationen) und auf der Landesebene (Landesbasisfallwert) darauf eingestellt, die Vergütungsentwicklung unterhalb der Kostenentwicklung zu halten. Gleiches gilt für die strenge Budgetierung der niedergelassenen Vertragsärzte. Damit wird ein von Jahr zu Jahr steigender Rationalisierungsdruck auf die Patientenversorgung ausgeübt.
  1. Die Verbände fordern eine intensive Diskussion über die Führungsstrukturen am Krankenhaus, zu welcher der Ethikrat ausführt: „Eine fachinklusive Leitungsstruktur am Krankenhaus, die kaufmännische Leitung, ärztliche Direktion und Pflegeleitung gleichberechtigt und unbelastet durch arbeitsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten in der Krankenhausleitung zusammenführt, kann ein geeignetes Modell darstellen, um eine fachübergreifende Perspektive auf den Patienten auch strukturell abzubilden. Für die Sicherung der Transparenz ist auch die Einrichtung von Gremien im Krankenhaus denkbar, die als Beratungs- und Kommunikationsstellen fungieren und ggf. zwischen der Leitung und den Mitarbeitern vermitteln.“
  1. Die Dokumentationspflichten sollten auf das Notwendige reduziert und nicht ständig erweitert werden. Dokumentation zur Transparenz der Qualität ist gut. Es darf jedoch nicht zum Aufbau einer „Qualitätsbürokratie“ kommen.
  1. Zwischen ambulanter Versorgung im niedergelassenen Bereich und stationärer Versorgung im Krankenhausbereich erfährt der Patient regelhaft einen Bruch seiner Behandlungskette. Dies führt zu systemisch bedingten Informationsverlusten, Wartezeiten, Fehlerrisiken, Fehlzuweisungen, unnötigen Zusatzausgaben für die Krankenversicherung und Risiken einer schlechten Behandlungs- und Betreuungsqualität. Es ist dringend geboten, über die bisherigen gesetzlichen Vorgaben hinaus eine echte sektorübergreifende Versorgung einzurichten. Hierzu erwarten die Verbände Lösungen vom Gesetzgeber. Ein erster Schritt wäre die gemeinsame Sicherstellung der ambulanten Notfallversorgung durch Vertragsärzte und Krankenhäuser mit gleichen Rechten und Pflichten und angemessener Vergütung. Die bisherigen gesetzlichen Regelungen konnten diese für den Patienten belastende Versorgungslücke nicht schließen.
  1. Eine echte sektorübergreifende Versorgung ist gekennzeichnet durch gemeinsame Betreuung eines individuellen Patienten je nach medizinischer Notwendigkeit des Einsatzes von Kompetenzen und Ressourcen. Zu einer sektorübergreifenden Versorgung gehört daher nicht nur der Austausch von Informationen, sondern auch eine gemeinsame Verantwortung für die Gesamttherapie einschließlich der damit verbundenen finanziellen Ressourcen.
  1. In Deutschland gilt mit gutem Grund die freie Arztwahl durch den Patienten. Das schließt im Falle einer stationären Behandlung auch die Freiheit ein, das Krankenhaus der eigenen Wahl, ggf. auf Empfehlung des behandelnden Arztes aufzusuchen.
  1. Angesichts der zunehmenden Zahl von Behandlungen im ambulanten Bereich muss die fachärztliche Weiterbildung in allen Disziplinen in der ambulanten Praxis ermöglicht werden. Dies kann nicht auf ausgewählte Fachgebiete begrenzt werden. Im Besonderen muss eine Finanzierung von Weiterbildungsassistenten gewährleistet werden. In Weiterbildungspraxen müssen die Budgetgrenzen angepasst werden.
  1. Angedachte Vergütungsmodelle unter dem Schlagwort „Pay for Performance“ müssen sich an plausibler und nachweisbarer Ergebnisqualität orientieren. Dies ist ohne adäquate Risikoadjustierung unter Einbeziehung ärztlichen Sachverstandes nicht vorstellbar. Erfahrungen in den USA zeigen, dass hier durch mangelnde Risikoadjustierung – insbesondere auf Grund der sozioökonomischen Faktoren der Patienten – und durch Förderung einer Qualitätsbürokratie die Negativeffekte überwiegen und die Versorgung dadurch nicht besser wird.

B. Antikorruptionsgesetz

  1. Die Verbände stimmen vom Grundsatz her der Strafbewehrung korruptiven Verhaltens auch im ärztlichen Bereich zu. Es muss verhindert werden, dass Geldmittel der Sozialversicherung in Form von Prämienzahlungen fehlgeleitet werden.
  1. Andererseits führt das aktuelle Gesetz zu erheblichen Verunsicherungen, weil die Straftatbestände nur sehr vage ausformuliert sind. Insbesondere fehlt eine eindeutige Regelung zu innerärztlichen und sektorübergreifenden Kooperationen.
  1. Angesichts einer immer weiter fortschreitenden und im Sinne der Patientenversorgung auch notwendigen Spezialisierung als Konsequenz aus dem medizinischen Wissensfortschritt ist es zwingend geboten, die Breite der Medizin durch Zusammenführung der einzelnen Spezialisten zu gewährleisten. Das betrifft sowohl ambulante Versorgungsstrukturen, beispielsweise in der Kooperation zwischen Operateuren und Anästhesisten, als auch die Kooperationsnotwendigkeit zwischen selbstständig tätigen Fachärzten und Krankenhäusern oder Krankenhausverbünden. Dazu gehört auch die Hinzuziehung selbstständig tätiger Spezialisten für bestimmte Leistungen am Krankenhaus.
  1. Die genannten erforderlichen Kooperationen stehen allerdings prinzipiell unter Strafandrohung des Antikorruptionsgesetzes und werden deshalb aktuell in großem Umfang aufgelöst. Dies ist für die Patientenversorgung kontraproduktiv und bedarf einer umgehenden gesetzlichen Klarstellung.

C. Qualitätsoffensive und planungsrelevante Qualitätsindikatoren

Vorbemerkung:

Die Verbände unterstützen ausdrücklich eine sachgerechte und mit Augenmaß geführte „Qualitätsoffensive“, die zu einer Verbesserung der qualitativen Standards bei der Versorgung der Bevölkerung im stationären und ambulanten Bereich führen kann. Deren Erkenntnisse können eine Krankenhausplanung unterstützen, dürfen aber nicht Vehikel einer verkappten Mengenbegrenzung sein.

Vor diesem Hintergrund haben die Verbände erhebliche – methodische und inhaltliche – Bedenken, dass dieser Weg auf der Basis des vom IQTIG vorgelegten Abschlussberichtes zur „Auswahl und Umsetzung planungsrelevanter Qualitätsindikatoren“ zielführend beschritten werden kann. Aus Sicht der Verbände sind hier folgende Kritikpunkte anzuführen:

  1. Das Konzept „Patientengefährdung“ wurde als Konstrukt zur Legitimierung der Einschränkung der beruflichen Praxis in Planungsentscheidungen bei anhaltenden Qualitätsmängeln geschaffen. Es steht im Widerspruch zu dem international üblichen Prinzip der Patientensicherheit. Es stammt aus dem Katastrophenschutz und ist nach Expertenmeinung rechtsunsicher. Das moderne Fehlerverständnis bezieht sich nicht auf Gefahr, sondern auf die Analyse von Fehlerketten und hat Prävention als Ziel, nicht Strafe.
  1. Um die Versorgungsqualität einer Abteilung beurteilen zu können, hat das IQTIQ Indikatoren ausgewählt, die gemeinsam über die Hälfte der Fälle der Fachabteilung abdecken, das sogenannte „Repräsentationsprinzip“. Der Ansatz, Qualitätsindikatoren (esQS) nach dem Repräsentationsprinzip zu benennen, ist aber wissenschaftlich nicht belegt und führt zu einer Selektion von Indikatoren, die viele Fachbereiche gänzlich auslassen und bietet so keinen Ansatz zur Bewertung einer Klinik als Ganzes.
  1. Vor dem Hintergrund existenzbedrohender Konsequenzen der Anwendung der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren für die Krankenhäuser ist für die Rechtssicherheit vor allem eine hohe Evidenzstufe nötig. Der Nachweis des Zusammenhangs zwischen Qualitätsmängeln und potentiellem Schadensereignis muss demnach wissenschaftlich hochgradig abgesichert sein. Dies ist bei den ausgewählten esQS nur sehr bedingt gegeben.
  1. Bei der Validierung der von den Krankenhäusern an die Daten-Annahme-Stelle gelieferten Daten dürfen durch den MDK nur Fachärzte und – wo entsprechend der Weiterbildungsordnung gegeben – Fachärzte mit Schwerpunkt des betroffenen Gebietes eingesetzt werden.
  1. Die als Kommentierungsverfahren inklusiver fachlicher Klärung bezeichnete abschließende Stellungnahme des IQTIG von auffälligen Leistungserbringern bedarf einer Klärung hinsichtlich der Einbindung eines Teams medizinischer Fachexperten. Sie müssen einerseits vor jeder planungsrelevanten Entscheidung zwingend hinzugezogen werden, andererseits bedarf es eines Besetzungsrechts durch die Fachgesellschaften (mindestens 50 Prozent). Im Abschlussbericht wird argumentiert, dass Fachexperten durch ihre Zugehörigkeit zu den Leistungserbringern nicht frei von Interessenskonflikten seien und daher nicht beteiligt werden können. Dies geht an der Sachnotwendigkeit einer qualifizierten Evaluation vorbei und wird deshalb strikt abgelehnt. Mit dieser Argumentation wäre keines der in der Qualitätssicherung erfolgreich eingeführten Peer Review-Verfahren mehr möglich.
  1. Stellungnahme der Einrichtung: Das IQTIG lässt keine Einzelfallanalysen zu, sondern nur Ausnahmekonstellationen zu spezifischen Risikokonstellationen einer Klinik, die nicht in der Risikoadjustierung berücksichtigt sind, da alle anderen Faktoren in den statistischen Verfahren bewertet seien. Diese Argumentation ist abzulehnen, da die Risikoadjustierung der esQS unzureichend ist. Es sollen nur systematische Einflüsse erfasst werden, die es aber bei der Bewertung von Komplikationen häufig nicht gibt, insbesondere wenn diese selten auftreten. Hier ist die medizinische Konstellation des Einzelfalles mit all seinen Facetten entscheidend für die Bewertung, wie sie heute üblicherweise in Peer Review-Verfahren bewertet wird. Eine solche Berücksichtigung muss auch bei der Bewertung planungsrelevanter Indikatoren erfolgen.
  1. Die für den Bereich der Frauenheilkunde und Geburtshilfe vom IQTIG empfohlenen Qualitätsindikatoren waren zum Teil bereits als esQS Indikatoren umstritten und sind erst recht für den geplanten Zweck der Planungsrelevanz von geringer Aussagekraft und Relevanz. Sie beinhalten zusätzlich im Bereich der Geburtshilfe einen hohen Fehlanreiz z. B. zu einer Steigerung der Kaiserschnitte.
  1. Keinesfalls dürfen ungeeignete esQS aus dem Fachbereich Gynäkologie und Geburtshilfe nur deshalb zum Einsatz kommen, um unverantwortlich kurze Zeitvorgaben des GBA und des KHSG einzuhalten und eine Art Testlauf für planungsrelevante Qualitätsindikatoren zu ermöglichen, der die Übertragung in andere Fachbereiche vorbereitet.

Zwischenfazit:

Nach Auffassung der Verbände kann die vorgenannte Zielstellung einer sachgerechten „Qualitätsoffensive“ – nämlich die Verbesserung der qualitativen Standards bei der Versorgung der Bevölkerung im stationären Bereich – nachhaltig nur durch folgende Vorgehensweise erreicht werden:

  1. Es müssen aussagefähige Indikatoren für die Bewertung der Ergebnisqualität der Krankenhausleistungen entweder aus dem Pool der esQS-Daten entnommen oder anderenfalls neu erarbeitet bzw. durch Verknüpfung mit Sozialdaten ertüchtigt werden. Neue Indikatoren zur Ergebnisqualität, die wissenschaftlich fundiert und rechtssicher entwickelt werden, sind nicht im Schnellverfahren bereitzustellen, sondern erfordern einen Zeitraum von Jahren. Sie müssen manipulations- und rechtssicher sein und einen möglichst geringen Fehlanreiz bieten.
  1. Sollten in Zukunft Indikatoren zur Struktur- und Prozess-Bewertung von Krankenhausleistungen herangezogen werden, kann das nur bei gesicherter Gegenfinanzierung erfolgen. Bei diesen Indikatoren werden aller Voraussicht nach kostenintensive Vorgaben im Personal- und Sachkostenbereich durch den G-BA vorgegeben, die vor dem Hintergrund der seit Jahren zu konstatierenden Unterversorgung der Krankenhäuser im Betriebskostenbereich und vor allem auch im Bereich der Investitionsfinanzierung nur schwer erfüllt werden können.
  1. Zum Nachweis der Effizienz und Validität der planungsrelevanten Qualitätsindikatoren und zur frühzeitigen Erkennung zu erwartender Fehlanreize ist eine Begleitforschung zwingend nötig.
  1. Das gesamte Verfahren im GBA und IQTIG bedarf dringend einer Transparenz. Es liegen von 51 Fachgesellschaften und Verbänden Stellungnahmen zu dem Vorbericht des IQTIG vor, die konkrete, wissenschaftlich begründete Einwände gegen das jetzt geplante Verfahren enthalten. Sie sollen beim IQTIG bis zur Abschlussentscheidung in der Sache beim GBA unter Verschluss bleiben. Dies verhindert jeden konstruktiven Dialog in diesem komplexen Verfahren zwischen den medizinischen Fachleuten und dem GBA/IQTIG in der entscheidenden Phase der Entwicklung. Dies ist nicht zu akzeptieren, da es zu unausgewogenen Entscheidungen vor allem bei den Mehrheitsverhältnissen im GBA führt.

 

D. MDK – Fehlsteuerungen des Abrechnungssystems

  1. Das derzeitige System der Abrechnungsprüfung durch den MDK enthält aus Sicht der Krankenhäuser nicht akzeptable Fehlsteuerungen. Die Trägerschaft des Medizinischen Dienstes durch die Krankenkassen erweckt zumindest den Anschein fehlender Neutralität und potenzieller Ungerechtigkeit gegenüber Krankenhäusern. Es entsteht der Eindruck, dass der MDK beauftragt wird, unter dem Deckmantel der Rechnungsprüfung größere finanzielle Volumina von den Krankenhäuser zurückzuholen – teilweise mit dem Risiko von Verstößen gegen eine leitliniengerechte Medizin. Zudem kommt es auf beiden Seiten zum „Wettrüsten“ und damit zu einer Verschwendung von Ressourcen, die der Patientenversorgung fehlen.
  1. Abrechnungsprüfungen sind grundsätzlich erforderlich und werden auch von Krankenhausseite unterstützt. Ziel muss die korrekte Abrechnung sein.
  1. Dazu sollte eine neue unabhängige Institution geschaffen werden, die den Auftrag hat, Abrechnungen der Krankenhäuser allein sachbezogen und neutral zu prüfen. Statt einer weiteren Erhöhung der Prüfquote sollte je Krankenhaus eine nach statistischen Kriterien repräsentative Stichprobe von Abrechnungen erhoben und geprüft werden. Eine Stichprobe von fünf Prozent ist dazu völlig ausreichend, wenn sie statistischen Anforderungen genügt.
  1. Krankenhäuser, die nachweislich und regelhaft zu hoch abrechnen, müssen die Beträge zurückzahlen und sich zusätzlich einem Review-Verfahren unterziehen mit dem Ziel, das Abrechnungsverhalten gegen Auflagen an zu definierende Standards für korrekte Abrechnung anzupassen. Vorsätzliche Falschabrechnung ist als Straftat zu werten. Krankenhäuser, die zu wenig abrechnen, sollten darüber informiert werden. Die zu wenig gezahlten Erlöse sollten im Interesse der Fairness ausgeglichen werden.

Neue Ausgabe Passion Chirurgie

Was hat der Fischfang mit dem BDC zu tun?

Was braucht die Verbandsarbeit: Angeln oder Fischen? Die Antwort gibt Herr Dr. Rüggeberg in seinem Editorial zur vorliegenden Ausgabe von PASSION CHIRURGIE: Beides! Wie ein geduldiger Angler müssen wir die Fische, mal klein, mal groß an Land ziehen, aber die großen Projekte müssen wir gemeinsam stemmen. Wir brauchen fest geflochtene Netze, das „Networking“, um in der Politik oder der Selbstverwaltung etwas zu erreichen. Wir bilden Allianzen, weshalb der BDC in den Gremien der KBV und der Bundesärztekammer regelmäßig vertreten und beim DIMDI und in vielen anderen Institutionen tätig ist.

In dieser Ausgabe der Passion Chirurgie finden Sie ein gemeinsames Thesenpapier von BDC, BDI, dem Verband leitender Krankenhausärzte und dem Verband der Krankenhausdirektoren mit den Anforderungen an die Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl 2017.

Denken Sie daran: Am 22. März 2017 findet die BDC-Mitgliederversammlung im Rahmen des 134. Chirurgenkongresses in München statt. Wir freuen uns, Sie dort zu treffen.

Wir wünschen viel Freude beim Lesen der aktuellen Ausgabe.

Passion Chirurgie 02/2017

ZiPP: Einkommen der Ärzte gestiegen – Investitionen stagnieren

Das Einkommen niedergelassener Ärzte ist seit 2011 leicht gestiegen, liegt aber weiterhin unter den Gehältern von Krankenhausärzten. Das ergab das Zi-Praxis-Panel, mit dem das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung die wirtschaftliche Lage der Praxen zwischen 2011 und 2014 analysiert hat.

„Trotz gestiegener Jahresüberschüsse bei den niedergelassenen Ärzten ist die Arbeit als angestellter Arzt im Krankenhaus finanziell attraktiver“, betonte KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Gassen am Donnerstag bei der Vorstellung der Zahlen des Zi-Praxis-Panels (ZiPP). Gleichzeitig stagnierten die Investitionen. Grund sei, dass die Niedergelassenen kein Vertrauen in die Stabilität der finanziellen Rahmenbedingungen hätten.

Der KBV-Chef forderte die Politik auf, sich klar zur ambulanten Versorgung zu bekennen. „Die Verdienstmöglichkeiten in der eigenen Praxis mit hohem wirtschaftlichem Risiko müssen mindestens genauso gut sein, wie in der sicheren Anstellung im Krankenhaus.“

Hohe Personal- und Betriebskosten

Insgesamt hat sich die wirtschaftliche Lage in den Praxen aus Sicht der Wissenschaftler des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) im Berichtszeitraum verbessert. Demnach ist der Jahresüberschuss im Jahr 2014 im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent gestiegen. Allerdings bestehen Unterschiede in den einzelnen Fachgruppen.

Das hohe Wachstum der Betriebskosten sei durch eine Steigerung der Einnahmen kompensiert worden. Die deutlich gestiegenen Personalkosten könnten aus Sicht des Zi dazu beitragen, dass niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten weniger investierten.

Investitionen nach wie vor zögerlich

Die Praxisinvestitionen stagnieren den Zi-Wissenschaftlern zufolge auf niedrigem Niveau. Knapp die Hälfte der ZiPP-Praxen wendeten im Jahr 2014 weniger als 2.700 Euro für Investitionen auf. Im Durchschnitt über alle Fachbereiche war 2014 im Vergleich zu 2011 zuletzt ein Rückgang der Investitionen um rund acht Prozent zu beobachten. Eine Ausnahme bildet der hausärztliche Bereich mit einer Steigerung von 13 Prozent.

Die Entwicklung zeigt sich auch in den niedrigen Abschreibungen (-13,9 Prozent). Zugleich sind aber die Aufwendungen für Wartung und Instandhaltung mit 20,1 Prozent deutlich gestiegen.

Unterschiede in den Fachgebieten

In den einzelnen Fachgebieten verlief die wirtschaftliche Entwicklung im Erhebungszeitraum unterschiedlich – sowohl bei Einnahmen und Aufwendungen als auch beim Jahresüberschuss. Besonders stiegen die Aufwendungen bei den Anästhesisten mit 6,3 Prozent bei einem schwachen Wachstum des Jahresüberschusses von durchschnittlich 1,6 Prozent.

Der größte Zuwachs beim Jahresüberschuss mit 6,6 Prozent wurde im Fachgebiet Augenheilkunde erzielt. Im Bereich Psychosomatische Medizin und Psychotherapie hingegen verringerte sich der Jahresüberschuss um 1,1 Prozent.

Markant sind die Unterschiede zwischen Ärzten mit konservativer Tätigkeit und Ärzten, die operative Leistungen erbringen. Einen deutlich geringeren Überschuss je Inhaberarbeitsstunde erzielten die meisten Fachgebiete bei konservativer Tätigkeit.

Das Zi-Praxis-Panel

Die vorliegenden Ergebnisse beruhen auf der Befragung des Jahres 2015 und beziehen sich auf die Berichtsjahre 2011 bis 2014. An der Erhebung nahmen knapp 5.000 Praxen teil.

Mit dem Praxis-Panel erfasst das Zi seit 2010 jährlich die wirtschaftliche Gesamtlage von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten. Berücksichtigt werden sowohl die Einnahmen aus kassenärztlicher als auch aus privatärztlicher Tätigkeit. Basis bildet die steuerliche Überschussrechnung der Praxen. Auftraggeber sind die Kassenärztlichen Vereinigungen und die KBV.

Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, 02.02.2017

Schaufenster Februar 2017

Die Akademien der Chirurgie im Überblick

Bei all den Fort- und Weiterbildungsangeboten kann man schon mal den Überblick verlieren. Deshalb finden Sie seit Anfang des Jahres einen Überblick der „Akademien der Chirurgie“ auf der DGCH-Homepage.

Unter anderem sind die BDC|Akademie, das Weiterbildungsangebot der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen, die Private Akademie Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin und die Akademie für Kinderchirurgie vertreten.

Knochenschrauben aus Stahl und Titan bald Vergangenheit?

Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) haben nun offenbar gemeinsam mit Forschern der Unikliniken Bonn und Gießen-Marburg sowie der Uni Bremen eine Alternative gefunden. Es handelt sich um einen Schraubnagel aus biokeramischem Material, konkret: aus Kalziumphosphat oder Hydroxylapatit, beides Stoffe, die dem Knochengewebe sehr ähnlich sind. Dieser sogenannte „Schragel“ kann im Körper verbleiben und verwächst mit den Knochen, soll sogar auch das Knochenwachstum fördern können.

Forschungspreis
Ausschreibung: Ferdinand-Sauerbruch-Forschungspreis 2017

Ziel ist die Anerkennung und Förderung herausragender wissenschaftlicher Arbeiten jüngerer Chirurgen (Assistenten und Oberärzte). Er wird jährlich im Rahmen der Berliner Chirurgentreffen vergeben und ist zurzeit dotiert mit 2500 Euro. Die Ausschreibung erfolgt jährlich. Soweit in der Ausschreibung nichts anderes bestimmt ist, sind Bewerbungen bis zum 31. März einzureichen. Näheres ist den Richtlinien zu entnehmen.

Leserbrief
Kommentar zu „Chirurgie in Zahlen“, Passion Chirurgie IV/2016 (S. 9)

Seit den 1980er Jahren wird ein Endoprothesenregister geplant und scheiterte sicher nicht an den Operateuren.

1989 hatte ich mich freiwillig an ein Register der Firma Aesculap in Tuttlingen angeschlossen, da es sonst kein offizielles Register gab.

Mit Einführung der DRGs wäre die Erweiterung in ein gesamtdeutsches Endoprothesenregister ohne weiteres verpflichtend möglich gewesen, warum wurde diese Möglichkeit nicht genutzt? Das Nicht-Ausfüllen der Prothesendokumentation wurde von den Krankenkassen mit einer Strafe geahndet. Warum haben die Krankenkassen mit den Fachverbänden diese verpflichtende Dokumentation nicht genutzt? In dieses Dokument bei der Erstimplantation und auch der Revision hätten ohne weiteres die Daten der verwendeten Implantate und z. B. auch Angaben zur Erstoperation bei Revision ohne weiteres eingefügt werden können.

Steckt gar die Industrie dahinter? Es wäre ja möglich, bei der Vielzahl von angebotenen Implantattypen, dass durch eine ordentliche Dokumentation z. B. häufiger Komplikationen oder vermehrten Revisionsraten, das ein oder andere Produkt vom Markt hätte genommen werden müssen, eventuell wäre auch so manches Krankenhaus ins nähere Visier gekommen!

Warum also gibt es dieses Endoprothesenregister nicht verpflichtend für Alle die Prothesen einbauen?

Mir ist das nach all den Jahren (immerhin habe ich hier in Neuburg seit 1988 und schon vorher in Heidenheim Hüft- und auch Knieprothesen implantiert) noch immer nicht klar geworden, wo doch ansonsten in Deutschland fast alles bis ins Detail reguliert und kontrolliert ist.

Schande über die Deutsche Chirurgie bzw. auch Orthopädie!

Dr. Ludwig Krätzig, Neuburg
ludwig.kraetzig@t-online.de

Herzbericht 2016 – Herzchirurgie in Deutschland

Der in Berlin vorgestellte Herzbericht 2016 bestätigt, dass die herzchirurgische Versorgung bundesweit mit 78 Abteilungen auf hohem Qualitätsniveau etabliert ist. Die Verbesserung der Lebenserwartung – und insbesondere auch der Lebensqualität – der Patienten ist eine wesentliche Prämisse für die in Deutschland knapp 1.000 tätigen Herzchirurgen. „Insgesamt wurden im Jahr 2015 in Deutschland 128.175 Herzoperationen durchgeführt“, erläutert PD Dr. Wolfgang Harringer, erster Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG). „Trotz des kontinuierlichen Anstiegs des Lebensalters, und den damit einhergehenden Begleiterkrankungen, liegen die Überlebensraten der Patienten dank der kontinuierlichen Weiterentwicklungen bestehender, und Initiierung minimalinvasiver, schonenderer Operationsverfahren, weiterhin bei ca. 97 Prozent.“

Selbstverständlich hat der demographische Wandel auch einen Einfluss auf die Entwicklung der Herzchirurgie. „Seit 1990 ist ein kontinuierlicher Anstieg von Patienten höheren Alters zu beobachten“, erklärt Herzchirurg Harringer. Im Jahr 2015 waren bereits 15 Prozent aller herzchirurgischen Patienten mindestens 80 Jahre alt. Betrachtet man alle Herzerkrankungen, ist festzustellen, dass die Prävalenz bei Männern höher ist. Beispielsweise waren die Patienten mit koronarer Herzerkrankung, die eine Bypass-Operation erhielten, in 78 Prozent Männer und nur in 22 Prozent Frauen (2015). Die Herzchirurgie leistet mit vielfältigen Verfahren und patientenindividuellen Therapien bedeutende Beiträge in der Herzmedizin. Umso mehr begrüßt die DGTHG die obligate Umsetzung interdisziplinärer Herzteams.

Entscheidung im Herzteam: bestmögliche Patientenversorgung und -sicherheit

Interdisziplinärer Austausch und fachgebietsübergreifende Kooperation bedeuten für den Patienten in jedem Fall die bestmögliche Option und führen zu einer auf ihn abgestimmten Therapieempfehlung. Aus diesem Grund sind mit Blick auf die hochwertige medizinische Versorgung Herzteams – im Kern bestehend aus Herzchirurgen, Kardiologen, Kinderkardiologen und Anästhesisten – die optimale personelle Basis für eine erfolgreiche Patientenbehandlung. Das „Herz-Team-Konzept“ ist in zahlreichen nationalen und internationalen Leitlinien explizit als ein wesentlicher Faktor der Patientenversorgung ausgewiesen (Guidelines on myocardial revascularisation ESC/EACTS 2014; aktualisierte Nationale Versorgungsrichtlinie chronische Koronare Herzkrankheit 2016). „Wir begrüßen das empfohlene Herzteam-Konzept ausdrücklich, dies im Hinblick auf alle Therapieverfahren in der Herzmedizin. Für die Behandlung der Koronaren Herzkrankheit gibt es aus Sicht der Herzchirurgen noch Verbesserungspotential“, so Harringer.

Koronare Herzkrankheit (KHK) und Herzchirurgie: in 90 Prozent aller Fälle sind Verkalkungen die Ursache der Herzerkrankung

Die Koronare Herzkrankheit als Erkrankung der Arterien des Herzens ist die häufigste Todesursache in den westlichen Industrieländern. Ablagerungen an den Gefäßwänden (Plaques) verursachen die Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und damit Gefäßverengungen (Stenosen) bis hin zu Verschlüssen, welche zu einer Mangelversorgung des Herzens mit Sauerstoff führen. In 10 Prozent aller Fälle sind andere Ursachen verantwortlich für die Entstehung der KHK. Die Folgen können von der Angina pectoris über Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzinfarkt reichen. Die stationäre Morbiditätsziffer der KHK hat von 2013 bis 2015 nur marginal um 0,8% abgenommen (2013: 807,1; 2015:800,5). Das patientenindividuelle Versorgungskonzept der Koronaren Herzkrankheit richtet sich nach diversen Parametern.

Bypass-Operation: besonders vorteilhaft bei komplexen Gefäßverengungen, kein Patientenhöchstalter für Operationen; Diabetes-Patienten profitieren überproportional

Bei komplexen koronaren Mehr-Gefäßerkrankungen und/oder Hauptstammstenose (Verengung der großen Herzkrangefäße im Ursprungsteil) besteht eine klare Indikation für die koronare Bypass-Operation. Dies sowohl bezogen auf die Beschwerdefreiheit und insbesondere auch im Hinblick auf die Überlebensrate und Lebensqualität (siehe 5-Jahres-Ergebnisse der Syntax-Studie) der betroffenen Patienten. „Patienten jeglichen Alters können herzchirurgisch revaskularisiert werden“, betont Harringer. „Es gibt keine fixe Altersobergrenze. 2015 machte die Altersgruppe der ab 70+ Jahre 48,4 Prozent aller koronaren Bypass-Patienten aus.“ Männer sind in allen Altersgruppen häufiger betroffen als Frauen – nur jede vierte Frau erhält eine koronare Bypass-Operation. Insgesamt wurden 2015 bundesweit rund 52.000 isolierte und kombinierte Bypass-Operationen durchgeführt.

„Welches Verfahren für den Patienten das bestmögliche ist, muss im interdisziplinären Kompetenzteam – dem Herzteam – entschieden werden. Die im Jahr 2014 aktualisierte ESC/EACTS „Guidelines on myocardial revascularisation“ bestätigt ebenso wie die Nationale Versorgungsleitlinie chronische KHK die Konzeption der Kooperation und Entscheidungsfindung im Herz-Team“, betont Harringer. „Jeder Patient muss individuell und im Kontext seines Herzleidens, wie auch seiner Begleiterkrankungen betrachtet und beraten werden. Zum Beispiel profitieren Patienten mit Diabetes mellitus überproportional von einer koronaren Bypass-Operation im Vergleich zu anderen Therapiekonzepten. Für multimorbide Hochrisikopatienten im hohen Lebensalter kann durchaus auch eine Intervention das Mittel der ersten Wahl sein. Wie konsequent und erfolgreich sich die Zusammenarbeit im Herzteam gestalten kann, sieht man an der seit mehreren Jahrzehnten praktizierten engen Zusammenarbeit und Abstimmung von Herzchirurgen und Kinderkardiologen bei der Behandlung von Patienten mit angeborenen Herzfehlern.“

Herzklappenchirurgie: kontinuierlicher Anstieg der Eingriffe; Mitralklappe kann zumeist rekonstruiert werden, G-BA Richtlinie etabliert Herzteam bei TAVI und Mitral Clip

Europaweit gehört die Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) zu den häufigsten Herzklappenerkrankungen, die verschleißbedingt, insbesondere im hohen Lebensalter, auftritt. „Die Aortenklappenstenose ist derzeit die häufigste invasiv therapierte Herzklappenerkrankung, gefolgt von der Mitralklappeninsuffizienz. Insgesamt stieg 2015 die Anzahl der Herzklappeneingriffe um ca. 3 Prozent auf 32.346 (2014: 31.359) an. 11.183 dieser Eingriffe waren im Jahr 2015 konventionelle Aortenklappenersatz-Operationen“, erklärt Harringer. Mit 6.027 isolierten Mitralklappen-Operationen setzte sich der kurative Ansatz auch im 2015 fort: Bei rund zwei Drittel (63,6 Prozent) der Operationen konnte die patienteneigene Herzklappe rekonstruiert, und in ihrer Funktion wiederhergestellt werden. Biologische oder mechanische Mitralklappen-Prothesen waren in 36,4 % aller Fälle notwendig.

Neben den konventionellen Operationsverfahren bieten minimalinvasive kathetergestützte Techniken (TAVI und Mitral Clip) eine schonende Alternative für ausgewählte Patienten höheren Lebensalters in Kombination mit erheblichen Begleiterkrankungen. Die Zahl kathetergestützter Aortenklappenimplantationen (TAVI) im Jahr 2015 beträgt laut des deutschen Herzberichtes 15.573. „Die kathetergestützte Aortenklappen-implantation und die transvenöse Clip-Rekonstruktion der Mitralklappe unterliegen in Deutschland besonderen Voraussetzungen und dürfen seit dem 20. Juli 2015 nur nach interdisziplinärem Konsens des etablierten Herzteams mit festgelegten Prozessen und verbindlich definierter Infrastruktur durchgeführt werden“, erklärt PD Dr. Harringer. „So sieht es die Richtlinie zu minimalinvasiven Herzklappeninterventionen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vor. Wir begrüßen dies ausdrücklich.“

Neues Rekordtief: Mangel an Spenderherzen

Die dramatische Entwicklung bei den Herztransplantationen setze sich auch mit einem Rekordtief im Jahr 2015 fort. Wurden 2014 noch 294 Herztransplantationen durchgeführt, so sank die Anzahl weiter auf 283 im Jahr 2015. Zwar werden nach Angaben der DGTHG Herzunterstützungssysteme, welche als Alternative oder als Überbrückung bei mehr als 90 Prozent der Patienten implantiert werden, immer leistungsfähiger, stellen jedoch keinen adäquaten bzw. vollumfänglichen Ersatz für ein Spenderherz dar. „Aufgrund ihrer lebensbedrohlichen Erkrankung müssen viele der schwerst-herzkranken Patienten meist mehrere Monate im Krankenhaus oder gar auf einer Intensivstation auf die lebensrettende Transplantation warten“, erklärt Herzchirurg Harringer. „Alle Beteiligten sollten daher weiter an die Spendebereitschaft der Bevölkerung appellieren.“

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Luisenstraße 58/59, 10117 Berlin, www.dgthg.de, 25.01.2016

Zuwendungen im Gesundheitsmarkt: Musterverträge

Der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands e. V. (VKD) und der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) haben die “Musterverträge zu ausgewählten Kooperationsformen zwischen Medizinprodukteunternehmen sowie medizinischen Einrichtungen und deren Mitarbeitern” aktualisiert und veröffentlicht. Die 24-seitige Broschüre enthält neben einer detaillierten Beschreibung von Grundsätzen der Zusammenarbeit zahlreiche Muster-Vertragstexte zur rechtlichen Ausgestaltung einzelner Kooperationsformen zwischen Industrie und Krankenhäusern.

In den Musterverträgen sind Textvorschläge und Erläuterungen zu verschiedenen Kooperationsformen wie Referentenvertrag, Beratervertrag, Unterstützung der Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen, Sponsoring-/Werbevertrag oder Geldspende enthalten. Sie basieren auf den vier Grundprinzipien der “Healthcare Compliance”:

  • Trennungsprinzip: Zuwendungen dürfen nicht im Zusammenhang mit Beschaffungsentscheidungen stehen.
  • Transparenzprinzip: Jede Zuwendung und Vergütung muss offengelegt werden.
  • Äquivalenzprinzip: Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen.
  • Dokumentationsprinzip: Alle Leistungen müssen schriftlich festgehalten werden.
Musterverträge

Quelle: Bundesverband Medizintechnologie e. V., Reinhardtstraße 29b, 10117 Berlin, www.bvmed.de, 18.01.2017

GKV-SVSG passiert Gesundheitsausschuss des Bundestages

Entgegen der Kritik von Krankenkassen, Kassenverbänden und Ärzteorganisationen hat der Gesetzentwurf zum Selbstverwaltungsstärkungsgesetz den zuständigen Ausschuss im Bundestag passiert. Die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten schärferen Kontrollen für die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen rücken damit näher.
Das sogenannte Selbstverwaltungsstärkungsgesetz (GKV-SVSG) der Bundesregierung hat den Gesundheitsausschuss des Bundestages passiert. Für die Vorlage votierten am Mittwoch (25.01.2017) die Fraktionen von Union und SPD, die Oppositionsfraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich bei der Abstimmung. Zuvor hatte der Ausschuss noch knapp ein Dutzend Änderungsanträge angenommen, mit denen die Koalitionsfraktionen auf Kritik in der Expertenanhörung reagierten.

Anträge der Fraktionen Die Linke und von Bündnis 90/Die Grünen zu dem Thema fanden im Ausschuss keine Mehrheit. Die Linksfraktion fordert eine stärkere Patientenvertretung in der Selbstverwaltung, die Grünen verlangten bessere Kontrollmechanismen.

Bei der Anhörung über den Gesetzentwurf hatten sich die Akteure der gesundheitlichen Selbstverwaltung unlängst sehr kritisch zu der Reform geäußert und dafür geworben, den Entwurf entweder deutlich nachzubessern oder auf das Vorhaben ganz zu verzichten (vgl. “Links zum Thema”).

Schärfere Kontrollen und erweiterte Pflichten

Mit dem Gesetzentwurf reagiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf mehrere skandalträchtige Alleingänge der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und setzt auf erweiterte Durchgriffsrechte in der gesundheitlichen Selbstverwaltung. Die Novelle beinhaltet Vorgaben für die Haushalts- und Vermögensverwaltung, die internen Transparenzpflichten sowie Kontrollmechanismen.

Für die Mitglieder der Selbstverwaltung sollen schärfere interne und externe Kontrollen eingeführt werden. So werden die Prüf- und Mitteilungspflichten bei Beteiligungen und Neugründungen der Organisationen erweitert. Die Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung soll regelmäßig extern überprüft werden. Mit der verpflichtenden Einrichtung einer Innenrevision sollen Verstöße an die Aufsicht gemeldet werden.

Entsendung eines Staatskommissars durch BMG möglich

Der Gesetzentwurf sieht Möglichkeiten vor, in bestimmten Fallkonstellationen Satzungsänderungen durchzusetzen oder rechtswidrige Beschlüsse der Selbstverwaltungsorgane aufzuheben. Um einen rechtmäßigen Zustand wieder herzustellen, soll das BMG dazu berechtigt sein, eine “Person für besondere Angelegenheiten” zu benennen und in die betreffende Spitzenorganisation zu entsenden.

Mit den Änderungsanträgen wird unter anderem präzisiert, in welchen Fällen der umstrittene “Staatskommissar” zur Kontrolle in besonderen Angelegenheiten an die Einrichtungen entsandt werden kann. Zudem werden Haftungsfragen geregelt und Berichtspflichten präzisiert.

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Weiterführende Informationen
Gesetzentwurf
Antrag der Fraktion Die Linke
Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

BDC|Niedersachsen und Bremen: Fortbildung und Mitgliederversammlung

Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,

wir möchten Sie herzlich zu unserer diesjährigen gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung des BDC|Niedersachsen und BDC|Bremen sowie des ANC|Niedersachen einladen. Traditionsgemäß werden Vorträge zu gemischten fachlichen Themen und aktuelle Themen aus der Berufspolitik präsentiert. Auch die Mitgliederversammlung ist wieder Teil des Programms.

Gemeinsame Fortbildungsveranstaltung und Mitgliederversammlung 2017

am 18. Februar 2017, 09:00-14:00 Uhr

Veranstaltungsort: Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen
Berliner Allee 22, Raum 419
30165 Hannover
Anmeldung per Fax an (0531) 595-2090 oder E-Mail an chirurgie@klinikum-braunschweig.de

Wir hoffen, dass Ihnen die aktuellen Themen gefallen und so ein interessantes Programm für Sie entstanden ist.

Wie immer wird die Veranstaltung für Fortbildungspunkte akkreditiert.
Wir hoffen auf eine rege Teilnahme!

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Prof. Dr. med. G. Schumacher
Vorsitzender BDC|Niedersachsen

Prof. Dr. med. M. P. Hahn
Vorsitzender BDC|Bremen

Dr. med. G.-D. von Koschitzky
Vorsitzender ANC|Niedersachsen

Programm

Terrorgefahr: Mediziner fordern Ausstattung von Rettungswagen mit Tourniquets

Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) und die Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin (DGAI) fordern, dass Rettungswagen bundesweit mit sogenannten Tourniquets ausgestattet werden. Das Tourniquet ist ein Abbindesystem, mit dem eine lebensbedrohliche Blutung an Armen oder Beinen unterbrochen und gestoppt werden soll – beispielsweise nach Explosions- oder Schussverletzungen bei einem Terroranschlag. Auf diese Forderung verständigten sich die Unfallchirurgen und Rettungsmediziner auf der DGU-Veranstaltung „Terroranschläge – eine neue traumatologische Herausforderung“ am 14. Januar 2017 in München. DGU-Präsident Prof. Dr. Ingo Marzi sagt: „Wir müssen uns weiterhin gut für den Fall terroristischer Anschläge vorbereiten – daher ist es sinnvoll, die Ausstattung mit Tourniquets für die Schwerverletztenversorgung nachzuholen.“

Der Sprecher der DGAI-Arbeitsgemeinschaft (AG) Taktische Medizin und Oberstarzt Prof. Dr. Matthias Helm wies in seinem Vortrag darauf hin, dass etwa 90 Prozent der Opfer von Terroranschlägen sterben würden, weil sie verbluteten. „Die Stillung der Blutung steht nach einer Explosion an erster Stelle“, betont DGU-Generalsekretär Prof. Dr. Reinhard Hoffmann. Die Erfahrung von Medizinern, die die Opfer der Anschläge von Paris vor Ort versorgten, zeige, dass die Tourniquets, die auf den Rettungswagen waren, nicht ausreichten – die Rettungskräfte und Ärzte griffen auf ihre Hosengürtel zurück und banden damit die verletzten Extremitäten ab. “Das Tourniquet ist eine einfache Maßnahme, um eine Blutung zu stoppen und somit Leben zu retten. Wir müssen es nur parat haben”, sind sich Hoffmann und Helm einig.

Das Tourniquet stammt ursprünglich aus der militärischen Einsatzmedizin. Angesichts der aktuellen Terrorgefahr erfährt es nun auch in der Zivilmedizin große Bedeutung. Während in Frankreich alle Rettungsfahrzeuge damit ausgestattet sind, ist das in Deutschland noch nicht flächendeckend der Fall: Die Rettungswagen in Bayern haben bereits militärische Sanitätsausrüstung an Bord. „Schuss- und Explosionsverletzungen sind hierzulande seit 60 Jahren ein seltenes Verletzungsmuster. Daher müssen wir uns neu darauf einstellen, um optimal vorbereitet zu sein – sowohl in den Krankenhäusern, als auch am Unfallort“, sagt Oberstarzt Prof. Dr. Benedikt Friemert, Leiter der DGU-AG Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie.

Zudem überlegen die Unfallchirurgen, auch die Bevölkerung in die Versorgung stark blutender Schuss- und Explosionsverletzungen einzubeziehen: In einem nächsten Schritt wäre es denkbar, öffentliche Plätze mit Tourniquets auszustatten – analog zu Defibrillatoren. Da die Tourniquets, die einer Blutdruckmanschette ähneln, leicht zu handhaben sind, könnte jeder Bürger im Ernstfall dazu beitragen, dass bei einer lebensbedrohlichen Blutung schnell gehandelt werden kann. Die Schulung darin könnte ein Punkt bei Erste-Hilfe-Kursen sein.

In den USA gibt es die Kampagne „Stop the bleeding“: Gemeinnützige Organisationen werben in gemeinsamer Verantwortung mit der Regierung dafür, dass jeder Bürger in die Lage versetzt werden kann, eine lebensgefährliche Blutung zu stoppen. „Diese politische Unterstützung wünschen wir uns auch in Deutschland“, sagt Hoffmann. Bisher gingen alle Aktivitäten, um die medizinische Versorgung von Opfern von Terroranschlägen zu optimieren, auf gemeinnützige Initiativen zurück. „Hier vermissen wir ein politisches Signal“, betont Hoffmann.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V.; Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin, www.dgu-online.de; Deutsche Gesellschaft für Anästhesie und Intensivmedizin e.V., Roritzerstr. 27, 90419 Nürnberg, www.dgai.de, 19.01.2017

Debatte um Krankenhaushygiene: Diskreditierung statt Patientenaufklärung

Berlin, 19. Januar 2017: Chirurgen kritisieren die Berichte des Recherchenetzwerkes „Correctiv“ und des ARD-Magazins „Plusminus“ zur Hygiene in deutschen Krankenhäusern. Transparenz sei das Motiv der kürzlich veröffentlichten Auswertung der Krankenhausqualitätsberichte und Daten des BKK Landesverbandes Nordwest. Wieviel Nutzen diese vermeintliche Transparenz auf Grundlage veralteter Daten für Patienten wirklich hat ist fraglich. Klar ist, seit der Veröffentlichung stehen einige Krankenhäuser auf der „roten Liste“. Diese Einteilung ist zweifelhaft und wird vom Berufsverband der Deutschen Chirurgen e.V. (BDC) kritisiert.

„Es werden einige Krankenhäuser auf der Übersichtskarte fälschlicherweise an den Pranger gestellt“, erklärt Vizepräsidentin des BDC Prof. Dr. med. Julia Seifert. „Patienten werden verunsichert und nicht gestärkt.“

Als Ergebnis der Auswertung können Patienten über „Correctiv“ auf eine Übersichtskarte zugreifen, die rot und grün markierte Krankenhäuser zeigt – also welches Krankenhaus im Jahr 2014 „Minimalkriterien” an Hygienepersonal erfüllt und welches nicht. Grundlage dafür sind Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert Koch-Institutes von 2009. Diese Empfehlungen werden allerdings falsch dargestellt: denn laut KRINKO-Empfehlung müssen Krankenhäuser ab 400 Betten ausschließlich einen Krankenhaushygieniker beauftragen – in der Auswertung heißt es aber, dass diese 400-Betten-Grenze auch für hygienebeauftragte Ärzte und Pfleger gelte.

„Die Auswertung vermittelt, dass Hygienestandards in rot markierten Kliniken nicht ausreichend seien – Krankenhäuser werden diskreditiert“, so Seifert. „Ausreichendes Hygiene-Fachpersonal in Kliniken ist auf jeden Fall notwendig. Maßgeblich sind allerdings auch die generelle Personalausstattung sowie die Arbeitsauslastung innerhalb der Krankenhäuser“, erklärt Seifert. „Denn auch das Hygiene-Fachpersonal ist machtlos, wenn die Zeit fehlt, um z. T. aufwendige Hygienestandards einzuhalten. Politik und Krankenhausleitungen müssen die Rahmenbedingungen schaffen, sodass sich alle Angestellten im Krankenhaus mehr Zeit für Hygienemaßnahmen nehmen können.“

Bis zum 31.12.2016 wurde bewusst eine bundesweite Übergangsregelung zur Umsetzung der KRINKO-Empfehlungen geschaffen, da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novellierungen der Hygieneverordnungen klar war, dass nicht ausreichend Personal aus- bzw. weitergebildet werden könne. Die Übergangsregelung war 2014, also zum Zeitpunkt der Datenerhebung, noch in Kraft. Diese Regelung wird in der Auswertung ebenfalls nicht beachtet.

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