Alle Artikel von Katrin Welcker

Nachwuchskampagne NurMut! Die Lunge immer im Blick

Für das Fach Chirurgie begeistern, ganzheitlich informieren und unterstützen – das ist die Mission der Nachwuchskampagne „Nur Mut! Kein Durchschnittsjob: ChirurgIn“ des BDC. In der neu aufgelegten Interviewreihe wollen wir die Facetten der Chirurgie transparent machen und zeigen, wie Chirurgen und Chirurginnen ihren Beruf leben.

INTERVIEW MIT DR. MED. KATRIN WELCKER, CHEFÄRZTIN FÜR THORAXCHIRURGIE, MÖCHENGLADBACH

Passion Chirurgie: Faszination Thorax­chirurgie – was ist für Sie das Beste am Fach?

Katrin Welcker: Eigentlich wollte ich Orthopädin werden und bin dadurch in die Chirurgie gekommen. Ich bin schon während meines Medizin- und Sportstudiums viel herumgekommen, war an verschiedenen Universitäten und wollte eigentlich Sportärztin und -orthopädin werden. Dafür musste man klassischerweise erstmal in die Chirurgie, das war damals eine Grundvoraussetzung. Darüber bin ich dann völlig vom Weg abgekommen und habe gemerkt, dass Chirurgie eigentlich viel spannender ist. In der Thoraxchirurgie bin ich rein durch Zufall gelandet. Von Beginn an hat mich das Fachgebiet fasziniert. Es ist ein sehr kollegiales Arbeiten, mit extrem flachen Hierarchien. Als Youngster wird man früh in die oft eher kleinen Teams komplett eingebunden. Man arbeitet außerdem immer interdisziplinär, andere Gebiete sind also immer involviert – deshalb muss man auch über das eigene Fach hinausdenken. Die Betrachtung von Patienten ist oft ganzheitlich. Fasziniert hat mich das filigrane Arbeiten und die Tatsache, dass man sich in der Thoraxchirurgie in Extremsituationen befindet – es kann sehr schnell viel schiefgehen. Andererseits ist auf diesem Gebiet viel elektive Chirurgie dabei, daher ist eine gute Planbarkeit gegeben. Das Besondere an der Thoraxchirurgie ist auch, dass wir eine kleine Community sind, in der sich die meisten untereinander kennen, da sie ein sehr junges eigenständiges Fachgebiet ist. Das macht viel aus.

PC: Aus heutiger Perspektive: Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich für das Studium empfehlen?

KW: Ich würde heute bestimmt noch mehr machen. Vielleicht würde ich heute noch mehr ausprobieren. Man sollte sich bloß nicht zu früh festlegen, sondern alle Chancen nutzen, die es gibt. Stipendien sind eine tolle Chance, die eigene Neugier zu nutzen, um überall mal reinzuschauen und beispielsweise viele Gesundheitssysteme kennenzulernen und sich viele Fächer anzusehen. So kann man sich gut weiterentwickeln. Denn ich finde: Ausprobieren kann man am besten im Studium. So viel Freiheit hat man nie wieder. Beispielsweise ist es wichtig, sich während der Famulatur alle verschiedenen Träger anzusehen und auch verschiedene Krankenhäuser, jedes „tickt“ etwas anders. Die Voraussetzungen sind heute richtig gut – in der Welt werden Ärzt:innen gesucht. Selbst wenn manche Erfahrungen einen ein halbes Semester zurückwerfen. Wichtig finde ich gleichzeitig, die Doktorarbeit nicht aus den Augen zu verlieren, so dass man möglichst früh als Assistenzärztin oder -arzt damit durch ist.

PC: Hand aufs Herz: Wie gelingt die Balance zwischen Beruf & Familienleben mit Kindern?

KW: Das Erste ist: Perfektsein geht nicht mehr. Diesen Anspruch an sich selbst sollte man ablegen, sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Mit der Familiengründung ist mehr Improvisation wichtig. Auf diesen Schritt muss man sich einstellen und dann klappt das auch. Ich wollte immer beides – Beruf und Familie. Ein erfülltes Leben ist ohne Kinder für mich nicht vorstellbar. Für mich waren meine Kinder auch immer eine Motivation. Man muss sich private Netzwerke schaffen, familiär oder über Freunde. Wir hatten damals Kita, Au-Pairs und Großeltern. Das klappte gut, auch wenn man trotzdem oft improvisieren musste. Die gesellschaftliche Akzeptanz einer berufstätigen chirurgischen Mutter ist heute viel höher als früher. Es ist eher so, dass die Einzelne sehen muss, wie sie das organisiert bekommt. Aber es gibt heute ja Teilzeitmodelle, auch in der Thoraxchirurgie. Diese Doppelrolle – Eltern zu sein und berufstätig zu sein – findet sich, wenn man versucht, flexibel zu sein. Beides zu machen, ist ein Gewinn, auch für den Beruf. Natürlich braucht das Planung und Absprachen in der Partnerschaft. Flexibilität ist wichtig, aber das ist ja im Beruf nicht anders. Die am Morgen in der Klinik besprochene Planung kann am Nachmittag völlig anders aussehen.

Meine beiden Töchter haben Medizin studiert, beziehungsweise meine jüngste Tochter startet im Sommer in ihr Praktisches Jahr. Meine älteste Tochter möchte selbst auch Chirurgin werden. Beruf und Familie zu vereinen, ist machbar. Dafür braucht es Vorbilder und Mentor:innen. Sich ein Mentor:innen-Programm zu suchen, kann hier sehr hilfreich sein.

PC: Was würden Sie einer Assistenzärztin mit auf den Berufsweg geben?

KW: Sich etwas zutrauen – sich aktiv einbringen ins Team – Kollegialität leben, sind wichtige Eigenschaften. Und auch sich zu engagieren, Netzwerke zu bilden und Vorbilder zu suchen. Ohne Netzwerke wäre ich nicht da, wo ich heute bin, weder in meiner Position als Ärztin noch in der Fachgesellschaft. Durch Netzwerkarbeit baut man sich seinen eigenen Zirkel auf. Man darf das auch nicht nur aus dem Blickwinkel betrachten, was das einem selbst bringt. Eher sportlich und im Sinne des Engagements. Eine gewisse Portion Selbstreflexion ist in dieser Phase wichtig. Entscheidungen müssen oft schnell gefällt werden, dafür sollte man bereit sein. Hingegen sind Erfolge und auch Misserfolge sehr schnell sichtbar. Das macht den Beruf aus. Deshalb sollte man sich in dieser Phase die Fragen stellen: Will ich das? Kann ich das? Traue ich mir das zu?

PC: In schwierigen Zeiten – was oder wer hat Sie motiviert dranzubleiben?

KW: Die größte Motivation war immer meine Familie. Und meine Eigenmotivation – mein Ziel vor Augen zu behalten. Rückschläge gehören für mich aber auch dazu! Hinfallen-aufstehen-Krone richten. Eine gewisse Grundpositivität sollte man mitbringen.

PC: Gab es ein entscheidendes Erlebnis, das Sie motiviert hat?

KW: Noch heute bekomme ich jedes Jahr an einem bestimmten Tag eine Karte und einen Blumenstrauß eines ehemaligen Patienten, der nach einem schweren Unfall notoperiert wurde, obwohl ich seitdem den Arbeitsplatz mehrfach gewechselt habe. Dass man Leben retten kann – das ist an dem Beruf als Chirurg:in so besonders und kommt häufig mal vor. Das ist bewegend für mich.

PC: Wie wichtig war für Sie ein Netzwerk und welches Netzwerk war hilfreich?

KW: Sehr wichtig. Frühzeitiges Engagement, wie beispielsweise in Verbänden oder in Fachschaften, ist hilfreich für die Bildung eines Netzwerks, davon profitiert man lange. Gut ist auch, sich aktiv auf Kongressen einzubringen und mal „mutig“ einen Vortrag zu halten, oder auch bei den Jungen Foren der Fachgesellschaften. Sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, ist gut. Meine Erfahrung ist, dass ein Schritt immer den nächsten nach sich zieht. Bei mir war das auch eher ein Zufall, da ich durch eine Spezialisierung im Qualitätsmanagement, was mich selbst sehr interessiert hat, in der Fachgesellschaft eine Tätigkeit angenommen habe. Wenn man sich erstmal in einem Bereich engagiert hat, ergibt sich eine weitere Tätigkeit zwangsläufig. Nur den ersten Schritt muss man schon selbst tun.

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Welcker K: Nachwuchskampagne Nur Mut! Die Lunge immer im Blick. Passion Chirurgie. 2021 Juli/August; 11(10): Artikel 04_04.

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Kind oder Karriere – oder vielleicht beides?

Ergebnisse einer Umfrage zur Familienplanung unter deutschen Chirurginnen 2010

„Sie wollen erfolgreiche Chirurgin werden UND Kinder bekommen? Das können Sie vergessen!“ Zugegeben diese spontane Meinungsäußerung eines chirurgischen Chefarztes, verbunden mit einem sichtbaren Entsetzen über die angekündigte Schwangerschaft ist schon ein paar Jahre her. Mittlerweile sind Chirurginnen mit Kindern auch in deutschen Kliniken keine exotische Erscheinung mehr, aber ist der Beruf Chirurgin aus Sicht der betroffenen Frauen wirklich mit dem Wunsch einer Familie problemlos zu vereinbaren? Um dieser Frage nachzugehen hat das Mentorinnennetzwerk des Deutschen Ärztinnenbundes unter der Leitung von Frau Professor Schrader zusammen mit Frau Dr. Deck vom Institut für Sozialmedizin der Universität Lübeck einen Fragebogen erstellt. Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie unterstützen dieses Ansinnen.

Angeregt durch die Ergebnisse der Befragung des BDC 2008 zur Berufssituation von Chirurginnen in Deutschland [1] wurde der modifizierte Befragungsbogen des Ärztinnenbundes auf der Homepage des BDC freigeschaltet. Dort fand sich zudem ein Hinweis auf die Befragung. Zusätzlich wurden alle weiblichen Mitglieder des BDC per E-Mail-Verteiler zur Teilnahme aufgerufen und andere, nicht im Berufsverband organisierte Chirurginnen unter Zuhilfenahme weiterer E-Mail-Verteiler (z.B. Deutscher Ärztinnenbund, FiT-Frauen in Thoraxchirurgie, Bremer Chirurginnen etc.) über die laufende Umfrage informiert.

Abb 1: Altersverteilung der Teilnehmerinnen

Basisdaten

Zur Auswertung standen 722 Fragebögen zur Verfügung. 61 % der antwortenden Chirurginnen waren zum Zeitpunkt der Erhebung unter 40 Jahre alt. 30 % der Chirurginnen waren zwischen 41 und 50 Jahre alt, 9 % zwischen 51 und 60 Jahre und 1 % über 60 Jahre alt (»Abb. 1). 36 % der Antwortenden befanden sich noch in der Weiterbildung, zwei Drittel waren Fachärztinnen. Eine Oberarztposition hatten 25 % inne, der Chefärztinnenanteil war erwartungsgemäß mit 4 % niedrig (»Abb 2). 53 % der Befragten waren in der Allgemeinchirurgie beschäftigt, 25 % in Orthopädie und Unfallchirurgie, gefolgt von 10 % in der Gefäßchirurgie, aber auch die kleineren chirurgischen Säulen waren mit insgesamt 26 % vertreten.

Abb 2: Dienststellung der Teilnehmerinnen

Abb 3: Tätigkeitsumfeld der Teilnehmerinnen

Von den antwortenden Frauen waren 36 % in Krankenhäusern der Grund und Regelversorgung (GR), 22 % in Schwerpunktkrankenhäusern (SP), 21 % in Krankenhäusern der Maximalversorgung (Max) tätig. Weitere 11 % kamen aus Universitätskliniken (Uni), 9 % waren in der Praxis niedergelassen (»Abb. 3).

Jeweils etwa ein Drittel aller Befragten war bei einem kommunalen oder gemeinnützigen Träger beschäftigt. 17 % in Krankenhäusern privater Trägerschaft und 12 % in Kliniken in Trägerschaft der Länder. Mehr als 81 % der antwortenden Chirurginnen waren ganztags beschäftig, nur 7 % halbtags und 12 % stundenweise. Die erhobenen Basisdaten zeigen in etwa die gleichen Ergebnisse und Verteilungen wie die Umfragedaten der BDC-Erhebung aus dem Jahr 2008 unter 1026 Chirurginnen [1] und sind somit als repräsentativ zu beurteilen.

Fragen zu Kindern und Kinderwunsch

Immerhin 45 % aller antwortenden Chirurginnen hatten zum Zeitpunkt der Befragung Kinder. Etwa die Hälfte hatte ein Kind, 34 % zwei Kinder und immerhin 12 % mehr als 2 Kinder. Trotz aller vermeintlichen Unwegsamkeiten wollen mehr als die Hälfte der antworteten Chirurginnen (51 %) Kinder haben oder weitere Kinder haben. Analysiert man diese Antworten nach dem Alter, wird klar, dass 85 % der unter 30 Jährigen und 71 % der zwischen 30 und 40 Jahre alten Chirurginnen (weitere) Kinder haben wollen.

Tabelle 1: Kinder und Kinderwunsch bei Chirurginnen unter 40 Jahren

Wollen Sie (weitere) Kinder haben? Total Haben Sie Kinder?
Ja Nein
415 145 270
Ja 309 85 224
74,50 % 58,6 % 83 %
Nein 106 60 46
25,5 % 41,4 % 17 %
Abb 4: Gründe für Kinderlosigkeit oder fehlenden weiteren Kinderwunsch (n=543)

Insgesamt wollen drei Viertel der unter 40 Jährigen (weitere) Kinder haben (74,5 %). Nur 11 % der unter 40 jährigen Kolleginnen (46 Antworten) haben noch keine Kinder und wollen auch zukünftig keine Kinder haben (»Tab. 1). War kein (weiterer) Kinderwunsch vorhanden, fragten wir nach den Gründen wobei Mehrfachnennungen möglich waren. 56 % der Kolleginnen sahen die Kollision mit der Berufsplanung als Hinderungsgrund für (weitere) Kinder. 41 % nannten die langen Arbeitszeiten als Grund. 23 % waren partnerlos und 15 % wollten grundsätzlich keine (weiteren) Kinder (»Abb. 4).

Fragen zu beruflichen Problemen durch Kinder und Familie

Als Hauptproblem zur Familienplanung im Berufsfeld der Chirurgie werden von über 74 % der Befragten die schlecht planbaren und wenig flexiblen Arbeitszeiten (69 %) genannt. Eine ebenso hohe Zahl an Kolleginnen (71 %) sah und sieht Karriereeinbußen durch Kinder.

Vorurteile der Kollegen in 30 % und die fehlende Unterstützung durch Vorgesetzte beklagt bei rund 45 % der Befragten zeigen, das die Akzeptanz der chirurgisch tätigen Mutter noch nicht wirklich im Berufsalltag angekommen ist (»Abb. 5). Werden nur die bereits „erfahrenen“ Mütter gefragt, so zeigen sich ganz klar zwei Spannungsfelder die zu Schwierigkeiten im Beruf und im Alltag führen: die Arbeitszeiten (52 %) verbunden mit Überstunden (59 %) sowie die fehlende (24 %) oder eingeschränkte Kinderbetreuung (48 %), alles im allem bemängeln 53 % organisatorische Schwierigkeiten (»Abb. 6).

Abb 5: Hauptprobleme bei der Familienplanung

Abb 6: Probleme im Berufsalltag bei vorhandenen Kindern
Abb 7: Der beste Zeitpunkt zum Kinderbekommen ist… (n=686)

Aus Sicht der Befragten ist in der derzeitigen Situation eigentlich kein optimaler Zeitpunkt für die Familienplanung zu ersehen. Die Weiterbildungszeit scheint hierbei allerdings die ungünstigste Zeit für eine Geburt eigener Kinder zu sein, nur 12 % sehen diese Zeit als den günstigsten Zeitraum an. Ein Drittel (32 %) empfiehlt die Zeit nach der Weiterbildung zum idealen Zeitpunkt der Familienplanung, genauso viele favorisieren das Studium (29 %) für die Geburt ihrer Kinder. Das letzte Drittel der Befragten (28 %) billigt dem Karrierestadium und der Karriere insgesamt eine untergeordnete Rolle bei Familienplanung und Kindsgeburt zu (»Abb. 7).

Abb 8: Pläne zur Erziehungszeit/Babypause (n=583)

Auswirkungen von Schwangerschaft, Geburt und Erziehungszeit

Immerhin 41 % der antwortenden Chirurginnen wollen bzw. haben nach der Geburt wieder in Vollzeit gearbeitet. Eine reduzierte Arbeitszeit nach der Geburt ist für 55 % die Wunschvorstellung. Nur ein sehr geringer Anteil der Befragten würde nach einer Schwangerschaft das Fachgebiet wechseln (1 %) oder nur noch stundenweise arbeiten (3 %) wollen. Die Mehrzahl der Befragten (93 %) hat bzw. will nach einem Jahr Erziehungszeit wieder als Chirurgin tätig sein. Immerhin 29 % sogar so früh wie möglich (»Abb. 8).

Bei den befragten Müttern hat sich die Weiterbildungszeit durch Schwangerschaft und Erziehungszeit bei über 80 % um mindestens 1 Jahr verlängert. Bei mehr als 25 % sogar um mehr als 3 Jahre. Die Verlängerung der Weiterbildungszeit korreliert in der Regel mit der Anzahl der Kinder. Von 251 Befragten Müttern, die Elternzeit in Anspruch nehmen konnten, haben 43 % diese für 12 Monate genommen. Immerhin bei der knappen Hälfte der Mütter (112 Antworten entsprechend 45 %) hat auch der Partner Elternzeit in Anspruch genommen. Ein Drittel der Antwortenden (34 %) gibt an, dass sich die Einführung des Elterngeldes positiv auf die Kinderplanung ausgewirkt hat, bei zwei Dritteln spielte es keine Rolle (66 %).

Perspektiven in der Familienplanung

Abb 9: Wünsche an einen familienfreundlichen Arbeitgeber

Was sollte sich nun aus der Sicht der betroffenen Chirurginnen ändern um die Familien- und Kinderplanung mit dem Berufsleben besser zu vereinbaren? Im Berufsleben sollte der Arbeitgeber KiTa-Angebote mit flexiblen Betreuungszeiten, maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Chirurginnen und der Ärzte insgesamt schaffen (84 %). Weiterhin werden von den Chirurginnen eine gesicherte (Re‑)Integration (67 %), ein vermehrtes Angebot an Teilzeitstellen (56 %) und Job-Sharing-Angeboten (31 %) sowie eine gesteigerte Akzeptanz von arbeitstätigen Müttern (63 %) gefordert (»Abb. 9).

Abb 10: Wünsche an ein familienfreundliches Privatumfeld

Sollte die erweiterte KiTa-Betreuung nicht durch den Arbeitsgeber organisierbar sein, so wünschen sich 54 % eine verbesserte wohnortnahe Kinderbetreuung mit flexibleren Betreuungszeiten (87 %). Die antwortenden Chirurginnen wünschen sich außerdem vom Partner mehr Verantwortung in der Familienarbeit (32 %) und Übernahme von häuslichen Pflichten (35 %). Ebenso viele (38 %) wünschen sich ein größeres Netzwerk Gleichgesinnter (»Abb. 10).

Fazit

Chirurginnen wollen Kinder! Und Chirurgen ebenso! Dieser Kinderwunsch wird mit dem Wunsch nach einer parallelen und adäquaten beruflichen Tätigkeit sowie vergleichbaren Karrierechancen verbunden. Knapp die Hälfte aller Mütter möchte nach der Geburt wieder ganztags vollbeschäftigt der anspruchsvollen Chirurgentätigkeit nachgehen! Dies widerspricht der weit verbreiteten Meinung, das Frauen mit Kindern „nur“ Teilzeit arbeiten wollen. Vielmehr scheinen die äußeren Zwänge – wie fehlende zeitlich flexible Kinderbetreuung oder schlecht- bis unplanbare Arbeitszeiten – im privaten und beruflichen Umfeld viele Chirurginnen in die Teilzeit zu drängen.

Arbeitgeber und Krankenhausträger haben gute Chancen, der Armada der teilzeitbeschäftigten Ärzte mit flexiblen betrieblichen KiTa-Angeboten bis hin zum Hort für Grundschüler zuvor zu kommen. Dies kann sogar wirtschaftlich interessant sein und bindet motivierte Mitarbeiter. Erschreckend ist in der heuten Zeit die immer noch fehlende Unterstützung bei den Vorgesetzten und die vielen Vorurteile der Kollegen, die die Familienplanung für Chirurginnen weiterhin erschweren, ja manche Frau wohl auch frustrieren lassen. Dies, und die deutliche Verlängerung der Weiterbildung für Frauen mit Kindern können wir uns nicht mehr leisten! Wenn es nicht gelingt diese „Baustellen“ anzugehen, werden die chirurgischen Fachdisziplinen den Wettbewerb um hoch motivierte und engagierte Kolleginnen verlieren. Ein eklatanter Nachwuchsmangel und chirurgische Versorgungsengpässe werden bei der wachsenden Zahl weiblicher Medizinstudenten die Folge sein!

Weibliche Vorbilder gibt es schon: Immerhin 45 Prozent der an dieser Umfrage beteiligten Chirurginnen sind bereits Mütter und somit der Beweis dafür, dass Familie und Chirurgie in irgendeiner Weise vereinbar sind. Von diesen Vorbildern und deren in der Befragung skizzierten Erfahrungen gilt es zu lernen, sowohl in der eigenen Klinik, als auch in den berufspolitischen Anstrengungen von Verbänden und wissenschaftlichen Fachgesellschaften.

Literatur

[1] Leschber G, Ansorg J (2009): Chirurgin in Deutschland – Ergebnisse einer Umfrage 2008. Der Chirurg BDC 4: 180-187