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Kommentar zum Artikel ‚Konsiliararzt und Umsatzsteuer’ von H. Wendland

Leistungen die ein Unternehmer erbringt sind grundsätzlich umsatzsteuerbar. Unternehmer sind Gewerbetreibende, Freiberufler wie Ärzte. Verschiedene Leistungen sind steuerbegünstig (Lebensmittel u. a.)oder aber auch steuerfrei. Ärztliche Leistungen (Heilbehandlungen) sind umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 14 UStG).

Umsatzsteuerfrei ist aber auch nicht nur der ärztliche Leistungsumsatz sondern auch die Nebenleistung. Nach Art 132 Abs. 1 b MWStSystRL ist eine Befreiung von der MWSt zu gewähren, wenn die Dienstleistung “ein mit einer Krankenhausbehandlung oder einer ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz/Nebenleistung“ ist.

Im Einführungsschreiben zu § 4 Nr. 14 UStG RZ 64(1) in der ab 01.01.2009 geltenden Fassung sind eng verbundene Umsätze wie folgt definiert:

“Als eng mit Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen verbundene Umsätze sind Leistungen anzusehen, die für diese Einrichtungen nach der Verkehrsauffassung typisch und unerlässlich sind, regelmäßig und allgemein beim laufenden Betrieb vorkommen und damit unmittelbar oder mittelbar zusammenhängen” (ebenso Gutachten EUGH v 15.9.2005 C 394/04).

Ebenso wird die Erstellung von ärztlichen Gutachten gegen Entgelt, sofern ein therapeutischer Zweck im Vordergrund steht. RZ 65 letzter Absatz) begünstigt (OFD Frankfurt/M Verfg 16.9.2011 – S 7170A-63-St 112 Tz 1; BFH 30.3.2011 XI R 30/09).

Die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG ist nicht auf die Person des Leistungsempfängers (final Patient) gerichtet, das personenbezogene Befreiungselement beschränkt sich ausschließlich auf den Leistenden. Dieser muss Träger eines ärztlichen/arztähnlichen Berufs sein, ob angestellt, oder freier Mitarbeiter ist unerheblich (BFH 25.11.2004 V R 44/02 BStBl. II 2005, 190; BFH-Beschluss vom 12.10.2004 V R 54/03 BStBl. II 2005,106).

Der Steuerfreiheit von Leistungen steht nicht entgegen, dass der Arzt seine erbrachten Leistungen gegenüber Ärzten und Krankenhäusern, nicht aber unmittelbar gegenüber Patienten erbringt (BFH 18.8.2011 V-R 27/10 BFH NV 2011,2214).

Die Basiskonstellation, nach der die Grundlage für die Umsatzsteuerbefreiung ein direktes Verhältnis des Patienten zum Arzt im Rahmen eines persönliches Vertrauensverhältnisses sein muss, ist nicht Voraussetzung einer Steuerbefreiung.

Befreit ist das “Bündel” Heilbehandlung mit den Nebenleistungen, die zum Heilerfolg beitragen, der Einschaltung eines Konsiliararztes erfolgt ja auf Grund eines gesamten Leistungskonzeptes in das Nebenleistungen einbezogen werden (BFH 18.82011 V R 27/10 BFH NV 2011, 2214).

Es gibt aber eine Vielzahl ärztlicher Leistungen die keine Heilbehandlungen sind, damit keine therapeutische Zielsetzung haben und die steuerpflichtig sind (bspw. Todesgutachten, Alkohol-Drogengutachten, Gerichtsgutachten, Berufsgenossenschaftsgutachten, Schönheitsoperationen, wenn nicht med. Indikation).

Es besteht nun die Problematik der Beurteilung der Tätigkeit eines Konsiliararztes.

Der Konsiliararzt steht nicht im direktem Verhältnis mit dem Patienten, er hat mit diesem keinen Behandlungsvertrag und berechnet auch nicht an ihn sondern an seinen Auftraggeber (Klinik o. a.).

Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist nicht, dass die Heilbehandlung in unmittelbarer Vertragsbeziehung zu dem Patienten erbracht wird. Es genügt ein heilberufliches Tätig werden, gleichgültig ob der Patient selbst oder ein Dritter zu dessen oder seinen Gunsten die Heilbehandlung veranlasst hat.

Zweck der Hinzuziehung eines fachkundigen Dritten ist der Rat, Einholung für Vorbeugung, Diagnose, Therapie, Behandlung, und soweit möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen, die dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen. Die Tätigkeit erfolgt telefonisch, schriftlich in Form von Stellungnahmen und/oder Gutachten oder direkt bei Ortsterminen. Der Konsiliararzt ist beratend, nicht aber im Rahmen konkreter Arzt-Patientenverhältnisse tätig. Die Hinzuziehung muss (um Steuerfreiheit zu erlangen) einen therapeutischen Zweck haben.

Ein Konsiliararzt ist ein Arzt mit einer anderen Fachgebietsbezeichnung, der in einem konkreten Behandlungsfall während eines stationären Aufenthaltes aus einem Fachgebiet untersucht und Behandlungsvorschläge macht, weil die entsprechende Facharztkompetenz in dem Krankenhaus nicht vorhanden ist (Definition nach Sozialgericht Gelsenkirchen 29.9.2005 AZ S 16 KA 15/04).

Es steht der Steuerbefreiung der Umsätze nicht entgegen, dass sie ihre Leistungen nicht selbst gegenüber den Patienten abgerechnet, sondern sie als Subunternehmer ausgeführt hat.

Sinn dieser Umsatzsteuerbefreiung ist gesundheitliche Leistungen nicht durch Umsatzsteuer zu belasten und damit beim Endverbraucher (Kranken) bzw. Träger der Sozialversicherung kostenerhöhend zu wirken (EuGH – Urt. v. 18.11.2010 Rs C-156/09 Verigen).

Es soll das Gesamtbündel an Leistungen von Heilbehandlung befreit werden. Die einzelnen Dienstleistungen (z. B. Konsiliararzt) stehen in einem unerlässlichen, festen und untrennbaren Bestandteil eines Gesamtverfahrens, dessen einzelne Abschnitte sinnvollerweise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden können.

Nicht befreit werden sollen – auch ärztliche – Leistungen, die nicht der Heilbehandlung dienen, diese sind steuerpflichtig.

Es soll hiermit erreicht werden, dass die gesamte Heilbehandlung steuerfrei bleibt, dass aber Tätigkeiten die von anderen Unternehmen umsatzsteuerpflichtig erbracht werden, auch im ärztliche Bereich – aus Gleichheitsgründen – besteuert werden (steuerliche Neutralität).

Ergebnis

Die Nebenleistung folgt grundsätzlich der steuerlichen Würdigung der Hauptleistung – ist die Hauptleistung umsatzsteuerfrei, so ist die Nebenleistung analog zu beurteilen.

Ist die Hauptleistung des Arztes (Betriebsarzt, Schönheitschirurg u. a.) umsatzsteuerpflichtig, so wird diese eng mit dieser Leistung verbundene Tätigkeit ebenso als umsatzsteuerpflichtig beurteilt werden.

Die eng mit der Hauptleistung verbundene konsiliarärztliche Tätigkeit ist umsatzsteuerlich entsprechend der Behandlung der Hauptleistung zu beurteilen.

Anmerkung

Ist die konsiliarische Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig so hat der Arzt eventuell die Kleinunternehmerregelung zu prüfen.

Vereinnahmt der Arzt Einnahmen, die umsatzsteuerpflichtig sind, und die unter € 17.500 p. a. liegen, so kann er diese als Kleinunternehmer (§ 19 UStG) umsatzsteuerfrei behandeln. (€ 17.500 im Vorjahr, Gesamtumsatz stpfl. voraussichtlich nicht höher als € 50.000)

Wenn der Auftraggeber des Konsiliararztes umsatzsteuerlicher Unternehmer ist, so kann dieser die ihm berechnete Mehrwertsteuer als Vorsteuer abziehen, dies führt final zu keiner Mehrbelastung beim Rechnungssteller, als dieser die Mehrwertsteuer zusätzlich in Rechnung stellen kann.

Halmburger A. Kommentar zum Artikel Konsiliararzt und Umsatzsteuer von H. Wendland. Passion Chirurgie. 2012 März; 2(03): Artikel 06_03.

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