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Ein Kommentar der Gemeinsamen BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände (GBK)

Seit mehreren Jahren war eine Neuordnung des berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) angekündigt worden. Sowohl die Berufsverbände als auch die wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Unfallchirurgen und Orthopäden wurden im Vorfeld dazu gehört und teilweise sind deren Vorstellungen und Wünsche auch in die Reform eingeflossen. Für den Bereich der Niedergelassenen wurde die Neuordnung zum 1.1.2011 wirksam, für den (noch schwieriger zu regelnden) stationären Bereich sollen die Veränderungen im Laufe des Jahres 2011 umgesetzt werden.

Die GBK hat sich ausführlich mit den neuen Bestimmungen auseinandergesetzt. In diesem Beitrag werden die Auswirkungen analysiert und mit allen Beteiligten abgestimmte Handlungsempfehlungen gegeben.

Grundsätzlich sind die Beziehungen zwischen den Vertragsärzten und der DGUV gemäß § 34 Abs. 3 des SGB VII vertraglich geregelt. Der entsprechende Vertrag wird zwischen der KBV und der DGUV geschlossen. Im Deutschen Ärzteblatt Nr. 41 vom 15.10.2010 [1] wurde die aktuelle Fassung veröffentlicht. Darüber hinaus gelten die „Anforderungen der Gesetzlichen Unfallversicherung nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren“ [2], die zum 1.1.2011 novelliert worden sind. Auf die relevanten Änderungen im Vergleich zum Stand vom 1.1.2005 wird jeweils eingegangen.

Der Vertragstext, die dazu gehörigen Zulassungsvoraussetzungen und Auslegungsgrundsätze sind von den Homepages des BDC, des BVBGÄ und der DGUV herunterzuladen.

D-Ärzte

Nach Bekanntwerden der Eckpunkte zur Neuausrichtung der Heilverfahren in der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahr 2008 und Gründung einer AG Berufsgenossenschaften in der ehemaligen Union Orthopädie und Unfallchirurgie mit Beteiligung beider Fachgesellschaften DGU und DGOOC entwickelte sich in der Diskussion mit der DGUV ein dreistufiges D-Arztmodell, welches dem neuen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Rechnung tragen sollte. Es ist mittlerweile Konsens, dass es einen Basis-D-Arzt geben soll, der Facharzt für O/U ist und nach seiner Anerkennung noch ein Jahr an einer für das Verletzungsartenverfahren (VAV) zugelassenen Klinik gearbeitet haben muss. Während der Weiterbildung werden Kurse in der Führung und Organisation der Heilverfahren, in Begutachtung und Rehabilitation besucht werden müssen. Exakte Kriterien für diese Anforderungen liegen noch nicht fest, sind aber in Bearbeitung. Die operativen Eingriffe, die diese Basis-D-Ärzte ausführen dürfen, sind in den Grundsätzen ambulantes Operieren in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) in der Fassung vom 1.1.2011 [4] nachzulesen (s. Homepages).

Dies gilt für alle bis zum 31.12.2010 beteiligten niedergelassenen oder an Krankenhäusern tätigen D-Ärzte. Andere sind zur Durchführung ambulanter Operationen nur berechtigt mit der Schwerpunktbezeichnung „Unfallchirurgie“ oder der Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“. Durchgangsärzte ohne diese Voraussetzungen dürfen nur solche ambulanten Operationen durchführen und abrechnen, die in den GON 442 bis 445 mit einem „*“ gekennzeichnet sind, andere Operationen nur nach vorheriger Genehmigung durch den Unfallversicherungsträger. Weitere Voraussetzung ist die Anerkennung der fachlichen und räumlich-apparativen Voraussetzungen und Pflichten der DGUV. Eine Liste der Operationen kann unter „Grundsätze ambulantes Operieren“ eingesehen werden.

H-Ärzte können auf Antrag zum Basis-D-Arzt übergeführt werden, wenn sie eine Mindestfallzahl von 250 Erstfällen an einem Standort pro Jahr in den letzten 3 Jahren oder in der Zukunft bis zum 31.12.2015 nachweisen können. Neue H-Ärzte werden seit 1.1.2011 nicht mehr zugelassen. Zu den Regelungen der H-Arztüberleitungsverfahren aus Sicht der BVOU wird ein Artikel von G. Rauch in den Orthopädie Mitteilungen 3/2011 erscheinen [5].

Der D-Arzt „Operative Tätigkeit“ muss neben den Facharzt für O/U weitere 3 Jahre in einer VAV-Klinik mit entsprechender Weiterbildungsbefugnis tätig sein und die zusätzlichen Qualifikationen in Kursen für Heilverfahrensführung, Gutachten und Rehabilitation erwerben.

Der D-Arzt in einer VAV-Klinik braucht über die Qualifikation zum D-Arzt “Operative Tätigkeit“ hinaus weitere 3 Jahre Tätigkeit in einer VAV-Klinik oder SGB-VII-Klinik und damit mindestens 12 Jahre Weiterbildungszeit.

Mit der dreistufigen Gliederung der D-Arzttätigkeit wurden der Bestandsschutz, die Neuanpassungen an die Weiterbildung zum Facharzt O/U und die speziellen Tätigkeiten des D-Arztes unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen der DGUV nach Qualitätsgesichtspunkten berücksichtigt. Es liegt im vitalen Interesse der D-Ärzte und der von ihnen betreuten Unfallpatienten, die Qualität der Versorgung mindestens auf dem bisherigen Niveau zu erhalten und stetig zu verbessern.

Grundsätzlich haben jetzt bereits zugelassene D-Ärzte Bestandsschutz für ihre geltende Zulassung. Weiterhin ist von entscheidender Bedeutung die Formulierung unter Punkt 2.4 in den Voraussetzungen für D-Ärzte: Ärzte mit der Facharztbezeichnung „Chirurgie“ und der deutschen Schwerpunktbezeichnung “Unfallchirurgie“ werden dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit der Zusatzbezeichnung „Spezielle Unfallchirurgie“ gleichgestellt. Damit ist sichergestellt, dass auch bereits niedergelassene D-Ärzte nach alter Weiterbildungsordnung weiterhin ihrer operativen Tätigkeit bei BG-Patienten nachkommen können, auch wenn sie nicht über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ verfügen. Damit verfügen die nach alter Weiterbildungsordnung zugelassenen D-Ärzte über einen besonderen und herausgehobenen Status, der auf ihrer zielgerichteten unfallchirurgischen Weiterbildung beruht. Allerdings soll dem Vernehmen nach die unter Punkt 6.4 der D-Arzt-Anforderungen aufgeführte Überprüfung der Beteiligung nach 5 Jahren auch für bereits zugelassene D-Ärzte gelten. Der Bestandsschutz ist somit formal zeitlich begrenzt. Die DGUV hatte im Vorfeld und in den Diskussionen großen Wert darauf gelegt, ein Qualitätssicherungsverfahren für D-Ärzte einzuführen. Die dort zugrunde zu legenden Beurteilungskriterien sollen in naher Zukunft in enger Kooperation mit den Berufsverbänden entwickelt werden.

Fortbildung

Die deutlich verschärfte Fortbildungsverpflichtung gilt auch für bereits jetzt niedergelassene D-Ärzte. In den alten Anforderungen (Stand 2005) wurde unter Punkt 5.10 lediglich die Verpflichtung „zur ständigen unfallchirurgischen Fortbildung und zur Teilnahme an mindestens einer unfallchirurgischen Fortbildungsveranstaltung“ festgeschrieben.

Der Fortbildungs-Nachweis wurde mit der jährlichen BG-Statistik angefordert und soweit bekannt, wurden jegliche unfallchirurgischen Fortbildungsveranstaltungen anerkannt. Dies ist jetzt (Stand 2011) grundlegend anders, denn die neuen Anforderungen verlangen unter 5.12 innerhalb eines Zeitraumes von 5 Jahren darüber hinaus jeweils je eine der nachfolgend genannten, grundsätzlich von den Landesärztekammern zertifizierten Fortbildungen in den Bereichen:

  • „Rehabilitationsmanagement“ und „Rehabilitationsmedizin“
  • Begutachtungswesen
  • Kindertraumatologie.

Weiterhin ist die Teilnahme an zwei unfallmedizinischen Tagungen der DGUV-Landesverbände nachzuweisen. Die DGUV hat angekündigt, hierzu noch nähere Auslegungsgrundsätze vorzulegen. Dem Vernehmen nach ist die verschärfte Fortbildungsverpflichtung Folge vereinzelt festgestellter Qualitätsmängel. Die Berufsverbände werden in Kooperation mit der DGUV geeignete Fortbildungs-Curricula und Seminare entwickeln und anbieten.

Mindestmengen bzw. “Bedarfsplanung“

Die Mindestmenge an D-Fällen pro Jahr wurde von 150 auf 250 angehoben (6.5.1), dies im Durchschnitt der letzten 5 Jahre oder regelmäßig in den letzten 3 Jahren. Dies dürfte nach den vorliegenden statistischen Daten für die meisten D-Ärzte kein Problem darstellen. Gemäß den ergänzenden Erläuterungen der DGUV wird darüber hinaus diese Mindestfallzahl in Berufsausübungsgemeinschaften nicht pro D-Arzt, sondern pro Standort berechnet. Im Vorfeld war von der DGUV eine „Bedarfsplanung“ für D-Ärzte angekündigt worden. Nunmehr stellt sich heraus, dass damit die oben beschriebene Anpassung der Mindestfallzahl gemeint ist. Für den Fall drohender Unterversorgung sind Ausnahmen möglich. Unterversorgung wird definiert als weniger als 1 D-Arzt pro 30.000 Einwohner oder fehlende Erreichbarkeit eines D-Arztes innerhalb von 30 Minuten.

Unfallärztliche Bereitschaft/D-ärztliche Vertretung

Auf dringenden Wunsch der Berufsverbände ist die bisherige unfallärztliche Bereitschaft am Sonnabend entfallen. Nach wie vor besteht aber die Verpflichtung der Erreichbarkeit werktags von 8 bis 18 Uhr, also auch am Mittwochnachmittag. Der Begriff der „Unfallärztlichen Bereitschaft“ ist in den Auslegungsgrundsätzen[3] präzisiert worden. Grundsätzlich wird die Anwesenheit des D-Arztes gefordert. Bei kurzzeitiger Abwesenheit des D-Arztes muss die Praxis geöffnet sein und der D-Arzt muss diese innerhalb „kürzester Zeit“ erreichen können. Eine vorübergehende Vertretung in der Praxis (Urlaub, kurzfristige Erkrankung, Fortbildung) durch eine Facharzt O/U oder Facharzt für Chirurgie mit besonderen Kenntnissen in der Behandlung von Unfallverletzten ist möglich.

Die bisher schon mögliche durchgangsärztliche Vertretung ist in den Auslegungsgrundsätzen [3] exakt definiert worden. Demnach kann sich der Durchgangsarzt an zwei halben oder einem ganzen Tag pro Woche vertreten lassen, vorzugsweise mit Präsenz des Vertreters in der Praxis. Falls dies nicht möglich ist, kann der nächstgelegene Durchgangsarzt die Vertretung übernehmen, sofern dessen Praxis nicht weiter als 5 km entfernt oder innerhalb 15 Minuten erreichbar ist. Wenn allerdings in Berufsausübungsgemeinschaften mehr als ein D-Arzt zugelassen ist, muss die Vertretung intern gewährleistet werden. Die Vertretung kann auch in Absprache mit einem stationär tätigen D-Arzt am Krankenhaus erfolgen. Entsprechende Regelungen müssen für den Patienten gut erkennbar sichtbar sein. Dies gilt auch für die „Unfallärztliche Bereitschaft“. Diese Regelung löst zumindest ansatzweise die Probleme von D-Ärzten in einer Einzelpraxis, die an bestimmten Tagen in einem ambulanten Operationszentrum tätig sind.

Neu ist auch die Möglichkeit analog zum D-Arzt im Krankenhaus einen ständigen Vertreter zu benennen. Dieser muss über die Qualifikation zum D-Arzt verfügen und vom zuständigen Landesverband der DGUV anerkannt sein. Damit ist allerdings immer noch nicht ganz die Forderung der Berufsverbände erfüllt, eine pragmatische Regelung für die D-ärztliche Versorgung von Unfallverletzten in den zunehmend verbreiteten Praxisverbünden mit ausgelagerten Betriebstätten und Filialen zu ermöglichen. Diese gewünschte Flexibilisierung soll in weitere Verhandlungen mit der DGUV eingebracht werden. Es wird angestrebt, dass analog zu den Krankenhausambulanzen in ausgelagerten Praxisräumen und Filialen nicht zwingend die gesamten persönlichen und strukturellen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Der D-Arzt in der zentralen Praxis würde gleichwohl die ungeteilte persönliche Verantwortung für alle Behandlungen, Verordnungen und Berichte tragen.

Strukturelle Voraussetzungen

Wie bisher müssen mindestens zwei Eingriffsräume vorgehalten werden. Verschärfend kommt allerdings seit 1.1.2011 dazu, dass einer der beiden Eingriffsräume die strukturellen Voraussetzungen eines OP-Raumes entsprechend der Qualitätssicherungsvereinbarung nach § 115b SGB V erfüllen muss. Wie dies interpretiert wird, wenn ein solcher OP in einem ausgelagerten Operationszentrum genutzt werden kann, bedarf noch der Klärung. Es erscheint wenig sachgerecht, dass diese Verpflichtung auch für D-Ärzte gilt, die nicht über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ verfügen und keine ambulante Operationstätigkeit in ihrer Praxis anstreben. Für die allfälligen Wundversorgungen bei Unfallverletzten reichen die strukturellen Voraussetzungen von Eingriffsräumen vollkommen aus. In dieser Weise scheint die DGUV diese Regelung auch zu interpretieren, denn für die Übergangsregelung für die bisherigen H-Ärzte wurde auf den Nachweis eines Paragraph-115b – Operationsraumes verzichtet (s. a. Artikel von Rauch in den Orthopädie Mitteilungen 3/2011 [5]).

Ärzte in der Weiterbildung mit dem Ziel der Niederlassung als D-Arzt

Sofern die Entscheidung zur Niederlassung als Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie mit D-Arzt Tätigkeit gefallen ist, muss die Weiterbildung entsprechend ausgerichtet werden. Nach (nicht während!) der Facharztanerkennung muss ein weiteres Jahr unfallchirurgische Weiterbildung in einem Krankenhaus erfolgen, das zum Verletzungsartenverfahren zugelassen ist (VAV-Krankenhaus). Es empfiehlt sich, dies frühzeitig zu planen. Da die DGUV plant, die Anzahl der VAV-Krankenhäuser in den nächsten Jahren von ca. 600 in etwa zu halbieren, dürfte dieser Weiterbildungsabschnitt in der Zukunft voraussichtlich den „Flaschenhals“ darstellen. Rechtzeitige Planung ist daher angezeigt.

Wenn eine ambulante operative Tätigkeit bei BG-Patienten angestrebt wird, sollte die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ erworben werden, mit der man auf jeden Fall bezüglich einer Tätigkeit als niedergelassener D-Arzt auf der sicheren Seite ist.

H-Ärzte

Die jetzigen H-Ärzte sind zweifellos von der Neuordnung des Verfahrens am stärksten betroffen. Das H-Arzt-Verfahren läuft zum 31.12.2015 komplett aus. Nach § 30(4) des Vertrages und Absatz 2.5 der D-Arzt-Anforderungen [2] haben jetzt zugelassene H-Ärzte die Möglichkeit, auf Antrag den Status eines D-Arztes zu erhalten, wenn sie die personellen, sachlichen und pflichtgemäßen Anforderungen erfüllen. Bezüglich der Mindestfallzahl sind Ausnahmen möglich, wenn ansonsten die Versorgung gefährdet wäre (s. o.). Es erscheint sachgerecht, dass die fachliche Befähigung (Absatz 2 der D-Anforderungen) ausgeklammert wird, denn ein bereits niedergelassener H-Arzt könnte die dort geforderte Tätigkeit an einem VAV-Krankenhaus nicht mehr nachholen. Die Mehrzahl der jetzt zugelassenen H-Ärzte sind Orthopäden nach alter Weiterbildungsordnung (WBO) bzw. Fachärzte O/U. Nach internen Recherchen des BVOU [5] dürften nur ca. 15-20 Prozent dieser Kollegen die Mindestfallzahl erreichen.

Für sie und die wenigen niedergelassenen H-Ärzte, die Chirurgen nach alter WBO sind, stellt sich jetzt die Frage, ob eine Antragstellung auf D-Arzt-Zulassung sinnvoll ist. Dies ist im Einzelfall entscheidend von der aktuellen und der in der Zukunft zu erwartenden Fallzahl abhängig. Die strukturellen Anforderungen an die Operationsräume nach Absatz 4.3.1 der Anforderungen [2] werden dem Vernehmen nach von der DGUV flexibel gehandhabt. Dies bedeutet, dass auch die Vorhaltung von Eingriffsräumen ausreicht, wenn keine ambulanten Operationen durchgeführt werden sollen. Im Einzelfall muss abgewogen werden, ob sich allein für das Erreichen des D-Arzt-Status bauliche Investitionen betriebswirtschaftlich rechnen würden. Die Berufsverbände bieten hierzu Einzelfallberatungen an. Es ist unbedingt zu beachten, dass der entsprechende Antrag spätestens bis zum 31.12.2014, also ein Jahr vor Ablauf der Übergangsfrist, gestellt werden muss.

Für spezialisierte Operateure (z. B. Spezialisten für Knie- und Schulterarthroskopie) bietet sich die Möglichkeit nach Genehmigung durch den Landesverband der DGUV auf Überweisung von D-Ärzten tätig zu werden. Hierzu ist kein eigener D-Arzt-Status erforderlich.

Berufsausübungsgesellschaften/Gemeinschaftspraxen/MVZ

Von der Neuordnung war erhofft worden, dass eine flexiblere Lösung für die in zunehmender Zahl etablierten Filialen und ausgelagerten Praxisräume einfließen würde. Dies könnte zum Bespiel so aussehen, dass auch in Bereich der niedergelassenen D-Ärzte die Erstbehandlung ggf. durch entsprechend qualifizierte – u. U. auch angestellte – Ärzte erfolgt, die Überprüfung der erhobenen Befunde und die Endverantwortung letztlich beim D-Arzt liegt. Diese Regelung wäre nicht unähnlich der gelebten Praxis in den meisten Krankenhäusern. In den Auslegungsgrundsätzen der DGUV wird allerdings weiterhin auf die persönliche Erbringung der Kernleistungen des niedergelassenen D-Arztes abgestellt, während der D-Arzt am Krankenhaus diese Forderung nach persönlicher Leistungserbringung ebenfalls erfüllen muss, sie aber an nachgeordnete Ärzte mit gleicher Qualifikation oder Fachärzte für O/U mit besonderen Kenntnissen in der Behandlung von Unfallverletzten delegieren kann. Allein die Möglichkeit, dass jetzt auch jeder niedergelassene D-Arzt einen ständigen Vertreter beim Landesverband anerkennen lassen kann, ist als Erleichterung anzusehen. Dies kann allerdings nicht die Ungleichbehandlung von D-Ärzten im Krankenhaus und in der Niederlassung ausgleichen.

Chefärzte

Für die leitenden Ärzte an Krankenhäusern hat sich (noch) nicht viel geändert. Allerdings ist zu beachten, dass für die Tätigkeit als D-Arzt an einem Krankenhaus oder einer Klinik die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ Voraussetzung ist. Hier gelten die gleichen Übergangsbestimmungen wie bei den Niedergelassenen, d. h. die alte Facharztbezeichnung Chirurgie/Unfallchirurgie wird der Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ gleichgestellt.

Die DGUV wird sich an die Strukturen des Trauma-Netzwerkes der DGU anpassen. Es ist vorgesehen, die Kliniken der Grund- und Regelversorgung, diejenigen des bisherigen VAV-Verfahrens und neu zu definierende Kliniken der Maximalversorgung zu unterscheiden. Ziel der Untergliederung ist eine zielgenaue und schnellstmögliche Steuerung des Unfallverletzten in die jeweils geeignete Klinik. Es soll ausgeschlossen werden, dass Fälle in Krankenhäusern behandelt werden, die nicht zugelassen sind oder nicht die erforderliche Qualität der Versorgung bieten. Erstmals ist hier von Sanktionen die Rede, die bei Nichtbeachtung auch finanzielle Folgen haben könnten. Der Begriff „Qualität der Versorgung“ wird zunehmend in den Vordergrund gerückt. Kriterien müssen noch erarbeitet werden. Hier spielen Mindestmengen ebenfalls eine Rolle. Zunächst gilt noch der Bestandsschutz. Neu zu besetzende Kliniken werden sich allerdings einer Überprüfung unterziehen müssen. Die Zugehörigkeit zu einem Trauma-Netzwerk der DGU, die Qualifikation und die organisatorische und fachliche Unabhängigkeit des Leiters sind neben den möglichen Mindestmengen wichtige Entscheidungskriterien. Feste Zahlen existieren noch nicht, aber 100 VAV-Fälle/Jahr könnten für eine VAV-Klinik realistisch sein. Es ist an eine Zertifizierung analog dem Trauma Netzwerk und eine Rezertifizierung alle drei bis fünf Jahre gedacht.

Die Vergütung der Leistungen sollen möglicherweise den Qualitätsstufen der Krankenhäuser und dem medizinisch-therapeutischen Aufwand angepasst werden. Zunehmend werden auch Reha-Gesichtspunkte im Akutkrankenhaus eine Rolle spielen. Andererseits sollen auch Bedarfsgesichtspunkte in der Zukunft eine größere Rolle spielen. In diesem Zusammenhang sind auch einzelvertragliche Regelungen mit spezialisierten Leistungserbringern für planbare Eingriffe vorgesehen.

Zunächst aber soll eine Zulassung in einem dreistufigen Modell erfolgen. Die Reform des stationären Heilverfahrens steht noch an und es ist damit zu rechnen, dass die Anzahl der Krankenhäuser die zum VAV-Verfahren zugelassen sind, deutlich verringert wird. Für eine Leitungsposition an einem VAV-Krankenhaus sind über die Zusatzweiterbildung „Spezielle Unfallchirurgie“ hinaus drei weitere Jahre Tätigkeit in einem VAV-Haus und ein qualifizierendes Zeugnis Voraussetzung.

Stationäre Weiterbehandlung (BGSW/KSR)

Der Trend zur Schwerpunktbildung und Spezialisierung in den Rehabilitationskliniken und bisher fehlende Vorgaben für eine bedarfsgerechte Zuweisungssteuerung sollen die Bildung von Schwerpunktkliniken nach sich ziehen, auch in der Anschlussrehabilitation. Regelmäßige Kontrollen der Rehabilitationsergebnisse und Aspekte der Vernetzung sowie berufsbezogene Bestandteile der angebotenen Reha werden eine wichtige Rolle spielen. Es sollen Reha-Verfahren mit unterschiedlichen Qualitätsstufen entwickelt werden von einer „einfachen“ Anschlussrehabilitation, über die BGSW bis hin zu komplexen Maßnahmen im Sinne der Komplexen stationären Rehabilitation (KSR). Speziell die medizinisch-berufliche Förderung (Arbeitsplatzorientierte Muskuloskelettale Rehabilitation (AOMR) und ähnliche) sollen fortentwickelt werden.

Sobald diese Kriterien im Einzelnen bekannt und festgelegt sind, wird die Gemeinsame BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände dazu Stellung nehmen. Die Autoren und die Mitglieder der Gemeinsamen BG-Kommission der unfallchirurgisch-orthopädischen Berufsverbände (GBK) stehen für Einzelfallberatungen gern zur Verfügung.

Literatur:

[1] Vertrag gem. § 34 Abs. 3 SGB VII zwischen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV), Berlin, dem Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-SpV), Kassel, einerseits und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, K.d.ö.R., Berlin, andererseits über die Durchführung der Heilbehandlung, die Vergütung der Ärzte sowie die Art und Weise der Abrechnung der ärztlichen Leistungen (Vertrag Ärzte / Unfallversicherungsträger) gültig ab 1. Januar 2011 Deutsches Ärzteblatt (2010) 107, 41 Seite 1999-2010

[2] Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger nach § 34 SGB VII zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren (in der Fassung vom 1. Januar 2011) www.dguv.de

[3] Auslegungsgrundsätze zu den Anforderungen der gesetzlichen Unfallversicherungsträger zur Beteiligung am Durchgangsarztverfahren in der Fassung vom 01.01.2011 www.dguv.de

[4] Grundsätze Ambulantes Operieren in der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) in der Fassung vom 1. Januar 2011 www.dguv.de

[5] Rauch, G.: Übergangsregelung vom H-Arzt zum D-Arzt Orthopädische Mitteilungen 3/2011

Kalbe P, Bonnaire F, Kübke R. Auswirkungen der Neuordnung des D-Arzt-Verfahrens ab 2011. Passion Chirurgie. 2011 Mai/Juni; 1(5/6): Artikel 02_01

Autoren des Artikels

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Dr. med. Peter Kalbe

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Stellv. Regionalleiter im BDC|Landesverband BerlinPraxis DahmenAlt-Tempelhof 4312103Berlin kontaktieren

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