Frage:
Ein niedergelassener Chirurg fragt an, nachdem er eine Rechnung in Höhe von EUR 474,67 des Allgemeinen Gewerberegisters zur Erfassung und Registrierung inkl. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für die Eintragung unter einer URL erhalten hat, ob dieses Vorgehen rechtmäßig sei, da er keinen Vertrag über eine kostenpflichtige Eintragung abgeschlossen habe bzw. einen solchen auch nicht abschließen wollte.
Antwort:
Das Auftragsformular könnte aus Sicht des Verfassers, wenn tatsächlich kein kostenpflichtiger Vertrag abgeschlossen werden sollte, aufgrund der bislang ergangenen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen einer rechtlichen Prüfung nicht Stand halten, sodass ein rechtmäßiger Zahlungsanspruch nicht bestehen könnte.
Zum einen ist nach Meinung des Verfassers schon fraglich, ob überhaupt ein wirksamer Vertrag zustande gekommen ist, wenn der Arzt zum einen aufgrund der Aufmachung des Auftragsformulars davon ausgegangen war, dass es sich um eine reine Datenkorrektur eines unentgeltlichen Eintrags und damit um einen kostenlosen Service handelt. Zum anderen ist die kleingedruckte Klausel über die Zahlungspflicht und Vertragslaufzeit nach Ansicht des Verfassers überraschend im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung und damit unwirksam (vgl. BGH, Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11). Die Bezeichnung des Formulars als „Erfassung gewerblicher Firmendaten, Eintragungsofferte“ macht nämlich nach diesseitiger und nach Auffassung des BGH nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelt. Der Hinweis auf die Vergütungspflicht und die Laufzeit des Vertrages im zweiten Absatz geht im sie umgebenden Fließtext ohne Zweifel unter. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wird in Übereinstimmung mit der Sicht des BGH durch Hervorhebung in Fettdruck und Gestaltung auf die untere Spalte mit den Firmendaten gelenkt. Die im zweiten Absatz mitgeteilte Entgeltpflicht ist demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten aus Sicht des Verfassers nicht zu erwarten ist. Hierbei ist es ständige Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen, dass Entgeltklauseln, die nach der drucktechnischen Gestaltung eines Formulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt sind, dass sie von dem Vertragspartner des Verwenders nicht vermutet werden, nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil werden. Selbst wenn man sodann nur die Entgeltklausel als unwirksam und den übrigen Vertrag als wirksam annehmen würde, bestünde nach Ansicht des Verfassers auch kein Vergütungsanspruch nach § 632 Abs. 1 BGB, da die Herstellung des vorliegenden Werkes nach höchstrichterlicher Rechtsprechung den Umständen nach nicht nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Zudem sollte ein etwaig abgeschlossener Vertrag zwingend wegen Irrtums und arglistiger Täuschung angefochten sowie hilfsweise außerordentlich, abermals hilfsweise ordentlich gekündigt werden. Denn nach Auffassung des Verfassers erfüllt das vorliegende Vertragsformular nach den Anforderungen in der ständigen Rechtsprechung in der Gesamtschau den Tatbestand der arglistigen Täuschung gemäß § 123 BGB. Hieran dürfte auch die gegebene Nennung der Kostenpflichtigkeit des Angebotes im zweiten Absatz nichts ändern. Denn insbesondere in den Fällen, in denen der Verfasser eines Vertragsangebotes mittels Aufmachung und Formulierung eine Art der Gestaltung wählt, die objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, beim Adressaten eine fehlerhafte Vorstellung über die tatsächlichen Angebotsparameter hervorzurufen, kann selbst dann eine Täuschung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung angenommen werden, wenn der wahre Charakter des Schreibens bei sorgfältigem Lesen hätte erkannt werden können (vgl. BGH, NJW 2001, 2187; ders. Urteil vom 08.07.2004 – I ZR 142/02).
Das dem Verfasser vorliegende Formular entspricht aus dessen Sicht nach Art der Gestaltung einem behördlich verfassten Dokument, indem links oben ein Wappen und rechts oben ein Strichcode angebracht sowie Schriftart und Gestaltung behördlichen Schreiben äußerst ähnlich sind. Ein Indiz dafür, dass die Täuschung hier auch planmäßig eingesetzt wurde, ist nach Meinung des Verfassers, dass das übersandte Formular bereits mit den Daten des Arztes vorausgefüllt war, um hier eine bereits bestehende Geschäftsbeziehung zu suggerieren. Der Hinweis auf das Nichtbestehen einer Geschäftsbeziehung geht hier im Formular in den ihm umgebenden Fließtext unter. Rückt die Aufmachung eines Eintragungsantrags die Überprüfung der Eintragungsdaten ganz in den Vordergrund, so ist nach Auffassung des LG Stuttgart (Beschluss vom 07.12.2009, Az.: 13 S 183/09) eine arglistige Täuschung anzunehmen, da gezielt darauf spekuliert werde, dass die Empfänger aufgrund der Gestaltung die Entgeltklausel übersehen.
Ferner hat das LG Ingolstadt mit Urteil vom 28.01.2008 – 21 S 1571/07 entschieden, dass der zumindest vorsätzlich bedingte Irrtumserregungs- und Täuschungsvorsatz hinsichtlich von unbeabsichtigt kostenauslösenden Folgen einer Formularunterschrift dadurch bewiesen ist, dass in dem Formular dem Adressaten keine Gelegenheit gegeben wird, z. B. durch Ankreuzen zweier Alternativen (kostenloser Basiseintrag und kostenpflichtiger Eintrag) diese konkret auszuwählen und stattdessen nur eine Unterschriftsmöglichkeit für den kostenpflichtigen Eintrag im Formular vorgesehen ist.
Das vorliegende Formular ist somit nach Auffassung des Verfassers darauf gerichtet, die Kunden gezielt in die Irre zu führen und arglistig zu täuschen. Es wird nicht deutlich genug herausgestellt, dass hier eine kostenpflichtige Leistung angeboten werden soll, deren Vertragsabschluss bereits mit Ausfüllen der Daten und Rücksendung erfolgt. Folglich kann hier von einem Irrtum hinsichtlich der Entgeltpflicht sowie einer arglistigen Täuschung ausgegangen werden.
Zudem besteht nach Einschätzung des Verfassers ein weiterer Anfechtungsgrund gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung, da durch die Verwendung des vorliegenden Formulars unlautere Wettbewerbsmethoden, insbesondere durch irreführende Werbung gemäß § 5 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sowie ein Verstoß gegen das Verschleierungsverbot gemäß § 4 Nr. 3 UWG vorliegen. Zwar kann bei gründlicher Durchsicht erkannt werden, dass ein Auftrag zur Veröffentlichung unter der URL erteilt wird. Allerdings weist das Formular auch Elemente auf, die zumindest bei flüchtiger Befassung auf eine Kostenlosigkeit schließen lassen, was ebenso dazu beiträgt, dass der Inhalt des Schreibens vor der Unterzeichnung nur eingeschränkt überprüft wird und hierdurch die Irreführungsgefahr des § 5 UWG erfüllt wird (vgl. AG Mühlheim, Urteil vom 30.03.2011, Az.: 8 C 542/10). Auch der BGH hat mit Urteil vom 30.06.2011, Az.: I ZR 157/10 entschieden, dass ein formularmäßig aufgemachtes Angebotsschreiben für einen Eintrag in ein Branchenverzeichnis, das nach seiner Gestaltung und seinem Inhalt darauf angelegt ist, bei einem flüchtigen Leser den Eindruck hervorzurufen, mit der Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens werde lediglich eine Aktualisierung von Eintragungsdaten im Rahmen eines bereits bestehenden Vertragsverhältnisses vorgenommen, gegen das Verschleierungsverbot des § 4 Nr. 3 und gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 UWG verstößt.
Des Weiteren könnte nach Meinung des Verfassers auch eine unzulässige Form der Nachfragewerbung vorliegen, wenn Unternehmensdaten unaufgefordert und ohne Einwilligung des Arztes in eine Datenbank eingetragen wurden und sodann eine Nachfrage auf Überprüfung und Aktualisierung übersandt wird.
Im Ergebnis wird somit zu höchster Vorsicht hinsichtlich der Unterzeichnung und Rücksendung dieses Formulars geraten. Auch wenn nach Ansicht des Verfassers aufgrund der Aufmachung des Formulars eine Zahlungsverpflichtung grundsätzlich wohl nicht rechtmäßig begründet werden kann, kommt es jedoch stets auf die konkreten Umstände im Einzelfall an, sodass aus juristischer Sicht, wenn dieses Formular unterzeichnet und zurückgesandt wurde, sodann bei Zusendung einer entsprechenden Rechnung dringend empfohlen wird, sich jeweils im konkreten Fall anwaltlich beraten zu lassen.