
Kaum eine Fachdisziplin der Medizin ist in den letzten Dekaden so von den technologischen Veränderungen geprägt worden wie die Chirurgie. Ein großer Teil der klassischen Operationen ist durch interventionelle und minimal-invasive Techniken ersetzt worden. Ein Ende ist durch die fortschreitende Digitalisierung nicht abzusehen. Alleine durch diese Entwicklung ist der Trend zur zunehmenden Spezialisierung in den chirurgischen Fächern unausweichlich, die Lernkurven für die einzelnen Prozeduren werden länger – und die Weiterbildung zum Chirurgen komplexer. Dem gegenüber steht, dass sich in der gleichen Zeit die kumulative Arbeitszeit der Weiterbildungsassistenten durch gravierende Veränderungen des Arbeitszeitgesetzes deutlich reduziert hat und in der täglichen Routine durch ökonomische Zwänge eine enorme Arbeitszeitverdichtung Einzug gehalten hat. Die chirurgische Weiterbildungsordnung muss diese beiden diametralen Megatrends berücksichtigen und in die angestrebte Novellierung strukturell implementieren.
In diesem Kontext ist eine aktuelle, national angelegte, prospektiv-randomisierte Studie aus den USA beachtenswert, die eine Flexibilisierung der Arbeitszeit hinsichtlich Patienten-Outcome, Ausbildung der Residents und deren persönlichen Wohlbefinden untersucht. Hier ist auch nach zwei Reformen der Arbeitszeitregularien 2003 und 2011 die 80-Stunden-Woche das Maß aller Dinge. Untersucht wurden lediglich die Erhöhung der maximalen Schichtlänge auf mehr als 28 Stunden sowie eine Verkürzung des freien Intervalls zwischen zwei Schichten auf unter 14 Stunden. Kurz gesagt, ohne die Morbidität und die Mortalität der Patienten zu erhöhen, führt aus Sicht der Autoren diese Flexibilisierung der Arbeitszeiten zu einer verbesserten Ausbildung – allerdings auf Kosten der nicht im Fokus stehenden Work-Life-Balance.
Auch wenn die hier untersuchten Arbeitsbedingungen nicht auf den chirurgischen Nachwuchs in Deutschland übertragbar sind, ist die Grundproblematik die Gleiche. Bei zunehmender Spezialisierung der chirurgischen Fachdisziplinen, aber gleichzeitig verkürzter Zeit, die für die Weiterbildung zur Verfügung steht, ist die chirurgische Basisweiterbildung im Common Trunk (Core Surgical Training) von eminenter Bedeutung. Hierin sind sich alle nationalen und internationalen Weiterbildungsgremien einig. Unter den Stichworten „Knowledge, Skills, Professionalism“ sind Weiterbildungsinhalte zu überdenken und strukturiert in den chirurgischen Alltag zu integrieren. Hierzu gehört auch ein begleitendes Curriculum, welches chirurgisches Basiswissen und praktische Fähigkeiten effizient vermittelt und den Beginn der Lernkurven aus dem OP in die Simulationszentren verlagert. Eine Herkules-Aufgabe für den Berufsverband der Deutschen Chirurgen und die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie mit ihren Fachgesellschaften, die letztendlich nur gemeinsam – auch mit den Partnern der Industrie – gemeistert werden kann.
Literatur
Bilimoria KY et al. National Cluster-Randomized Trial of Duty-Hour Flexibility in Surgical Training. N Engl J Med 2016, 374:713-27.
Klingensmith ME. The Future of General Surgery Resideny Education. JAMA Surgery 2016, 151(3):207-8.
Termine Common Trunk – Basischirurgie
Duisburg |
26.09.16 – 29.09.16 |
|
Berlin |
28.11.16 – 02.12.16 |
Schröder W. Akademie aktuell: Der Common Trunk rückt in den Fokus. 2016 Juni; 6(06): Artikel 03_01.
Autor des Artikels

Prof. Dr. med. Wolfgang Schröder
Erweiterter Vorstand des BDC/Leiter der BDC|AkademieLeitender OberarztKlinik für Allgemein-, Viszeral- und Tumorchirurgie Universitätsklinik KölnKerpener Str. 6250937Köln kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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