01.08.2014 Fragen&Antworten
Darf ein Chirurg auch die Aufklärung von fachfremden Eingriffen übernehmen?
Frage:
Ein Oberarzt fragt an, ob er auch die Aufklärung von fachfremden Eingriffen übernehmen darf.
Antwort:
Nachdem stets der Facharztstandard geschuldet wird, muss sich der jeweilige aufklärende Arzt, auch wenn er die Aufklärung für einen Eingriff aus einem anderen Fachgebiet vornimmt, an dem für den Eingriff geltenden Facharztstandard messen lassen. Dies kann unter Umständen bei Nichteinhaltung des Facharztstandards haftungsrechtliche Konsequenzen im Schadensfalle und damit ggf. erhebliche Schadensersatzforderungen auslösen.
§ 630e Abs. 2 Satz 1 Ziffer 1 BGB hat mit seiner Einführung durch das Patientenrechtegesetz zudem ausdrücklich klargestellt, dass die Aufklärung mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen muss, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt.
Bei der Delegation der Aufklärung an ärztliche Mitarbeiter, die grundsätzlich zulässig ist, ist zu beachten, dass der Mitarbeiter zu der ihm übertragenen Aufklärung aufgrund seiner Ausbildung somit hinreichend qualifiziert sein muss und dass der delegierende Arzt die ordnungsgemäße Aufklärung durch den anderen Arzt sicherstellen muss, d. h. dass er sich im Gespräch mit dem Patienten oder durch Blick in die Patientenakte der ordnungsgemäß erfolgten Aufklärung vergewissern muss. Bei sehr seltenen Eingriffen können spezielle Aufklärungsanweisungen für den die Aufklärung durchführenden Arzt erforderlich sein. Eine hinreichende Qualifizierung liegt nach Auffassung des Verfassers vor, wenn der andere Arzt zur sachgerechten Aufklärung über die notwendige Befähigung und damit für die zur Durchführung der Maßnahme adäquate fachliche Qualifikation verfügt. Dies sollte im Rahmen der Auswahlentscheidung sichergestellt werden.
Sofern der aufklärende Arzt über die für den Eingriff notwendige Ausbildung nicht verfügt, muss aus juristischer Sicht somit dringend davon abgeraten werden, dass dieser Arzt die Aufklärung vornimmt. Denn dann wäre die Aufklärung unwirksam und somit auch die Einwilligung des Patienten in den Eingriff, wodurch dieser rechtswidrig wäre. Hierdurch können ebenfalls haftungs- und strafrechtliche Folgen drohen.
Heberer J. Darf ein Chirurg auch die Aufklärung von fachfremden Eingriffen übernehmen? Passion Chirurgie. 2014 August; 4(08): Artikel 08_01.
Autor des Artikels
Dr. jur. Jörg Heberer
Justitiar des BDC, Rechtsanwalt und Fachanwalt für MedizinrechtRechtsanwaltskanzlei Dr. Heberer & Kollegen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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