01.12.2024 BDC|News
2024 – ein prägendes Jahr, das Überraschungen und Aufgaben für das kommende bereithält

Wenn ein Beben die Gesundheitspolitik erfasst, begibt sich der BDC mit seinen Funktionsträgerinnen und -trägern mitten ins Geschehen, mit dem Ziel, mit anzupacken und die besonders für die Chirurgie relevanten Themen in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Erkenntnis in diesem Jahr: Dranbleiben und laut werden. Ein Jahresrückblick von BDC-Geschäftsführerin Dr. Friederike Burgdorf.
Das Jahr 2024 begann bereits mit einem Knall: Die Einführung der Hybrid-DRG überfiel die Ärzteschaft, beschäftigte Kliniken und Praxen, was die technische Umsetzung betraf, und erhitzte die Gemüter bezüglich der Sinnhaftigkeit und Profitabilität. Vor allem für die niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen schlagen die Sachkosten zu Buche, die bei den H-DRG nicht ausreichend berücksichtigt werden. Auch die Aufteilung der Kosten mit anderen beteiligten wie den Anästhesisten hat für Unruhe und teilweise Unmut unter den Fachgruppen geführt und auch die fehlende Möglichkeit, Schweregrade anhand von H-DRGs zu differenzieren, wurde kritisiert. Dadurch, dass BDC-Vorstand und engagierte Mandatsträger sich frühzeitig mit der Thematik auseinandergesetzt hatten, konnte der BDC rasch seine Mitglieder ins Bild setzen und in Richtung Politik, Verbände und Medien Stellung beziehen.
Währenddessen waren schon deutlich die Vorbeben der Krankenhausreform und der Ausarbeitung des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetztes (KHVVG) zu spüren. Bund und Länder stritten sich vor dem Gesetzeserlass um Auswirkungsanalyse, Geld und die konkrete Umsetzung, während bereits Stück für Stück unrentable Krankenhäuser vom Netz gingen und gehen. Andere Häuser, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland, das quasi als Blaupause für die Strukturreform gilt, arbeiten bereits nach den Vorgaben. Die Einteilung der Krankenhäuser in Versorgungsstufen und die Zuteilung von Leistungsgruppen wird bereits vorgenommen. Die Neustrukturierung wird also hier wohl am schnellsten zu bemerken sein, und wir beobachten die Entwicklung in NRW mit Spannung.
Die Krankenhausreform unter der Leitung von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach ist ein dickes Brett, das es an verschiedenen Stellen zu bearbeiten gilt. Der BDC hat insbesondere sehr kritisch die Berücksichtigung der fachärztlichen Weiterbildung beobachtet. Wir haben dabei festgestellt, dass dieses Thema im Referentenentwurf von Anfang an weitestgehend ignoriert wurde und immer noch stiefmütterlich behandelt wird. Mitgliedern des Bundestags und dem Gesundheitsausschuss liegen inzwischen zwei Stellungnahmen von Seiten des BDC vor, in denen der Verband die gesicherte Finanzierung der fachärztlichen Weiterbildung fordert und Vorschläge zur Umsetzung macht. Die Weiterbildungskommission Chirurgie, bestehend aus Mandatsträger:innen von BDC, DGCH und den chirurgischen Fachgesellschaften, hat ebenfalls ein Positionspapier herausgebracht und Stellung bezogen sowie Forderungen formuliert. Bei Vorträgen und Veranstaltungen weisen unsere Verbandsvorstände und -mitglieder unermüdlich auf die Wichtigkeit hin, den chirurgischen Nachwuchs zu fördern und zu halten und dass hierfür ganz entscheidend eine gut strukturierte, für alle auskömmlich finanzierte und qualitativ hochwertige Weiterbildung gehört. Mit Pressemitteilungen erhöhen wir den Druck auf der medialen Ebene. Unser Engagement scheint inzwischen Früchte zu tragen. Die Finanzierung der Weiterbildung ist tatsächlich als zu lösende Aufgabe im Bundesministerium angekommen und hat noch kurz vor der Verabschiedung im Bundestag Eingang in das KHVVG gefunden, zumindest für den stationären Bereich.
Parallel zu dieser Entwicklung findet die Reform der Notfallversorgung statt. Durch Vorhaltepauschalen und Zuschläge gemäß KHVVG soll sie in Zukunft immerhin finanziell besser ausgestattet werden. Zum eigentlichen Gesetzesentwurf hat der BDC gemeinsam mit der DGCH, weiteren Fachgesellschaften und dem BVOU im Juli Stellung genommen und klare Bedingungen formuliert, unter denen die Reform erst erfolgreich umgesetzt werden kann. Das Ziel einer besseren Patientensteuerung in die jeweils angemessene Versorgungsebene unterstützt der BDC. Wir rechnen damit, dass das Gesetz erst in der nächsten Legislaturperiode in Kraft treten wird.
Einen Lichtblick können wir für alle Poolärztinnen und -ärzte vermelden: Das Problem ihrer Sozialversicherungspflicht im ärztlichen Notdienst scheint seit August 2024 vom Tisch. Die Deutsche Rentenversicherung Bund und der GKV-Spitzenverband haben sich diesbezüglich geeinigt. Die Bedingungen, die Ärzte erfüllen müssen, um im Bereitschaftsdienst als Selbstständige zu gelten, stehen fest. Knackpunkt hier war der Kostenersatz durch die Ärzte für die Bereitstellung von Raum und Personal seitens der KV. Im Vorfeld der Entscheidung hatte der BDC nach dem ersten Urteil des Sozialgerichts reagiert und klare Regeln gefordert.
Zu weiteren heftigen Eruptionen von Seiten zahlreicher ärztlicher Berufsverbände führte im Herbst die Veröffentlichung der mit der PKV konsentierten GOÄ-Reform von Seiten der Bundesärztekammer. BDC-Vorstand und Geschäftsführung wandten sich mit einer schriftlichen Stellungnahme und der Bitte um weiteren Dialog zur Klärung der Kritikpunkte an BÄK-Präsident Dr. Klaus Reinhardt. Auch im BDC führten Mitglieder und Mandatsträger untereinander hitzige Gespräche. In einer Sitzung des Referats der niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen übten die Teilnehmenden scharfe Kritik an den deutlichen Abwertungen vor allem komplexer operativer Leistungen im Vergleich zur früheren ärzteeigenen Version. Anhand einer vorgegebenen Matrix errechneten sie einzelne Fallkonstellationen und identifizierten dadurch dringend notwendige Anpassungen. Dieser Prozess soll alle häufig durchgeführten chirurgischen Leistungen im niedergelassenen Bereich umfassen und Ende November abgeschlossen sein. Zusammen mit den Rückmeldungen aus den stationär tätigen operativen Bereichen hat der BDC damit eine substanzielle und durch Beispielrechnungen unterstützte Grundlage für die zugesagten weiteren Gespräche mit der Bundesärztekammer. Alle Beteiligten hoffen sehr, dass sie auf dieser Basis zu einem guten Ergebnis kommen werden.
Wo bleibt eigentlich der von Bundesgesundheitsminister Lauterbach für diesen Herbst angekündigte Bürokratieabbau? Wir sind ihm jedenfalls zuvorgekommen und haben dieses Jahr noch eine Umfrage an unsere Mitglieder zum Thema geschickt. Damit wollen wir die Diskussion rund um die Bürokratie in der Medizin anregen und um die chirurgische Perspektive ergänzen. Bitte helfen Sie uns, die Forderungen der Chirurgie auf den Punkt zu bringen und beantworten auch Sie unsere Fragen durch Teilnahme an der Umfrage.
Abseits des politischen Rüttelns sind wir mit unseren eigenen Projekten vorangekommen: So konnte das Nachwuchsreferat des BDC nach langer, intensiver Arbeit im Herbst dieses Jahres eine neue Weiterbildungsbroschüre „Faszination Chirurgie“ präsentieren, die ab sofort an relevanten Orten und an Interessierte verteilt wird. „Faszination Chirurgie“ beinhaltet gut strukturiert alle Inhalte, die Medizinstudierende kennen müssen, um gut auf das Fach Chirurgie und die chirurgische Weiterbildung eingestimmt zu sein. Die Autorinnen und Autoren lassen in der Broschüre ihre Begeisterung an dem Fach spüren. Damit ist sie auch ein Motivator für diesen herausfordernden und bereichernden Beruf.
Ein Fels in der Brandung beim BDC ist die jährliche Ausrichtung der Veranstaltung „Staatsexamen und Karriere“, dem Abschlusstraining zur Vorbereitung auf das Staatsexamen für Chirurgie und Innere Medizin. Die gut besuchten Veranstaltungen erhalten regelmäßig positives Feedback: „Die Fortbildung hat mir vor allem die Angst genommen und gezeigt, dass man viel aus den letzten Jahren schöpfen kann und sich nicht allzu viele Sorgen machen muss. Sie hat toll Lernstrategien für die Prüfung veranschaulicht.“ Anhand dieser Rückmeldung können wir sagen: Ziel erreicht!
Die BDC-Akademie hat ihr Jahresprogramm 2025 fertig gestellt und bietet wieder ein breites und fundiertes Fortbildungsprogramm für alle Karrierestufen, sowie für Chirurginnen und Chirurgen in Klinik und Praxis. Schauen Sie rein, es ist wie immer konkurrenzfähig, für Mitglieder kostengünstig und erweitert den chirurgischen Wissenshorizont enorm.
Zum Schluss eine Information in eigener Sache: Seit diesem Jahr motivieren wir BDC-Mitglieder, mit einer Marketing-Aktion in ihrem Kollegium für eine Mitgliedschaft im BDC zu werben. Als größter Chirurgieverband in Europa genießen wir Sichtbarkeit und können unseren Einfluss geltend machen. Nichtsdestotrotz müssen wir unsere Stärke durch Sie, unsere Mitglieder, bewahren und ausbauen, um schlagkräftig zu bleiben. Das heißt, dass BDC-Mitgliedern, die – meist aus Altersgründen – gehen, neue nachfolgen müssen, die sich bestenfalls engagieren und frische Perspektiven in den Verband einbringen. Daher bitten wir Sie, sich an der Aktion „Mitglieder werben Mitglieder“ zu beteiligen. Ihr Engagement für den Verband wird belohnt: Für jedes erfolgreich geworbene Mitglied erhalten Sie ein nützliches Geschenk.
Alle diese Themen werden uns im kommenden Jahr begleiten. Unsere Aufgabe ist es, zu beobachten, zu priorisieren und vor allem: dranzubleiben. Für die Verbandsarbeit gilt heute außerdem noch etwas Anderes: In einem Tornado müssen wir laut werden, um gehört zu werden. Dafür brauchen wir neue Methoden, um unsere Unterstützer und die Politik zu erreichen. Daher haben wir dieses Jahr eine Kreativkampagne entwickelt und an den Start gebracht, mit der wir auf die Situation der fachärztlichen Weiterbildung aufmerksam machen. Wir haben bisher hierfür viel Zuspruch erhalten und freuen uns über noch mehr Unterstützung. Unterschreiben daher auch Sie die die Kampagne begleitende Petition an das Bundesgesundheitsministerium, denn die Kampagne ist auch in Ihrem Sinne und für den Fortbestand einer finanziell gesicherten und qualitativ hochwertigen chirurgischen Weiterbildung wichtig! Herzlichen Dank.
Schließen möchten wir mit unserem Leitsatz für das Wahljahr 2025: Den Willen zu Veränderungen begrüßen, für die eigenen Werte und Interessen mit Nachdruck einstehen.
Ihre
Friederike Burgdorf
Burgdorf F: 2024 – ein prägendes Jahr, das Überraschungen und Aufgaben für das kommende bereithält. Passion Chirurgie. 2024 Dezember; 14(12/IV): Artikel 07_03.
Autor des Artikels

Dr. med. Friederike Burgdorf
GeschäftsführerinBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)Luisenstraße 58/5910117Berlin kontaktierenWeitere aktuelle Artikel
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