Verbesserungspotenziale für Arbeitsplatzzufriedenheit und -bindung
Eine aktuelle Studie von Prof. Dr. Holger Buxel, Lehrstuhl Dienstleistungs- und Produktmarketing der Fachhochschule Münster, hat Motivation, Arbeitsplatzzufriedenheit und Jobwahlverhalten von Assistenzärzten untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten Ärzte zwar mit ihrer Berufswahl zufrieden sind, die Arbeitsbedingungen allerdings mangelhaft beurteilt werden. Damit sich das Defizit an qualifizierten Ärzten nicht erhöht, sondern Personal gehalten und gewonnen werden kann, ist deshalb ein systematisches Personalmanagement entscheidend.
Ein Problem im Krankenhaussektor ist derzeit der Mangel an qualifizierten Assistenzärzten, der viele Stationen vor ernsthafte Rekrutierungsprobleme stellt. Die Folgen für die betroffenen Krankenhäuser und Stationen sind weitreichend. Neben einem hohen Kostenaufwand für die Personalbeschaffung führt die Engpass-Situation auch zu hoher Unzufriedenheit und damit erhöhter Wechselbereitschaft des übrigen ärztlichen Personals auf den betroffenen Stationen, die oftmals langwierige Zeiten der personellen Unterbesetzung zu kompensieren haben.
Darüber hinaus führt dieser, vielerorts fast chronische Mangel, zu einer suboptimalen Versorgung der Patienten sowie zu konkreten Umsatzeinbußen, welche die Wettbewerbsposition und Entwicklungsmöglichkeiten der betroffenen Häuser schwächen. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf in den Krankenhäusern, diesem Personalmangel mit geeigneten Konzepten entgegenzutreten.
Fernab der Diskussion um den generellen Assistentenmangel in Deutschland, beispielsweise aufgrund der Abwanderung ins Ausland oder in andere Branchen, wird immer wieder angeführt, dass der konkrete Mangel im Wettbewerb um die am Markt verfügbaren Kräfte in vielen Krankenhäusern auch darauf zurückzuführen ist, dass die Arbeitsplatzgestaltung nicht mehr ausreichend auf die Bedürfnisse der Assistenzärzte zugeschnitten ist, welche bei der Wahl ihres Arbeitgebers hohe Freiheitsgrade besitzen.
Arbeitsplatzgestaltung mit Defiziten
Um Einblicke in die arbeitsplatzbezogenen Bedürfnisse, die Zufriedenheit mit der Arbeitssituation und das Jobwahlverhalten dieser Zielgruppe zu gewinnen, wurde im Winter 2008/2009 eine Befragung von 729 Assistenzärzten durchgeführt. Es sollte eruiert werden, wie die Zufriedenheit der Assistenzärzte mit ihrem Arbeitsplatz konkret aussieht. Welche Strategien dazu beitragen können, den Arbeitsplatz attraktiver zu gestalten, um leichter Assistenzärzte für ein Krankenhaus gewinnen und binden zu können, war ebenfalls Ziel der Untersuchung „Motivation, Arbeitsplatz-zufriedenheit und Jobwahlverhalten von Assistenzärztinnen und -ärzten: Ergebnisse einer empirischen Studie“. Ausgewählte Ergebnisse sollen im Folgenden skizziert werden.
Zunächst befragt nach der allgemeinen Arbeitsplatzzufriedenheit, zeigt sich insgesamt ein hohes Maß an Unzufriedenheit bei den Befragten. Nur 51,9 Prozent der Assistenzärzte stimmen der Aussage zu, dass sie mit ihrem Arbeitsplatz zufrieden sind. Der Mittelwert auf der zugrunde gelegten Skala von 1 (sehr unzufrieden) bis 5 (sehr zufrieden) liegt gerade einmal bei 3,3. Dies kann im Vergleich zu Ergebnissen aus Arbeitsplatzzufriedenheitsstudien in anderen Branchen, wie beispielsweise der Industrie, als sehr niedrig angesehen werden.
Einhergehend mit der geringen Zufriedenheit kann auch eine geringe Bindung der Assistenzärzte zu ihrem aktuellen Arbeitgeber konstatiert werden: Nur 40 Prozent würden ihren Arbeitgeber weiterempfehlen und können sich mit ihrem Krankenhaus identifizieren. Nur knapp 60 Prozent würden sich in ihrem Krankenhaus wieder bewerben, hätten sie es noch einmal zu entscheiden.
Mit Blick auf die allgemeine Zufriedenheit mit der Berufswahl als Arzt geben rund 80 Prozent der Befragten an, zufrieden mit ihrer Entscheidung zu sein. Werden beide Aussagen gegenübergestellt, wird deutlich, dass es vor allem die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und nicht die generelle Tätigkeit als solche ist, die Optimierungspotenzial offenlegt.
Viel Stress, wenig Weiterbildung und kaum Freizeit
Um dieses Potenzial zu identifizieren, wurden die Befragten gebeten, ihre Zufriedenheit mit verschiedenen konkreten Eigenschaften ihres Arbeitsplatzes, wie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten oder Arbeitszeitgestaltung, auf einer Skala von 1 bis 5 zu bewerten. Die Antworten der Befragten zeigen insgesamt ein stark verbesserungswürdiges Bild (»Abb. 1).
Von den insgesamt 25 vorgegebenen Kriterien liegt die durchschnittliche Zufriedenheit bei mehr als der Hälfte der Kriterien im negativen Bereich. Besonders unzufrieden sind die Befragten mit dem Stress am Arbeitsplatz, der wenigen Freizeit, den Arbeitszeiten, der Bezahlung sowie dem Freizeitausgleich von Überstunden und der Ausgestaltung der Weiterbildung.
Die größte Zufriedenheit hingegen zeigt sich in der Sicherheit des Arbeitsplatzes, der kollegialen Zusammenarbeit, dem Klima im Krankenhaus und dem Standort des Arbeitsplatzes.
Speziell mit Fokus auf die Fort- und Weiterbildung gaben knapp 80 Prozent der Befragten an, dass es für ihre Stellenwahl von sehr zentraler Bedeutung war/ist, ob die Fachabteilung eine volle Weiterbildungsermächtigung zum Facharzt besitzt. Trotz des hohen Stellenwertes der Fort- und Weiterbildung für das Assistenzarzt-Beschäftigungsverhältnis werden von den Befragten jedoch erhebliche Mängel in diesem Punkt konstatiert: Über 40 Prozent sehen sich in diesem Punkt nicht angemessen unterstützt.
Insbesondere bei der Weiterbildung haben nur 30 Prozent der Befragten einen vertraglichen Anspruch, der auch voll erfüllt wird. 49 Prozent haben zwar einen vertraglichen Anspruch auf Weiterbildung, dieser wird aber nicht erfüllt. 21 Prozent geben an, keinen expliziten vertraglichen Anspruch auf Weiterbildung vereinbart zu haben oder sich in unsicheren Weiterbildungsverhältnissen zu befinden. Diejenigen, bei denen der vertragliche Anspruch auf Weiterbildung nicht erfüllt wird, geben als Hauptgründe hierfür Personalmangel (74,3 Prozent) sowie mangelnde Unterstützung der Vorgesetzen (49,7 Prozent) an.
Mit Blick auf den Arbeitsalltag zeigt sich, dass knapp zwei Drittel der Befragten regelmäßig – mindestens fast jede Woche oder häufiger Überstunden ohne Freizeitausgleich oder Bezahlung leisten. Als Hauptursachen hierfür geben 80,9 Prozent Personalmangel und 68,4 Prozent zu viel Verwaltungsarbeit an. Knapp ein Drittel der Befragten verbringt mehr als 50 Prozent der Arbeitszeit damit.
Des Weiteren fühlen sich im Arbeitsalltag 70 Prozent der Befragten ständig überlastet. 45 Prozent konstatieren schlecht organisierte Arbeitsabläufe, und 60 Prozent geben an, dass die Arbeit in der vorgesehenen Zeit einfach nicht zu schaffen ist.
Neun Merkmale mit Problemlösungsdruck
Um Einblicke zu gewinnen, mittels welcher Strategien die Arbeitsplatzzufriedenheit der Assistenzärzte insgesamt gesteigert werden kann, wurden neben der Zufriedenheit auch die Wichtigkeiten der einzelnen Arbeitsplatzmerkmale für die Befragten eruiert. Abbildung 2 zeigt die resultierende Problembewertungsmatrix.