Mehr Patienten – weniger Personal – höhere Kosten
Der demographische Wandel hat schon jetzt dramatische und bereits spürbare Auswirkungen auf unser Gesundheitssystem [12]. Die Fakten sind eigentlich allen Akteuren im Gesundheitswesen bekannt: Auf der einen Seite werden die Menschen in Deutschland älter und morbider, d. h. die Zahl der Patienten und deren Krankenhausaufenthalte werden infolge chronischer Erkrankungen zu- und nicht abnehmen. In der Folge gilt das Gleiche gilt für die Pflegebedürftigen.
Auf der anderen Seite werden – neben einem bereits einsetzenden Pflegenotstand – für ein Mehr an Therapie immer weniger Ärzte zur Verfügung stehen. Denn: in Deutschland sank die Zahl der Studierenden im Fach Humanmedizin über die Jahre bis 2008 und auch das Interesse der Absolventen an praktisch-klinischer Tätigkeit nimmt weiter ab [17, 21]. Darüber hinaus liegt der Anteil der Medizinstudentinnen bei ca. 60 Prozent, wodurch noch weniger Vollzeitstellen besetzt werden können, da sich Frauen immer noch stärker familiären Aufgaben widmen als Männer [14, 18]. Diese Entwicklung vollzieht sich zudem vor dem Hintergrund eines wachsenden Bedarfes an ÄrztInnen infolge der zunehmenden Arbeitsverdichtung und der Einführung des Arbeitszeitgesetzes [5, 7, 25].
Die Aufstockung der benötigten ÄrztInnen ist ein Kostenfaktor, weil nicht nur deren Kopfzahl erhöht werden müsste, sondern auch die Gehälter weiter steigen werden. Die Kosten für den Erhalt unserer Gesundheit werden darüber hinaus durch den technologischen Fortschritt in Diagnostik und Therapie explosionsartig steigen.
„Chirurgische Assistenzberufe“ – Lösung oder Notlösung?
Als Antwort auf den drohenden Mangel an klinisch tätigen ÄrztInnen und wegen der relativen Verteuerung ärztlicher Arbeitskraft [6, 21] wurde seinerzeit der Versuch unternommen, für den Bereich Chirurgie verschiedene Berufsbilder zu schaffen wie z. B. die „Chirurgie-Assistenz“, den Chirurgisch-Operativen Assistenten (COA) und den Chirurgisch-Technischen Assistenten (CTA).
Die Etablierung dieser Berufsbilder war initial als Lösung erdacht, die personellen Lücken im OP und am Krankenbett zu schließen. Als weiterer Vorteil wurden die vergleichsweise geringe Ausbildungszeit und die vermeintlich niedrigeren Personalkosten solcher Assistenten gegenüber Ärzten gesehen [5]. Natürlich versuchen die Krankenhausträger angesichts der anhaltenden Anstiegs der Gesundheitskosten, möglichst effektiv ihre Kosten zu senken. Da an deutschen Kliniken im Personalbereich bis zu 70 Prozent aller Kosten anfallen, könnten eben gerade durch geringer bezahlte Chirurgie-Assistenten Kosten effektiv eingespart werden [4] – so die Idee.
Die ärztliche Dienstleistung ist ein besonderer Kostentreiber im Klinikbudget, sodass Krankenhausträger bemüht waren und sind, ein „internes Outsourcing“ zu betreiben, bei dem auch ärztliche Leistungen in andere nicht-ärztliche Bereiche verlagert werden [21]. Es gilt als Konsens, auch in der Pflege: „Die einzige Möglichkeit für Kliniken, mit den DRG-Festpreisen auszukommen, heißt, Selbstkosten durch Effizienzsteigerung der eigenen Prozesse/Abläufe unter diesen Preis zu drücken“, so Andrea Lemke vom Deutschen Pflegerat [15].
Inzwischen sind es aber längst auch andere Faktoren, die diese neuen Berufsbilder entstehen lassen: die Überschreitung tradierter Fachgebietsgrenzen, die Nutzung komplexerer Technologien sowie die Planung, Koordination und Kontrolle klinischer Abläufe, die zu mehr interprofessioneller Zusammenarbeit mit Aufgabenübertragung eben auch auf nicht-ärztliche Berufsgruppen zwingen [2]. Hinzu kommt der absolute Mangel an Ärzten. Hier wird es für Krankenhäuser in der Peripherie immer wichtiger, die wenigen vorhandenen Ärzte ausschließlich mit ärztlichen Kernaufgaben zu betrauen und jegliche nicht-ärztliche Tätigkeit auf andere Berufsgruppen zu übertragen.
Juristische Diskussion als Scheingefecht
Den unterschiedlichen chirurgischen Assistenzberufen ist gemeinsam: es gibt sie, ohne dass ihnen einheitliche Ausbildungskriterien zugrunde liegen oder der Abschluss staatlich anerkannt wäre. Trotzdem übernehmen z. B. CTAs bereits in Teilen ärztliche Tätigkeiten.
Die Frage, ob Chirurgen dieses Berufsbild wollen oder nicht, stellt sich also kaum noch. Spätestens seit 2006, als DGCH-Präsident Prof. B. Ulrich in Kooperation mit der Kaiserswerther Diakonie (Düsseldorf) die ersten CTAs ausbilden ließ [23], diskutieren deutsche Chirurgen und Krankenhausmanager immer wieder drei Fragen:
- Brauchen wir den CTA?
- Wollen wir ihn?
- Und: Was soll er ggf. können?
Eigentlich kann überhaupt erst nach der Beantwortung dieser Fragen sinnvoll diskutiert werden, ob CTAs dürfen, was sie sollen (juristische Grundlage) und welche Rahmenbedingungen andernfalls geschaffen werden müssten, um diese sinnvoll einzusetzen (Politik) [20].
Insofern erscheint es geradezu kurios, wenn die Frage „Delegation oder Substitution?“ die rechtliche wie auch die politische Debatte, die emotional oft hitzig geführt wird, bestimmt. So bezeichnete der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, das Thema „Substitution“ einst als „unheilvolle Allianz gegen die Ärzteschaft“ [27]. Bei Aufgabe der „Gesamtverantwortung für den Patienten“ drohe „der Patientenversorgung ein ständiger Aschermittwoch“, warnte er [27]. Insbesondere bestreitet eine Kostenreduktion durch die Einführung von Assistenzberufen: „Erfahrungen aus anderen Ländern… haben gezeigt, dass mit einer weiteren Versorgungsebene weder die Versorgungsqualität gesteigert, noch Einsparungen erzielt werden können“ [3].
In der am 23.02.2012 verabschiedeten „Resolution zur Delegation“ stellt die BÄK fest, dass die „…Übertragung ärztlicher Leistungen und Verantwortlichkeiten auf nicht-ärztliche Gesundheitsberufe im Sinne einer Substitution… das Recht des Patienten auf eine Behandlung nach fachärztlichem Standard unterlaufen und zu einem Qualitätsabfall und einer Unwirtschaftlichkeit in der Versorgung führen“ würde.
Vergleichsweise nüchtern haben dagegen die Juristen Wienke und Janke in einer Stellungnahme der AWMF aus 2006 zu den nicht-ärztlichen Assistenzberufen ausgeführt, dass es die rechtlichen Rahmenbedingungen derzeit nicht erlaubten, den Arztvorbehalt durch den Einsatz nicht-ärztlichen Assistenzpersonals einzuschränken und damit zukünftig durch die Delegation ärztlicher Leistungen auf nicht-ärztliches Personal der Unterversorgung begegnen zu können [26]. Rechtlich ist die aktuelle Lage jedenfalls wesentlich klarer als in den extrem geführten Diskussionen immer behauptet wird [13]. Und: diese Diskussionen verschleiern nur allzu gern die wahren Hintergründe der Flügelkämpfe unterschiedlicher Verbände.
Die generelle Übertragung ärztlicher Aufgaben auf nicht-ärztliches Personal i. S. der Substitution ist derzeit rechtlich ausgeschlossen. Dies gilt in jedem Fall für den CTA. Ausnahme sind die sog. Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3 SGB V für speziell ausgebildete Pflegekräfte, wobei die praktische Umsetzung schon hier schleppend genug voran schreitet. Die fortwährende Diskussion über dieses Thema ist aus Sicht des Autors derzeit also weder nötig noch sinnvoll.
Die Delegation ist in der Diskussion um den CTA vollkommen hinreichend (Gesamtverantwortung bleibt in ärztlicher Hand), soweit es um die Übertragung klinischer Tätigkeiten und eben nicht nur administrativer Verrichtungen geht. Nur so kann einer Entwicklung zum sog. „Surgeon light“ begegnet werden, die weder im Interesse des CTA, noch in dem des Arztes oder des Krankenhausträgers liegen kann. Schon gar nicht läge eine solche Entwicklung im Interesse des Patienten, weil mit dem „Barfußarzt“ (s. Bruch in diesem Heft) der Facharztstandard ausgehöhlt und die Versorgungsqualität leiden würde.
Chirurgische Stimmen
Die chirurgischen Organisationen, im Wesentlichen BDC und DGCH, haben sich in der Vergangenheit öfter zu der Frage der Übertragung ärztlicher Tätigkeiten an nicht-chirurgisches Personal geäußert. In einer Stellungnahme der DGCH vom 01.10.2007 schreibt Prof. H. Bauer: „Zur Wahrung der Qualität in der medizinischen Versorgung haben Ärzte…“ die „…Verantwortung., …dass die Standards… eingehalten werden“ und betont damit Facharztstandard und Arztvorbehalt [24]. Die Einbeziehung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe in chirurgische Behandlungsteams könne zwar als Chance für einzelne chirurgische Fachgebiete angesehen werden, das Assistenzpersonal könne jedoch nur arztunterstützend, nicht arztersetzend tätig werden. Die DGCH befürwortet eine Delegation, insbesondere für originäre nicht-ärztliche Tätigkeiten, die bis zu 40 Prozent der ärztlichen Tätigkeit ausmachten [23]: Kodierarbeiten, Schreibarbeiten, Archivieren, Organisation u.a. Die DGCH betont aber, dass eine einheitliche Stellungnahme in Bezug auf Delegation und Substitution nicht möglich sei, weil Teilgesellschaften (z. B. die DGG) selbst Curricula zur Ausbildung von fachspezifischen Assistenzberufen entwickelt hätten.
Eben diese Bedenken teilte bislang auch der BDC, der bereits in 2007 und 2008 klar zur Problematik des CTA Stellung genommen hat: „Aus Sicht des BDC ist eine Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf nicht-ärztliche Professionen im Sinne der Übernahme oder Substitution grundsätzlich abzulehnen… Der BDC wird daher allen Versuchen einer Übertragung ärztlicher Tätigkeiten auf Dritte energischen Widerstand entgegen setzen“. Prof. T. Mischkowsky und Dr. J. A. Rüggeberg bezeichneten die (damals noch geplanten) Modellvorhaben nach § 63 Abs. 3c SGB V darüber hinaus als Aushöhlung des Arztvorbehaltes und die Entwicklung als „besorgniserregend“. Jeder Mensch habe einen Anspruch auf höchstmögliche Qualität der Behandlung, die nur vom approbierten Arzt gewährleistet werden könne. Sie führten weiter aus: „Dagegen steht der BDC einer Delegation ärztlicher (Teil-) Leistungen offen gegenüber… Der Arzt kann…” aber “…nie ersetzt werden, er kann allenfalls Unterstützung erfahren“. Insbesondere wurde vor kommerziellen Anbietern auf dem Weg in die ärztliche Tätigkeit gewarnt [16].
Fazit:
- Delegation statt Substitution
- eine eindeutige Stellungnahme PRO oder CONTRA chirurgische Assistenzberufe gibt es von offizieller Seite nicht
Entwicklung des Berufsbildes im Spannungsfeld der Fachgesellschaften
Gegen die Etablierung des Berufsbildes eines CTA wurde von Anbeginn gerne die Gefährdung der chirurgischen Weiterbildung ins Feld geführt. Hierzu hat die DGCH eindeutig Stellung bezogen: „Die Delegation ärztlicher Aufgaben an Chirurgisch-Technische Assistenten bedeutet keine Beeinträchtigung der chirurgischen Weiterbildung. Das wird ausdrücklich von den Ärzten bestätigt, in deren Kliniken nicht-ärztliches Assistenzpersonal eingesetzt ist, wie die nach einem Curriculum der Fachgesellschaft besonders qualifizierten Gefäßassistenten. Im Gegenteil: Der angehende Facharzt kann gezielt bei den Operationen eingesetzt werden, die er für seine Weiterbildung (noch) benötigt. Durch Vermeidung zeitraubender Bindung an den OP-Tisch ohne eigentlichen Bezug zur Weiterbildung lassen sich Freiräume für Tätigkeiten außerhalb der OP-Abteilung schaffen, die sich unter Vermeidung von Überstunden in der regulären Arbeitszeit durchführen lassen. Daraus könnte auch eine Intensivierung der Arzt-Patienten-Beziehung resultieren, da der Arzt als Ansprechpartner vor Ort länger und regelmäßiger zur Verfügung steht“, so der damalige Generalsekretär Prof. H. Bauer [2].
Dennoch befürchten 43 Prozent der Chirurgen – hiervon mehrheitlich Assistenzärzte und Facharzt-Assistenten – durch die Einstellung nicht-ärztlichen Assistenzpersonals einen negativen Einfluss auf die chirurgische Weiterbildung, insbesondere im praktischen Bereich (s. Sattler et al. in diesem Heft). In einer BDC-Umfrage steigt die Akzeptanz von CTAs mit zunehmender Weiterbildung des Chirurgen. Die Zusammenarbeit mit den Chirurgen wird aus Sicht der CTAs selbst überwiegend als gut bis sehr gut eingestuft (s. Blum/Offermanns in diesem Heft).
Als Kritik wird, insbesondere beim Bachelor-Studiengang, gerne die Konkurrenzsituation zwischen Physician Assistants und Jung-Assistenten genannt, die sicher nicht von der Hand zu weisen ist. Gerade deshalb sollte unter Chirurgen über die Etablierung und die Curricula solcher Assistenzberufe diskutiert werden.
Es ist besonders bemerkenswert, dass einige Fachgesellschaften – ganz gegen alle offizielle Bedenken und sehr pragmatisch – eigene Berufsbilder beim chirurgischen Assistenzpersonal in Anlehnung an den CTA kreiert haben. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie bildet „auf eigene Faust“ sog. GefäßassistentInnen® und Endovaskular-AssistentInnen (EVA)® aus (s. Debus/Schweiger in diesem Heft). Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie hatte schon frühzeitig die Ausbildung zum CTA explizit befürwortet: „Die DGU spricht sich im Grundsatz für die Einführung des Berufsbildes CTA aus“ [8]. Die Delegation ermögliche eine Konzentrierung und Effizienzsteigerung der Ausbildung sowie die Heranführung an die Kernkompetenzen junger Chirurgen. Hierdurch würden Arbeitskräfte für die Regelarbeitszeit freigesetzt und die Möglichkeiten im Hinblick auf Karriereperspektiven verbessert sowie die der studentischen Ausbildung. Bedenken bzgl. des CTA in seiner klassischen Form wurden seitens der DGU allerdings auch wegen der möglichen „signifikanten Einschränkung des Arztvorbehaltes“ geäußert [9].
Inzwischen kooperiert die DGOU mit der Steinbeis-Hochschule in Berlin (demnächst möglicherweise auch mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heidenheim), um im klinischen Alltag sogar über akademisch ausgebildetes Assistenzpersonal zu verfügen (BA-Studiengang). Vorbild ist der aus den Vereinigten Staaten bekannten Physician Assistant (PA). Die Erfahrungen mit diesen akademisch ausgebildeten AssistentInnen sind aus Sicht der Unfallchirurgen sehr positiv (s. Bonk et al. in diesem Heft). Auch aus den Reihen der Viszeralchirurgen, die bereits mit chirurgischem Assistenzpersonal arbeiten, wurde positiv über den Einsatz des CTA, sogar unter Fortfall von Arztstellen, berichtet. Zu der Zeit ein Novum: Prof. C. Töns berichtete, dass man sich entschlossen habe, eine frei werdende Assistentenstelle in vier CTA-Stellen umzuwandeln [22]. ASKLEPIOS hob den COA aus der Taufe, den Prof. K. H. Link aus Wiesbaden mit den Worten kommentierte: „Es gibt einen ganzen Topf voller Tätigkeiten, den die Assistenzärzte den COAs abgeben können“ [7].
Fazit:
Die Bereitschaft und die Motivation der Chirurgen, Absolventen chirurgischer Assistenzberufe o.ä. einzusetzen, ist hoch – über 60 Prozent der Umfrageteilnehmer sprachen sich für eine Übertragung bestimmter ärztlicher Tätigkeiten auf chirurgisches Assistenzpersonal aus (s. Sattler et al. in diesem Heft).
Perspektive
Peter Jacobs, Pflege-Direktor am Klinikum Großhadern/LMU München brachte in einem Beitrag schon früh auf den Punkt, worum es tatsächlich geht: …nicht in erster Linie um die Entlastung einer Berufsgruppe, sondern um eine Veränderung der Prozesse, eine Verlagerung der Aufgaben, damit „Ärzte wieder Medizin machen und Schwestern wieder pflegen können“. Die Übertragung bloßer Tätigkeiten greife zu kurz [10]. Zur Einführung des CTA schreibt Jacobs explizit: „Haupthindernis dürfte hier vor allem die berechtigte Befürchtung sein, dass die Einführung des CTA zu Personalkürzungen im ärztlichen Dienst führen wird“ [10].
Gerade in diesem Zusammenhang wird die Frage „CTA oder Fachweiterbildung Pflege?“ zukünftig noch für Diskussionsstoff gut sein (11). Dieser Frage müssen sich Ärzte- und Pflegeverbände stellen. Nach Ansicht des Autors wird die Rekrutierung von Pflegepersonal für chirurgische Assistenz-Tätigkeiten den Personalnotstand nur verschärfen. Qualifizierte Pflegekräfte werden gebraucht, wo sie immer weniger sind: am Krankenbett! Die Fachweiterbildung sollte hoch-qualifizierte Pflegkräfte entwickeln für die Spezialbereiche, in denen schon jetzt Lücken bestehen (z. B. Intensivmedizin).
Klar ist: in der deutschen Chirurgenschaft muss darüber nachgedacht und diskutiert werden, ob und ggf. welche Aufgaben, die bislang von Chirurgen wahrgenommen wurden, in die Hände von CTAs übergehen können. Nicht übermorgen, sondern jetzt! Insbesondere muss die Frage beantwortet werden, ob diese Tätigkeiten eher in der Unterstützung klinischer Tätigkeiten (CTA) oder in der Entlastung von administrativen Tätigkeiten bestehen soll; eine Initiative zum Chirurgisch-Administrativen Assistenten (CAA) hat der BDC bereits gestartet [19].
Diejenigen, die chirurgische Assistenzberufe für die Zukunft ablehnen, müssen im Gegenzug sagen, wie sie dem Personalnotstand in der Chirurgie und den davon laufenden Kosten begegnen wollen. Klinikmanager müssen nicht nur mit Chirurgen den Gesamtprozess beschreiben, in dem CTAs (oder CAAs) tätig werden könnten und sollen.
Die politische Meinungsbildung zwischen den chirurgischen Fachgesellschaften muss in einem breiten Konsens münden, der es Chirurgen in Zukunft erlaubt, die Abläufe in einer chirurgischen Klinik selbst zu gestalten. Anderenfalls werden Gesundheitsmanager, die zweifelsohne den Gesamtprozess im Auge haben müssen, ohne chirurgische Expertise eigene Ideen verwirklichen, die später mit dem chirurgischen Alltag inkompatibel erscheinen könnten.
Krankenhäuser befinden sich in dauerhafter Re-Organisation. Mehr denn je wird auf das optimale Zusammenwirken aller Professionen geachtet werden [11]. Die Frage „Wer macht was im Krankenhaus?“ wird zur Gretchenfrage. Um Krankenhäuser wirtschaftlicher zu machen, müssen eben Case-Manager, Kodier-Fachkräfte, Medizinische Dokumentations-AssistentInnen, Stations-AssistentInnen u. a. in eine Prozesskette integriert werden. Deshalb muss die Krankenhaus-Welt wissen, dass sich die deutschen Chirurgen proaktiv mit der Frage auseinandersetzen, wie sie es denn mit den chirurgischen Assistenzberufen halten.
Man muss nicht Mikhail Gorbatschow bemühen, um zu erkennen, dass die Zeit reif ist. Es gilt daher, was Prof. H. Bauer bereits vor 6 Jahren schrieb [1]: „Die Fachgesellschaften sind aufgerufen… zu definieren, welche Aufgaben sinnvoll… delegiert werden können… Die Einbeziehung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe in chirurgische Behandlungsteams sollte… als Chance gesehen werden, mit dem Ziel, eigene Vorschläge zu unterbreiten und dies nicht nur anderen zu überlassen“!
Die Literaturliste erhalten Sie auf Anfrage via [email protected].