01.10.2011 Sonstige
Trauerrede für Dr. med. Jürgen Bauch
Verehrte Frau Bauch, Liebe Familie Bauch,
Werte Trauergemeinde,
wir alle kannten ihn seit Jahrzehnten. Wir schätzten ihn als herausragende Persönlichkeit in der Chirurgengemeinschaft. Mir selbst war es leider erst vor etwas mehr als drei Jahren vergönnt, Dr. Jürgen Bauch näher kennenlernen zu dürfen. Dr. Jürgen Bauch war damals bereits ein Mann deutlich jenseits der 80, dabei sicheren Schrittes, ausgestattet mit einem messerscharfen schnellen Verstand. Stets spielte ein feines Lächeln um seine Lippen. Den Kopf hielt er nicht selten leicht nach rechts geneigt, so als wolle er die Welt ein wenig von der Seite betrachten – als würde er sich wundern über die lächerlichen Unzulänglichkeiten und Zwistigkeiten, die so häufig unseren Lebensrhythmus bestimmen.
Ich wusste um die außerordentlichen Verdienste, die sich Jürgen Bauch im Laufe eines langen arbeitsreichen Lebens erworben hatte – Verdienste und Ehrungen, die aufzuzählen die Zeit nicht hinreichen würde.
Der Berufsverband der Deutschen Chirurgen dankt ihm dabei außerordentlich viel. Ohne seinen unermüdlichen selbstlosen Einsatz im Sinne aller Chirurgen wäre der BDC sicher nicht das, was er heute ist – der größte Chirurgenverband in Europa. Sein Geist war elastisch bis in die letzten Tage. Er war stets bereit, Positionen zu Gunsten fortschrittlicherer und für die Gemeinschaft besserer Ideen zu räumen und Neues schnell zu adaptieren. So hat er den Wert einer guten Weiterbildung sehr früh erkannt und gegen den Widerstand der etablierten Lehrmeinung die Rubrik Weiterbildung in „Der Chirurg“ verankert. Und er war es, dem wir es zu verdanken haben, dass wir im Langenbeck-Virchow-Haus wieder unsere chirurgische Heimat fanden. Der Erfolg hat immer viele Väter und nur allzu leicht wird dann der eigentliche Urheber einer Entwicklung vergessen.
Es war mir bekannt, dass ich in Jürgen Bauch eine Persönlichkeit vor mir hatte, für die noch eherne Gesetze von Moral, Anstand, Freundschaft und Pflicht gegenüber dem einzelnen Menschen und der Gesellschaft galten. Ich wusste um die Hochachtung, mit der ihm Freunde und Bekannte, erstaunlicherweise aber auch Widersacher, begegneten. Sein Rat war gefragt, wo es sich um allzu Menschliches handelte, wo es galt in schwierigen Situationen das rechte Maß zu bewahren, eine Problemlösung zu finden, die dem intendierten Ziel gerecht wurde und doch allen Beteiligten erlaubte, das Gesicht zu wahren.
Ich war gespannt, wie dieser Jürgen Bauch aus der Nähe sein würde, wie es sich anfühlen würde, mit ihm über kontroverse Ansichten zu diskutieren, wie sie in großen
Organisationen nun einmal vorkommen. Und – ich war vom ersten Augenblick an angenehm berührt, denn es gab keine Fremdheit, keine Notwendigkeit des sich aneinander Annäherns – es gab keine Veranlassung Positionen aufzubauen, die einer Verteidigung bedurft hätten. Die Gegenstände der Diskussion wurden in hoher Stimmlage klar und präzise angesprochen und vom ersten Augenblick an herrschte ein tiefes Vertrauen, wie ich es so unmittelbar selten in meinem Leben, wenn überhaupt je, erfahren habe.
Wenn ich es in kurzen Worten zusammenfassen wollte, würde ich sagen: Ich hatte das seltene Glück, einem noblen Herren begegnet zu sein und wer auf einige Lebenserfahrung zurückblicken kann, der weiß, wie selten man diesen Begriff, der so voller Hochachtung ist, mit Recht verwenden darf.
Von Stund’ an war Jürgen Bauch für mich so etwas wie eine moralische Instanz, deren Rat ich in schwierigen Situationen immer wieder gesucht habe. Lassen sie mich daher schließen mit einem Wort von Johann Wolfgang von Goethe: „Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man nicht durch den Tod verlieren!“
Prof. Dr. med. Hans-Peter Bruch
Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen
Bruch HP. Trauerrede für Dr. med. Jürgen Bauch. Passion Chirurgie. 2011 Oktober; 1(10): Artikel 10_01.
Autor des Artikels
Prof. Dr. med. Hans-Peter Bruch
ehem. PräsidentBerufsverband der Deutschen Chirurgen e.V.Luisenstr. 58/5910117BerlinWeitere Artikel zum Thema
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