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Im Rahmen des „Curriculums Basischirurgie“ des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen e.V. fand am 28. April 2017 der erste Workshop „Simulationstraining Notfallmanagement“ am Unfallkrankenhaus Berlin (ukb) statt.

Die Teilnehmer des Workshops stellten sich einen Tag lang der Herausforderung, unter realitätsnahen Bedingungen ihre Handlungskompetenz in Notfallsituationen zu testen und unter der Führung erfahrener Simulationsinstruktoren zu verbessern.

Zunächst wurde praxisbezogen die nötige Theorie zur allgemeinen Herangehensweise an eine medizinische Notfallsituation vermittelt, dem Teilnehmer ein Leitfaden zum prioritäten-orientierten Vorgehen in diesen stressgeladenen Situationen an die Hand gegeben. Dies allein reicht aber nicht als Grundlage für das erfolgreiche Handeln im Notfall. Denn es zeigt sich immer wieder, dass Probleme und Zwischenfälle bei der Notfallversorgung nicht allein auf fehlendes medizinisches Wissen und Können zurückzuführen sind, sondern zu 70 Prozent im Bereich der Human Factors liegen. Zudem ist die „weit überwiegende Mehrzahl von risikoreichen Handlungen am akutmedizinischen Patienten ebenfalls nicht eine Einzelleistung, sondern das Resultat einer Teamleistung.“ (Lackner, Burghofer, 2010). Deshalb wurden im Weiteren die Grundlagen des so wichtigen Themenkomplexes des Crisis Resource Managements vermittelt, insbesondere die Aspekte Teamführung, Entscheidungsfindung und Kommunikation.

Der Vorteil von Simulationstrainings ist es nun, unter quasi „echten“ Bedingungen sowohl das prioritäten-orientierte medizinische Abarbeiten des Notfalls als auch die beschriebenen Soft-Skills zu trainieren, ohne dass ein Patient zu Schaden kommen kann. Die Herausforderung für das Simulationsteam liegt bei der Gestaltung der Szenarien darin, die Teilnehmer „echten“ Stress erleben und sie vergessen zu lassen, dass lediglich die Gesundheit eines Simulators auf dem Spiel steht. Kernstück einer jeden Simulation ist die audio-video-gestützte Nachbesprechung, das sogenannte Debriefing. Hier erhalten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich selbst bei der Arbeit zu beobachten, Fehler selbst zu erkennen und mit den Instruktoren zu erarbeiten, wie es zu diesen Fehlern kommen konnte und wie sie in Zukunft vermieden werden können. Dabei wird wiederum sowohl auf medizinische Inhalte als auch im Besonderen auf die Aspekte des Crisis Resource Managements eingegangen.

Abb. 1: Simulationssetting, Schematische Darstellung

Ein Durchlauf eines klinischen Falls durch ein medizinisches Simulationstraining nennt man „Szenario“. Bei Simulationstrainings können gezielt Szenarien ausgewählt werden. Zwei bis vier Teilnehmer werden pro Szenario aktiv teilhaben. Dabei werden diese vom Instruktor gebrieft, um so realitätsabbildend in das Geschehen des Szenarios eingeführt zu werden. Dann findet das Szenario statt. Dabei befinden sich nur die Teilnehmer des Szenarios im Geschehen. Das Szenario wird von außerhalb („Kontrollraum“) von den Instruktoren gesteuert. Dabei sehen und hören die Instruktoren die gesamte Zeit über Kameras und Mikrophone aus verschiedenen Perspektiven die Situation und können das Szenario beeinflussen und steuern. Die nichtaktiven Teilnehmer partizipieren ebenfalls beobachtend vom Debriefingraum aus.

Die Teilnehmer des Workshops durchlebten mehrere Notfallsituationen und bewerteten diese Erfahrung als sehr realistisch. Bei den Debriefings wurde typischerweise gerade die Möglichkeit, „sich selbst bei der Arbeit zuzusehen“, als besonders wertvoll eingeschätzt. Dies lohnt sich hervorzuheben, da gerade die Sorge, „per Kamera vorgeführt zu werden“, viele Kollegen und Kolleginnen im Vorfeld umtreibt und gar davon abhält, an einem Simulationstraining überhaupt teilzunehmen.

Alle Teilnehmer zeigten sich am Ende des Tages sehr zufrieden mit dem Erlebten und Erlernten. Die Handlungskompetenz der Teilnehmer wuchs rasch, und der eine oder andere Teilnehmer hätte sich gewünscht, sein Können in weiteren Szenarien unter Beweis zu stellen.

Das Zentrum für Notfalltraining des ukbs hat sich auf medizinische Simulationstrainings spezialisiert und schult Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger und Rettungsdienstpersonal sowohl am Unfallkrankenhaus Berlin als auch „in situ“ an anderen Krankenhäusern zum Thema Notfallmanagement im Schockraum, in der Intensivstation, in der Anästhesiologie oder im Rettungswagen.

Effekte von medizinischen Simulationstrainings sind neben der Erhöhung der Patientensicherheit, auch die Erhöhung der Leistungsfähigkeit Einzelner und eines Teams. Es führt zur Reduzierung von vermeidbaren Fehlern. Darüber hinaus erhöht es auch die Mitarbeiterzufriedenheit, erhöht die Personalbindung und reduziert dadurch Fehlzeiten.

Baus J. Simulationstraining „Notfallmanagement“ für Unfallchirurgen am Unfallkrankenhaus Berlin. Passion Chirurgie. 2017 Juli, 7(07): Artikel 04_03.

Programmflyer “Workshop Simulationstraining Notfallmanagement”

Autor des Artikels

Profilbild von Jan Baus

Dr. med. Jan Baus

Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und SchmerzmedizinÄrztlicher Leiter Zentrum für NotfalltrainingUnfallkrankenhaus BerlinWarener Str. 712683Berlin kontaktieren

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