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Täglich finden in Praxen, medizinischen Versorgungszentren (MVZ), Ambulanzen und Notaufnahmen von Kliniken Wundversorgungen für Patientinnen und Patienten statt. In der Regel verläuft die primäre Wundheilung problemlos, wie zum Beispiel bei frischen infektionsfreien Verletzungen oder aseptischen Operationswunden. Nach ca. zehn Tagen ist eine primäre Wundheilung komplikationslos abgeschlossen und hinterlässt eine nur minimale Vernarbung.

Etwas anders sieht es jedoch bei einer sekundären Wundheilung aus. Hier muss das Granulationsgewebe die Gewebelücke auffüllen, was eine sichtbare Narbe hinterlässt, das ist zum Beispiel der Fall bei großflächigen, infektionsgefährdeten beziehungsweise infizierten Wunden. Trotzdem laufen sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Wundart die typischen Phasen der Wundheilung (Reinigungs-, Inflammations- und/oder Exsudationsphase) ab. Ist der Körper beziehungsweise der menschliche Organismus nicht in der Lage, diesen Wundheilungsprozess erfolgreich zu durchlaufen und zu beenden, spricht man von einer (beginnenden) Wundheilungsstörung. Die Ursachen hierfür sind vielfältig und werden zusätzlich von den eventuell sich addierenden Begleiterkrankungen zu einer Herausforderung für die sogenannten Wundtherapeutinnen und Wundtherapeuten.

Qualifikation zur Wundassistentin oder zum Wundassistenten

Ein Grundsatz, der in der Wundversorgung gilt, ist, dass die Kausalität, die zur Wundheilungsstörung geführt hat, behoben werden muss. Da dies aber nicht immer in allen Fällen möglich ist, sind Fachkenntnisse von Ärztinnen und Ärzten sowie nicht ärztlichen Mitarbeitenden im Rahmen der Wundversorgung von großer Bedeutung. Zum Teil haben diese Personen eine spezielle Ausbildung zur Wundexpertin oder zum Wundmanager absolviert, wobei hier die nicht ärztlichen Mitarbeitenden in den Kliniken noch in der Überzahl sind.

Vielfältige Produkte zur Wundversorgung

Ergänzend zu der weiterführenden Qualifikation sind in der Vergangenheit als zusätzliche Unterstützung eine Vielzahl von Produkten zur Wundversorgung entwickelt worden. Diese Produkte reichen von der trockenen Wundversorgung über Vlies- und Saugkompressen, Wundschnellverbände (Pflasterverbände), beschichtete Wunddistanzgitter bis hin zu speziellen beziehungsweise aktiven Wundauflagen. Dieses notwendige Wissen über die Anamnese, Diagnostik, Indikation, Anwendung, Dokumentation und den Ablauf der Prozesse rund um die Unterstützung der Wundheilung bezeichnet man als Wundmanagement.

Damit das Wundmanagement strukturiert abläuft, wenden die ausgebildeten Wundexpertinnen oder Wundexperten/Wundmanagerinnen oder Wundmanager häufig die sogenannte ABCDE-Regel an. Hier handelt es sich um die bekannten Akronyme:

A  – Anamnese

B  – Bakterien

C  – Clinical Examination (klinische Untersuchung)

D  – Durchblutung

E  – Extras (zum Beispiel Serologie, Gewebeprobe)

Weitere Akronyme finden sich im T.I.M.E.-Konzept und bei der Lokaltherapie von chronischen Wunden die M.O.I.S.T-Therapie.

T.I.M.E.-Konzept:

T  – Tissue (Gewerbe)

I  – Infection (Infektion)

M – Moisture (Feuchtigkeit)

E  – Edge (Wundrand)

M.O.I.S.T-Therapie:

M – Moisture balance (Exsudatmanagement)

O  – Oxygen balance (Sauerstoffbalance)

I  – Infection control (Infektionskontrolle)

S – Support (Unterstützung des Heilungsprozesses)

T  – Tissue management (Gewebemanagement)

Damit die Wundversorgung für die Patientinnen und Patienten erfolgreich und rechtssicher durch ausführende Mitarbeitende (Ärztinnen und Ärzte sowie nicht ärztliche Mitarbeitende) erfolgen kann, sind die im Rahmen von Auditierungen festgestellten Lücken beziehungsweise potenzielle Risiken in den Durchführungsprozessen des Wundmanagements unbedingt zu vermeiden, wie zum Beispiel:

  • keine dokumentierten Einflussfaktoren (systemische wie lokale Faktoren) für den Wundheilungsprozess, im Rahmen der erhobenen Anamnese
  • gegebenenfalls nicht eingeschätzter beziehungsweise erhobener Ernährungsstatus
  • nicht eingeholte Fachexpertise einer ausgebildeten Wundexpertin/Wundmanagerin oder eines ausgebildeten Wundexperten/Wundmanagers
  • keine schriftliche ärztliche Anordnung zur Wundbehandlung inklusive dem zum Einsatz kommenden Wundmaterial und der Wundprodukte
  • keine durchgeführte und dokumentierte Wundvisite
  • eine nicht durchgeführte Fotodokumentation der Wunde/des Wundverlaufs
  • keine gesonderte Dokumentation bei postoperativen Wundinfektionen (definiertes KISS)
  • die nicht ärztliche Wundexpertin beziehungsweise der nicht ärztliche Wundexperte oder Wundmanagerin/Wundmanager führt die Wundversorgung eigenständig durch, ohne eine konkrete ärztliche Anordnung.

Fazit

Damit die Patientenversorgung im Rahmen der Wundversorgung optimal erfolgen kann, muss das Wundmanagement als Teamleistung zwischen den zuständigen Ärztinnen und Ärzten sowie den nicht ärztlichen Mitarbeitenden (hier gegebenenfalls die ausgebildeten Wundexpertinnen beziehungsweise Wundexperten/Wundmanager) abgestimmt sein. Die Therapieverantwortung liegt bei der zuständigen Ärztin oder beim zuständigen Arzt. Die Durchführung von gewissen Tätigkeiten im Rahmen der Behandlung kann von der zuständigen Ärztin oder vom zuständigen Arzt an die ausgebildeten nicht ärztlichen Wundexpertinnen/Wundmanager delegiert werden. Alle angeordneten und durchgeführten Maßnahmen sind von den beteiligten Personen nachweislich in der Patientenakte zu dokumentieren. Im Rahmen der Organisationsverantwortung ist die Klinikleitung verantwortlich für die erforderlichen Rahmenbedingungen, zum Beispiel notwendiges Material, Personal, Geräte und notwendige Räumlichkeiten. Wenn alles beachtet wird, dann kann die Wundversorgung für die Patientenversorgung im Rahmen eines Wundmanagementsystems gelingen.

Vonderhagen K: Safety Clip: Von der Wundversorgung zum Wundmanagement. Passion Chirurgie. 2023 November; 13(11): Artikel 04_02.

Autor des Artikels

Profilbild von Klaus Vonderhagen

Klaus Vonderhagen

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