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Für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen ist der Bundeskongress Chirurgie, der dieses Jahr vom 21. bis 22. Februar in Nürnberg stattfand, eine zentrale Veranstaltung. An den zwei Kongresstagen versammelten sich BDC-Mitglieder und Kolleginnen und Kollegen am gut positionierten BDC-Stand zum Austausch beim Kaffee. Die Stimmung unter den Teilnehmenden war gut, das Interesse an den wissenschaftlichen Sitzungen von BDC-Vorstand, Geschäftsführung und -mandatsträger:innen sehr groß. Die anschließenden Fragerunden nutzten viele zur Klärung von Fragen. Das BDC-Team stand vor Ort wie immer für alle Fragen rund um den Verband und eine Mitgliedschaft zur Verfügung.

 

Bildrechte: BDC

Berichte über einzelne Veranstaltungen

Dr. med. Friederike Burgdorf
Geschäftsführerin BDC15.30 Uhr – Raum Tokio – Berufspolitischer Nachmittag:
Höhepunkt des ersten Kongresstages war der gesundheitspolitische Nachmittag. Einleitend skizzierte die Kongressleitung, Dr. Frank Sinning und Dr. Frido Mütsch, aktuelle Entwicklungen im Gesundheitswesen als Hintergrund für berufspolitische Forderungen. Als wichtige Treiber für Veränderungen nannten Sie insbesondere die angespannte wirtschaftliche Situation sowie die veränderte Verteidigungspolitik mit einer neuen Kriegsmedizin und entsprechendem Finanzierungsbedarf. Dabei machten sie deutlich, dass es höchste Zeit sei, die Chancen der Digitalisierung und eines überfälligen Bürokratieabbaus zu nutzen in einem Gesundheitssystem, in dem Angebot und Nachfrage immer mehr auseinanderzudriften drohen. Schließlich wandte Herr Dr. Sinning sich mit folgendem Appell direkt an die wachsende Gruppe der Chirurginnen: „Alte weiße Männer haben Fluchttendenzen. Bilden Sie sich weiter und arbeiten Sie schnell, meine Damen!“

Dr. Burkhard Lembeck griff das Thema Ressourcenmangel auf und unterstrich die Bedeutung einer vermehrten Strukturierung der Inanspruchnahme des Gesundheitssystems. Aus seiner Sicht werde die koordinierte ambulante Inanspruchnahme eines der zentralen Themen der kommenden Legislaturperiode sein und die Strukturierung über die Notfallreform ergänzen. Für Versicherte, die sich zukünftig nicht an ein Ersteinschätzungsverfahren vor dem Aufsuchen der Notaufnahme hielten, forderte die Einführung einer Selbstbeteiligung an den verursachten Kosten.

Dr. Dirk Heinrich wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die zunehmende Patientensteuerung zwar ein Schlüssel zur Qualitätsverbesserung sei. Jedoch sei die primärärztliche Versorgung auch durch Fachärzte möglich und auch notwendig, da Deutschland gar nicht über eine ausreichende Anzahl primärversorgender Hausärzte verfüge.

An den intersektoralen Notfallzentren, die als Teil einer Reform der Notfallversorgung diskutiert werden, kritisierte er, dass dadurch eine erneute Umgehung des ambulanten Systems entstünde, was nicht beabsichtigt sein könne. Zudem fehle auch hierfür das Personal, was in letzter Konsequenz dazu führen würde, dass zahlreiche Notaufnahmen geschlossen werden müssten.

Grundsätzlich kritisierte er den hohen Anteil versicherungsfremder Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt würden. Hierbei handele es sich vielfach um Staatsausgeben, die dort nicht hingehörten und die Lohnnebenkosten verteuerten.

Für eine vermehrte Steuerung im Gesundheitswesen sprach sich ebenfalls Jan Henniger aus, bewertete aber gleichzeitig die freie Arztwahl als ein besonders hohes und schützenswertes Gut. Er machte deutlich, dass eine verbesserte ärztliche Kommunikation bereits einen großen Anteil der Probleme lösen könnte.

Dr. Ralf Schmitz schließlich hob ebenfalls die Steuerungselemente des Gesetzesentwurfs zur Reform der Notfallversorgung positiv hervor, insbesondere die Verknüpfung der Rufnummern 112 und 116117, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der immens hohen Anzahl an Arzt-Patienten-Kontakten in Deutschland im internationalen Vergleich.

Dr. Stefanie Minkley mahnte u. a. eine verbesserte die Gesundheitskompetenz schon von Kindern als wichtiges Thema an. Zukünftig müssen auch neue Gesundheitsberufe, wie die Community Health Nurse, stärker mit in die Versorgung von Patientinnen und Patienten einbezogen werden und auch die Zuwanderung in unser Gesundheitssystem müsse weiter gestärkt werden.

Prof. Andrew Ullmann fügte hinzu, dass der Weg der Ambulantisierung konsequent weiter beschritten werden müsse. Als Gesundheitspolitiker müsse man den Mut haben, auch schmerzhafte Reformprozesse zu begleiten. Dazu gehört in Deutschland jüngst die Krankenhausreform. Die Steuerung von Patienten müsse aber bereits wesentlich früher ansetzen, denn es müsse nicht immer ein Arzt oder eine Ärztin sein, die eine Patientin oder einen Patienten sieht.

Fazit: Insgesamt eine interessante Diskussion mit einer Spur zu viel Einigkeit unter den Diskutanten, so dass man zwischendurch geneigt war, sich nach einem Kassenvertreter oder politischen Repräsentanten weiterer Parteien zu sehnen, um die die Pluralität etwas zu erhöhen. Leider wurde Fragen aus dem Auditorium in diesem Jahr nicht zugelassen, was möglicherweise auch dazu beigetragen hat, dass der Saal sich gegen Ende ein wenig leerte. Daher wünschen wir uns für das nächste Jahr: Mut zur kontroversen Diskussion und Einbindung des Auditoriums!

Dr. med. Peter Kalbe
Vizepräsident BDCSitzung Krankenhaus- und Notdienstreform – und ihre Auswirkungen auf den ambulanten Sektor
Die Sitzung zur Notdienstreform am Samstagnachmittag war geprägt von der Frage, wie Krankenhaus-Notaufnahmen und niedergelassene Ärzte zukünftig bei der Versorgung von Notfällen besser zusammenarbeiten können.Dirk Farghal fasste als ärztlicher Leiter eines MVZ zunächst den aktuellen Stand zusammen und stellte die Eckpunkte des letzten vorliegenden Referentenentwurfs zur Notdienstreform vor. Das Gesetzgebungsverfahren war bekanntlich dem Bruch der Ampel-Koalition zum Opfer gefallen. Er stellte die Bedeutung der geplanten „Integrierten Notfallzentren“ (INZ) dar und drückte sein Erstaunen aus, dass vom „gemeinsamen Tresen“ keine Rede mehr war. Eine wesentliche Änderung zu früheren Entwürfen ist die verpflichtende Leitung durch das Krankenhaus und nicht durch die Kassenärztliche Vereinigung.

Florian Kern machte danach als Geschäftsführer der MVZs ANregiomed in seinem Vortrag u.a. deutlich, mit welchen immensen organisatorischen und finanziellen Aufwänden eine Umwandlung der bestehenden Krankenhaus-Notaufnahme in ein INZ verbunden wäre. Die Refinanzierung des Aufwands sei unklar. Nach wie vor sei die Ertragslage aus der ambulanten Notfallversorgung nach dem EBM vollkommen unbefriedigend.

Tobias Hübner stellte danach als Chefarzt der Notaufnahme im Klinikum ANregiomed Ansbach die bestehende Struktur und das ab März 2025 geplante Modellprojekt gemeinsam mit dem Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) vor. Dabei erfolgt analog zum so genannten „Rosenheimer Modell“ eine standardisierte digitale Ersteinschätzung und die darauf basierende Zuordnung der Notfälle in die eigene Notaufnahme oder zu den kooperierenden vertragsärztlichen Praxen. Im Rahmen dieser so genannten „Dispo Akut“-Studie werden die Softwaresysteme IVENA und das SmED miteinander verglichen. Im Jahr 2023 konnten somit im Modellprojekt in Rosenheim aus einer Population von 193 potenziellen Kooperationsfällen letztlich 108 Fälle erfolgreich und definitiv im Kooperationspraxen weitergeleitet werden, ohne dass dies eine Gefährdung der Patientensicherheit bedeutet hätte.

BDC-Vizepräsident Peter Kalbe stellte abschließend die Position des BDC dar, die gemeinsam mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft DGCH in einer Stellungnahme veröffentlicht worden war. Er forderte über den Regierungsentwurf hinausgehend auch die Einbeziehung von fachärztlichen Kooperationspraxen. In der anschließenden Diskussion stellte sich heraus, dass dies gemäß dem Rosenheimer Modell bereits realisiert wurde und dass für die vermittelten Fälle analog zum dringenden Hausarzt-Vermittlungsfall ein Honorar-Aufschlag von 200% auf die jeweilige Grundpauschale gewährt wird.

Das Thema und die sehr informativen Vorträge hätten durchaus mehr Zuhörer im Hörsaal verdient. In der anschließenden lebhaften Diskussion wurde eindrücklich die massive Überlastung der Krankenhaus-Notaufnahmen dargestellt, speziell auch im kinderchirurgischen Bereich. Es wurde reichlich Kritik am teilweisen Rückzug der kassenärztlichen Vereinigungen aus der Notfallversorgung laut und es wurde die Erfüllung des Sicherstellungsauftrags auch außerhalb der Praxisöffnungszeiten eingefordert. In einzelnen Regionen sind fachärztliche Notdienste eingerichtet. Es kam insgesamt zum Ausdruck, dass die strukturellen Konstellationen und die daraus resultierenden Probleme regional sehr unterschiedlich sind und somit individuelle Lösungen erfordern. Die Teilnehmer waren sich schlussendlich einig, dass die Notfallreform von der neuen Bundesregierung mit Vorrang weiter vorangetrieben werden muss.

Prof. Dr. med. Tobias Kisch, MBA
Regionalvertreter BDC|Landesverband Schleswig-Holstein
Praxisklinik Kronshagen
Sitzung “Aktuelles zur Hybrid-DRG – Wohin geht die Reise?”: Hybrid-DRGs sind seit dem 01.01.2024 Realität. Durch das KHVVG hat der § 115f SGB V jedoch zum 01.01.2025 substanzielle Veränderungen erfahren. Zunächst sind eine hohe Fallzahl, eine kurze Verweildauer und eine geringe Komplexität keine Kriterien mehr für die Leistungsauswahl. Leistungen für Kinder und Menschen mit Behinderung sollen nicht mehr in die Hybrid-DRG Leistungsauswahl einbezogen werden. Darüber hinaus wurde nun festgelegt, dass die drei Vertragsparteien (KBV, DKG, GKV-SV) regelmäßig einen Leistungskatalog vereinbaren, der dann dem InEK vorgelegt wird. Das InEK soll den Katalog überprüfen und Anpassungsvorschläge liefern. Die Vertragsparteien sind anschließend angehalten InBa und InEK mit der Erlöskalkulation, differenziert nach Schweregrad, zu beauftragen. Die Kalkulation soll bis 2030 schrittweise an die entsprechende Höhe aus dem AOP-Katalog nach § 115b SGB V angepasst werden. Ab 2030 soll sie allerdings gleichzeitig auf empirischen Kostendaten aus dem ambulanten und stationären Bereich basieren. Dafür müssen InEK und InBa bis zum 30.04.2025 einen Vorschlag für ein Kalkulationskonzept für den ambulanten Bereich erarbeiten, auf dessen Basis die Vertragspartner bis Ende 2025 dem BMG ein finales Konzept zur Prüfung auf eventuellen gesetzlichen Anpassungsbedarf zu dessen Realisierung vorlegen.

Eine kostenbasierte Kalkulationsmethode ist sinnvoll, wenn sie sachgerecht durchgeführt wird und nicht zu einer Fehlsteuerung in der Patientenversorgung führt. Die aktuelle Methode führt jedoch dazu, dass Leistungserbringer gezwungen sind Portfolio-Bereinigungen durchzuführen, da einige Leistungen nicht mehr kostendeckend erbracht werden können und die Erbringer in den finanziellen Ruin treiben könnten. Für eine Anpassung des Portfolios werden zunächst diejenigen Leistungen erfasst, die prinzipiell vom Leistungserbringer erbracht werden können. Anschließend werden die anfallenden Kosten je Leistung kalkuliert. Hierfür bieten sich relativ simple Templates wie die Kostenmatrix des InEK oder aber exaktere Berechnungsmodelle, wie im Artikel „Hybrid-DRGs – Die Herausforderung“ beschrieben, an. Bei der Kostenkalkulation müssen zwingend auch das ärztliche Gehalt als Oberarztgehalt und eine für Unternehmer notwendige Rücklage sowie Investitionskosten angesetzt werden. Zur Entscheidungsfindung erfolgt dann ein Abgleich der Kosten mit den Erlösen durch die Hybrid-DRG. Es erscheint höchst fraglich, dass unter diesen Umständen der angestrebte Ambulantisierungsgrad von bis zu 12 % bis zum Jahr 2030 erreicht werden kann.

Dr. med. Björn Schmitz, MHBA
Chefarzt der Klinik für Allgemein und Viszeralchirurgie, Proktologie
Knappschaft Kliniken KamenErfahrungsberichtsbericht über den Bundeskongress für Chirurgie in Nürnberg: Liebe Teilnehmenden, liebe BDC-Mitglieder, lieber Vorstand,

zunächst einmal darf ich mich herzlich bedanken, dass ich als Referent und Teilnehmer beim Bundeskongress Chirurgie für 2025 in Nürnberg am 21.02.2025 eingeladen war. In der Session Gefäßchirurgie/Phlebologie konnte ich mit der Vorsitzenden Frau Dr. Kerstin Schick und Herrn Dr. Sven Gregor sowie mit meiner Mitvortragenden, Frau Dr. Kathrin Niemöller, eine hervorragend organisierte und inhaltlich perfekt auf die aktuelle Symptomatik abgestimmte Session begleiten. Dabei habe ich mich sehr gefreut, dass ich als Allgemein- und Viszeralchirurg (eben nicht Gefäßchirurg oder Phlebologe) sowie als im Krankenhaus tätiger Chefarzt über die aktuelle Krankenhausreform in NRW sowie über die aktuellen Entwicklungen zum Thema Hybrid DRG vortragen durfte. Von großem Interesse und für regen Diskussionsbedarf sorgte meine aktuelle Darstellung einer ganz frischen Umfrage unter chirurgischen Chefärztinnen und Chefärzten der Kliniken in NRW über die sich abzeichnende Gestaltung der Leistungsportfolios der einzelnen Kliniken. Ende Dezember sind die Rechtsbescheide vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen verschickt worden. Diese haben Rechtsbestand und zum 01.04.2025 dürfen deutlich weniger Kliniken gewisse Leistungsgruppen, insbesondere in der Viszeralchirurgie, anbieten. Erschreckende Erkenntnis, dass Kliniken die DKG oder DGAV-zertifizierte Leistungsgruppen angeboten haben, diese teilweise nicht mehr durchführen dürfen. Diese qualitätsgesicherten Zertifikate lösten also keinerlei Leistungs-Garantie aus. Das der Bevölkerung vorgetragene Qualitätsversprechen muss in diesem Kontext vollkommen neu durchdacht werden. Bei den gesamten Plänen werden also zunehmend monetäre Geldsparzwänge oder gewollte Krankenhausschließungen vermutet.

Ebenso ein hoch interessantes Thema mit monetärer Brisanz sind die sogenannten „Hybrid-DRG’s“. Der neue Katalog und die Neuaufnahme von vielen OPS-Ziffern, lösten teilweise zwiespältige Reaktionen aus. „Niedergelassene Kollegen sind diesbezüglich zurzeit auf der sogenannten Gewinnerseite und können sich zurücklehnen und abwarten was passiert“ so resümierte Dr. Sven Gregor abschließend inhaltlich dieses Thema. Für die Krankenhäuser ist das natürlich noch nicht so, weil die ambulanten Strukturen noch fehlen und der Kostenapparat kaum noch Erlöse zulässt.

Für mich persönlich war dieser Austausch eine ganz hervorragende Erfahrung. Abschließend möchte ich festhalten, dass wir alle zusammen für unsere Patienten weiterhin höchst engagiert sind. Dabei ist es schlussendlich egal ob „ambulant, hybrid oder stationär“. Wir üben meiner Meinung nach den tollsten Beruf der Welt aus und sollten das weiterhin hoch motiviert und patientenzentriert fortführen und dass trotz der politischen Rahmenbedingungen und monetären Interessenslagen, welche mehr als gewöhnungsbedürftig erscheinen.

Dr. med. Ralf Schmitz
Regionalvertreter Landesverband BDC|Schleswig-Holstein
Leiter des Themen-Referates „Niedergelassene“ im BDC
Mitglied des Themenreferats Krankenhausstrukturen, sektorenübergreifende Versorgung und Nachhaltigkeit
Mitglied des erweiterten BDC-Vorstand
MVZ Chirurgie KielDie Umsetzung der H-DRGs war das zentrale Thema der von BNC und BDC gemeinsam gestalteten Sitzung unter der Fragestellung: Ambulantisierung – wo stehen wir jetzt? Das Interesse war so groß, dass das Auditorium auch auf Fußboden und Ablagen Platz nehmen musste und der Referent Dr. Ralf Schmitz sich an überfüllte Hörsäle während seiner Studienzeit unmittelbar nach der Nuklear-Katastrophe von Tschernobyl erinnert fühlte. Nach kurzer Darstellung der Historie der intersektoralen Vergütung nach dem neuen § 115f wurde schnell das Hauptproblem bei der Kalkulation der Erlöse benannt, nämlich die fehlende Expertise des vom BMG beauftragten Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK). Wie schon der Name andeutet war kaum zu erwarten, dass an dortiger Stelle profunde Kenntnisse bezüglich des ambulanten Operierens im Vertragsarztbereich vorliegen.So waren mit Einführung der H-DRGs zum 1.1.2024 dem InEK ausschließlich die Kosten der Implantate aus den Krankenhäusern bekannt – und die unterscheiden sich dramatisch von denjenigen im Vertragsarztbereich. Die Krankenhäuser waren in der Vergangenheit gezwungen Preise mit den Herstellern zu verhandeln, da die Implantate schon immer Bestandteil der DRG waren. Beim ambulanten Operieren durch die niedergelassenen Chirurginnen und Chirurgen aber spielte der Preis eine untergeordnete Rolle: die Rechnung wurde in der Regel komplett von der zuständigen Krankenkasse übernommen. Dies war auch dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages schon vor Einführung der H-DRGs bekannt und so wurde das BMG beauftragt, ab 2023 eine entsprechende Datenbasis aufzubauen. Leider ist dies bis heute nicht geschehen, vielmehr wurde mit Einführung des Krankenhaus-Versorgungs-Verbesserungsgesetzes (KHVVG) Ende letzten Jahres die Deadline durch das BMG eigenmächtig auf das Jahr 2030 verschoben. Zudem wurde die Wahlmöglichkeit für Vertragsärzte gestrichen, sich zwischen H-DRG und EBM entscheiden zu können. In der Konsequenz führt dies dazu, dass sachkostenlastige Hybrid-DRG Eingriffe nun unter der EBM-Vergütung liegen. Dies betrifft aktuell in besonderem Maße die Fußchirurgen, wie Dr. Alexander Rucker in seinem Vortrag an Beispielen erläuterte. Es besteht die konkrete Befürchtung, das state-of-the-art Operationen mit hochwertigen Implantaten und daraus resultierenden geringeren Patientenbeschwerden mit reduzierten Arbeitsunfähigkeitszeiten verlassen werden, um auf günstige und damit wirtschaftlichere Operationsverfahren auszuweichen. Es droht also eine Verschlechterung der Qualität.

Dies gilt auch vor dem Hintergrund einer unzureichenden Schweregraddifferenzierung. Solange Zusatzeingriffe oder komplexe Operationen in der gleichen H-DRG liegen, wie eine einfache operative Versorgung, besteht ein klarer Fehlanreiz zur Vermeidung derartiger medizinisch sinnvoller Eingriffe.

Diese Problematik ist auch der Hauptgrund, warum viele operativ tätigen Berufsverbände bei der Weiterentwicklung der H-DRGs auf der Bremse stehen. Erst wenn eine sachgerechte Kalkulation der Implantatkosten vorliegt und komplexere Eingriffe fair berücksichtigt werden, kann eine ohne Zweifel sinnvolle Weiterentwicklung der Ambulantisierung erfolgen.

Gleichwohl darf an dieser Stelle aber nicht der Hinweis fehlen, dass niedrig komplexe und idealerweise implantatfreie Eingriffe im Vergleich zum EBM zum Teil deutlich besser vergütet werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass mit dem Jahreswechsel viele DRGs um etwa 10 % besser bewertet sind als im Jahr zuvor. Für die folgenden Jahre ab 2026 ist bei unveränderter Kalkulationsbasis aber mit einer deutlichen Abwertung zu rechnen, da sich der Ambulantisierungsfaktor auswirken wird. Nach Vorstellung des BMG soll im Jahr 2030 dann für alle Operationen das Honorar-Niveau des EBM erreicht sein. Wie eine solche Strategie die Schaffung von notwendigen ambulanten Operationsstrukturen im Vertragsarztbereich und auch im Krankenhaus fördern soll, blieb allen Vortragenden und Diskutierenden rätselhaft.

In der anschließenden lebhaften Diskussion zeigte sich, dass viele Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit der Abrechnung von H-DRGs bereits nutzen. In den Vorträgen der Vertreter der Abrechnungsdienstleister Sebastian Jonas-Dieke (sanakey) und Volker Heuzeroth (medicalnetworks) wurde darauf hingewiesen, dass bei der Kodierung und bei der Verwendung des Groupers besondere Sorgfalt und die Beachtung der Kodier-Regeln erforderlich ist. Auch die kassenärztlichen Vereinigungen bieten die Abrechnung nach H-DRGs als Dienstleistung an. Beim Vergleich der Kosten muss der Umfang des angebotenen Services berücksichtigt werden.

Vonseiten des BDC wies der Vizepräsident Dr. Peter Kalbe abschließend auf die Gefahr von nachlaufenden Prüfverfahren durch den medizinischen Dienst (MD) hin und betonte nochmals die die Notwendigkeit einer peinlich genauen Dokumentation der operativen Eingriffe sowie einer sorgfältigen Kodierung von Diagnosen und ops-Schlüsseln, um spätere Kürzungen zu vermeiden.

 

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