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Bei der Frage der Delegation und Abrechnung von Laborleistungen kommt es immer wieder zu Fehlinterpretationen und Missverständnissen hinsichtlich der geltenden Rechtslage. Dies betrifft auch den Bereich der privatärztlichen Abrechnung von Laborleistungen im Krankenhaus.

Systematik des Abschnitts M der GOÄ

Die Erbringung von Laborleistungen ist nach den für die Behandlung von Privatpatienten einschlägigen Regelungen der GOÄ in vier Bereiche gegliedert, die nach den vier Kapiteln der Anlage M unterschieden werden.

Untersuchungen der Klasse M-I müssen vom untersuchenden Arzt persönlich oder durch von ihm beaufsichtigte und angeleitete Dritte in einem Labor durchgeführt werden (sog. Vorhalteleistungen). Dafür, dass der Arzt extra ein Labor für die Erbringung dieser Leistungen vorhält, sind diese Leistungen bei einfachem bis mittlerem Schwierigkeitsgrad verhältnismäßig gut dotiert. Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung ergibt sich ausdrücklich aus § 4 Abs. 2 S. 1, S. 2 GOÄ.

Die Untersuchungen der Klasse M-II („Basislabor“) gelten auch dann als persönliche Leistungen, wenn sie tatsächlich in einer Laborgemeinschaft unter Aufsicht eines dort tätigen Arztes (oder durch einen Arzt ohne eigene Liquidationsbefugnis) erbracht werden, auch ohne Mitwirkung oder persönliche Anwesenheit des abrechnenden Arztes bei der Durchführung der Leistung. Es handelt sich um sog. delegierbare Leistungen des Basislabors.

Technisch sind diese Leistungen ebenfalls von einfachem bis mittlerem Schwierigkeitsgrad. Den aus der möglichen Delegation in einer Laborgemeinschaft resultierenden Rationalisierungsvorteilen wird dadurch Rechnung getragen, dass diese Leistungen etwas niedriger honoriert werden, als etwa die Vorhalteleistungen.

In den Klassen M-III und M-IV der GOÄ finden sich komplexe Laboruntersuchungen (sog. „Speziallabor“), deren Durchführung nicht nur einen wesentlich besser ausgerüsteten Maschinenpark erfordert, sondern die wegen ihrer Komplexität auch erhöhte Anforderungen an die labormedizinische Qualifikation des Arztes stellen. Die Abrechnung von Leistungen dieser Kategorie ist nach § 4 Abs. 2 S. 1, S. 2 GOÄ wiederum nur dem Arzt gestattet, der sie persönlich erbringt oder der während der Durchführung dieser Leistungen die Aufsicht führt und die fachlichen Weisungen erteilt.

Die Anforderung des § 4 Abs. 2 GOÄ sind grundsätzlich auch Voraussetzung für die Abrechnung von Laborleistungen gegenüber Privatpatienten, die im Krankenhaus erbracht werden. Dass hat z. B. zur Folge, dass Krankenhäuser, die ihr eigenes Labor schließen und ein externes Labor mit der Erstellung der Laborparameter beauftragen („outsourcing“ des Krankenhauslabors), damit ihren liquidationsberechtigten Krankenhausärzten jede Grundlage zur Abrechnung von Laborleistungen entziehen. In einem solchen Fall sind die Krankenhausärzte daher überhaupt nicht mehr berechtigt, irgendwelche Laborleistungen selbst abzurechnen.

Rechtslage nach GOÄ-Änderung

Bereits mit der Neufassung der GOÄ zum 01.01.1996 wurden die Anforderungen an die persönliche Leistungserbringung erhöht, auch gerade für Speziallaborleistungen der Abschnitte M-III und M-IV GOÄ. Die Ärzteschaft war hierüber teilweise verwundert, da bei fortschreitender Weiterentwicklung der Technik (Automatisierung) die Einwirkungsmöglichkeit des Arztes bei diesen Leistungen weiter reduziert ist und Anforderungen an die Aufsicht daher eigentlich gemindert werden müssten.

Die Intention des Gesetzgebers war jedoch genau entgegengesetzt, so heißt es beispielsweise in der amtlichen Begründung zur Neufassung der GOÄ:

„…. Gebührenanreizen zur Ausweitung von Laborleistungen über das medizinisch notwendige Maß hinaus soll zudem dadurch entgegengewirkt werden, dass die Beziehbarkeit von Laborleistungen, bei der aus Laborgemeinschaften kostengünstig bezogene Laborleistungen als eigene Leistungen abgerechnet werden können, auf ein eng begrenztes Segment häufig anfallender Leistungen beschränkt wird [1].“

Die Rechtsprechung hatte – von der Ärzteschaft weitgehend unbemerkt – in der Vergangenheit wiederholt Gelegenheit, sich mit den Voraussetzungen der Abrechnung von Laborleistungen, insbesondere im Hinblick auf den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung, zu befassen.

Strittig war zunächst, in welchem Umfang die Anwesenheit des liquidierenden Arztes erforderlich ist. Während einzelne gerichtliche Entscheidungen eine Erreichbarkeit des liquidierenden Arztes im Laborgebäude noch als ausreichend erachtet hatten [2], verlangt die Rechtsprechung inzwischen überwiegend eine persönliche Anwesenheit des liquidierenden Arztes während des gesamten Labor-Untersuchungsvorgangs [3].

Das Landgericht Regensburg hatte bereits 2003 einen Chefarzt unter anderem wegen Betrugs und Untreue verurteilt, weil dieser M-II-Leistungen abgerechnet hatte, die ohne seine Beteiligung im Sinne von § 4 Abs. 2 GOÄ erbracht worden waren [4].

Ganz auf dieser Linie liegt auch eine jüngere Entscheidung des Landgerichts München I [5]. In diesem Verfahren wurde ein niedergelassener Arzt, der unter anderem M-III- und M-IV-Leistungen über einen externen Laboratoriumsmediziner bezogen und als eigene Leistung abgerechnet hatte (weitere Verstöße gegen § 4 Abs. 2 GOÄ gab es auch im Bereich der M-I- und M-II-Leistungen) zu einer Haftstrafe verurteilt. Diese Entscheidung ist leider jüngst durch den Bundesgerichtshof [6] ausdrücklich bestätigt worden.

Laborliquidation im Krankenhaus

Für die Abrechenbarkeit von Speziallaborleistungen als eigene Leistungen gelten die vorgenannten gesetzlichen Voraussetzungen auch bei der Leistungserbringung im Krankenhaus. Ferner muss der laborleitende Krankenhausarzt über die Liquidationsberechtigung zur Abrechnung von Laborleistungen verfügen. Dies bedeutet im Grundsatz, dass nur noch der Leiter des Labors bei Leistungen des Speziallabors liquidationsberechtigt ist, da er die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

Eine Ausnahme gilt allerdings in denjenigen Fällen, in denen ein leitender Krankenhausarzt Speziallaborleistungen persönlich erbringt (die zudem erforderliche, fachliche Qualifikation jeweils vorausgesetzt). Leistungen des Speziallabors (M-III und M-IV) können daher nur von dem Krankenhausarzt liquidiert werden, der selbst die Aufsicht über das Krankenhauslabor hat und unter dessen Aufsicht und fachlicher Weisung sie erbracht werden. Die Übertragung des Liquidationsrechts für Leistungen des Speziallabors an leitende Krankenhausärzte, die solche Leistungen für ihre Patienten in Auftrag geben, selbst aber an der Leistungserbringung im Labor nicht persönlich beaufsichtigend mitwirken, ist danach ausgeschlossen. Diese Krankenhausärzte dürfen berufsrechtlich auch nicht an den Liquidationseinnahmen des Laborleiters für die von ihnen veranlassten Leistungen beteiligt werden (Verbot der Zuweisung von Untersuchungsmaterial gegen Entgelt). Ausgeschlossen ist ferner eine Übertragung der kollektiven Leitung des Labors an alle liquidationsberechtigten Krankenhausärzte, da dies erkennbar eine Umgehung des Zuweisungsverbots wäre.

Ein Honoraranspruch des zuweisenden Krankenhausarztes lässt sich leider auch nicht mit dem häufig vorgetragenen Argument begründen, dieser sei „im weitesten Sinne“ an der Leistungserbringung beteiligt.

Nach der allgemeinen Bestimmung zu Abschnitt M Nr. 1 ist der Inhalt der Gebühren für Laborleistungen wie folgt definiert:

  • Eingangsbegutachtung des Probenmaterials
  • Probenvorbereitung
  • Durchführung der Untersuchung (einschließlich der erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen)
  • Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen Laborbefundes

Der zuweisende Krankenhausarzt erbringt hingegen regelmäßig folgende Leistungen:

  • Indikationsstellung
  • Probenentnahme
  • Einordnung der Befunde in das Krankheitsbild

Diese Leistungen sind jedoch nach herrschender Meinung nicht Bestandteil der Laborleistung und daher auch nicht mit den Gebühren für Laboruntersuchungen abgegolten. Hierfür kann der Arzt die Gebühren für die ärztlichen Grundleistungen sowie die Entnahmen von Körpermaterial abrechnen. Daher erbringt der Laborleistungen veranlassende bzw. zuweisende Krankenhausarzt in der Regel keine substantiellen Teilleistungen, mit denen ein eigenständiger Honoraranspruch hinsichtlich der Speziallaborleistung begründet werden könnte.

[1] vgl. BT-Drucksache 211/94, Seite

[2] so etwa LG Duisburg, Urt. v. 18.06.1996 – 1 O 139/96

[3] so bereits LG Hamburg, Urt. v. 20.02.1996 – 312 O 57/96

[4] Landgericht Regensburg, Az. 2 Kls 103 Js 5189/00

[5] Az. 7 Kls 572 Js 46495/08

[6] Az. 1 StR 45/11

Heberer J. / Eicher M. Privatärztliche Abrechnung von (Spezial-) Laborleistungen im Krankenhaus. Passion Chirurgie. 2013 Juni; 3(06): Artikel 04_01.

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