01.02.2018 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Warum Intensivmedizin in der Chirurgie?
Wegen der Fortschritte in der Medizin im Allgemeinen und speziell in den chirurgischen Disziplinen stehen heute operative Behandlungsverfahren zur Verfügung, die z. B. noch vor zehn Jahren für betroffene Patienten nicht in Frage kamen.
Bei der Indikation zur Operation sollte der verantwortliche Chirurg natürlich Kenntnisse über die Möglichkeiten und Grenzen des operativen Verfahrens besitzen, aber auch ein Basiswissen der zugehörigen Intensivmedizin zur Verfügung haben. Nur so kann der Operateur seinen Patienten das geeignete Behandlungsverfahren anbieten und sachgemäß aufklären.
Er muss Vorerkrankungen kennen und erkennen und ggf. mit der Dauer-Medikation umgehen können. Sie beeinflusst möglicherweise das vorgesehene chirurgische Verfahren.
Einige Beispiele
Profitiert ein 80-jähriger Patient mit schwerer obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und langjährigem Nikotin- und Alkohol-Abusus bei kleinem Ösophagus-Karzinom von einer operativen Ösophagektomie über einen Zwei-Höhlen-Eingriff oder ist eine palliative Stent-Anlage hier das bessere Verfahren?
Wie wird die Antikoagulation nach Aorten-Klappen-Ersatz und Marcumar-Einnahme perioperativ durchgeführt – wann Heparin, wann wieder Marcumar? Muss die Einnahme von „Herz-ASS“ unterbrochen werden?
Soll die kachektische, anämische Karzinom-Patientin präoperativ Blut-Transfusionen erhalten oder soll die Operation verzögert werden, um eine künstliche Ernährung einzuleiten?
Im Rahmen des demographischen Wandels werden nicht nur kränkere, sondern auch mehr Patienten zu behandeln sein. Die Verteilung der knapper werdenden Ressourcen für die Leistungen direkt am Patienten ist nur im Dialog auf Augenhöhe mit den anderen beteiligten Disziplinen möglich.
Welcher Patient muss als erstes operiert werden? Der 65-jährige Patient mit Kolon-Perforation und beginnender Sepsis, die rüstige, alleinlebende 89-jährige Patientin mit chronisch subduralem Hämatom mit seit ein paar Stunden zunehmender Vigilanz-Minderung oder der 40-jährige Mann mit einer Hodentorsion?
Wird die 35-jährige adipöse Patientin nach Appendektomie und Unterbauch-Peritonitis oder der Patient mit ausgebrannter Leber-Zirrhose nach inkarzerierter Leistenhernie auf die Intensivstation verlegt?
Postoperativ muss der Operateur sich mit dem Intensivmediziner austauschen, um seinen Patienten richtig einzuschätzen und etwaige chirurgische Komplikationen rechtzeitig zu erkennen.
Wie ist die Gabe von Katecholaminen beim sedierten, beatmeten Patienten zu werten? Notwendig aufgrund der Sedierung oder Zeichen eines beginnenden Kreislaufversagens bei Sepsis? Ist es sinnvoll, noch eine Organersatz-Therapie (Nieren-Ersatz (Dialyse)) oder gar einen „Kreislauf-Ersatz“ (Extra corporal life support – ECLS) nach Tumor-Resektion einzuleiten?
Kenntnisse über das rein operative Fachgebiet hinaus sind nötig, um die Patienten auch auf der peripheren Station richtig einzuschätzen und Komplikationen rechtzeitig zu erkennen.
Der 85-jährige Patient nach Unterschenkel-Amputation bei arterieller Verschluss-Krankheit wird nachts um 2:00 Uhr verwirrt – handelt es sich um ein Delir oder um eine beginnende Sepsis?
Die Urinausscheidung bei einer 65-jährigen Patientin nach Cholezystektomie und vorbestehender Diuretika-Therapie beträgt noch 350 ml am ersten Tag postoperativ – ist es ein acute-on-chronic Nierenversagen, eine noch nicht wieder eingeleitete Hausmedikation mit Diuretika, eine Hypovolämie oder ein beginnendes Multi-Organversagen?
Akute Komplikationen müssen ebenfalls sofort erkannt und behandelt werden, bis spezialisierte Hilfe eingetroffen ist, z. B die beginnende respiratorische Erschöpfung bei Schleimretention, die Tachypnoe und Hypotension beim frühen septischen Schock oder der Herzkreislaufstillstand.
Chirurgen sollten ermutigt werden, sich neben den selbstverständlich sehr guten chirurgischen Kenntnissen auch Kenntnisse der Intensivmedizin anzueignen, um im klinischen Alltag ihre Patienten optimal zu beraten und zu versorgen.
Information & Anmeldung: |
Autor des Artikels
Dr. med. Hans Fischer
Klinik für Anaesthesiologie und IntensivmedizinUniversitätsklinikum TübingenHoppe-Seyler-Str. 372076Tübingen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
04.12.2023 Aus-, Weiter- & Fortbildung
KLK: Jahrestagung am 12. und 13. Januar 2024 in Hamburg
Am 12.-13.01.2024 findet die 30. Jahrestagung des Konvents der Leitenden
01.12.2023 Aus-, Weiter- & Fortbildung
Letzter Halt PJ – Nachwuchs für die Klinik motivieren
Das Thema Nachwuchsmangel wird bei Kongressen, Sitzungen, Fachgesellschaften und Berufsverbänden weiterhin viel diskutiert und die Neuauflage des Berufsmonitorings bestätigt es [1, 2]: Je mehr die Studierenden Kontakt mit dem klinischen Alltag in einem chirurgischen Fach haben, desto höher ist die Gefahr, dass man sie von einer Karriere in diesem Fach abschreckt. Die Gründe dafür sind vielfältig und reichen von mangelnder Betreuung über als unnötig empfundene Aufgaben bis hin zum Kontakt mit unzufriedenen Mitarbeitenden [3].
01.12.2023 Viszeralchirurgie
CME-Artikel: Der Thoraxmagen
Ein Thoraxmagen tritt selten auf. Daher wird die Diagnose oft erst spät gestellt und eine entsprechende Therapie eingeleitet. Am Universitätsklinikum Augsburg wurden in den letzten 20 Jahren (von 2003 bis 9/2023) insgesamt 690 Patienten mit Thorax- bzw. Upside-down-Magen operiert. Basierend auf der aktuellen Literatur sowie eigenen Erfahrungen und Publikationen [1–3] ist dies ein Überblick zu Diagnostik, Operationsindikation und OP-Technik.
01.12.2023 Medizinstudium
Fragen zum Medizinstudium
Was fasziniert Sie am Medizinstudium? Tillman Krones: Das vielfältige und detaillierte Wissen über den menschlichen Körper, und damit ja dann auch über den eigenen, hat mich schon immer fasziniert. Und auch das Allumfassende, denn früher oder später kommt ja eigentlich jeder Mensch mal mit der Medizin in Kontakt. Außerdem werden Mediziner immer gebraucht und auch das entsprechende Ansehen hat durchaus eine Rolle bei der Wahl meines Studiums gespielt.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.