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Sehr geehrte Damen und Herren,

wie ich aus Ihrem Artikel im Berufsverbands-Organ ersehe, besteht Bedarf, die Stellung des chirurgischen deutschen Chefarztes zu stärken. Es ist von Problemen mit der Verwaltung, dem Management, dem Verhalten gegenüber den nach geordneten Chirurgen usw. die Rede.

Da Sie mich persönlich angeschrieben haben, möchte ich als pensionierter 80-jähriger Chirurg und ehemaliger Chefarzt hier auf einige wichtige Punkte hinweisen, die jeden neuen Chefarzt betreffen und die immer gleich bleiben.

Ich war 1970/71 Chefarzt im Kreiskrankenhaus Meldorf/Holstein bis zur Schließung dieses Krankenhauses, dann D-Arzt in eigener Praxis in Reutlingen, schließlich wieder Chefarzt in der von mir und meiner Frau 1978 gegründeten Chirurgischen Privatklinik mit 17 Betten in Reutlingen.

  • Eine umfassende chirurgische Ausbildung und ständige Weiterbildung auf Kongressen mit entsprechenden Seminaren ist unbedingte Voraussetzung für den Posten eines Chefarztes.
  • Eine Beschäftigung mit Betriebswirtschaft, möglichst ein zweisemestriges Studium oder ein Praktikum in einem Wirtschaftsbetrieb, ist unerlässlich. Ein Chefarzt der Chirurgie muss die Bilanz eines Krankenhauses lesen und verstehen können. Nur dann kann er beurteilen, ob seine Wünsche nach Personalaufstockung oder der Beschaffung von Geräten und Ausrüstung überhaupt realisierbar sind. Er ist durch sein Wirken die entscheidende Größe in der wirtschaftlichen Berechnung des Unternehmens.
  • Ein Kursus in Soziologie bzw. Personalführung ist zu empfehlen, damit er sich beim ersten Konflikt mit dem Arbeitgeber oder einem der nachgeordneten Ärzte entsprechend auseinandersetzen kann.
  • Bei der Verhandlung des Vertrages ist äußerste Aufmerksamkeit erforderlich. Lieber einmal die Verhandlungen mit einer Bedenkzeit von bis zu 24 Stunden unterbrechen, als einen Passus unterschreiben, der nachher nicht befriedigend gelöst ist.
  • Der Chefarzt muss das absolute Vorbild auf der Abteilung sein. Er darf niemals auf die Zahl der geleisteten Stunden schauen, er muss morgens der Erste und abends der Letzte im Krankenhaus sein. Die am Tage operierten Patienten muss ein Chefarzt unbedingt am Abend noch einmal ansehen.
  • Jegliche Art von Verschwendung muss ein Chefarzt auf der Stelle rügen und – wenn möglich – abstellen. Dazu gehört der sparsame Umgang mit Material ebenso wie die pflegliche Behandlung aller Geräte und Instrumente.
  • Gegenüber den jüngeren Kollegen empfiehlt sich stets Großzügigkeit, sie es bei der Urlaubsplanung, sei es bei der Verteilung von Gutachten.
  • Stets sei ein Chefarzt gerecht gegenüber allen Mitarbeitern. Eine Bevorzugung bei bestimmten Aufgaben sollte er gegenüber den anderen begründen.
  • Zur Verwaltung sollte er vom ersten Tag an ein gutes Verhältnis anstreben. Ein gemeinsames Kaffeetrinken kann niemals schaden. Bei von der Verwaltung angesetzten Verhandlungen ist ein Protokoll zu führen, das anschließend vom Chefarzt und der Verwaltung unterzeichnet wird.
  • Eventuelle Disharmonien mit den anderen Abteilungen sollten möglichst schnell beseitigt werden, weil sie unnötig Kraft kosten.
  • Eine mit dem Oberarzt vereinbarte Sondervergütung muss unbedingt eingehalten werden, auch wenn ein „Pool“ die Vergütung regelt.
  • Jeder Arzt der Abteilung hat das Recht auf Fort- und Weiterbildung. Personalknappheit darf dieses wichtige Recht auf keinen Fall schmälern.
  • Der Chefarzt ist das Vorbild aller anderen Ärzte. Er muss durch sein Auftreten jederzeit souverän wirken, mehr durch persönlichen Einsatz, denn durch seinen Status!
  • Das ethische Verhalten eines Chefarztes sollte vorbildlich sein .Er soll seine Arbeit unbestechlich und nur sachorientiert machen. Ein Wettstreit zwischen Kliniken ist daher absolut verwerflich und mit einer guten Medizin nicht vereinbar! Es geht immer nur um das Wohl des Patienten, und jede Klinik sollte ihre Aufgaben so gut wie möglich erfüllen.
  • Schließlich noch eine Selbstverständlichkeit: Sowie ein Fall kompliziert wird und man die Kontrolle zu verlieren scheint, sollte der Patient so schnell wie möglich in ein umfassender eingerichtetes Krankenhaus überwiesen werden .Niemand kann alles beherrschen und es gibt Komplikationen, die besser an höchster Stelle behandelt werden, damit der Ausgang zufrieden stellend ist.
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Diesen Artikel finden Sie auf BDC|Online unter der Rubrik Themen/Recht/Arbeitsrecht.

Dörre G. Leserbrief zu Ausgabe 10/2014 “Chefärzte in Bedrängnis – Konfrontation versus Kooperation”. Passion Chirurgie. 2014 Dezember, 4(12): Artikel 09_02.


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Autor des Artikels

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Dr. med. Gerhard Dörre

Mitglied im Berufsverband deutscher ChirurgenBrenzstr 1272766Reutlingen

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